Wissen kompakt: Scope hat viele Bedeutungen. Bezogen auf Projekte ist es die Arbeit, die geleistet werden muss, um ein Ergebnis mit definierten Merkmalen zu liefern.

Scope – ein Begriff mit verschiedenen Bedeutungen

Für den englischen Begriff Scope gibt es verschiedene Übersetzungen bzw. unterschiedene Anwendungen. Er wird als

  • Umfang,
  • Rahmen,
  • Möglichkeit,
  • Spielraum,
  • Anwendungsbereich oder
  • Geltungsbereich

verstanden und genutzt.

Im Kontext von Unternehmen versteht man unter dem Scope meist den Projektumfang, den Projektgegenstand oder den Leistungsumfang.

Scope - ein Begriff mit verschiedenen Bedeutungen

Der Scope in Projekten

Die korrekte Definition dessen, was im Zuge eines Projekts umgesetzt werden soll, ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für gutes Projektmanagement. Das PMBOK des Project Management Institutes (PMI) definiert den Scope eines Projekts als „die Arbeit, die geleistet werden muss, um ein Produkt, eine Dienstleistung oder ein Ergebnis mit den angegebenen Merkmalen und Funktionen zu liefern“. Das sogenannte Inhalts- und Umfangsmanagement – im Englischen als Scope Management bezeichnet – umfasst sechs Prozesse [1]:

  • Plan Scope Management: Planung des Prozesses und Erstellung eines Umfangmanagement-Plans.
  • Collect Requirements Definition und Dokumentation der Anforderungen der Stakeholder.
  • Define Scope: Entwicklung einer detaillierten Beschreibung des Projektumfangs.
  • Create Work Breakdown Structure: Unterteilung der Projektleistungen im Projektstrukturplan in kleinere Arbeitseinheiten.
  • Validate Scope: Formalisierung der Abnahme der Ergebnisse.
  • Control Scope: Überwachung des laufenden Prozesses und Verwaltung von Änderungen des Projektumfangs.

Einfach ausgedrückt: Der Leistungsumfang bezieht sich auf das „Was“ in einem Projekt oder einer Entwicklung umgesetzt wird. Und dieses „Was“ wird durch Anforderungen bestimmt.

Die Bedeutung von Anforderungen für den Scope

Der Umgang mit Anforderungen ist sowohl für die Bestimmung des Leistungsumfangs als auch für die eigentliche Entwicklung von Produkten oder Dienstleistungen wesentlich. Die Ansätze und Meinungen, wie dieser Umgang am besten gelingt, variieren.

Das PMBOK definiert bspw. diverse Inputs, Tools und Techniken, sowie Outputs. Inputs sind

  • der Scope Management Plan,
  • der Requirements Management Plan,
  • der Stakeholder Management Plan,
  • die Projektbeschreibung und
  • die Stakeholderliste.

Als Tools und Techniken werden

genannt.

Die Erkenntnisse aus diesen Tools und Techniken fließen als Outputs in die Anforderungsdokumentation und die sogenannte Requirements Traceability Matrix.

Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass viele dieser genannten Hilfsmittel in klassischen Projekten wertvolle Dienste leisten können. Was passiert aber in eher agil geprägten Situationen, wenn das Reagieren auf Änderungen wichtiger wird als das Befolgen von Plänen? Schwer vorstellbar, dass jemand die Zeit findet, um eine Requirements Traceability Matrix zu pflegen. In solchen Situationen gewinnt das agile Requirements Engineering deutlich an Bedeutung. Aber nicht in der Form, dass Tools oder Techniken entfallen, sondern zusätzliche Methoden hinzukommen. Diesen Aspekt betonen die beiden Zertifizierungsstandards des International Requirements Engineering Boards (IREB): RE@Agile Primer und Advanced Level RE@Agile.

Natürlich ist der Leistungsumfang auch in agilen Projekten wichtig, aber eher als Vision einer Entwicklung und weniger als konkreter Projektgegenstand. Oder anders gesagt: der Projektgegenstand wird zyklisch, in kurzen Intervallen definiert und implementiert. Übertragen auf Scrum bedeutet dies: das Sprint-Ziel manifestiert den Scope eines Sprints.

Fragen aus der Praxis

Hier finden Sie einige Fragen und Antworten aus der Praxis:

Was ist ein Scope Creep?

Die Zunahme des Projektumfangs nach dem Projektbeginn durch unkontrollierte Änderungen ohne die Berücksichtigung möglicher Auswirkungen auf Termine, Kosten oder Mitarbeiterauslastung wird als Scope Creep bezeichnet. In der Praxis entsteht eine solche Ausweitung oftmals schleichend. Gründe sind bspw. eine mangelhafte Festlegung des Projektumfangs und eine unklare Definition von Zielen, unklare Projektanforderungen, eine ungenaue Systemkontextanalyse, fehlende Transparenz oder schlechte Kommunikation zwischen den Beteiligten.

Was ist ein Requirements Creep?

Requirements Creep ist ein Begriff, der eng mit dem Konzept des Scope Creeps im Projektmanagement verwandt ist. Er bezieht sich auf die schleichende und unkontrollierte Erweiterung oder Veränderung der Anforderungen eines Projekts im Laufe der Zeit. Während Scope Creep den gesamten Projektumfang betrifft, fokussiert sich Requirements Creep spezifisch auf die Anforderungen, die das Projekt erfüllen soll.

Folgende Gründe tragen zum Requirements Creep bei:

  • Neue Anforderungen werden während der Projektlaufzeit hinzugefügt, oft ohne formale Genehmigung oder Berücksichtigung der Auswirkungen auf Zeitplan, Budget und Ressourcen.
  • Bereits definierte Anforderungen werden modifiziert, erweitert oder präzisiert, was zu zusätzlicher Arbeit führt.
  • Änderungen und Erweiterungen werden oft nicht ausreichend dokumentiert, was zu Verwirrung und Missverständnissen führt.
  • Stakeholder, wie Kunden oder Management, könnten während des Projekts neue Ideen oder Anforderungen einbringen, die das Team umzusetzen versucht, ohne den formalen Prozess für Änderungen zu durchlaufen.

Requirements Creep kann erhebliche negative Auswirkungen auf ein Projekt haben. Zunächst führen zusätzliche oder geänderte Anforderungen oft zu Kostenüberschreitungen, da mehr Ressourcen und Zeit benötigt werden, um die neuen Spezifikationen zu erfüllen. Dies wiederum kann den gesamten Projektzeitplan durcheinanderbringen und zu erheblichen Verzögerungen führen. Darüber hinaus besteht die Gefahr von Qualitätsproblemen, da das Projektteam möglicherweise versucht, die neuen Anforderungen schnell umzusetzen, was zu Fehlern oder unvollständigen Lösungen führen kann. Diese Situation kann auch zu Unzufriedenheit bei den Stakeholdern führen, da Missverständnisse über den Projektumfang und unrealistische Erwartungen entstehen können. Letztlich gefährdet Requirements Creep die erfolgreiche und termingerechte Umsetzung des Projekts und kann sowohl die Effizienz des Teams als auch das Vertrauen der Stakeholder beeinträchtigen.

Was ist ein Function Creep?

Function Creep bezeichnet die schrittweise Ausweitung der Verwendung von Technologien, Systemen oder Daten über ihren ursprünglich vorgesehenen Zweck hinaus. Dies geschieht oft, ohne dass dies von den ursprünglichen Entwicklern oder Nutzern beabsichtigt war. Ein anschauliches Beispiel hierfür sind die Bewegungsdaten, die von Handys erfasst werden. Ursprünglich werden diese Daten meist zur Verbesserung des GPS-Dienstes oder zur Bereitstellung standortbasierter Dienste gesammelt. Im Laufe der Zeit könnten dieselben Bewegungsdaten jedoch für völlig andere Zwecke verwendet werden, beispielsweise zur Erstellung von Bewegungsprofilen.

Diese erweiterte Nutzung der Daten erfolgt oft ohne das Wissen oder die ausdrückliche Zustimmung der Nutzer, was zu erheblichen Datenschutzbedenken führt. Der Übergang von einem harmlosen, nützlichen Dienst zu einem potenziell invasiven Überwachungswerkzeug ist typisch für Function Creep und zeigt, wie wichtig es ist, klare Grenzen und Regelungen für den Einsatz von Technologien zu setzen, um den Schutz der Privatsphäre zu gewährleisten und Missbrauch zu verhindern.

Was ist ein Feature Creep?

Feature Creep bezeichnet das ständige Hinzufügen neuer Features zu einem Produkt, das den Umfang des Produkts unnötig aufbläht, ohne einen wirklichen Mehrwert für den Nutzer zu liefern. Dieser Prozess kann schwerwiegende Konsequenzen für ein Produkt haben. Zunächst führt das ständige Hinzufügen neuer Features dazu, dass das Produkt überfrachtet wird und an Übersichtlichkeit verliert. Nutzer finden es zunehmend schwieriger, die Kernfunktionen zu verwenden, da sie sich durch unnötige Optionen und Einstellungen kämpfen müssen. Dies verschlechtert die Benutzererfahrung erheblich, da das Produkt komplizierter und weniger intuitiv wird, wodurch der ursprüngliche Nutzen oft in der Fülle unnötiger Funktionen untergeht. Im Kontext von Software spricht man folglich von Bloatware.

Darüber hinaus führt Feature Creep zu einer Verschwendung von Ressourcen, da Zeit, Geld und Arbeitskraft auf die Entwicklung und Integration von Features verwendet werden, die keinen echten Mehrwert bieten. Diese Ressourcen könnten besser genutzt werden, um die Kernfunktionen zu optimieren oder wirklich innovative Lösungen zu entwickeln. Ein überladenes Produkt kann zudem den Ruf einer Marke schädigen, da Nutzer möglicherweise zu einfacheren und benutzerfreundlicheren Konkurrenzprodukten wechseln. Schließlich erhöht die Vielzahl unnötiger Features die Wartungskosten, da Fehlerbehebungen und Updates aufwendiger und teurer werden. Insgesamt kann Feature Creep somit den langfristigen Erfolg und die Rentabilität eines Produkts erheblich gefährden.

Was ist ein Scope Leap?

Scope Leap beschreibt die Verschiebung des strategischen Fokus oder der taktischen Ausrichtung einer Organisation, was zu einer vollständigen Änderung des Projektumfangs führt. Im Gegensatz zu Scope Creep, bei dem sich der Projektumfang schrittweise erweitert, handelt es sich bei Scope Leap um eine abrupt eintretende Veränderung, die das gesamte Projekt neu definiert. Diese Veränderung ist meist die Folge von entscheidenden Unternehmensentscheidungen, die darauf abzielen, sich an neue Marktbedingungen, technologische Entwicklungen oder geänderte Kundenanforderungen anzupassen.

Scope Leap kann erhebliche Konsequenzen für ein Projekt haben. Die plötzliche Neuausrichtung des strategischen Fokus führt oft dazu, dass der Projektumfang komplett geändert wird, was eine umfassende Umplanung erfordert. Dies zieht in der Regel signifikante Verzögerungen und Kostensteigerungen nach sich, da zusätzliche Ressourcen notwendig sind, um die neuen Anforderungen zu erfüllen. Die drastische Änderung erhöht auch das Risiko von Unsicherheiten und Fehlern, da das Team sich auf unbekannte oder weniger erprobte Ziele einstellen muss. Zudem kann Scope Leap zu Verwirrung und Frustration im Team führen, da die bisherigen Anstrengungen entwertet und die neuen Ziele nicht immer klar kommuniziert werden. In extremen Fällen kann der Scope Leap sogar dazu führen, dass das Projekt abgebrochen oder komplett neu gestartet werden muss, wenn es in seiner ursprünglichen Form nicht mehr durchführbar ist.

Was ist ein Scope Grope?

Scope Grope bezeichnet einen unklaren oder nicht festgelegten Projektumfang, oft verursacht durch die Unfähigkeit eines Teams, die Anforderungen klar zu definieren oder zu artikulieren. In solchen Fällen existieren nur grobe Vorstellungen über die Projektziele, was dazu führt, dass das Projekt ziellos voranschreitet. Dieser Zustand kann schwerwiegende Folgen haben, da er Projekte in „Scope Drifters“, „Productivity Spoilers“ oder „Promises Stealers“ verwandelt:

  • Ohne klar definierte Ziele driftet das Projekt unstrukturiert vor sich hin, was zu ständigen Richtungsänderungen und ineffizienter Nutzung von Ressourcen führt. Das Projekt bewegt sich zwar, aber ohne klare Richtung oder Erfolgsaussicht. Man spricht daher auch von „Scope Drifters“. [2]
  • Die Unklarheit über den Projektumfang wirkt sich negativ auf die Produktivität des Teams aus. Ohne klare Vorgaben arbeiten Teammitglieder oft an irrelevanten Aufgaben oder im falschen Fokus, was zu Zeitverschwendung und Frustration führt. Hier spricht man von „Productivity Spoilers“.
  • Ein unklarer Projektumfang kann auch dazu führen, dass unrealistische Erwartungen oder Versprechungen gemacht werden. Diese „Promise Stealers“ können jedoch nicht erfüllt werden, da die genauen Anforderungen und Ziele nicht festgelegt sind, was letztlich das Vertrauen der Stakeholder untergräbt.

Scope Grope ist somit ein gefährlicher Zustand im Projektmanagement, der das Risiko eines Scheiterns erheblich erhöht. Klare Kommunikation und sorgfältige Definition der Projektziele sind entscheidend, um das Projekt auf Kurs zu halten und die negativen Folgen eines Scope Grope zu vermeiden.

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Impuls zum Diskutieren:

Lässt sich der Leistungsumfang in einem Gantt-Chart visualisieren?

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Unternehmen versuchen Produktions- und Kostenvorteile zu nutzen, in dem sie bei der Herstellung von Gütern gemeinsame Produktionsfaktoren (Maschinen, Prozesse, Arbeitskräfte, Standorte etc.) nutzen. Es entstehen sogenannte Verbundvorteile bzw. Economies of Scope.

[1] PMBOK Sixth Edition
[2] Preventing Scope Creep, Grope and Leap from Killing Your Projects

Hier finden Sie ergänzende Informationen aus unserem t2informatik Blog:

Auftragsklärung - das Wichtigste zuerst - Blog - t2informatik

Auftragsklärung – das Wichtigste zuerst

t2informatik Blog: Strategisches Scope-Management

Strategisches Scope-Management

t2informatik Blog: Projektstart, auf die Plätze, fertig

Projektstart, auf die Plätze, fertig