Das Mindset der Innovation

Gastbeitrag von | 26.10.2017

Innovationen haben etwas Faszinierendes. Das Neue hat seinen Reiz, vor allem wenn es noch nie dagewesene Nutzen und etwas Besonderes leistet wie bspw. das iPhone, Tesla oder Nespresso. Durch die digitale Transformation und den 4.0-Hype beschäftigen sich viele Unternehmen mit dem Thema. Von der Wichtigkeit und Notwendigkeit von Innovationen sind die meisten Manager überzeugt, denn Innovationen sind ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) geht sogar davon aus, dass bis zum Jahr 2025 rund 40 Prozent der heutigen Fortune-500 Unternehmen verschwunden sein werden. Und schaut man auf die jungen IT-Start-ups, die in wenigen Jahren großartige Ideen und Umsätze entwickeln, wird klar, wie hoch das Potential für Innovation ist. Doch leider läuft es oft nicht so wie erwartet, denn Ideen und Innovationen haben es nicht immer leicht, sich im Unternehmen durchzusetzen.

Die Feinde der Innovation

Mark Twain meinte schon „Menschen mit einer neuen Idee gelten so lange als Spinner, bis sich die Sache durchgesetzt hat.“ Und mit der Ergänzung Albert Einsteins Zitats „Eine wirklich gute Idee erkennt man daran, dass ihre Verwirklichung von vorne herein ausgeschlossen erscheint.“ wird deutlich, Ideen haben es am Anfang schwer. Statistiken belegen, dass zwischen 60 bis 80 Prozent der Innovation scheitern. Die Dunkelziffer könnte noch größer sein, denn über Flops redet niemand. Für das Scheitern von Innovationen gibt es zwei Hauptgründe:

  • Stakeholder und Kundenbedürfnisse finden bei der Entwicklung der Innovation zu wenig Beachtung. Falsche Annahmen und Interpretationen, fehlender Marktüberblick und Wunschdenken führen dazu, dass das Produkt am Kunden vorbei entwickelt wird.
  • Interne Widerstände und Barrieren in der eigenen Organisation blockieren Innovationen. Schuld daran sind vorhandene Unternehmensstrukturen, eine fehlende Unternehmenskultur oder Unsicherheiten von Mitarbeitern.

 

“Das geht sowieso nicht!”

Innovationen sind wie kleine, zarte Pflänzchen, die am Beginn viel Schutz, Pflege und Sonne brauchen. Die Innovationspflänzchen sind am Anfang nicht nur schwach, sondern haben hier auch die meisten Feinde. Vielleicht haben Sie auch schon einmal die eine oder andere Aussage gehört:

  • Das haben andere auch schon versucht und nicht geschafft!
  • Seien Sie doch realistisch!
  • Wir haben das immer so gemacht!
  • Das ist doch nicht neu!
  • Das geht sowieso nicht!
  • Das haben wir doch schon oft probiert!
  • Wem ist das wieder eingefallen?
  • Dafür haben wir keine Zeit!
  • Darüber reden wir ein anderes Mal!
  • Da müssen wir zuerst einmal eine Analyse machen!
  • Theoretisch mag das stimmen, aber …
  • Das ist ja ganz nett, aber …

Man nennt diese Aussagen nicht umsonst Killerphrasen. Sie killen im wahrsten Sinne des Wortes Ideen, aber auch den Mut und die Motivation der Ideengeber. Vielen ist oft nicht bewusst, was man mit nur wenigen Worten anrichten kann.

Die fünf Gründe für das Scheitern von Innovationen

Viele Unternehmen haben keine Innovationskultur. Vor allem Konzerne und große, etablierte Firmen kämpfen mit internen Widerständen gegen Neues. Diese Ignoranz gegenüber Innovationen hat verschiedene Gründe:

1. Konzernstrukturen

Vor allem etablierte Unternehmen kämpfen mit internen Strukturen, die Innovationen behindern. Dazu zählen beispielsweise

  • Hierarchien verhindern schnelle und qualitative Entscheidungen.
  • Bereichs- und Silodenken anstatt gemeinsamer Ziele.
  • Eingefahrene Abläufe lassen nur langsam Veränderungen zu.

2. Risikominimierung

Spontanität und Agilität sind keine Eigenschaften, die üblicherweise Konzernen zuzuschreiben sind. Gerade bei Innovationen wird versucht, Risiko generell zu minimieren. Damit wird praktisch jede Innovation entschleunigt. Dazu kommen zahlreiche interne Untersuchungen mit neuen Erkenntnissen und Fragen, die wieder zu Untersuchungen führen. Der Begriff dazu lautet: Paralyse durch Analyse.

