Zielkonflikt
Inhaltsverzeichnis: Definition – Arten – Beseitigung von Zielkonflikten – Tipps – Download – Hinweise
Wissen kompakt: Ein Zielkonflikt liegt vor, wenn Ziele miteinander in Konkurrenz stehen und sie dadurch nicht im vollen Umfang zu erreichen sind.
Zielkonflikt Definition
Ein Ziel beschreibt einen in der Zukunft liegenden Zustand, der sich vom gegenwärtigen Zustand unterscheidet und erstrebenswert ist. Ein Zielkonflikt liegt vor, wenn sich einzelne Ziele in Teilen oder im Ganzen widersprechen und dadurch nicht im vollen Umfang zu erreichen sind. In anderen Worten: Zwischen den Zielen besteht eine konkurrierende Beziehung – auch als Zielkonkurrenz bezeichnet. Das wünschenswerte, positive Gegenstück ist eine kompatible Zielbeziehung.
In der Unternehmenspraxis sind Zielkonflikte nichts Ungewöhnliches. Überall dort, wo Menschen aufeinander treffen und basierend auf ihren Werten, Motiven und Vorstellungen unterschiedliche Interessen verfolgen, sind Konflikte an der Tagesordnung. Die spannende Frage lautet daher: Wie lassen sich Zielkonflikte möglichst smart und sinnvoll auflösen.
Welche Arten von Zielkonflikten gibt es?
Es gibt verschiedene Arten von Zielkonflikten. Die vermutlich gängigste und verbreitetste Interpretation nennt zwei Arten:
- intrapersonelle und
- interpersonelle Zielkonflikte.
Ein intrapersoneller Konflikt liegt vor, wenn ein Unternehmen oder auch eine einzelne Person nicht gleichzeitig alle wünschenswerten Ziele erreichen kann. Wie der Name es andeutet: der Konflikt liegt „in“ dem Unternehmen bzw. in einer Person selbst. Das ist wenig verwunderlich: Menschen sind widersprüchlich und verfolgen oftmals sich widersprechende Ziele. Und da eine Organisation eine Ansammlung von Menschen darstellt, sind Zielkonflikte eher die Regel als die Ausnahme. Es ist leicht sowohl A und B zu wollen, wenn sich aber A und B auch nur in Teilen widersprechen, liegt ein Konflikt vor. Ein Mitarbeiter möchte bspw. ein sicheres Arbeitsverhältnis bei einem etablierten Unternehmen, kann sich aber nach 15 Jahren bei seinem Arbeitgeber einen Wechsel zu einem Startup-Unternehmen vorstellen, bei dem er mehr Gehalt verdienen könnte. Arbeitsplatzsicherheit (A) und bessere Bezahlung (B) in Folge des Arbeitgeberwechsels stehen somit in einer konkurrierenden Zielbeziehung. (Lesen Sie dazu mehr unter „Beseitigung von Zielkonflikten“.)
Ein interpersoneller Konflikt liegt vor, wenn mehrere Wirtschaftssubjekte – also Staaten, Unternehmen, Haushalte, Personen, Interessenvertreter etc. – Ziele verfolgen, die sich widersprechen. Beispiel: Ein Staat hat Interesse an einem hohen Beschäftigungsstand, Unternehmen streben die Maximierung von Gewinnen an und verlagern daher möglicherweise Arbeitsplätze an günstigere Standorte.
Die Soziologie des sozialen Konflikts¹ kennt drei Varianten der intrapersonellen Zielkonflikte:
- Beim Äquivalenzkonflikt muss sich ein Wirtschaftssubjekt zwischen zwei vergleichbaren, positiven Optionen entscheiden. Beispiel: Da nur beschränkte finanzielle Ressourcen oder nur limitierte Kapazitäten an Arbeitskräften zur Verfügung stehen, können keine zwei neuen Maschinen gleichzeitig angeschafft oder zwei Projekte parallel durchgeführt werden. Ergo: eine Entscheidung für ein Vorgehen, eine Investition oder ein Ziel muss getroffen werden.
- Beim Ambivalenzkonflikt – auch bekannt als Appetenz-Aversions-Konflikt² – hat das Ziel sowohl positive wie negative Ausprägungen. Beispiel: das magische Dreieck im Projektmanagement umfasst drei Zieldimensionen: Zeit, Kosten und Qualität. Möchte ein Unternehmen ein neues Produkt möglichst schnell (Faktor Zeit) und mit einem minimalen Set an Funktionen (Faktor Kosten) auf den Markt bringen, dann wird die Qualität vergleichsweise niedrig sein. Entscheidet sich das Unternehmen hingegen, mit der Markteinführung so lange zu warten, bis das Produkt qualitativ hochwertig ist, steigen die Kosten und der Zeitpunkt des Markteintritts verschiebt sich.
