SCAMPER
Wissen kompakt: SCAMPER ist eine Kreativitätsmethode, die mit einer Reihe von Schlüsselwörtern und Fragen die Suche nach Ideen erleichtert.
SCAMPER – Ideensuche mit Schlüsselwörtern
Die Weiterentwicklung von Produkten und Services, von Konzepten, Prozessen oder Ideen ist für viele Unternehmen ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Hier hilft SCAMPER bzw. die SCAMPER-Methode. Sie wurde von Robert F. Eberle zur Förderung der kreativen Vorstellungskraft von Kindern entwickelt.¹ Aufgrund ihrer universellen Anwendbarkeit fasste die Methode schnell Fuß in zahlreichen Unternehmen weltweit.
SCAMPER ist ein Akronym:
- S – Substitute – Ersetzen
- C – Combine – Kombinieren
- A – Adapt – Anpassen
- M – Modify – Umgestalten
- P – Put To Other Uses – Zweckentfremden
- E – Eliminate – Herauslösen
- R – Rearrange – Neu Anordnen
SCAMPER wurde Anfang der 70er Jahre an Kindern im Alter von drei Jahren bis hin zu Hochschulstudenten und Lehrern erprobt. Abgesehen von der beabsichtigten Verwendung in den unteren Altersstufen wurde festgestellt, dass die Technik für Menschen jeden Alters und in verschiedenen Situationen anwendbar ist und dazu beiträgt,
- die Gruppendynamik positiv zu fördern,
- die Neugier zu wecken,
- das Engagement anzuregen und
- Strategien für kreatives Zuhören und die Entwicklung der Vorstellungskraft herauszubilden.²
Als Methode ist SCAMPER mit der Osborn-Checkliste von Alex F. Osborn vergleichbar. Osborn gilt auch als Erfinder des Brainstormings.
SCAMPER – Beispiele für die Methode
Aus den Schlüsselwörtern ergeben sich in der konkreten Anwendung Fragen. Nachfolgend finden Sie einige Beispiele:
- Bei Substitute geht es darum, Teile eines Produkts, einer Dienstleistung oder Idee zu ersetzen. Auch beteiligte Personen oder Partner könnten ersetzt werden.
Fragen: Welche Komponenten lassen sich austauschen? Welche alternativen Materialien lassen sich verwenden. Welche Produkte lassen sich durch unser Produkt ersetzen? Oder welches andere Produkt könnte unser Produkt ersetzen? Und welche alternativen Vertriebspartner können uns bei dem Verkauf unserer Produkte helfen?
Beispiele: Ein Verbrennungsmotor im Auto oder Motorrad wird durch einen Elektromotor ersetzt. Ein Kundenmagazin wird durch einen monatlichen Newsletter ersetzt. Lieferant B ersetzt Lieferant A. - Bei Combine geht es um die Kombination von Ideen, Produkten oder Dienstleistungen in Gänze oder in Teilen. Es geht um die Integration von Funktionen oder die Überschneidung von Services.
Fragen: Welche weiteren Produkte wären nützlich, um den Nutzen unseres Produkts zu steigern? Welche Bestandteile lassen sich miteinander neu kombinieren? Welche Personen können zusammenarbeiten, um das Vorhaben voranzubringen?
Beispiele: Social Media Posts lassen sich automatisiert auf Webseiten ausspielen. TV-Geräte benötigen externe Lautsprecher, die über WLAN angebunden sind. Ein Radiowecker, der anstelle eines Wecktons Musik spielt. - Bei Adapt geht es um die Anpassung von Lösungen, Produkten oder Ideen auf Situationen oder Bedürfnisse. Es geht darum, den Kontext zu wechseln und Bestandteile abzuwandeln, um so andere Einsatzszenarien oder Zielgruppen anzusprechen.
Fragen: Wie lässt sich der Anwendungszweck erweitern? Welche Features benötigt das Produkt, um mehr Nutzen zu stiften?
Beispiele: Die Oberfläche einer App lässt sich in den Night-Mode verändern. Anstelle einer FAQ-Liste auf einer Website kommt ein Chatbot zum Einsatz, der basierend auf den Antworten der FAQ-Liste beginnt, mit Kunden zu kommunizieren. - Bei Modify geht es um die Veränderungen von Features, die Erweiterung eines Funktionsumfangs, die Umgestaltung von Preismodellen oder die Umgestaltung von Farbe, Form, Größe etc.
Fragen: Welche Aspekte helfen dabei, die User Experience zu steigern? Wie kann unsere Dienstleistung noch mehr Wirkung entfalten? Wie lässt sich die Konversionsrate auf unserer Website steigern?
Beispiele: Autos erhalten Facelifts, d.h. die Karosserie verändert sich in Teilen, der überwiegende Teil des Autos bleibt aber unverändert. Handys kommen in Gold und mit veränderter Preisstrategie auf den Markt und werden zu nachgefragten Statusobjekten. - Bei Put To Other Uses geht es um die Frage, ob sich das Produkt oder die Dienstleistung auch für andere Anwendungsbereiche oder neue Märkte eignet.
Fragen: Gibt es Märkte, Industrien, Kundengruppen oder Berufsgruppen, die unser Produkt auch gebrauchen könnten? Wie würde die Dienstleistung in einer anderen Umgebung funktionieren? Wie lassen sich einzelne Komponenten anderweitig nutzen?