3. Tagesgeschäft

Das Tagesgeschäft ist einer der größten Hindernisse der Innovation. Unternehmen müssen heute Umsätze generieren. Dieses kurzfristige Umsatzdenken führt zu einer höheren Priorisierung des Tagesgeschäfts im Verhältnis zur Beschäftigung mit Innovationen. Fast entsteht der Eindruck, es wäre unmöglich sich gleichzeitig um das Tagesgeschäft zu kümmern und Neues zu erkunden. Unternehmen, die diese “Beidhändigkeit” schaffen, nennt man Ambidextrouse Organisationen. Sie arbeiten mit unterschiedlichen Prozesse, Einstellungen, Kulturen und Kompetenzen.

4. Komfortzone

Vielleicht geben wir es ungern zu, aber die wenigsten verlassen gerne ihre persönliche Komfortzone. Viele wünschen sich Innovationen, aber nur wenige beginnen bei sich selbst mit Veränderungen. Veränderungen empfinden wir als Störungen; Gewohnheiten machen uns das Leben einfacher.

5. Innovationsfeindliche Kultur

Vor allem im deutschsprachigen Raum haben viele Menschen eine gedämpfte Einstellung gegenüber Neuem. Oft werden die Probleme und Risiken, die Grenzen und das Negative einer Idee gesehen. Mitarbeiter müssen stets argumentieren und sich für Vorschläge rechtfertigen. Hinzu kommen die beschriebenen – oft auch unbewusst geäußerten – Killerphrasen. Das raubt kreativen Mitarbeitern viel Energie und Mut. Besonders groß fällt der Vergleich mit Silicon Valley Mindset aus. Dort heißt es „im Zweifelsfall für die Idee“, egal wie verrückt sie auch erscheinen mag. Es wird in Chancen gedacht. Dieser Optimismus hat dazu geführt, dass Unternehmen wie Twitter, Uber & Co sehr erfolgreich wurden.

Silicon Valley Mindset für alle

Es gibt viele Bücher über die Mentalität im Silicon Valley und man kann sich in der Tat sehr davon motivieren und inspirieren lassen. Sie propagieren:

  • eine Offenheit gegenüber jeder neuen Idee.
  • das Positive und die Chancen von Innovationen.
  • das Agieren mit Mut und Risiko und dem Gedanken: “Nichts ist unmöglich!”.
  • Ausprobieren anstatt Reden.
  • Große Ziele setzen.

Das Wesentliche des Silicon Valley Mindsets sind die Gedanken: “Wer alles unter Kontrolle hat, fährt zu langsam. Nur mit dem Überschreiten von Grenzen wächst man. Wer nicht scheitert, hat nichts probiert.”

Inspirierend, oder?

Die Start-up Innovationskünstler

Start-ups sind zweifelslos Innovationsschmieden. Natürlich agieren Sie im Vergleich zu Konzernen unter anderen Rahmenbedingungen, die für die Entwicklung von Innovationen optimal sind:

  • Sie sind kleiner, weniger komplex, intern besser vernetzt, agiler und deutlich schneller.
  • Es gibt keine Unternehmenshistorie, die Entscheidungen verhindern können.
  • Sie sind häufig näher am Markt und Mitarbeiter haben damit mehr Kundenkontakte.
  • Gründer und Eigentümer handeln riskanter als CEOs, Vorstände oder Geschäftsführer mit 4-Jahres-Verträgen.
  • Start-up bedeutet Innovation, somit ist Innovation das Tagesgeschäft.

Auch wenn Konzerne und Großunternehmen vor allem diese Bedingungen nicht kopieren können, können Sie aber die Einstellung von Start-ups übernehmen. Dabei reicht es sicherlich nicht, fortan in Jeans zur Arbeit zu gehen. Viele Unternehmen arbeiten bereits mit Start-ups zusammen und setzen auch Methoden aus dem Start-up Umfeld an, wie zum Beispiel Design Thinking oder Lean Start-up.

Fazit

Die Fähigkeit zur Innovation wird für die meisten etablierten Unternehmen eine Frage des Überlebens. Innovationen bringen unendlich große Chancen und Potentiale, sind aber für Unternehmen und das Management die ultimativen Herausforderungen. Die meisten Ideen scheitern nicht an der Technik oder an Prozessen, sondern an Menschen. Darum erfordert es auch eine positive Einstellung zu Innovationen in Unternehmen. Eine positive Innovationskultur soll garantieren, dass Ideen geboren werden, willkommen sind und bis zum Erfolg bedingungslos gefördert werden. Innovation ist und braucht ein Mindset!

 

Hinweise

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Maria Tagwerker-Sturm
Maria Tagwerker-Sturm

Maria Tagwerker-Sturm ist Managing Director bei shopreme Scan & Go und Project Manager Retail Innovation bei Umdasch Group Ventures. Seit mehr als 20 Jahren ist sie im Innovationsmanagement tätig und blickt auf Tätigkeiten in Konzernen, der Lehre und Beratung zurück. Die Innovationsexpertin ist Vorsitzende der Product Development & Management Association Austria und betreibt den Blog “Plattform für Innovation”, wo sie über Innovationsmanagement und die Zukunftsfitness von Unternehmen schreibt.