ALARP-Prinzip
Wissen kompakt: ALARP ist ein Prinzip der Risikoreduzierung und steht für As Low As Reasonably Practicable, also so niedrig wie vernünftigerweise praktikabel.
ALARP-Prinzip – Risiken mit Vernunft reduzieren
Die systematische und kontinuierliche Identifikation und Analyse, Bewertung und Priorisierung von Risiken, die Definition von Maßnahmen zur Vermeidung, Reduzierung oder Duldung, sowie die Festlegung von Verantwortlichkeiten und die Erfolgskontrolle der Maßnahmen – all diese Punkte umfasst Risikomanagement. Das ALARP-Prinzip ist ein grundlegendes Konzept im Risikomanagement. Es ist ein Akronym und steht für As Low As Reasonably Practicable, also so niedrig, wie vernünftigerweise praktikabel.
Dem Prinzip folgend, sollen das Schadensausmaß und die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Risiko unter Berücksichtigung eines vertretbaren finanziellen und technischen Aufwands so reduziert werden, dass der maximale Grad an Sicherheit gewährleistet wird. Seine Wurzeln hat das ALARP-Prinzip im britischen Health and Safety at Work Act von 1974.¹ Es wurde entwickelt, um einen praktischen und wirtschaftlich sinnvollen Ansatz zur Risikoreduktion zu fördern. Seitdem dient es in vielen Bereichen als Leitlinie für die Implementierung von Sicherheitsmaßnahmen und Risikomanagementstrategien.
Der Nutzen des ALARP-Prinzips
Der praktische Nutzen des ALARP-Prinzips liegt in seiner Fähigkeit, eine vernünftige und ausgewogene Herangehensweise an das Risikomanagement zu bieten. Es ermöglicht Organisationen, Risiken effektiv zu reduzieren, ohne unverhältnismäßig hohe Kosten oder Ressourcenaufwände in Kauf nehmen zu müssen. Hier sind einige konkrete Vorteile:
- ALARP hilft dabei, die begrenzten Ressourcen (wie Zeit, Geld und Personal) effizient einzusetzen. Es wird nur in Maßnahmen investiert, die eine signifikante Risikoreduktion bewirken, während übermäßige und unverhältnismäßige Ausgaben vermieden werden.
- Das Prinzip berücksichtigt die realistischen Möglichkeiten und Einschränkungen einer Organisation. Dies fördert praktikable und umsetzbare Lösungen, die im Alltag tatsächlich angewendet werden können.
- ALARP ist kein starres Regelwerk, sondern ein flexibler Ansatz, der sich an unterschiedliche Situationen und Branchen anpassen lässt. Dadurch können individuelle Gegebenheiten und spezifische Risiken besser berücksichtigt werden.
- Durch die Betonung auf Vernünftigkeit und Verhältnismäßigkeit ist ALARP oft leichter zu kommunizieren und von allen Beteiligten (Mitarbeitern, Management, Regulierungsbehörden) zu akzeptieren. Es schafft ein gemeinsames Verständnis dafür, welche Risiken akzeptabel sind und warum bestimmte Maßnahmen ergriffen werden.
- Zudem fördert der Ansatz eine Kultur der kontinuierlichen Überprüfung und Verbesserung der Sicherheitsmaßnahmen. Risiken werden regelmäßig bewertet und die Maßnahmen entsprechend angepasst, um stets auf einem akzeptablen Niveau zu bleiben.
Zusammengefasst unterstützt das ALARP-Prinzip Organisationen dabei, ein effektives und effizientes Risikomanagement zu betreiben, das sowohl die Sicherheit erhöht als auch wirtschaftlich tragbar bleibt. Es bietet einen pragmatischen Ansatz zur Risikoreduzierung, der sich an den tatsächlichen Gegebenheiten orientiert und kontinuierliche Verbesserungen fördert.
Grenzen von ALARP
Das ALARP-Prinzip bietet einen pragmatischen Ansatz zur Risikoreduktion, doch es hat auch seine Grenzen. Hier sind einige Herausforderungen:
- Die Bestimmung dessen, was „vernünftigerweise praktikabel“ ist, kann subjektiv sein. Unterschiede in der Interpretation können zu Uneinigkeit zwischen verschiedenen Stakeholdern führen.
- Die Durchführung einer genauen Kosten-Nutzen-Analyse kann komplex und zeitaufwendig sein, zumal mögliche immaterielle Aspekte wie Reputation oder langfristige Umweltschäden schwer zu quantifizieren sind. Zudem könnten durch eine kurzfristige Risikoreduktion langfristige Risiken und potenzielle zukünftige Entwicklungen vernachlässigt werden.
