Was ist die wichtigste Fähigkeit von Unternehmen?

von | 16.01.2023

Ein Impuls zur Reflexion: Welche Fähigkeiten sind wichtig für Mitarbeitende und welche für Unternehmen?

Lebenslanges Lernen, der Umgang mit Werten, die Suche nach neuen Mitarbeitenden oder die kontinuierliche Anpassung von Organisationen – es gibt unterschiedliche Aspekte, wenn es um Fähigkeiten geht, die Mitarbeitende und Unternehmen besitzen oder anwenden sollten. Gerne möchte ich mich dem Thema Fähigkeiten etwas nähern. „Was ist die wichtigste Fähigkeit für Mitarbeitende in Unternehmen?“ und „Was ist die wichtigste Fähigkeit von Unternehmen?“ – diese beiden Fragen habe ich Madeleine Kern, Janine Tychsen und Joan Hinterauer gestellt.

Welche Fähigkeiten benötigen Mitarbeitende und Unternehmen, Madeleine Kern?

Madeleine Kern¹ ist unterstützt IT-Unternehmen bei der Personalgewinnung. Hierbei ist ihr am wichtigsten, die Stärken des Unternehmens für potenzielle Kandidaten sichtbar zu machen. Sie erarbeitet mit den Unternehmern und Mitarbeitern alle Schritte der Candidate Journey und hilft bei der Umsetzung in kleinen und großen Schritten. 

Madeleine, was ist die wichtigste Fähigkeit für Mitarbeitende in Unternehmen?

Einerseits stehe ich dafür, die Anforderungslisten in Stellenanzeigen zu kürzen. Insbesondere Eigenschaften in Form von Buzzwords wie teamfähig und belastbar sind dort ein No-Go.

Was ich allerdings als eine wichtige Fähigkeit sehe, ist die Lernfähigkeit – die Fähigkeit, sich in der schnell verändernden Welt, die Kompetenzen und Kenntnisse anzueignen, um im Beruf weiterhin erfolgreich und zufrieden zu bleiben. Dazu gehört für mich vor allem eine ordentliche Portion Eigenmotivation mitzubringen, um auf dem neuesten Stand der Technik und des Wissens zu bleiben.

Interessanterweise bieten viele Unternehmen eine ganze Palette an Weiterbildungsmöglichkeiten an, die von den Mitarbeitenden nicht so stark genutzt werden, wie gewünscht.

Ich konnte mich nicht auf eine einzige Fähigkeit festlegen und damit ist der Übergang perfekt: In einer Welt voller Ablenkungen den Fokus zu behalten, sich auf eine Arbeit zu konzentrieren, das ist für mich eine echte Fähigkeit. (Ich selbst arbeite am Ausbau dieser Fähigkeit.)

Besonders die Ablenkungen im Homeoffice haben vielen Arbeitnehmer:innen hier ihre Defizite aufgezeigt. Die Sozialen Medien sind hierbei ebenso ein großer Ablenkungsfaktor, wie die dreckige Wäsche oder Fenster.

Und was ist die wichtigste Fähigkeit von Unternehmen?

Unternehmen müssen die Möglichkeiten für fokussiertes und konzentriertes Arbeiten und auch Entwickeln schaffen. Eine Arbeitsumgebung, egal ob im Büro oder remote, für effizientes und ungestörtes Arbeiten bereitzustellen, ist für mich eine sehr wichtige Fähigkeit.

Die Fähigkeit nennt sich Befähigen!

Dabei müssen sich Unternehmen auf unterschiedliche Individuen mit unterschiedlichen Bedürfnissen einstellen. Nicht nur was Arbeitszeit und Arbeitsort angeht. Wir reden hier ebenso über Vergütungsbestandteile, die auf individueller Ebene angeboten werden, Urlaub, Ausstattung und natürlich Führung. Denn manche Menschen brauchen viel Freiraum, um erfolgreich zu arbeiten und andere eine enge Führung und manche sogar Kontrolle. Das ist okay. Wir sind Menschen, keine Ressource mit einer Nummer. Wir sind individuell.

Unternehmen, die es verstehen, Individuen zu befähigen, werden immer Mitarbeitende finden und auch in Zukunft bestehen.

Welche Fähigkeiten benötigen Mitarbeitende und Unternehmen, Janine Tychsen?

Janine Tychsen² ist systemische Coachin für Inner Work und Self Leadership für Frauen, Kommunikationsstrategin für Einzelpersonen und Unternehmen und Buchautorin. Sie coacht, berät und lehrt im Kontext der Persönlichkeits- und Karriereentwicklung.

Janine, was ist die wichtigste Fähigkeit für Mitarbeitende in Unternehmen?