Beispiele: Senf wird in Gläsern verkauft, die später als Trinkgläser fungieren. Chili wird nicht nur zum Würzen von Fleischspeisen, sondern auch als Zutat für Schokolade verwendet. Warnwesten werden nicht nur im Notfall, sondern auch von Fahrradfahrenden genutzt. - Bei Eliminate geht es um das Reduzieren von Funktionen, das Weglassen von Elementen oder Komponenten oder die einfachere Gestaltung von Produkt- oder Dienstleistungseigenschaften.
Fragen: Wie lässt sich unser Produkt leichter vermarkten? Welche Funktionen werden kaum genutzt? Wie kann die Bedienung unseres Produkts verbessern?
Beispiele: Spracherkennung anstelle von Tastatureingabe bei Suchanfragen im Internet. Gestaltung von Produkten für den regulären und für den professionellen Gebrauch. Reduktion von Preisoptionen für Produkte. Freiwillige Einschränkung von Leistungen von Krankenkassen im Tausch gegen niedrigere Krankenkassenbeiträge. Oder entfernen von CD Laufwerken in Laptops und Speicherung bzw. Datenabruf aus der Cloud. - Bei Rearrange geht es um ein anderes Zusammenspiel von einzelnen Elementen einer Lösung, um das Verändern von Arbeitsschritten oder die Organisation einer Dienstleistung.
Fragen: Wie kann ich unseren Ablauf durch eine andere Arbeitsanordnung optimieren? Durch welche Services lässt sich das Vertrauen potenzieller Kunden steigern? Wie können wir unser Produkt umweltfreundlicher gestalten, ohne große Produktionsumstellung?
Beispiele: Kunden zahlen über externe Dienstleister in Webshops, die im Zweifelsfalle bei Problemen haften. Joghurthersteller bieten die Möglichkeit, die Produktbanderole vom Becher abzutrennen und als Altpapier zu trennen. In der Serienfertigung werden anstelle von 9 Schritten an einer Arbeitsstelle nur noch 8 Schritte benötigt. Drive-In-Schalter ermöglichen das Einkaufen, ohne das Auto zu verlassen. Fast-Food-Ketten fordern ihre Kunden auf, die Reste selbst zu entsorgen und so für saubere Tische zu sorgen.
Tipps zur Anwendung der SCAMPER-Methode
Es gibt einige Tipps zur Anwendung von SCAMPER:
- Die Methode ist eine Alternative zum klassischen Brainstorming und bietet durch die Schlüsselwörter einen strukturierten Ansatz für die Suche von Ideen, Verbesserungen oder Innovationen. Daher sollten auch die Brainstorming-Regeln gelten.
- Es kann unter Umständen sinnvoll sein, sich auf einzelne Schlüsselwörter zu konzentrieren und mehrere Besprechungen anzusetzen.
- Es kann sinnvoll sein, sich auf ein konkretes Ziel zu verständigen. Beispiel: Wir wollen eine Idee finden, für welche zusätzliche Zielgruppe sich unser Produkt eignet. Und dann wollen wir überlegen, welche Schritte nötig sind, um diese Zielgruppe zu adressieren.
Und last but not least: Die Nachbereitung einer SCAMPER-Session ist sehr wichtig. Das Sammeln und die Bewertung von Ideen geht oftmals relativ leicht von der Hand, die konkrete Umsetzung von Vorschlägen erzeugt aber großen Aufwand. Hier ist es wichtig, konsequent an der Umsetzung zu arbeiten und mit den Teilnehmenden der Session entsprechend zu kommunizieren. SCAMPER ist kein Selbstzweck, nur wenn sich durch die Methode konkrete Vorteile ergeben, ergibt es Sinn, sie auch bei zukünftigen Fragestellungen zu nutzen.
Wie wichtig ist es für eine erfolgreiche Produkt- oder Dienstleistungsentwicklung, mehrere Kreativitätstechniken zu beherrschen?
Hinweise:
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[1] [2] Scamper: Creative Games and Activities for Imagination Development.
In verschiedenen Publikationen wird 1996 oder 97 und nicht 1972 als Zeitpunkt der Erfindung genannt. Dies dürfte daran liegen, dass Mitte der 90er Jahre SCAMPER Creative Games and Activities For Imagination Development veröffentlicht wurde.
Manchmal ist auch von SCAMPERR (mit zwei R) zu lesen. Zu Rearrange gesellt sich Reverse (für Umkehren). Anstelle von Put To Other Use wird hin und wieder von Purpose (für Zweck) gesprochen. Und manchmal wird anstelle von Modify das Schlüsselwort Magnify (für Vergrößern) verwendet. Allerdings stellt sich hierbei die unmittelbare Frage, warum denn das Minify der Osborn-Checkliste nicht ebenfalls genannt wird.
Hier finden Sie ein Video zur SCAMPER-Methode.
Hier können Sie sich eine SCAMPER Vorlage herunterladen.
Hier können Sie sich das Ideation Whitepaper kostenlos herunterladen. Es erläutert viele weitere, praktische Methoden der Ideenfindung im Detail.
Und hier finden Sie ergänzende Informationen aus dem t2informatik Blog: