Walkthrough
Inhaltsverzeichnis: Definition – Verwendung – Vorteile und Nachteile – Hinweise
Wissen kompakt: Der Begriff Walkthrough wird u. a. im Qualitätsmanagement, in der Wirtschaft, der Bildung und der IT genutzt. Die Bedeutung variiert je nach Einsatzgebiet.
Walkthrough – ein Weg zu mehr Qualität
Für den englischen Begriff Walkthrough gibt es verschiedene Übersetzungen.¹ Im Sinne
- der Entwicklung von Produkten meint ein Walkthrough eine Evaluation durch Experten zur Sicherung bzw. Steigerung der Qualität im Entstehungsprozess oder ein einfaches Erläutern und Testen von Funktionen im Kollegenkreis.
- einer Inspektion bezeichnet es das Durchdenken oder Durchsprechen eines Problems.
- einer Verfahrenstechnik bezeichnet es den Vorgang zur Aufnahme und Messung.
- einer Supervision ist es ein Modell der Unterrichtsbeobachtung und professionellen Entwicklung für Lehrer. (Diese Variante ist auch als Classroom oder Education Walkthrough bekannt.²)
- von Besichtigungen ist es ein Ausdruck für eine physikalische Tour durch eine Fabrik oder eine virtuelle Tour durch eine animierte Umgebung.
- von Tutorials und Computerspielen ist es ein Ausdruck für Schritt-für-Schritt-Lösungen oder Komplettlösungen.
Der Begriff wird also als fachlicher Ausdruck u.a. im Qualitätsmanagement, in der Wirtschaft, in der Wissensvermittlung bzw. Bildung und in der IT genutzt.
Die Verwendung von Walkthroughs in der Produkt- und Softwareentwicklung
Die Verwendung von Walkthroughs in der Produktentwicklung und insbesondere in der Softwareentwicklung ist relativ weit verbreitet. Bekannt sind vor allem drei verschiedene Varianten:
- Beim Cognitive Walkthrough – auch bekannt als Ansatz zur Verbesserung der User Experience – werden typische Handlungsabläufe festgelegt, die im Rahmen der Evaluation durch einen „Experten“ zu untersuchen und Schritt für Schritt in chronologischer Reihenfolge durchzuspielen sind. Ein Experte kann ein realer Kunden oder Anwender, oder ein fiktiver Vertreter einer Zielgruppe – bspw. also eine Persona oder ein Proxy User – sein. Der Experte fungiert als Tester, der versucht Probleme bei der Bedienung zu ermitteln und diese unmittelbar zu dokumentieren.
- Beim Pluralistic Usabiliy Walkthrough erfolgt die Evaluation nicht durch einen Experten, sondern gemeinsam im Team. Das Team besteht mindestens aus einem ausgewählten Kunden bzw. Anwender, einem Entwickler und idealerweise einem Usability-Experten. Auch Produktmanager oder Product Owner können an dieser Variante teilnehmen. Während der Kunde bzw. Anwender das Produkt und seine Bedienung bewertet, versuchen die anderen Teammitglieder die Perspektive des Kunden/Anwenders möglichst präzise zu verstehen. Meistens notieren die Entwickler gewonnene Erkenntnisse und dokumentieren Kommentare. Kommt es im Nachgang zu Diskussionen, fungiert der Usability-Experte als Vertreter des Kunden/Anwenders.
- Beim Jogthrough werden die Handlungsabläufe, die in chronologischer Reihenfolge durchgespielt werden, mittels Software und ggf. Video aufgezeichnet. Der materielle Aufwand ist im Vergleich zu den anderen Varianten etwas höher, die Aufzeichnung erleichtert aber die Dokumentation und ermöglicht es den teilnehmenden Entwicklern, Produktmanagern oder Product Owner, Fragen zu stellen und mit dem Kunden/Anwender über Ideen, Herausforderungen und Eindrücke zu diskutieren.
Übrigens: Auch im Pair Programming, bei dem zwei Programmierer gemeinsam an einem Computer eine Aufgabe lösen, sind Walkthroughs üblich. Während der Driver den Code schreibt, denkt der Navigator als Beobachter über das Problem nach. „Walk me through the problem“ ist somit eine aktive Maßnahme zur gemeinsamen Verbesserung von Code bzw. Features.
Vorteile und Nachteile bei einem Walkthrough
Je nach Anwendungsbereich und Variante bietet ein Walkthrough verschiedene Vorteile, aber auch einige Nachteile.
Hier eine Liste mit Vorteilen:
- Im Vergleich zu empirischen oder heuristischen Verfahren ist die Durchführung von Walkthroughs kostengünstig und verursacht relativ wenig Aufwand.
- Die Anwendung ist bereits in frühen Phasen der Entwicklung möglich.
- Die Erkenntnisse liefern ein frühzeitiges „Proof of Concept“.
- Die zu testenden Handlungsabläufe lassen sich relativ einfach aus definieren Use Case Szenarien oder Wireframes ableiten.
- Die Durchführung lässt sich leicht mit anderen Experten wiederholen. So lassen sich Erkenntnisse schnell verifizieren.
- Die Durchführung fördert den Dialog mit Experten, liefert zügig Feedback und ermöglicht die Kommunikation auf Augenhöhe.
- Es gibt sehr viele Anwendungsmöglichkeiten, zumal sich die Aufgabenstellung variabel anpassen lässt.
Und hier einige Nachteile:
- Es macht einen Unterschied, ob das Feedback zur Bedienung einer Software oder eines Produkts von einem „echten“ Nutzer stammt, oder von jemanden, der sich „lediglich“ in die Rolle des Nutzers hineindenkt. Hier ist Vorsicht geboten, um aus dem Feedback ggf. keine falschen Schlüsse zu ziehen.
- Auch die Meinung eines Experten ist erst einmal eine Einzelmeinung. Walkthroughs sind keine empirischen Testmethoden. Es kann daher durchaus sinnvoll sein, die Handlungsabläufe mit verschiedenen Experten durchzugehen.
- Und zu guter Letzt kann es auch einen Unterschied machen, ob der Experte das Produkt und die Philosophie der Bedienung bereits kennt oder eben nicht. Aus diesem Grund gibt es immer wieder Unterschiede in der Beurteilung von Funktionen zwischen Entwicklern – die sich verständlicherweise gut in die Bedienung eines Programms hineinversetzen können – und Neukunden, für die alles an einem Produkt erst einmal Neuland ist.
Impuls zum Diskutieren
Ist ein Walkthrough nicht allgegenwärtig bei jeglicher Form eines Dialogs auf Augenhöhe?
[1] Verschiedene Bedeutungen für Walkthrough
[2] Classroom bzw. Education Walkthrough
In manchen Publikationen ist zu lesen, dass die Anwendung besonders im Kontext von Websites Sinn ergibt. Diese Einschränkung auf einen bestimmten Bereich erscheint relativ willkürlich, denn die Beispiele zeigen, dass es ein breites Spektrum an Möglichkeiten zur Verwendung gibt.
Wenn Ihnen der Beitrag gefällt, teilen Sie ihn gerne in Ihrem Netzwerk. Und falls Sie sich für Tipps aus der Praxis interessieren, dann testen Sie unseren beliebten Newsletter mit neuen Beiträgen, Downloads, Empfehlungen und aktuellem Wissen. Vielleicht wird er auch Ihr Lieblings-Newsletter.
Wir suchen Softwareentwickler und Softwareentwicklerinnen. Haben Sie Lust, unser Team zu verstärken? Ob Sie als Berufseinsteiger die ersten Schritte machen, bereits einige Jahre Erfahrung mitbringen oder als Expertin tief im Code stecken – bei uns finden Sie genau die Herausforderung, die zu Ihnen passt!
Hier finden Sie ergänzende Informationen aus unserer Rubrik Wissen kompakt: