Anforderung
Inhaltsverzeichnis: Definition – Ziele bei der Erhebung – Prinzipien – Fragen aus der Praxis – Tools – Download – Hinweise
Wissen kompakt: Eine Anforderung kann ein Bedürfnis eines Stakeholders, eine gewünschte Fähigkeit oder Eigenschaft eines Systems oder eine dokumentierte Darstellung eines Bedarfs sein.
Anforderung als Beschreibung des gewünschten Funktionsumfangs
Für den Begriff Anforderung gibt es sehr viele unterschiedliche Definitionen. Der Verband für Arbeitsgestaltung, Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung (REFA) definiert sie als “die Gesamtheit der physischen und psychischen Voraussetzungen zur Ausführung der Arbeit”. In der Psychologie bezeichnen sie die Erfordernisse von Menschen zur Erfüllung spezifischer Aufgaben. Und in der Personalbeschaffung werden sie an potenzielle Mitarbeiter zusammengefasst und als Anforderungsprofil deklariert.
Was ist eine Anforderung in der Softwareentwicklung oder Produktentwicklung?
Das International Requirements Engineering Board (IREB) definiert eine sie als
- ein Bedürfnis, das von einem Stakeholder wahrgenommen wird.
- eine Fähigkeit oder Eigenschaft, die ein System haben soll.
- eine dokumentierte Darstellung eines Bedarfs, einer Fähigkeit oder eines Eigentums.
Für das International Institute of Business Analysis (IIBA) handelt es sich um eine brauchbare Darstellung eines Bedürfnisses, die in der Regel durch Dokumente beschrieben wird. Der Business Analysis Body of Knowledge Guide (BABOK) definiert vier Kategorien:
- Business Requirements sind Ziele und Ergebnisse, die den Grund zur Einleitung von Änderungen beschreiben.
- Stakeholder Requirements beschreiben die Bedürfnisse der Stakeholder, die erfüllt werden müssen, um die Business Requirements zu erfüllen.
- Solution Requirements definieren die Leistungsfähigkeit und Qualität einer Lösung, die Stakeholder Requirements erfüllt. Sie lassen sich in funktionale und nicht-funktionale Anforderungen untergliedern.
- Transition Requirements beschreiben die Leistungsfähigkeit einer Lösung, um die Transition vom Ist-Zustand zum Soll-Zustand zu erleichtern.
In vielen Organisationen findet sich auch eine Gliederung in funktionale und nicht-funktionale bzw. Qualitätsanforderungen, sowie rechtliche, moralische/ethische, organisatorische und technologische Rahmenbedingungen. Aufgrund der Varianz des Begriffs bzw. den unterschiedlichen Interpretationen sollten Organisationen dringend auf ein gemeinsames Verständnis aller Beteiligten achten.
Ziele bei der Erhebung von Anforderungen
- korrekte,
- vollständige,
- eindeutige,
- widerspruchsfreie,
- nach Wichtigkeit und/oder Stabilität bewertete,
- prüfbare
- und verfolgbare
Anforderungen zu ermitteln.
Damit dies gelingt, ist die Verwendung eines definierten Prozesses sehr empfehlenswert. Es gilt bspw. den Systemkontext zu definieren, die Stakeholder zu managen, Szenarien zu verwenden und natürlich Erkenntnisse zu dokumentieren und zu prüfen.
Prinzipien beim Arbeiten mit Anforderungen
Das International Requirements Engineering Board (IREB) definiert neun Prinzipien zum Arbeiten mit Anforderungen, die bei allen Aufgaben, Tätigkeiten oder Praktiken greifen¹:
- Wertorientierung: Die Erfassung ist ein Mittel zum Zweck, kein Selbstzweck.
- Stakeholder: Im Requirements Engineering geht es darum, die Wünsche und Bedürfnisse der Stakeholder zu befriedigen.
- Gemeinsames Verständnis: Erfolgreiche Systementwicklung ist ohne eine gemeinsame Basis nicht möglich.
- Kontext: Systeme können nicht isoliert verstanden werden.
- Problem – Anforderung – Lösung: Ein unausweichlich ineinandergreifendes Tripel.
- Validierung: Nicht-validierte Anforderungen sind nutzlos.
- Evolution: Veränderungen sind keine Ausnahme, sondern der Normalfall.
- Innovation: Mehr vom Gleichen ist nicht genug.
- Systematische und disziplinierte Arbeit: Requirements Engineering kann darauf nicht verzichten.
Es gibt eine Reihe von Techniken, die dabei helfen, diese Prinzipien zu beachten. Und es gibt eine Reihe von Tätigkeiten, die sich daraus ergeben. “Systematische und disziplinierte Arbeit” wird zwar erst als Prinzip 9 genannt, bildet aber die Grundlage für die Profession des Requirements Engineers. Teil der systematischen Arbeit ist es, den Prozess für das aktuelle Projekt zu konfigurieren, die passendsten Techniken und Praktiken auszuwählen und sich kontinuierlich mit den Inhalten zu beschäftigen.²
Anforderungen in der Praxis
Es gibt eine Reihe von Fragen in der praktischen Anwendung. Auf einige der Fragen finden Sie Antworten in unserem Blog:
- Welche Best Practices gibt es bei der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Workshops? Welche W-Fragen helfen und wie gehen Beteiligte mit Konflikten um?
- Produkte und Systeme werden oft missbräuchlich verwendet. Welche Gründe gibt es dafür und welche Vorteile bieten Misuse Cases in solchen Szenarien?
- Wie können Sie den Funktionsumfang reduzieren, wenn die Menge der gewünschten Eigenschaften zu groß ist? Welche Kriterien eignen sich dazu?
- Die Anforderungsanalyse kennt zahlreiche Methoden und Techniken. Welche Methoden davon funktionieren remote bzw. online? Und welche zusätzlichen Tipps gibt es?
- Beim Austausch von Informationen gibt es technische und prozessuale Herausforderungen. Wie gelingt der verlustfreie Austausch von Informationen?
Sicherlich fallen Ihnen noch weitere Fragen ein. Melden Sie sich gerne bei uns und wir versuchen Ihre Fragen zu beantworten oder entsprechende Beiträge zu publizieren.
Tools zur Arbeit mit Anforderungen
Es gibt verschiedene Tools, die in der Praxis nützliche Dienste bieten. Hier finden Sie eine kleine Liste mit Tools ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne Bewertung:
- ReqSuite RM von OSSENO Software
- Polarion Requirements von Siemens
- DOORS Next von IBM
- Helix ALM von Perforce
- Visure Requirements
- TraceCloud
- SpiraTest von Inflecta
- Jira von Atlassian
Sicherlich lässt sich die Liste leicht ergänzen, zumal es zahlreiche Produkte gibt, die in Organisationen für die Arbeit mit Bedürfnissen von Stakeholdern oder die Definition von Systemeigenschaften genutzt werden (bspw. MS Excel oder MS Word), originär aber einen anderen Vermarktungsschwerpunkt haben.
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[1] Vgl. IREB Lehrplan CPRE Foundation Level
[2] Siehe die neun Prinzipien im Requirements Engineering
Hier erfahren Sie mit welchen Attributen Funktionsumfänge oftmals erfasst werden.
Und hier finden Sie ergänzende Informationen aus unserer Rubrik Wissen kompakt: