Entwickler*innen 2020 – Motive und Zahlen

von | 18.06.2020

C# ist beliebter als Java und TypeScript ist beliebter als Python. Angular.js ist zwar beliebt, aber auch das am meisten gefürchtete Framework. MongoDB ist die Datenbanktechnologie, die Entwickler*innen am liebsten lernen möchten. Und Computerspiele können helfen, auf andere Gedanken zu kommen, wenn Entwickler*innen ein Problem nicht lösen können.

Auch 2020 hat Stack Overflow, die weltweit bekannte Online Community für Softwareentwicklung, eine jährliche Umfrage zu Einstellungen, zu Technologien, Methoden und Tools durchgeführt. 5.088 Teilnehmende kamen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Nachfolgend finden Sie eine Auswahl der gerade veröffentlichten Umfrageergebnisse.

Allgemeine Informationen zur Umfrage

Die Umfrage wurde vom 05. Februar bis zum 28. Februar 2020 durchgeführt und damit noch bevor Corona von der World Heath Organization als Pandemie eingestuft wurde. Wie in den vergangenen Jahren wurden potenzielle Teilnehmer*innen über die Website von Stack Overflow, mittels Blogbeiträgen und E-Mails, per Werbung und über Social Media angesprochen. Als Dankeschön erhielten die Teilnehmenden bei Abschluss der Umfrage ein sogenanntes „Census“-Abzeichen. Durch die Anzeige des silbernen Abzeichens in den Profilen der Stack Overflow Nutzer*innen sollten zusätzliche Teilnehmer*innen animiert werden, die Umfrage vollständig zu beantworten.

64.416 Softwareentwickler*innen aus 186 Ländern – 2019 waren es 88.883 Softwareentwickler*innen aus 179 Länder und 2018 sogar 101.592 Softwareentwickler*innen aus 183 Ländern – nahmen an der Umfrage teil. Wie bereits beim Rückgang der Teilnehmer*innenzahlen 2019 werden die US-amerikanischen Sanktionen angeführt, die den Zugang zur Umfrage für Teilnehmende von der Krim, aus Kuba, dem Iran, aus Nordkorea und Syrien deutlich erschweren.

Durchschnittlich wurden 16,6 Minuten für die qualifizierte Beantwortung der Fragen investiert. 2019 waren es noch 23,3 Minuten und 2018 sogar noch 25,8 Minuten. Wie bereits 2019 wurden ca. 400 Antworten nicht in die Analyse einbezogen, da die Befragten weniger als drei Minuten für die Umfrage benötigten. Viele Fragen wurden den Teilnehmer*innen auf Grundlage ihrer vorherigen Antworten angezeigt. Die Reihenfolge der angebotenen Antworten wurde zufällig ausgespielt. Und auch die Blöcke, die zur Gliederung der Fragen verwendet wurden, variierten in ihrer Reihenfolge.

Entwickler*innen und Demografie

  • Viele Entwickler*innen schreiben Code auch außerhalb der Arbeitszeit. 78,2% der Befragten gaben an, dass sie Softwareentwicklung auch als ihr Hobby erachten. Damit ist die Zahl praktisch unverändert zu den beiden Vorjahren.
  • Die größte Gruppe der professionellen Entwickler*innen (39,6%) hat weniger als 5 Jahre berufliche Entwicklungserfahrung. 26,8% haben 5-9 Jahre Erfahrung. Interessant sind die Unterschiede beim Geschlecht: 15,4% der Männer haben weniger als 5 Jahre Erfahrung, bei Frauen sind es 25,2%. Bedeutet dies vielleicht, dass Softwareentwicklung für Frauen zunehmend attraktiver wird?
  • Ihre First Line of Code schrieben weltweit 19,2% in einem Alter von 14-15 Jahren. In Deutschland liegt das Alter bei 14,1 Jahren und damit etwas niedriger als im Vorjahr (14,5 Jahre). Aufgeteilt nach Geschlecht starten weltweit Mädchen im Alter von 16,9 Jahren, Jungs im Alter von 15,2 Jahren und diverse Entwickler mit 13,5 Jahren.
  • Welche Abschlüsse haben die Entwickler*innen?
  • Bachelor 49,3% 49,3%
  • Master 25,5% 25,5%
  • Doktor 3,3% 3,3%
  • Keine formale Ausbildung 0,7% 0,7%
  • 75,4% der professionellen Softwareentwickler*innen erachten eine formale Ausbildung als ziemlich wichtig, wichtig oder sehr wichtig. Während 9,7% glauben, dass eine formale Ausbildung sogar wesentlich ist, erachten 15,8% diese als absolut unwichtig.