Die wichtigste Fähigkeit eines Menschen – und somit auch von Mitarbeitenden – ist die nicht verhandelbare Loyalität zu sich selbst und die bewusste Identifikation mit den eigenen Werten, Stärken, Talenten, Kompetenzen, dem eigenen Wesenskern und dem ungeschminkten Selbstwert. Dies setzt den mutigen Willen voraus, sich permanent mit sich selbst, seinen Gedanken, Gefühlen, Ängsten, Zweifeln, Herausforderungen und Möglichkeiten auseinanderzusetzen, sich ihnen zu stellen und bereitwillig alle Konsequenzen zu tragen.

Jeder Mensch kann in jedem Moment entscheiden, ob er in dem System, in dem er lebt und arbeitet, gut aufgehoben ist und sich entfalten kann. Denn alles im Leben – ob persönliche Erfüllung und beruflicher Erfolg – beginnt in unserem Inneren: Mit unseren Gedanken, die zu Emotionen und Gefühlen führen, die wiederum eine gewisse Einstellung, Verhaltens- und Handlungsweisen, sowie ein bestimmtes Ergebnis nach sich ziehen. Sind wir uns dieser Identifikations-Kaskade bewusst, können wir nahezu alle Herausforderungen im Berufs- und Privatleben angehen und meistern. Es ist immer der Umgang mit den Dingen – und der beginnt mit der gnadenlos ehrlichen Inner Work First.

Und was ist die wichtigste Fähigkeit von Unternehmen?

Es tut sich was in Unternehmen. Vorbei scheinen die Zeiten, Mitarbeitende „von oben abgekoppelt“ als reine Arbeitskräfte zu definieren – denn so sehen sich die arbeitenden Menschen in Unternehmen heute selbst nicht mehr. Sie wollen mitwirken, gestalten, verändern, gesehen und gehört werden, mit all ihren Ideen und Kompetenzen. Vor allem mit ihrer Persönlichkeit – sonst sind sie schnell wieder weg. Sie wollen sich dem „System Unternehmen“ nicht mehr vor die Füße werfen und von ihm verschluckt werden. Sie haben auch keine Lust mehr auf die berühmt-berüchtigte Ritterrüstung, die sich Frauen oft anziehen, um zu den über alles schwebenden Führungsebenen dazuzugehören.

Die Menschen selbst und ihre Soft Skills sind die neue Währung des Unternehmenserfolgs. Somit ist eine der wichtigsten Fähigkeiten von Unternehmen, den Wert eines jeden Mitarbeitenden zu erkennen, genau hinzuschauen, zuzuhören, ihn zu wertschätzen und empathisch, durchsetzungsstark, transparent zu kommunizieren. Doch DAS Unternehmen an sich kann es nicht leisten. Es braucht fähige, offene, nicht egozentrierte Menschen in den obersten Führungsetagen – gezielt an der Unternehmensspitze. Dies setzt eine sehr besondere (noch lernfähige) Form von Leadership voraus: Das Führen mit Persönlichkeit.

Die FührungsKRAFT mit einem egozentrischen und autoritären Führungsstil hat ausgedient. Es braucht Menschen an der Spitze, die sich ihrer eigenen FührungsPERSÖNLICHKEIT bewusst sind, die ihre eigenen Stärken, Werte, Ängste und Herausforderungen kennen und täglich lernbereit sind. Führungspersönlichkeiten, die andere inspirieren, motivieren, fordern und fördern. Nur FührungsPERSÖNLICHKEITEN können Mitarbeitende in ihrer vollen Strahl- und Arbeitskraft erkennen.

Auf den Punkt gebracht: Die allerwichtigste Fähigkeit von Unternehmen ist das gute Händchen für die Auswahl ihrer Führungspersonen und sie zu Führungspersönlichkeiten zu machen. Und hier schließt sich der Kreis.

Welche Fähigkeiten benötigen Mitarbeitende und Unternehmen, Joan Hinterauer?

Joan Hinterauer³ begleitet Entscheider bei der Entwicklung einer zukunftsfähigen Haltung für das digitale Zeitalter. Zudem berät er Firmen mit innovativen Denkwerkzeugen auf dem Weg zur selbststeuernden Netzwerkorganisation und dem sinnvollen Einsatz von agilen Konzepten und Methoden.

Joan, was ist die wichtigste Fähigkeit für Mitarbeitende in Unternehmen?

Menschen sind die Grundlage von Unternehmen. Eine Organisation entsteht in dem Moment, in dem zumindest zwei Menschen beschließen zu kollaborieren. Kollaboration wiederum bedeutet, dass sich Individuen dazu entschließen, ihre eigenen Interessen zumindest temporär hinter denen einer Gruppe anzustellen. Dies passiert ständig unbewusst in unserem Leben. Wir verhandeln in unterschiedlichen Systemen wie Familie, Verein oder eben Unternehmen unsere Interessen mit denen der Gruppe. Wenn wir uns dieses Bild vor Augen führen und mit dem Hubschrauber ganz weit nach oben fliegen, was beobachten wir dann?

Ich entdecke hier ein Geflecht. Die Punkte sind die Menschen, mit denen die vorher genannten Verhandlungen tagtäglich stattfinden. Verbunden sind sie durch ein undurchsichtiges Spinnennetz. Tausende von Fäden ergeben ein faszinierendes Bild, ein Kunstwerk. Was wir vor Augen haben, ist unser Beziehungsgeflecht. Am Ende reduziert sich somit alles auf unsere Beziehungen zu anderen Menschen. Daraus ergibt sich die wichtigste Fähigkeit für Mitarbeitende in Unternehmen. Sie müssen in der Lage sein, unter formalen Einschränkungen gesunde Beziehungen zu bilden. Diese ständig durch Verhandlungen von Interessen auszubalancieren. Und sich dabei selbst abgrenzen und die Grenzen anderer wahren. Wenn wir das auf die Essenz reduzieren, bleibt die Fähigkeit der Selbstreflexion und die daraus entstehende Kompetenz zur Selbstführung.

Und was ist die wichtigste Fähigkeit von Unternehmen?

Am besten wir stellen uns zuerst die Frage, welchem Zweck Unternehmen dienen. Dazu gibt es im Kontext von Klimakrise und Co. im Moment aufgeheizte Diskussionen. Kritisiert wird vor allem das gelebte Unternehmertum, in dem es vorwiegend um Profite geht. Dem wird alles untergeordnet und wir gehen sogar so weit, die Lebensgrundlage unserer Spezies zu zerstören in dem wir den Planeten nachhaltig schädigen. Die Shareholder/Eigentümer-Interessen dominieren unsere Betriebe. So viel zum Status quo.

In meiner Welt dienen Unternehmen dem Gemeinwohl. Dies tun sie, indem sie die materiellen Existenzen sowohl der Shareholder/Eigentümer, wie auch aller anderen Stakeholder sichern. Profite werden dabei unter allen wertschöpfenden Beteiligten verteilt. Steuern zu zahlen ist eine Freude, weil sie der Entwicklung der Gesellschaft dienen. Soziale und ökologische Nachhaltigkeit sind eine Selbstverständlichkeit. Externalisierte Kosten werden durch den Verursacher getragen und nicht weiter auf die Allgemeinheit abgewälzt. Das sind viele Anforderungen, die wiederum untereinander in starker Abhängigkeit stehen. Wir sprechen somit von Komplexität. Und damit sind wir auch bei der wichtigsten Fähigkeit von Unternehmen angekommen. Sie müssen in der Lage sein, erfolgreich mit Komplexität umzugehen, um unter diesen multiplen Ansprüchen überleben zu können. Der Markt ist dabei die Zusammenfassung all dieser Anspruchsgruppen (Kunde, Regulative, Gesellschaft, …).

Bildlich muss eine Organisation, die als Insel im Meer des Marktes eingebettet ist, mit den Impulsen umgehen, die von ihrer Umgebung ausgehen. Sie nimmt diese Impulse möglichst ungefiltert (keine Bürokratie, keine formale Führung, …) auf und verwandelt sie durch das Beziehungsnetzwerk im innen in eine organisationale Anpassung. Am Ende geht es also darum, sich ständig neu anzupassen und damit die Existenz der Firma und ihrer Stakeholder zu sichern, die Gesellschaft mit Steuern zu unterstützen und dabei den Planeten nicht zu schädigen. Ist doch simpel. 😉

 

Hinweise:

[1] Weitere Informationen zu Madeleine Kern finden Sie auf ihrer Website und auf LinkedIn. Im t2informatik Blog hat sie einen Beitrag über die Candidate Journey veröffentlicht.
[2] Weitere Informationen zu Janine Tychsen finden Sie auf ihrer Website und auf LinkedIn. Im t2informatik Blog hat sie einen Beitrag über Inner Work – Die Auseinandersetzung mit sich selbst veröffentlicht.
[3] Weitere Informationen zu Joan Hinterauer finden Sie auf seiner Website und auf LinkedIn. Im t2informatik Blog hat er Beiträge über Helden, Führungskräfte, digitale Humanisten und Adaptive Organisationen veröffentlicht. Hier finden Sie eine Übersicht.

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Michael Schenkel hat im t2informatik Blog weitere Beiträge veröffentlicht, u. a.

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Michael Schenkel
Michael Schenkel

Leiter Marketing, t2informatik GmbH

Michael Schenkel hat ein Herz für Marketing - da passt es gut, dass er bei t2informatik für das Thema Marketing zuständig ist. Er bloggt gerne, mag Perspektivwechsel und versucht in einer Zeit, in der vielfach von der sinkenden Aufmerksamkeitsspanne von Menschen gesprochen wird, nützliche Informationen - bspw. hier im Blog - anzubieten. Wenn Sie Lust haben, verabreden Sie sich mit ihm auf einen Kaffee und ein Stück Kuchen; mit Sicherheit freut er sich darauf!