Nerd
Wissen kompakt: Ein Nerd ist ein Stereotyp, der für Fachidioten und Streber oder als Eigenbezeichnung von Computer- und Science-Fiction-Fans benutzt wird.
Nerd – ein Begriff mit zahlreichen Ausprägungen
Dicke Brille, schlecht sitzende Kleidung, ungesunde Körperhaltung, eigenartiges Sozialverhalten oder exzessives Interesse an Computern – viele Menschen verbinden mit dem Begriff Nerd verschiedene (Vor-)Urteile. Da der Begriff nicht trennscharf definiert ist, was sich an den zahlreichen Übersetzungen erkennen lässt, und die Wortherkunft verschiedene Interpretationen zulässt, ist dies nicht verwunderlich.
Für den englischen Begriff Nerd gibt es verschiedene Übersetzungen:¹
- Fachidiot oder Fachtrottel,
- Tüftler,
- Sonderling,
- Computerfreak,
- Streber,
- Langweiler oder
- Außenseiter.
Die Wordherkunft des Begriffs Nerd bietet auch unterschiedliche Interpretationen:
- Eine Interpretation besagt, dass sich der Begriff aus dem englischen Wort für “betrunken” – also drunk – ableitet, wenn dieses rückwärts gelesen wird. Aus Knurd wurde im Laufe der Zeit und in Verbindung mit der “großen Lautverschiebung”² ein Nurd und schließlich ein Nerd. Die Literatur griff den Begriff auf und positionierte ihn als Gegenspieler des Beatniks – dem Vertreter einer lebensbejahenden, spontanen, chaotischen und rebellischen Gruppe von Heranwachsenden – oder des Jocks – dem beliebten und attraktiven Sportler, der körperlich tüchtig, aber intellektuell eher unterlegen ist.
- Eine andere Interpretation basiert auf einem Kinderbuch von Dr. Seuss “If I ran the zoo”³ und den darin verwendeten Namen für eine ansonsten nicht charakterisierten imaginären Kreatur, die in dem Satz “And then, just to show them, I’ll sail to Ka-Troo/And Bring Back an It-Kutch, a Preep, and a Proo,/A Nerkle, a Nerd, and a Seersucker too!” auftaucht.
- Eine dritte Interpretation basiert ebenfalls auf dem Kinderbuch von Dr. Seuss und dem Unternehmen Northern Electric Research and Development, aus dem sich das Akronym NERD ableiten lässt. Diese Interpretation liefert die Basis für die angenommene Nähe zu Wirtschaft und Technik.
Aus den verschiedenen Übersetzungen und Interpretationen lässt sich daher Folgendes ableiten: Nerd ist eine Bezeichnung für eine Person, die
- sich wie ein Fachidiot verhält und eine Problematik ggf. nur aus der Perspektive des Fachgebietes kennt oder erläutern kann,
- solange an der Lösung eines Problems tüftelt, bis dieses auch wirklich perfekt gelöst wurde,
- sonderbar wirkt, da sie sich sehr detailliert mit einem Thema – bspw. Computern oder Programmen, der Entwicklung von Software oder der Verwendung von Techniken in Science Fiction Romanen – beschäftigt. Da diese Beschäftigung über ein allgemein übliches Maß hinaus geht, gilt die Person als Streber, Langweiler oder Außenseiter.
Das Image von Nerds
Welches Image haben Sie von Nerds? Sind sie cool oder langweilig, absolute Computerexperten oder obsessive Sonderlinge, die in ihrer eigenen Welt leben? Die Meinungen über Nerds variieren. Und sie verändern sich im Laufe der Zeit. In den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, wurde die Bezeichnung nicht als Kompliment, sondern als Urteil für die “Anderen”, “Außenseiter” oder “schrägen Vögel” genutzt.
Heute kann der Begriff auch als Kompliment gedacht sein. Es findet eine Art Adelung statt. Firmengründer, die in ihren Garagen Computer auseinander- und zusammenbauen, Platinen auf Leiterbahnen löten oder Drohnen aus 3D-Druckern zaubern, gelten auf einmal als besondere Charaktere, die von klein auf für ein Thema so stark brennen, dass sie es zu Weltruhm bringen können. Nerds gelten wie Geeks oder Alpha Geeks als Ansprechpartner, die in technisch anspruchsvollen Situationen Lösungen haben oder finden können, da sie absolute Experten in den jeweiligen Gebieten sind. In Spielfilmen werden sie zu Superhelden, in TV-Serien vermitteln sie Wissen oder erfinden Drei-Personen-Schach. Vielleicht sind Nerds also inzwischen die wahren Hipster?
Ergo: Ein Nerd ist nicht nur eine Bezeichnung für einen Fachidioten, Sonderling oder Streber, sondern es ist auch ein Kompliment. Und es ist eine Eigenbezeichnung für Personen, die sich einer Sache verschrieben haben und daher bspw. neue Impfstoffe oder Weltraumtaxis entwickeln können. Es ist eine Umkehrung von “den Anderen” in Richtung von “uns”.
Ergibt es Sinn, mögliche Unterschiede zwischen Geeks und Nerds herauszuarbeiten? Sollte die eine Person tatsächlich zugänglicher oder weniger introvertiert als die andere sein?
Hinweise:
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[1] Nerd – zahlreiche Übersetzungen
[2] Great Vowel Shift
[3] Dr. Seuss: If I Ran the Zoo
Wir verzichten bewusst auf die weitere Zuschreibung von Eigenschaften. Diese Eigenschaften sind meist nur Klischees, die zu einem Stereotypen beitragen. Ja, es gibt Menschen, die tragen zu große Brillen, jedoch könnte das auch ein Zeichen für eine neue Mode sein. Ja, es gibt Menschen, die kennen sich sehr gut mit der Entwicklung von Software aus, wir nennen Sie daher auch Softwareentwicklerinnen bzw. -entwickler. Ja, es gibt introvertierte Menschen und nein, das sind nicht automatisch Sonderlinge. Und ja, es gibt erwachsene Menschen, die mögen Comics. Mache davon gehen auch in Museen und schauen sich Ausstellungen von Roy Lichtenstein oder James Rizzi an.
Annekathrin Kohout hat ein interessantes Buch zu dem Thema geschrieben: Nerds – eine Popkulturgeschichte. Sehr lesenswert!
“Neben den bekannten und vorhandenen Streotypen zeichnen den Nerd vor allem drei Eigenschaften aus: soziale Vernetzung per Mausklick, Ironie und Intelligenz.” – so charakterisiert die Süddeutsche Zeitung den Nerd – das unbekannte Wesen.
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