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Wissen kompakt: Personal Scrum ist eine Adaption von Scrum, die Einzelpersonen bei der Organisation und Nachverfolgung von privaten und beruflichen Zielen, Themen oder Aktivitäten Hilfe bietet.

Personal Scrum – eine Scrum Adaption für Einzelpersonen

Scrum ist ein Framework mit Events, Verantwortlichkeiten und Artefakten für die Entwicklung von komplexen Produkten und Services. Während Scrum die Entwicklung im Team adressiert, richtet sich Personal Scrum an Einzelpersonen. Zweck der Adaption ist die Organisation und Nachverfolgung privater und/oder beruflicher Ziele, Themen oder Aktivitäten. Alternative Bezeichnungen für Personal Scrum sind bspw.

  • Scrum of One,
  • Solo Scrum oder
  • Solo Scrumming.

Im Gegensatz zum Scrum Guide, der das „klassische“ Scrum mit seinen Spielregeln beschreibt und 2020 mit zahlreichen Vereinfachungen, Neuerungen und Klarstellungen aktualisiert wurde, gibt es kein finales Werk, das Personal Scrum definiert. Nachfolgend finden Sie einige Beschreibungen, wie das Framework auch für Einzelpersonen Vorteile bieten könnte.

Personal Scrum - eine Scrum Adaption für Einzelpersonen

Personal Scrum – ein Set aus Listen, Events und Praktiken

Simon Kneafsey1, ein professioneller, britischer Scrum Trainer beschreibt ein Personal Scrum System2 mit

  • Zielen,
  • Messungen,
  • Aktivitäten und
  • Aufgaben.

Ein Ziel beschreibt einen in der Zukunft liegenden Zustand, der sich vom gegenwärtigen Zustand unterscheidet und für eine Einzelperson erstrebenswert ist. Messungen definieren Kriterien zur Bestimmung der Zielerreichung. Aktivitäten beschreiben Tätigkeiten, die umgesetzt werden müssen, um das Ziel zu erreichen. Und Aufgaben definieren Aspekte zum Abschluss der Aktivitäten. Gemeinsam bilden die vier Elemente eine Struktur, die dazu beiträgt, Ziele im privaten oder beruflichen Kontext leichter zu erreichen. Die Klarheit über die Struktur erhöht idealerweise die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs.

Zusätzlich zu dieser Struktur benennt Simon Kneafsey

  • acht Listen zur Dokumentation von Zielen und Aktivitäten zur Zielerreichung,
  • fünf Events zur kontinuierlichen Planung und Überprüfung des Fortschritts in Richtung der Ziele,
  • sowie mehr als 20 ergänzende Praktiken zur Zielerreichung.

Die Listen sind ein Hilfsmittel, mit denen Einzelpersonen Ziele transparent und überschaubar darstellen können:

  • Ideenliste zur Sammlung von Zielen und Aktivitäten, die erstrebenswert und nützlich sein können, aber noch nicht in Angriff genommen wurden.
  • Zielliste mit den definierten Zielen, auf die hingearbeitet wird.
  • To-Do-Liste mit festgelegten Aktivitäten zur Zielerreichung.
  • Wochenliste mit Zielen und Aktivitäten, die innerhalb der aktuellen Woche erreicht bzw. erledigt werden sollen.
  • Tagesliste mit den geplanten Aktivitäten des Tages.
  • Fortschrittsliste mit den Aktivitäten, die aktuell durchgeführt werden.
  • Warteliste mit Aktivitäten, die auf etwas oder jemanden warten.
  • Erledigt-Liste mit erreichten Zielen und erledigten Aktivitäten.

Visualisieren lassen sich diese Listen bspw. mit einem gemeinsamen Whiteboard, auf dem die einzelnen Listen als Spalten dargestellt werden, sodass auf einen Blick schnell ein Überblick gewonnen wird.

Die Events versteht Simon Kneafsey als bewusste Zeitpunkte zur Planung und Fortschrittsüberprüfung:

  • Jahresplanung zur Planung von Zielen und Aktivitäten, die innerhalb eines Jahres angegangen werden sollen. Als Ergebnis werden einzelne und mehrere strategische, langfristige Ziele festgehalten.
  • Quartalsplanung zur Planung von mittelfristigen Zielen und Aktivitäten, heruntergebrochen auf das nächste Quartal. Möglicherweise zahlen mittelfristige Ziele auf langfristige Ziele ein.
  • Wochenplanung zur konkreten Planung von Aktivitäten und Aufgaben als kleine Einheiten zur Erreichung von Zielen innerhalb der nächsten Woche.
  • Tagesplanung zur Planung von Aktivitäten und Aufgaben für einen konkreten Tag.
  • Fortlaufende Planung zur Überprüfung, Aktualisierung und Planung von Zielen, Aktivitäten und Aufgaben. Diese fortlaufende Planung kann jederzeit erfolgen

Die fortlaufende Planung ist ein besonderes Event, denn im Gegensatz zu den anderen Plänen, die sich auf eine konkret definierten Zeitraum (Jahr, Quartal, Woche und Tag) beziehen, handelt es sich eher um eine kontinuierliche Tätigkeit. Auffallend ist, dass nicht von Sprints im Sinne von Scrum, sondern von klassischen Terminplänen gesprochen wird; was das mit Events zu tun hat, ist jedoch leider nicht direkt ersichtlich.

Zu guter Letzt benennt Simon Kneafsey mehr als 20 Praktiken, die bei der Planung und Erreichung der privaten oder beruflichen Ziele der Einzelperson nützlich sein können:

  • Lernen als Fähigkeit, sich mit neuen Dingen auseinanderzusetzen, um diese zu verstehen. Auch die Fähigkeit zum Lernen ist erlernbar.
  • Konzentration als Appell, Ablenkungen zu vermeiden bzw. zu beseitigen, um sich auf Wesentliches konzentrieren zu können.
  • Flow-Zustand als Motiv, denn im Flow-Zustand können Anwenderinnen und Anwender mehr erledigen.
  • Priorisierung zur Bewertung gleichartiger Elemente – bspw. Aufgaben, Aktivitäten, Ziele – nach bewusst gewählten Kriterien, mit dem Anspruch, eine sinnvolle Reihenfolge festzulegen.
  • Beharrlichkeit als Haltung, denn Beharrlichkeit hilft bei der Zielerreichung, auch wenn die Umsetzung einer Aktivität schwierig ist.
  • Timeboxing als Technik zur Planung und zeitlichen Begrenzung von Aktivitäten.
  • Pomodoro-Technik als Arbeitsweise mit kurzen Zeitblöcken zur Steigerung der Konzentration.
  • 80/20-Regel als Hinweis auf eine kleine Anzahl von hohen Werten, die mehr zum Gesamtwert einer definierten Wertemenge beiträgt als eine hohe Anzahl von kleinen Werten.
  • Inbox Zero als Anreiz, die Anzahl von E-Mails im Posteingang zu minimieren, sodass kein unnötiger Stress entsteht.
  • Touch It Once als Aufforderung, Aufgaben, die sich schnell erledigen lassen, schnell und direkt zu erledigen.
  • Getting Started als Hinweis, Aufgaben und Aktivitäten nicht unnötig aufzuschieben.
  • Maximierung nicht erledigter Aktivitäten als Appell, aktiv zu entscheiden, welche Aktivitäten nicht in Angriff genommen werden.
  • Wissen, wann man aufhören muss als mentale Stütze, denn manchmal ist es notwendig, Ziele und Pläne zu ändern.
  • Das Ziel nach dem Ziel als Empfehlung, mit strategischen und taktischen Zielen zu arbeiten, um motiviert zu bleiben.
  • SMART-Ziele als Mittel zur Formulierung von spezifischen, messbaren, attraktiven, realistischen und terminierten Zielen.
  • Begrenzen der Workload mit der Absicht, mehr zu erledigen, indem man sich weniger vornimmt.
  • Just-in-Time-Entscheidungsfindung mit der Empfehlung, Entscheidungen auf den spätesten und sichersten Zeitpunkt zu verschieben.
  • Abkehr von traditionellen To-Do-Listen, denn diese sind zu einfach und funktionieren nicht.
  • Hilfe holen, als Appell sich Unterstützung zu sichern, wenn es allein zu schwer ist.
  • Nein sagen als mentale Stütze, denn es ist in Ordnung, Dinge abzulehnen.
  • Kaizen als Anspruch einer kontinuierlichen Verbesserung.
  • Investition in sich selbst als Hinweis, dass die persönliche Weiterentwicklung sehr nachhaltig ist.
  • Mentoren und Coaches als Unterstützung nutzen und so von anderen Erfahrungen profitieren.

