Scope Creep

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Wissen kompakt: Scope Creep bezeichnet die Erweiterung oder Veränderung von Anforderungen oder Zielen eines Projekts ohne angemessene Planung und Kontrolle.

Scope Creep – die unkontrollierte Erweiterung des Projektumfangs

“Die Arbeit, die geleistet werden muss, um ein Produkt, eine Dienstleistung oder ein Ergebnis mit den angegebenen Merkmalen und Funktionen zu liefern” wird als Scope bezeichnet.1 Scope Creep bezeichnet hingegen die Tendenz, Anforderungen oder Ziele eines Projekts ohne angemessene Planung und Kontrolle über die ursprünglichen Anforderungen und Ziele hinaus zu erweitern oder zu verändern.2 Dies geschieht häufig, wenn Stakeholder, Projektmanager oder Teammitglieder sich nicht über die Ziele des Projekts im Klaren sind und im Laufe eines Vorhabens zusätzliche Funktionen, Aufgaben oder Änderungen hinzugefügt werden. Oftmals führt dies zu Verzögerungen, höheren Kosten und einer geringeren Gesamtqualität des Liefergegenstandes.

Um eine schleichende Ausweitung des Projektumfangs zu verhindern, ist es wichtig, einen klar definierten Projektumfang, eindeutige Projektanforderungen und einen Plan für die Verwaltung von Änderungen an den Projektzielen zu haben.

Scope Creep - die unkontrollierte Erweiterung des Projektumfangs

Gründe für Scope Creep

Es gibt verschiedene Gründe, warum sich der Umfang eines Projekts “schleichend” verändert:

  • Eine mangelhafte Festlegung des Projektumfangs und eine unklare Definition von Zielen führt fast zwangsläufig zu unterschiedlichen Auffassungen, was das Projekt leisten soll. Um es möglichst vielen Beteiligten “recht zu machen” und Zielkonflikte aufzulösen, werden kurzerhand die Realisierung von Anforderungen zugesagt, ohne entsprechende Konsequenzen zu durchdenken.3
  • Sind Projektanforderungen nicht eindeutig und widerspruchsfrei spezifiziert, ist oftmals unklar, was zum Projektumfang gehört und was nicht. Im Zweifel führt das zur Realisierung von Wünschen, die ursprünglich nicht abgestimmt und eingeplant waren.
  • Mit der Definition von System und Systemgrenzen schaffen Unternehmen ein gemeinsames Verständnis für die Entwicklung einer Lösung. Im Rahmen der Systemkontextanalyse gibt es zwei Herausforderungen: Es stehen nicht alle Informationen zur Beurteilung zur Verfügung und es fehlen Entscheidungen, wie Informationen zugeordnet werden sollen. Dies führt leicht zu einer Erweiterung des Projektumfangs ohne entsprechende Planung und Kontrolle.
  • Ändert sich das Geschäftsumfeld, die Gesetzeslage oder die Meinung eines Kunden, agieren machen Organisationen scheinbar “agil”, indem sie kurzerhand die Bereitstellung neuer Funktionen oder Features zusagen, ohne die Auswirkungen in Ruhe und im Detail zu bedenken.
  • Mangelnde Transparenz aufgrund unzureichender Planung macht es wahrscheinlicher, dass sich der Scope vergrößert, da es keine klare und gemeinsame Vorstellung von Projektzielen, Zeitplan oder Budget gibt.
  • Schlechte Kommunikation zwischen Stakeholdern, Projekt- oder Produktmanagern und Teammitgliedern kann zu Missverständnissen und Änderungen des Projektumfangs führen.
  • Zwischen Auftraggeber und Auftragnehmern besteht ein Abhängigkeitsverhältnis. Fühlt sich der Auftraggeber am längeren Hebel, kann er Forderungen an ein Projekt stellen, die zwar den Zeitplan, den Aufwand und das Budget gefährden, denen aber vonseiten des Auftragnehmers aufgrund der Bedeutung des Vorhabens oder des Auftraggebers entsprochen wird.
  • Auch die Weigerung von Stakeholdern und Teammitgliedern, einen abgestimmten Änderungsmanagementprozess zu nutzen, kann zu einer schleichenden Ausweitung des Projektumfangs beitragen.

Und zu guter Letzt kann auch “guter Wille” zu einem Scope Creep beitragen, bspw. wenn ein Teammitglied mündlich oder per E-Mail kommunizierte Wünsche aufnimmt und akzeptiert, dabei aber den Arbeitsaufwand zur Realisierung drastisch unterschätzt.

Konsequenzen bei einem Scope Creep

Eine Ausweitung des Projektumfangs kann dazu führen, dass für das Projekt zusätzliche Ressourcen wie Zeit, Geld und Arbeitskräfte benötigt werden, was die Gesamtkosten des Projekts erheblich erhöht. Dies hat Auswirkungen auf den Zeitplan und führt in der Unternehmenspraxis häufig zu Verzögerungen bei der Produktabwicklung.

Wenn die Ausweitung des Projektumfangs zu Verzögerungen, höheren Kosten und geringerer Qualität führt, leidet häufig die Arbeitsmoral der Teammitglieder, sodass es schwieriger wird, das Projekt auf Kurs zu halten. Gleichzeitig tragen Verzögerungen – wer auch immer sie im Einzelfall tatsächlich zu verantworten hat – oftmals zu einem Verlust der Glaubwürdigkeit eines Unternehmens bei. Dies beeinträchtigt nicht selten die Kundenzufriedenheit und in der Folge leidet der Ruf des Unternehmens.