2019 schätzten sich 70% der Teilnehmenden in Bezug auf Leistungsfähigkeit und Erfahrung besser als der Durchschnitt ein. 78,2% der Entwickler*innen gaben an, in ihren Familien für IT Support-Fragen zuständig zu sein. Leider fehlen solche Aussagen in der diesjährigen Umfrage.

Entwickler*innen und Jobs

  • Entwickler*innen arbeiten auch 2020 in Unternehmen jeglicher Größe. Weltweit arbeitet der größte Anteil mit 21,6% in Unternehmen mit einer Größe von 20 – 99 Mitarbeitenden. 18,7% entwickeln bei Unternehmen mit 100 – 499 Arbeitskräften. Immerhin 13,9% arbeiten in Unternehmen mit mehr als 10.000 Personen, und in Unternehmen von 2 – 9 Mitarbeitenden sind es 9,9%. Die Zahlen sind sehr ähnlich zu den Werten aus dem Vorjahr, leider fehlt aber eine geografische Auswertung wie 2019; dort war bspw. zu erkennen, dass in den USA tendenziell mehr Softwareentwickler*innen in größeren Unternehmen als im Rest der Welt arbeiten.
  • 51,4% gaben an, dass ihr Onboarding im Unternehmen schlecht war oder gar nicht existierte.
  • 32,3% der Teilnehmenden erachten ihre Tätigkeiten als sehr zufriedenstellend.
  • Wer hat Interesse an einem neuen Job in Deutschland?
  • Nicht auf der Suche, aber offen für Angebote 55,0% 55,0%
  • Nicht interessiert 34,6% 34,6%
  • Aktiv auf der Suche 10,4% 10,4%
  • Der Anteil der aktiv nach einem Job suchenden Menschen ist in Deutschland niedriger als im weltweiten Vergleich (10,4%). Von den genannten Nationen (USA, Indien, Großbritannien, Kanada und Deutschland) liegt der Anteil der USA mit 13,9% am höchsten. Und das war noch „vor“ Corona.
  • Aus welchen Gründen wollen Softwareentwickler*innen den Arbeitgeber wechseln?
  • Bessere Bezahlung 70,0% 70,0%
  • Interesse an neuen Technologien 58,2% 58,2%
  • Interesse an neuen Optionen 57,1% 57,1%
  • Wachstumschancen und Leadership-Möglichkeiten 52,9% 52,9%
  • Bessere Work-Life-Balance 48,3% 48,3%
  • Ärger mit Führungskräften 26,8% 26,8%
  • Wegen Umzugs 26,3% 26,3%
  • Weil sie einen schlechten Tag, eine schlechte Woche oder einen schlechten Monat haben 20,3% 20,3%
  • Ärger mit dem direkten Vorgesetzten 17,0% 17,0%
  • Einfach so 12,3% 12,3%
  • Ärger mit Teamkollegen 11,7% 11,7%
  • Interesse Erfolge mit einem größeren Netzwerk teilen zu wollen 10,3% 10,3%
  • 69,6% schauen sich im Zuge von Arbeitswechseln Unternehmensbewertungen an. 65,3% lesen Medien wie Firmenblogs und 63,4% vertrauen auf ein persönliches Netzwerk aus Freunden oder der Familie.
  • 52,8% der männlichen Teilnehmer erachten verwendete Sprachen, Frameworks und Technologien als wichtigste Faktoren für einen Job. 41,8% der Frauen sehen dies genau so. Für Frauen ist die Büroatmosphäre und die Unternehmenskultur mit 48,3% der wichtigste Faktor.
  • Diversität ist für Frauen wichtig (18,6%), für Männer hingegen eher weniger wichtig (5,5%).
  • Der größte Teil der Teilnehmenden (51,7%) arbeitet zwischen 40 und 44 Stunden pro Woche.