Auffallend ist, dass es sich bei den Praktiken um einen bunten Mix aus Methoden, Good Practices und Lebensweisheiten handelt. Positiv formuliert, ergänzen sich die genannten Praktiken. Kritisch betrachtet sind sie oftmals so allgemein gehalten, dass die detaillierte Auseinandersetzung zu weitreichenden Diskussionen führen könnte; gut, dass sich Personal Scrum an Einzelpersonen richtet und so entsprechende Diskussionen evtl. relativ kurz ausfallen.

Alternative Personal Scrum Ansätze

Es gibt einige Ansätze, die etwas weniger umfangreich die Nutzung von Scrum für Einzelpersonen adressieren. Hier finden Sie einige Elemente, die nützlich sein können:

  • Die Nutzung von drei unterschiedlichen Tasks (Business Tasks, Home Tasks und Personal Tasks), die in einem gemeinsamen Backlog verwaltet werden, gefolgt von einem Sprint Planning, einem Sprint, Daily Scrums und einem Review.3
  • Die Anpassung bzw. Fixierung der Timeboxes für Sprints (1 Woche) und Daily Scrums (5 Minuten).4
  • Die Nutzung von Personal Scrum für ein einzelnes konkretes, privates Vorhaben, inklusive einer Definition von kurzfristigen Zielen und der täglichen Allokation von Zeit, um kontinuierlich in Richtung Gesamtziel zu wirken.

Zusätzlich gibt es einige Haltungen, die den Einsatz von Personal Scrum befördern:

  • Transparenz und Ehrlichkeit zu sich selbst bzw. Selbstreflexion sind wichtig.
  • Die bewusste Beseitigung von Impediments und die Verwendung einer Definition of Done gelten als zielführend.
  • Selbst wenn das Ziel groß und schwierig für eine Einzelperson zu erreichen scheint, so ist jeder Aktion in Richtung Ziel ein guter Schritt.
  • Die Verwendung von Hilfsmitteln bspw. zur Darstellung geplanter, aktueller oder erledigter Aktivitäten oder zur Visualisierung von Fortschritten ist sinnvoll.

Zu guter Letzt können Good Practices sehr sinnvoll sein. Niemand vergibt bei der Verwendung von Personal Scrum Noten oder Zertifikate, niemand kritisiert eine Abweichung von „üblichen“ Scrum Praktiken. Personal Scrum ist im besten Wortsinne persönlich.

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Impuls zum Diskutieren:

Der Scrum Guide postuliert: „Es ist zwar möglich, nur Teile von Scrum zu implementieren, aber das Ergebnis ist nicht Scrum. Scrum existiert nur in seiner Gesamtheit…“. Zu dieser Gesamtheit gehören auch drei konkrete Verantwortlichkeiten. Wenn es in Personal Scrum nur eine einzige Verantwortlichkeit – die Einzelperson – gibt, ist es damit kein Scrum, oder?

Hinweise:

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[1] Informationen zu Simon Kneafsey
[2] Personal Scrum System
[3] How to Apply Scrum to Personal Projects
[4] Can Personal Scrum be Used for a Team of One?

Personal Scrum könnte auch innerhalb einer Familie zur Anwendung kommen. In einem solchen Setting lassen sich mit Sicherheit Verantwortlichkeiten definieren, separate Rollen werden aber vermutlich nicht benötigt.

Und hier finden Sie ergänzende Informationen aus dem t2informatik Blog:

t2informatik Blog: Scrum als Grundlage für "Neues Lernen"

Scrum als Grundlage für „Neues Lernen“

t2informatik Blog: Das ist doch kein Scrum

Das ist doch kein Scrum

t2informatik Blog: Scrum Master und Agile Coach im Vergleich

Scrum Master und Agile Coach im Vergleich