Um mögliche Folgen bei einem Scope Creep aufzufangen, ziehen Organisationen in der Not häufig Mitarbeiter von anderen Vorhaben ab. Damit fehlen diese aber an anderer Stelle, was zu Verzögerungen bei anderen Entwicklungen, weiteren Ressourcenverschiebungen und zu weiteren Problemen führen kann. So wird eine negative Spirale in Gang gesetzt, die sich nur schwer stoppen lässt.

Die gemeinsame Verantwortung beim Scope Creep

Eine Herausforderung beim Scope Creep liegt darin, dass die Zunahme des Projektumfangs schleichend auftritt und damit schwer wahrzunehmen ist. Um diese schleichende Veränderung zu verhindern, müssen verschiedene Akteure Verantwortung übernehmen:

Der Projektleiter ist bspw. ist dafür verantwortlich, das Projekt zu überwachen und sicherzustellen, dass es auf Kurs bleibt. Er sollte sich des Potenzials einer Umfangsveränderung bewusst sein und Änderungen am Projektumfang aktiv verwalten.

Die Stakeholder, einschließlich der Kunden, Klienten oder Endnutzer, spielen eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, eine Ausweitung des Projektumfangs zu verhindern. Sie müssen ihre Anforderungen und Erwartungen an das Projekt klar kommunizieren und mit dem Projektmanager zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass Änderungen des Umfangs ordnungsgemäß verwaltet werden.4

Auch die Teammitglieder sind dafür verantwortlich, einen Scope Creep zu verhindern, indem sie sich über den Projektumfang im Klaren sind, Bedenken zu Änderungen äußern, die sich auf das Projekt auswirken könnten, und sich aktiv am Änderungsmanagement beteiligen.

Letztendlich lässt sich ein Scope Creep nur durch eine klare Kommunikation zwischen allen Beteiligten, ein aufeinander abgestimmtes Arbeiten, regelmäßiges Feedback und ein geplantes und kontrolliertes Vorgehen vermeiden.

Maßnahmen gegen Scope Creep

Neben der geteilten Verantwortung aller Beteiligten gibt es verschiedene Maßnahmen, die Unternehmen gegen die schleichende Verschiebung des Projektumfangs initiieren können:

  • Der Projektumfang sollte vor Beginn des Projekts definiert und mit allen Beteiligten vereinbart werden. Als Dienstleister ist bspw. eine eindeutige Auftragsklärung wichtig, da dadurch ein klares Verständnis entsteht, was die Beteiligten im Zuge des Projekts oder der Entwicklung erwarten. So lassen sich idealerweise Missverständnisse und teurere Nacharbeiten vermeiden.
  • Die Projektanforderungen sollten klar definiert sein und von allen Beteiligten akzeptiert werden. Im Sinne eines professionellen Anforderungsmanagements gilt es korrekte, vollständige, eindeutige, widerspruchsfreie, nach Wichtigkeit und/oder Stabilität bewertete, prüfbare und verfolgbare Anforderungen zu ermitteln. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass alle Beteiligten wissen, was zum Projektumfang gehört und was nicht.
  • Die Nutzung einer Projektmanagement-Methodik, eines definierten Prozesses oder eines gemeinsamen Workflows kann auch dazu beitragen, das Projekt zu strukturieren und das Risiko einer schleichenden Ausweitung des Projektumfangs zu verringern.

Und sicherlich hilft auch ein dedizierter Prozess beim Änderungsmanagement. Mit diesem stellen Organisationen sicher, dass Änderungswünsche strukturiert erfasst, bewertet, priorisiert, realisiert, implementiert und getestet werden.

Impuls zum Diskutieren:

Wieso ist auch in agilen Projekten ein Scope Creep möglich?

Hinweise:

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[1] Die Scope Definition stammt aus dem PMBOK des Project Management Institutes (PMI).
[2] Entsprechend lautet die Passage aus dem PMBOK “when additional scope or requirements are accepted without adjusting the corresponding schedule, budget, or resource needs” bzw. frei ins Deutsche übersetzt: “”wenn zusätzlicher Umfang oder zusätzliche Anforderungen akzeptiert werden, ohne den entsprechenden Zeitplan, das Budget oder den Ressourcenbedarf anzupassen”.
[3] In vielen iterativen Vorhaben ist es “normal”, dass neue Anforderungen bspw. in ein Backlog aufgenommen werden. Ein Scope Creep liegt erst vor, wenn sich der Umfang eines Projekts ohne angemessene Planung und Kontrolle erweitert.
[4] Idealerweise sollten sich Stakeholder darauf einlassen, offizielle Kommunikationskanäle und definierte Formate zum Austausch wie bspw. Sprint Reviews zu nutzen. Auch wenn dies subjektiv ein Nachteil gegenüber einer unmittelbaren und situativen Kommunikation darstellt, so zeigt die Praxis häufig, dass die Einhaltung von Prozessen in Verbindung mit regelmäßigem Feedback mittelfristig zu besseren Ergebnissen führt.

Hier finden Sie ein englischsprachiges Video über What is Scope Creep?

Hier finden Sie ergänzende Informationen aus unserer Rubrik Wissen kompakt:

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