Technologien, Methoden und Tools

  • Es ist nicht überraschend, dass JavaScript das achte Jahr in Folge seine Vormachtstellung als meistgenutzte Programmiersprache behauptet. Mit 69,7% liegt es vor HTML/CSS mit 62,4% und SQL mit 56,9%. Ruby (7,5%), das 2017 noch zu den Top 10 gehörte, wird inzwischen von neueren, trendigeren Technologien wie Go (9,4%) und Kotlin (8.0%) übertroffen.
  • Bei den Web-Frameworks behält jQuery mit 43,3% seine Spitzenposition, büßt aber Jahr für Jahr an Vorsprung auf React.js (36,8%) und Angular (26,5%) ein.
  • Node.js wird von mehr der Hälfte der Teilnehmenden der Umfrage genutzt (51.4%).
  • MySQL hält mit 55,6% seine Position an der Spitze der Datenbank-Technologien, gefolgt von PostgreSQL (36,1%), MS SQL Server (33,0%), SQLite (31,2%) und MongoDB (26,4%).
  • Fünf Jahre in Folge hat Rust (96,1%) den Spitzenplatz als beliebteste Programmiersprache inne. TypeScript (67,1) übertrifft an zweiter Stelle Python (66,7%) im Vergleich zum Vorjahr.
  • VBA (80,4%), Objective-C (76,6%) und Perl (71,4%)  halten die Spitzenplätze bei die gefürchtetsten Sprachen, die von Entwickler*innen genutzt werden, die aber kein Interesse daran haben, dies auch weiterhin zu tun.
  • Bei den Technologien, die von Softwareentwickler*innen nicht genutzt werden, aber gelernt werden wollen, liegt Python mit 30% im 4. Jahr in Folge an der Spitze. Auf den folgenden Plätzen laden JavaScript (18,5), Go (17,9%) und TypeScript (17,0%).
  • ASP.NET Core (70,7%) ist das beliebteste Web-Framework vor React.js (68,9%) und Vue.js (66,0%).
  • In der Kategorie Frameworks, Libraries und Tools liegt .NET Core mit 71,5% an der Spitze vor Torch/PyTorch (70,5%) und Flutter (68,8%).
  • Linux (76,9%) bleibt die beliebteste Plattform. Containertechnologien wie Docker (73,6%) und Kubernetes (71,1%) folgen auf Platz zwei und drei. Dann folgen AWS (66,4%) und Raspberry Pi (66.1%). Eine schöne Blogserie über die Erstellung einer CI/CD Pipeline auf einem Raspberry Pi finden Sie hier.
  • Fast die Hälfte der Befragten verwendet Windows (45,8%) als primäres Betriebssystem. Der Rest verteilt sich fast gleichmäßig auf MacOS (27,5) und eine Linux-Variante (26,6%).
  • Und welche Collaboration-Tools werden genutzt?
  • GitHub 82,8% 82,8%
  • Slack 53,0% 53,0%
  • Jira 47,7% 47,7%
  • Google Suite (Docs, Meet, etc.) 41,5% 41,5%
  • Gitlab 37,0% 37,0%
  • Confluence 32,4% 32,4%
  • Trello 29,6% 29,6%
  • Microsoft Teams 25,6% 25,6%

Fazit

Auch dieses Jahr beinhaltet die Umfrage viele interessante Informationen. Und wie immer macht das Stöbern in den Ergebnissen viel Spaß. Die neue, grafische Aufbereitung der Ergebnisse ist zwar zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig, aber je mehr Zeit Sie damit verbringen, desto besser wird es. Die Navigation ist wirklich gut gemacht!

Leider gibt es auch einige Punkte, die mir nicht gefallen:

  • Wie bereits 2019 dreht sich ein großer Teil um die „Demographics“. Natürlich ist es interessant zu erfahren, wie viele Teilnehmerinnen die Fragen beantwortet haben, aber warum die sexuelle Orientierung oder die mentale Gesundheit der Teilnehmenden wichtig sein sollten, erschließt sich mir auch in diesem Jahr nicht.
  • Während viele Wissenschaftler weltweit erkennen, dass es „lediglich“ eine Rasse – den Menschen – gibt, und in Deutschland über das Streichen des Wortes Rasse aus unserem Grundgesetz diskutiert wird, stellt Stack Overflow fest, dass es einen „Aufwärtstrend bei den unterrepräsentierten Rassen und Ethnien gibt.“ Aua!
  • Zumindest gefühlt nimmt der Anteil der Fragen zu, die sich um die Plattform Stack Overflow drehen. Eine Aussage wie „Auf die Frage, welche Schritte zu unternehmen sind, wenn man an einem Codierungsproblem hängen bleibt, gaben 90% der Befragten an, dass sie Stack Overflow besuchen.“ wirkt auf mich sehr werblich, zumal sie als ein Highlight der Umfrage präsentiert wird.
  • Und last but not least: Stack Overflow verallgemeinert ab und an Ergebnisse. Bspw. sind nicht 12% der Entwickler weltweit weiblich, sondern 12% der Teilnehmenden sind weiblich. Wer sich also für absolute Zahlen und Werte interessiert, sollte zusätzlich alternative Erhebungen und Quellen konsultieren.

Ein letzter Gedanke: Die Anzahl der Teilnehmenden stieg kontinuierlich von der ersten Umfrage im Jahr 2011 bis 2018. 2019 setzte sich der Trend erstmals nicht fort und 2020 liegt ungefähr auf dem Niveau von 2017 mit seinerzeit ca. 64.000 Teilnehmenden. Im Verhältnis zu den von Stack Overflow genannten 50 Millionen Menschen, die jeden Monat die Plattform aufsuchen, ist die Anzahl der Teilnehmer*innen also eher gering. Evtl. reicht das „Census“-Abzeichen als Belohnung für die Teilnahme nicht mehr aus. Und evtl. könnte es Sinn ergeben, die Umfrage jedes Jahr im selben Zeitraum – bspw. die ersten drei Wochen im Februar – durchzuführen. Mal schauen, was die Umfrage 2021 ergibt. Es bleibt spannend.

 

Hinweise:

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Die vollständigen Umfrageergebnisse 2020 können Sie unter https://survey.stackoverflow.co/2020 nachlesen.

Die Umfrageergebnisse 2021 könnten Sie unter https://survey.stackoverflow.co/2021 nachlesen. Wir verzichten auf eine Aufbereitung der Ergebnisse, da die Auswertung der Umfrage 2021 leider elementare Mängel aufweist. Beispiel: Auf die Frage „Where do you live?“ sagen 6,74% von 49.116 Antwortgebenden, dass Sie in Deutschland wohnen. Umgerechnet sind das 3.310 Menschen. Die „absolute“ Zahl wird aber mit 5.625 (6,74% von insgesamt 83.439 Teilnehmenden) angegeben. Ein solche Vermischung der Zahlen ist mehr als fragwürdig und sorgt für Verwirrung und Unsicherheit.

Zusammenfassungen aus den Jahren 2019 und 2018 finden Sie hier im Blog:

t2informatik Blog: Entwickler 2019 - Motive und Zahlen

Entwickler 2019 – Motive und Zahlen

t2informatik Blog: Entwickler 2018 - Motive und Zahlen

Entwickler 2018 – Motive und Zahlen

Michael Schenkel
Michael Schenkel

Leiter Marketing, t2informatik GmbH

Michael Schenkel hat ein Herz für Marketing - da passt es gut, dass er bei t2informatik für das Thema Marketing zuständig ist. Er bloggt gerne, mag Perspektivwechsel und versucht in einer Zeit, in der vielfach von der sinkenden Aufmerksamkeitsspanne von Menschen gesprochen wird, nützliche Informationen - bspw. hier im Blog - anzubieten. Wenn Sie Lust haben, verabreden Sie sich mit ihm auf einen Kaffee und ein Stück Kuchen; mit Sicherheit freut er sich darauf!