- Beim Vitationskonflikt haben Ziele ausschließlich negative Ausprägungen. Beispiel: Soll ein altes, aber wichtiges System eines Unternehmens gepflegt und instandgehalten werden oder ergibt die Investition in ein neues System mehr Sinn. In der Praxis ist zu beobachten, dass sich viele Organisationen für das Prinzip des kleineren Übels entscheiden und damit der sogenannten „Sunk Cost Fallacy“ unterliegen.³
Es gibt auch eine andere Perspektive, um verschiedene Arten von Zielkonflikten zu bestimmen. Dazu genügt ein Blick auf verschiedene Zielarten. Es gibt u.a.:
- monetäre und nicht monetäre bzw. quantitative und qualitative Ziele,
- Haupt- und Neben- bzw. Ober- und Unterziele,
- strategische und operative bzw. langfristige, mittelfristige und kurzfristige Ziele.
Zwischen all diesen Ausprägungen kann es Zielkonflikte geben: zwischen monetären und nicht monetären, oder monetären und monetären, oder nicht monetären und nicht monetären, zwischen mittel- und langfristigen, oder strategischen und operativen, oder zwischen operativen und monetären Zielen etc. Das interessante an dieser Perspektive ist, dass sie in der Unternehmensrealität bei der Beseitigung von Zielkonflikten eine sinnvolle Ergänzung zur intrapersonellen und interpersonellen Betrachtung darstellt.
Beseitigung von Zielkonflikten
Wie lassen sich Zielkonflikte möglichst smart und sinnvoll auflösen? Natürlich kommt es auf die konkrete Situation an. Beispiel (von oben): Ein Mitarbeiter möchte Arbeitsplatzsicherheit und bessere Bezahlung. Er könnte nun a) den Arbeitgeber wechseln und mehr Gehalt bekommen, würde aber ein sicheres Arbeitsverhältnis mit einem neuen und damit eher unsicheren tauschen. Oder er könnte b) seine Situation mit dem bestehenden Arbeitgeber besprechen und in der Folge von diesem mehr Gehalt erhalten. Möglicherweise ist das Gehalt trotz der Erhöhung niedriger als beim neuen Arbeitgeber, der sichere Arbeitsplatz bleibt aber erhalten.
Aus diesem Beispiel ergeben sich zwei Erkenntnisse:
- die Gewichtung und anschließende Priorisierung von Zielen ist eine Möglichkeit, um mit Zielkonflikten umzugehen.
- die Lösung von Zielkonflikten erfordert immer eine Entscheidung. Auch aus diesem Grund ist wichtig, Entscheidungstechniken zu kennen und zu beherrschen.
In der Praxis von Organisationen ist der Umgang mit intrapersonellen Konflikten nicht ganz so einfach wie in dem gerade genannten Beispiel. Es bietet sich daher an, in einem ersten Schritt die verschiedenen Ziele zu klassifizieren und anschließend zu gruppieren. Voraussetzung dafür ist eine detaillierte Stakeholderidentifikation und Stakeholderanalyse.
Warum: das Ziel eines „wichtigen“ Stakeholders dürfte eine größere Priorität erhalten als das Ziel eines weniger wichtigen Stakeholders.
Wie: Bspw. in Form von Workshops oder durch individuelle Befragungen.
Ergebnis: eine Liste mit Zielen (verschiedener Stakeholder).
Anschließend beginnt die eigentliche Aufgabe, sprich die Klassifizierung der Ziele, bspw. anhand von Zielbeziehungen:
- identische,
- antinomische,
- indifferente,
- komplementäre und
- konkurrierende Ziele.
Gerade in größeren Organisationen kann es leicht passieren, dass Ziele zwar mit anderen Worten aber mit identischer Intention und Ausrichtung formuliert werden. Beispiel: Ein Unternehmen möchte den bestmöglichen Support und eine Hotline rund um die Uhr anbieten. (Je nach Interpretation könnte dies auch ein Zwischenziel sein; siehe Zielbeziehungen.) Zielidentität sollte natürlich vermieden werden.
Zielantinomie liegt vor, wenn sich zwei Ziele völlig ausschließen. Sie entspricht der maximalen Ausprägung konkurrierender Ziele. Beispiel: ein Vertriebsleiter möchte die Anzahl der Wartungsverträge der Kunden erhöhen und gleichzeitig Wartungsvereinbarungen mit kleineren Volumina kündigen. Oder: Freunde wollen eine Non-Profit Organisation gründen, andere wollen ein auf Gewinn ausgerichtetes Unternehmen aufbauen.
Indifferente Ziele haben untereinander keine Zielbeziehung, sie sind neutral. Beispiel: ein Vertriebsleiter möchte das Onboarding neuer Mitarbeiter, die im Homeoffice ihre Tätigkeit beginnen, verbessern. Gleichzeitig möchte er das Cross-Selling von Produkten durch eine gezielte Marketing-Kampagne ankurbeln. Zielindifferenz erfordert normalerweise keine explizite Aktion.
Die komplementären Ziele sind im Handling relativ angenehm, da sie sich ergänzen. In einem solchen Fall wird von der sogenannten Zielharmonie gesprochen. Beispiel: ein Vertriebsleiter möchte die Krankheitsquote und Mitarbeiterfluktuation senken. Gleichzeitig möchte er die Arbeitsausstattung im Homeoffice verbessern, um das Cross-Selling von Produkten durch einen performanten Zugriff auf sämtliche Kundendaten per CRM zu ermöglichen.
Die Herausforderung für viele Organisationen liegt im Umgang mit konkurrierenden Zielen. Spätestens hier variiert das Vorgehen in Organisationen. Denkbar wäre bspw. eine Gruppierung entsprechend der Zielarten, also z.B.
- dem zeitlichen Zielhorizont (kurz-, mittel- oder langfristig)
- der operativen oder strategischen Bedeutung,
- der quantitativen oder qualitativen Relevanz oder
- den monetären bzw. nicht-monetären Auswirkungen.
Ob die Vermischung der Gruppen und eine Darstellung in Form einer Zielmatrix, der Einsatz von Zieldiagrammen zur Festlegung von Zielhierarchien mit Ober- und Unterzielen, oder schlicht die Definition von drei strategischen Zielen und eine Strategieumsetzung mittels OKR sinnvoll ist, lässt sich nicht allgemeingültig feststellen. Dennoch gibt es einige Tipps im Umgang mit Zielkonkurrenz bzw. Zielkonflikten.
Tipps im Umgang mit Zielkonflikten
Hier finden Sie einige Tipps zum Umgang mit Zielkonflikten:
- Häufig entstehen in Unternehmen Konflikte, weil Ziele nicht eindeutig formuliert und kommuniziert werden. Versteckte, nicht ausgesprochene Ziele können für das Gelingen von Entwicklungen oder die Definition von Produkten und Dienstleistungen weitreichende Folgen haben. Daher ist eine strukturierte Zielidentifikation wichtig.
- Die Voraussetzung zur bewussten Beseitigung von Konflikten ist das Wissen um diese. Zielkonkurrenzen lassen sich nur adressieren, sofern sie bekannt sind. Ziele zu identifizieren ist also lediglich ein Schritt, auf den eine Analyse folgen sollte. Welche Bedeutung hat das Ziel für einzelne Personen, Abteilungen, Bereiche oder das gesamte Unternehmen? Was sind die Gründe dafür? Welche Zusammenhänge bestehen möglicherweise? Je besser die Hintergründe verstanden werden, desto mehr Informationen lassen sich für die konkrete Lösung der Konflikte verwenden.
- Die offene Diskussion über die Konflikte, sowie den Umgang und evtl. auch die Beseitigung von ihnen ist sehr wichtig. Hier kann es sinnvoll sein, sich mit verschiedenen Formen der Entscheidungsfindung wie bspw. Konsens und Konsent zu beschäftigen.
- Konkurrierende oder gar antimonische Ziele verschwinden nicht von selbst. Sie zu negieren, ist keine gute Idee.
Die Meinungen variieren in Organisationen, ob definierte Regeln oder doch eher Prinzipien besser geeignet sind, um Zielkonflikte zu beseitigen. Je nach Präferenz kann beides helfen, wobei immer zu beachten ist, dass viele Märkte und Situationen volatil sind, so dass einerseits eine flexible Anwendung der Regeln oder Prinzipien sinnvoll sein kann, und anderseits besagte Regeln und Prinzipien auch immer wieder auf ihre Wirkung und Sinnhaftigkeit geprüft werden sollten.
Impulse zum Diskutieren:
[1] Lassen sich Zielkonflikte überhaupt beseitigen oder werden sie in Wirklichkeit lediglich strukturiert, hierarchisiert, priorisiert und diskutiert? Existieren sie also weiter, auch wenn es ein abgestimmtes Verfahren innerhalb einer Organisation gibt?
[2] In manchen Publikationen ist zu lesen, dass ein Zielkonflikt vorliegt, wenn Ziele nicht gleichzeitig erreicht werden können. Operative und strategische Ziele lassen sich aber nie gleichzeitig erreichen. Idealerweise „zahlt“ die operative Zielerreichung auf das strategische Ziel „ein“. Damit entfällt die „Gleichzeitigkeit“ als Argument, oder?
Hinweise:
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[1] Soziologie des sozialen Konflikts
[2] Ambivalenzkonflikt
[3] Sunk Cost Fallacy am Beispiel eines Projektabbruchs
Hier finden Sie ergänzende Informationen aus unserem t2informatik Blog: