New Work oder Zombie-Apokalypse
Wir brauchen empathische Führungskräfte. Firmen, die uns Menschen ins Zentrum ihres Wirtschaftens stellen. Sinngetriebene Organisationen.
Seit wir auf agil machen, tanzen mir die Mitarbeiter auf der Nase herum. Das ist der Persilschein für Abseiler. Und zu allem Überfluss steht in meiner Zielvereinbarung, dass ich dafür verantwortlich bin, dass die Pappnasen zufrieden sind.
Wir haben genug von dem New-Work-Gequatsche. Das ist nur alter Wein in neuen Schläuchen. Scrum und Homeoffice sind einfach weitere Pflastersteine in der offensichtlich endlosen Straße zu mehr Produktivität.
Herzlich willkommen in der Zombie-Apokalypse. Einer Wirtschaftswelt, in der gut gemeint alles andere als gut gemacht ist. Was Firmen brauchen, ist ein Konzept für das (Über)Leben auf dem Donut.
Falsch abgebogen und im Morast stecken geblieben
Ist deine Firma schon mittendrin? Transformationen finden heute allerorten statt. Sie treiben die (notwendige?) Digitalisierung voran. Sie schätzen die Mitarbeiter:innen wert. Sie steigern den Output. Sie stärken das Wohlbefinden im Job. Sie machen unsere Wirtschaft endlich menschlich. Sie verdienen ihr Geld auf der Plattform. Sie arbeiten in der Cloud. Das geht im Office, im Home und beim Co-Working. Kurz gesagt, sie machen alles besser.
Aber Achtung: Die Meldungen nehmen zu, nach denen das nur Fake ist. Immer häufiger liest man von Firmen, die zurückrudern. Oder es nie ernsthaft gemacht haben. Sie schätzen stattdessen Disziplin. Klare Ansagen geben ihren Angestellten wie Vorgesetzten Sicherheit zurück. Eine saubere Trennung zwischen Büro und Zuhause schafft Vertrauen. Ausführlich aufgezeichnete Arbeitszeiten schützen vor Selbstausbeutung. Die ganze New-Work-Agile-Remote-Wave entlarvt sich selbst als Marketingshow. So wie bei Spotify. Hinter den Firmentüren führt weiterhin das Regiment der althergebrachten funktionalen Weisungshierarchie zum Erfolg.¹
Sie können richtig abbiegen
Doch halt, auch das ist eine Falschmeldung. Es gibt sie, die Firmen, die wie das kleine gallische Dorf bei Asterix, der flächendeckenden Depression durch die abhängige Lohnarbeit entgehen. Belegschaften, die mit oder sogar wegen veränderter sozialer Muster in der Organisation im Markt bestehen. So viele verschiedene Richtungen sie einschlagen, eines eint die Erfolgreichen: Jede:r Mitarbeiter:in im Betrieb kann aus sich heraus konsequent gestaltend auf die Firma (ein)wirken. In ihrer Zusammenarbeit sind sie selbstwirksam.
Woher ich das weiß? Aus erster Hand. Ich kann seit über zehn Jahren Firmen auf dem Weg dorthin unterstützen. Sie heißen zum Beispiel Heiler, NETSYNO oder Teledata. Sie machen Innenraumglas, Software und Dienstleistungen für Steuerbüros. Ihre Geschäftsmodelle kämen wunderbar mit Cradle to Cradle in einer Zirkulärwirtschaft ohne Wachstum klar. Sie überleben auf dem Donut. Doch was heißt das?
Im Kreis statt in die Zombie-Apokalypse
Dieses Donut-Bild schlägt die englische Volkswirtin Kate Raworth als Alternative zum Höher-Schneller-Weiter des bedingungslosen Kapitalismus vor. Im Loch der Süßspeise finden sich prekäre Lebensverhältnisse, die wir niemandem wünschen. Die abgeschafft gehören. Die Außengrenze bildet die Übernutzung der Ressourcen unseres Planeten. Zwischen diesen beiden Kreisen, also auf dem Donut, ist der Platz für sinnvolles Wirtschaften.²
Die Grafik vom Kringel half mir, zu verstehen, was bei vielen Transformationen schiefläuft. Da will überhaupt niemand den Betrieb so abarbeiten, dass er in einem komplett veränderten ökonomischen System – der Donut-Ökonomie – funktioniert. Da gilt weiterhin größer, schneller, weiter. Nur eben jetzt in menschzentrierter Maskerade. Was dabei herauskommt, kennen Leser:innen von Historienromanen. Da erfahren wir, dass sich Adelige keineswegs wuschen. Das galt als vulgär. Sie trugen mehr Puder und Parfüm auf. Was nach außen wohl riechen sollte, war im Innern modrig verwelkt. Jüngst gewinnt ein Filmgenre zunehmend Anhänger, dass diese Fäulnis in unsere Zeit trägt: Zombie-Movies. Wer New-Work-Agile-Remote-Konzepte und -Methoden nutzt, um die bestehende Ökonomie zu erhalten, kreiert die Zombie-Apokalypse der Arbeit.
Dem Todesurteil aus Dekadenz und Trägheit von der Schippe springen
Das ist es, was der Mehrheit der transformierenden Firmen blüht. Deprimiert ausgebrannte Führungskräfte dienen einer zunehmend aufsässig verwöhnten Mitarbeiterschar. Diese Belegschaft vertändelt selbstgefällig auf hedonistischen After-Work-Parties die Profite ihrer Firma. Die wiederum bezahlt dafür sogar noch die fünfunddreißig Kubikmeter Sandstrand auf dem Flachdach, die es braucht, damit Südseefeeling aufkommt. Zuerst merkt es der langweilige Buchhalter. Da läuft etwas schief. Bis es die Eigentümer sehen wollen, ist die Bude voller untoter Müßiggänger:innen oft schon der feuchtfröhlich abzufeiernden Insolvenz nahe.
Achtung! Zurückrudern ist keine Option, weil die Probleme der Wachstums- und Machtwirtschaft leider real sind. Firmen sehen sich einer zunehmend wechselhaften Welt gegenüber. Das betrifft die Wirtschaft (Tesla baut erfolgreich Autos) ebenso wie Naturphänomene (Corona) oder die politischen Strukturen (Donald Trump). Doch wir alle können aufatmen. Für die Lösung gibt es ein Patentrezept. Man kommt dieser Dynamik bei, indem mehr Leute im Sinne der Firma mitdenken. Leider funktioniert das unzureichend, spielt man New Work nur, anstatt sie konsequent zu machen. Doch das braucht Mut und ein Denken, wie es auf dem Donut von Frau Raworth üblich ist.
Hilfe naht!
Viele meiner Kolleg:Innen in der Blase streichen an dieser Stelle die Segel. Ja, sie benennen präzise alle Schwierigkeiten. Dennoch reichen ihre Ideen gerade soweit, das bestehende System auszuoptimieren. Ein Ausweg scheint ihnen unbekannt. Nun, ich wage mich aus der Deckung. Sicherlich gibt es in Zukunft verschiedenste Wege raus aus unserem selbstvernichtenden Wirtschaftstrott, ohne in der Zombie-Apokalypse zu landen. Mark Lambertz bietet einen für große Organisationen. Er bringt dazu das Viable System Model³ von Stafford Beer in unsere Zeit. Ich kenne eine Alternative für kleine und mittlere Firmen, die nachweislich funktioniert. Wir nennen sie Betriebskatalyse. Sie entwickelt sich aus meiner Arbeit der letzten zwanzig Jahre. Sie kommt aus der gelebten Praxis, mit Kolleg:innen und vor allem Kunden. Wir haben uns den anstehenden Problemen der Firmen zugewandt und sie anders gelöst. Wie?
- Durch intelligente Kollaboration. Sie greift die Widerstände auf und nutzt sie für eine hohe Qualität in Veränderungen.
- Indem wir einen zwang- und angstfreien Raum für Beteiligung schaffen. So kann jede:r die:der will in die eigene Wirksamkeit für die Firma kommen.
- Mit einem Ausstieg aus Dogmen die allzu oft mit Agile, Beta oder Holacracy einhergehen. Wir erreichen ihn, weil wir in die Arbeit mit Denkwerkzeugen einsteigen, die uns befähigen, alle anstehenden Aufgaben mit der Donut-Brille zu lösen.
- Auf Grundlage einer umfassenden Klarheit, was die Auswirkungen angeht, die durch die gemeinsamen Anstrengungen entstehen.
Es gibt kein One-Size-Fits-All
Natürlich gibt es kein One-Size-Fits-All. Und dennoch stehen viele Firmen vor denselben Herausforderungen. Es liegt an uns, ob wir mit mehr Abhängigkeit und zunehmendem Präkariat darauf antworten oder das Wagnis einer zugewandten Kollaboration eingehen, die genau Ihre Probleme dauerhaft lösen kann. Ich sehe es anders als viele meiner Kolleg:innen. Es geht hier keineswegs mehr ins Ungewisse. Etliche Pioniere haben gezeigt, auf was wir uns verlassen können: Egal wie schlimm es kommt, sobald wir eine:n Held:In erwählen, die uns Retten soll, ist das der erste sichere Schritt in ein noch größeres Desaster.
Es ist an der Zeit für die Wahrheit. Die Geschichte von Ata. Auf dieser Insel südlich von Tonga beweisen sechs Jugendliche, dass wir keine egozentrierten Bestien sind, wie es der Weltbestseller „Der Herr der Fliegen“ unterstellt. Sie überleben fünfzehn Monate auf einem Felsen im Pazifik. Ohne Chef (gewählt oder ernannt), ohne Weisungsmacht, ohne Gewalt. Rutger Bregman räumt in seinem Buch „Im Grunde Gut“ mit dieser und vielen weiteren Heldenmärchen auf. Führer:Innen hindern uns dran, als Gemeinschaft erfolgreich zu sein. Das sind nur die Geschichten, die sie uns erzählen, um ihre Position zu halten.
Die Betriebskatalyse führt Sie und Ihre Firma aus dieser Zombie-Apokalypse voll versteckter Gewalt und gegenseitiger Übervorteilung heraus. Sie öffnet eine neue Spielwiese. Eine, in der wir uns als Menschen zusammen erfüllen. Hier haben alle was davon und ja, hier ist das Gras tatsächlich grüner. Wäre es nicht gut, auf dieser Seite zu arbeiten? 😉
Interessieren Sie sich für weitere Tipps aus der Praxis? Testen Sie unseren wöchentlichen Newsletter mit interessanten Beiträgen, Downloads, Empfehlungen und aktuellem Wissen.
Wenn Sie sich für einen Blick in die Unternehmenspraxis interessieren, dann wird Ihnen das neue Buch von Gebhard Borck gefallen: Die selbstwirksame Organisation.
[1] Spotify doesn’t use “the Spotify model”.
[2] Hier finden Sie Informationen über die Doughnuts Economics von Kate Raworth.
[3] Mark Lambertz hat hier im Blog einen Beitrag über das Viable System Modell und verantwortungsvolle Führung veröffentlicht.
Gebhard Borck hat im t2informatik Blog weitere Beiträge veröffentlicht:
Gebhard Borck
Gebhard Borck machte sich vor zwei Jahrzehnten auf, eine faire Betriebswirtschaft zu finden. Auf seinem Weg stellte er fest, dass sie wohl noch zu entwickeln ist. Seither widmet er sich in seiner Arbeit dieser Aufgabe. Zusammen mit wandelmutigen Kunden und wagemutigen Kolleg:Innen entstand daraus die Betriebskatalyse. Ein praktikabler Gegenentwurf zur bestehenden BWL. Das Spannendste ist: mit ihr läuft Ihre Firma in vielen Kontexten, sei es im gelebten Kapitalismus, im De-Growth oder in einer Zirklulärwirtschaft, wie auf dem Donut. Eines ist in allen Varianten gleich: Der Fokus auf eine existenzielle Ausgeglichenheit als zentralen Maßstab für Erfolg. In seinem aktuellen Buch „Die selbstwirksame Organisation“ beschreibt der Transformationskatalysator, wie Sie die Betriebskatalyse in Ihrer Firma erfolgreich spielen können.