- In schnell wechselnden Umgebungen oder bei neu auftretenden Risiken kann es schwierig sein, kontinuierlich angemessene Maßnahmen zu identifizieren und umzusetzen. ALARP setzt eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung voraus, was in dynamischen Kontexten herausfordernd sein kann.
- Unternehmen könnten versucht sein, minimale Maßnahmen zu ergreifen, um gerade noch als „vernünftig praktikabel“ zu gelten, anstatt proaktiv umfassendere Sicherheitsmaßnahmen umzusetzen. Dies könnte zu Konflikten mit Regulierungsbehörden oder im Falle eines Unfalls zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen.
- Die Qualität und Verfügbarkeit von Daten zur Bewertung von Risiken und Maßnahmen kann variieren. Unvollständige oder ungenaue Daten können zu fehlerhaften Entscheidungen führen.
- In komplexen Systemen können Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Risiken und Maßnahmen schwer vorhersehbar sein. Maßnahmen zur Risikoreduktion in einem Bereich könnten unerwartete Risiken in anderen Bereichen erzeugen.
- Und zu guter Letzt ist menschliches Verhalten nur schwer vorhersehbar und kontrollierbar. Selbst gut durchdachte Maßnahmen zur Risikoreduktion können durch menschliche Faktoren beeinträchtigt werden. Hier gilt es also, die Maßnahmen regelmäßig zu überprüfen und ggf. anzupassen.
Trotz dieser Grenzen bleibt das ALARP-Prinzip ein wertvolles Werkzeug im Risikomanagement, das eine praktikable und wirtschaftlich sinnvolle Risikoreduktion ermöglicht. Es erfordert jedoch sorgfältige Anwendung, kontinuierliche Überprüfung und Anpassung an spezifische Umstände und Kontexte.
Die Visualisierung des ALARP-Prinzips
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das ALARP-Prinzip zu visualisieren. Diese Visualisierungen helfen, die Konzepte und Anwendungen des Prinzips verständlicher zu machen und Entscheidungsträgern sowie Stakeholdern die Bewertung und Kommunikation von Risiken zu erleichtern. Die beiden gängigsten Visualisierung sind:
ALARP-Triangle bzw. -Dreieck²
Dieses Diagramm zeigt drei Zonen:
- Obere Zone (unacceptable region): Risiken sind inakzeptabel, unabhängig von Kosten und Aufwand.
- Mittlere Zone (ALARP region): Risiken sind akzeptabel, wenn sie auf ein Niveau reduziert wurden, das vernünftigerweise praktikabel ist.
- Untere Zone (broadly acceptable region): Risiken sind so gering, dass keine weiteren Maßnahmen erforderlich sind, außer Routineüberwachungen.
Risikomatrix
Eine Risikomatrix ordnet Risiken nach Wahrscheinlichkeit und Schweregrad ein. In der ALARP-Kontext können unterschiedliche Farben oder Schattierungen verwendet werden, um die ALARP-Zonen zu markieren:
- Rot für inakzeptable Risiken.
- Gelb für ALARP-Risiken, die reduziert werden müssen, wenn es vernünftig praktikabel ist.
- Grün für allgemein akzeptable Risiken.
Beide Diagramme haben den Vorteil, dass sie leicht – auch ohne Hintergrundinformationen – zu verstehen sind. Da es sich bei den Visualisierungen um Momentaufnahmen handelt, lassen sich Veränderungen bei der Einschätzung von Risiken aber ohne zusätzliche Hilfsmittel – bspw. die Verwendung von Versionsmanagement-Systemen – nicht nachvollziehen.
Impuls zum Diskutieren
Wer entscheidet, was „vernünftigerweise praktikabel“ ist?
Hinweise:
[1] Health and Safety at Work etc. Act 1974
[2] Das Dreieck gibt es in zwei Ausführungen: entweder „steht“ das Dreieck auf einer Seite oder auf einer Spitze. Inhaltlich ist dies nachrangig, insbesondere da ALARP so oder so optisch in der Mitte der Darstellung steht und so die entsprechenden Risiken in den Fokus rückt.
Mit ALARA gibt es ein ähnliches Prinzip, das unter anderem in der Radiologie und Nuklearmedizin angewandt wird. ALARA steht für As Low As Reasonably Achievable; der Fokus liegt auf der Anwendung technischer und organisatorischer Maßnahmen zur Reduzierung der Strahlenexposition, unter Berücksichtigung des aktuellen technischen Standes und der wirtschaftlichen und sozialen Faktoren.
Hier finden Sie ein englischsprachiges Video zum ALARP Principle.
Welche Ziele verfolgt und welche Tätigkeiten umfasst Risikomanagement? Antworten finden Sie in unserem kostenlosen Risikomanagement Guide.
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