Kunst trifft Osterhase

von | 05.04.2023

Ein surrealer Ausflug in eine Kunstgeschichte und eine Hommage an den Osterhasen

Viele Künstler haben in ihren Bildern den Osterhasen verewigt. Manche auf individuelle Weise, andere inspiriert durch prägende Maler ihrer Zeit. Einige Werke wurden nie veröffentlicht, andere Bilder kennt jedes Kind und manche Schätze sind gar nur wenigen Kunstkennern ein Begriff.

Unter Kunstexperten gilt das Zitat des französischen Malers Henri Matisse „Es gibt überall Osterhasen für den, der sie sehen will“ als klares Indiz für die Bedeutung von Ostern in der Kunstgeschichte. Als Motiv hat der Ostenhase einen integrativen Charakter für die unterschiedlichsten Kunstrichtungen, vom Fauvismus, dem Expressionismus und Surrealismus, dem Konstruktivismus und dem Neuen Realismus, bis hin zur Pop Art und Street Art. Werke von Yves Klein, Jasper Johns, Andy Warhol, Roy Lichtenstein und Keith Haring, Damian Hirst, Richard Paul Lohse, Piet Mondrian, Wassily Kandinsky und Jean Miro sprechen eine eindeutige Sprache. Und auch Henri Matisse, Franz Marc, Jackson Pollock, René Magritte oder Paolo Scheggi, Gerhard Richter, Sabine Wild, Shepard Fairey, Yayoi Kusama oder Dolk Lundgren rücken den Osterhasen in den Fokus ihrer Kunst.

Klein, Johns, Warhol, Lichtenstein, Haring und der Osterhase

Yves Klein gilt als wichtiger Vertreter des Neuen Realismus und als Vorläufer der Pop Art. Bekannt sind vor allem seine monochromen Bilder, insbesondere diejenigen, die er in einem von ihm entwickelten und unter dem Namen International Klein Blue patentierten Ultramarinblau anfertigte. Die Leuchtkraft seiner Farbe basiert auf einem Polyvinylacetat, das Klein auch bei seinem sehr beachteten Werk “collection de lièvre sans titre” nutzte. Es gilt als Ausgang für seine ab 1957 entwickelten Anthropometrien mit Aktmodellen, die nackt und mit blauer Farbe getränkt die Leinwand mit ihrem Körper bemalten.

Yves Klein - Kunst trifft Osterhase

Ohne dass seine Bilder der Pop Art zugeordnet werden können, gilt Jasper Johns als ein Wegbereiter dieser Kunstrichtung. Durch den Transfer alltäglicher Motive in die Kunst nimmt Johns die späteren Konzeptionen von Lichtenstein oder Warhol im Ansatz vorweg. So ist es wenig verwunderlich, dass auch Jasper Johns schon früh in verschiedenen Variationen von „Flag“ bzw. „Three Flags“ andere Elemente wie bspw. Osterhasen integrierte.

Jasper Johns - Kunst trifft Osterhase
Anfang der 1950er entwickelte Andrej Warhola alias Andy Warhol eine Technik des drop and dripping, bei der er mit Tinte und Tusche gezeichnete Motive von Engeln, Schmetterlingen, Katzen oder Osterhasen mit einem Blatt Löschpapier kopierte und auf ein neues Blatt übertrug. Gemeinsam mit Freunden malte er diese Arbeiten auf Colouring Parties aus. Er suchte neue Ideen und konzentrierte sich hierbei auf triviale Elemente der Popkultur wie Hollywood-Stars oder Cartoon- und Comicfiguren wie Superman und Micky Maus. Seine „Farbigen Hasen“ sind der Inbegriff der Pop Art.
Andy Warhol - Kunst trifft Osterhase

Schon bald musste Warhol aber feststellen, dass andere Künstlerkollegen wie Robert Rauschenberg oder Roy Lichtenstein ähnliche Motive malten. Als sich Roy Lichtenstein nach expressionistischen und surrealen Versuchen der Pop Art zuwandte, gelang ihm 1961 der Durchbruch mit dem Bild „Look Mickey“. Sein Stil wurde der industrielle Stil des gedruckten Comics, heute leicht zu erkennen an den „gleichmäßigen Farbpunkten“. Doch Lichtenstein war auch ein Meister der Linien, eindrucksvoll zu sehen in seinem Bild „Easter Bunny in the Meadow“.

Joy Lichtenstein - Kunst trifft Osterhase

1983 lernte Andy Warhol Keith Haring kennen. Haring erregte erstmals öffentliche Aufmerksamkeit mit seinen Kreidezeichnungen in der New Yorker Metro. Die Darstellung des “Radiant Baby” wurde zu seinem Symbol. Das Bild des “Radiant Rabbit” (Hase mit dem Strahlenkranz) entstand ungefähr zur selben Zeit und hätte leicht zu seiner bekanntesten Darstellung werden können.

Keith Haring - Kunst trifft Osterhase

Hirst, Lohse, Mondrian, Kandinsky, Miró und ihre Darstellungen des Osterhasen

Die von Roy Lichtenstein weiterentwickelte Maltechnik Benday Dots (benannt nach dem amerikanischen Künstler Benjamin Day) ist heute auch ein Terrain von Damien Hirst. Hirst war 1988 Gründungsmitglied der Londoner Künstlerbewegung Young British Artists und wurde vor allem durch einen in Formaldehyd eingelegten Tigerhai, ein ebenso eingelegtes Schaf, einen mit Diamanten besetzten menschlichen Schädel sowie durch das Werk „Rabbit for the Love of Dots“ bekannt.

Damien Hirst - Kunst trifft Osterhase

Den Farbpunkten von Hirst und den Linien von Lichtenstein setzt der schweizerische Maler und Grafiker Richard Paul Lohse seine konkreten Flächen entgegen. Mit seiner horizontal-vertikalen Gliederung von Farbfeldern schafft er eine strukturelle Ordnung, die er in seiner Kreation „Da lang Hase“ bewusst aufhebt und so einen geradezu revolutionären und enthusiastischen Ausbruch von Vorfreude schafft.

Richard Paul Lohse - Kunst trifft Osterhase

Ein anderer Vertreter der Farbfelder und -flächen, der niederländische Maler Piet Mondrian, geht mit seinem berühmten „Hasen=frei“ noch einen wichtigen Schritt weiter. Nicht die Hasen erzeugen einen visuellen Widerstand gegen die Fläche, sondern der Osterhase selbst wird zum Farbträger. Die Silhouette des Hasen formt dabei einen bewussten Kontrast. Unbewiesen ist, ob das heutige Bemalen von Ostereiern im Werk von Mondrian seinen Ursprung hat.

Piet Mondrian - Kunst trifft Osterhase

Wassily Kandinsky war ebenfalls bekannt für sein ausgeprägtes Empfinden von Farbe und Form. Er ordnete Farben Bedeutungen zu und versuchte sogar, die Zugehörigkeit bestimmter Farben zu bestimmten Formen wie Kreisen, Dreiecken und Quadraten zu beweisen. Mit zunehmendem Abstraktionsgrad seiner Bilder entwickelte Kandinsky Formen von Improvisationen, bspw. in seinem Werk „Farbklänge mit Hase“.

Wassily Kandinsky - Kunst trifft Osterhase

Im Gegensatz zu den Improvisationen von Kandinsky verwendete Joan Miró Symbole für Mond, Sterne, Vogel, Auge, Frau und Hase. Als Vertreter der Klassischen Moderne gehört Miró mit seinen fantasievollen Motiven zu den populärsten Künstlern des 20. Jahrhunderts. Er schuf mit über 2000 Ölbildern und 3500 Grafiken eine große Anzahl an Werken. „Conejito de Pascua“ entstand laut Eintrag in seinem Notizbuch auf Mallorca, als er beim Einschlafen wieder einmal eine Erscheinung an der Decke sah.

Jean Miró - Kunst trifft Osterhase

Matisse, Marc, Pollock, Magritte, Scheggi und ihre Kunst mit Osterhasen

Henri Matisse gilt als Wegbereiter und Hauptvertreter des Fauvismus, der die Loslösung vom Impressionismus propagierte und die erste künstlerische Bewegung des 20. Jahrhunderts darstellte. Er arbeitete an der großen Leinwand für „Osterhasen“ ohne vorbereitende Skizzen und überdachte seine Komposition mehrmals. Die Farbgebung dient nicht mehr der illusionistischen Darstellung eines Gegenstandes, sondern die malerische Aussage entsteht aus dem Zusammenklang der Farbflächen. Typisch ist das leuchtende Orange der Hasen.

Henri Matisse - Kunst trifft Osterhase
Auch Franz Marc verwendete Stilelemente des Fauvismus, trennte sich in seinem Werk jedoch nicht vollständig vom Gegenstand. Er war Mitbegründer des Künstlervereins Der Blaue Reiter, die aus der Neuen Künstlervereinigung München hervorging. In dieser Zeit entstanden seine bekannten Gemälde, die hauptsächlich Tiermotive wie „Der Tiger“, „Blaues Pferd I“, „Die gelbe Kuh“ und „Der blaue Hase“ in den Fokus rücken.
Franz Marc - Kunst trifft Osterhase

Jackson Pollock als Meister des abstrakten Expressionismus schuf mit seinem Drip-Painting Verfahren ein außerordentlich innovatives Werk. Beeinflusst von der europäischen Moderne, dem Kubismus sowie dem Surrealismus nutzte er das Unbewusste als Quelle seiner Kunst. Seine Bilder leben vom Kontrast und dem Gegensatz von Struktur und Rhythmus. Auch bei einem seiner bekanntesten Werke „Eyes on the Bunny“ ist dieser Widerspruch klar ersichtlich.

Jackson Pollock - Kunst trifft Osterhase

Im Gegensatz zu anderen surrealistischen Künstlern, die traumhafte Bilder mit abstrakten Formen mischen, enthalten die Werke von René Magritte normale Elemente, die er in surrealen Kontextsituationen anlegt. Das häufig von ihm genutzte Apfel-Motiv stellt für manchen Kunstkritiker nichts anderes als ein rundes Ei dar. Aus einem Henne-Ei-Problem wird eine Ei-Apfel-Lösung, so dass es von seinem 1964 in Belgien erstellten „Le fils de l’homme“ auch eine Variente “Le fils de l’homme avec lièvre“ gibt.

René Magritte - Kunst trifft Osterhase

Paolo Scheggi war ein italienischer Maler des Konstruktivismus. Er schnitt in geometrischer Anordnung runde Löcher in die mit Leinen überzogenen Wände, die er schließlich hintereinander montierte. Die Tiefe seiner Motive entsteht im Einklang mit der monochromen Farbwahl, häufig ausgeführt in weiß, gelb, rot und blau. Bei „Intersuperficie curva da coniglietto di Pasqua“ setzt Scheggi sowohl bei der Wahl der geometrischen Form (oval anstelle von kreisrund) als auch bei der Farblichkeit (weinrot und keine seiner sonst üblichen Farben) ein Highlight. Kunstexperten vermuten eine innere Verbundenheit mit dem Osterhasen, die weit in seine Kindheit zurück reicht.

Paolo-Scheggi - Kunst trifft Osterhase

Richter, Wild, Fairey, Kusama, Dolk und ihre Osterhasen-Kunst

Gerhard Richter begann seine malerische Reise, in der er praktisch alle Ausdrucksformen und Stile der modernen Malerei erprobte. Einflüsse aus der Pop Art, aus dem Abstrakten Expressionismus, aber auch aus Neo-Dada und Fluxus machen ihn zu einem der größten deutschen Künstler. Seine vielfältigen Ausdrucksweisen führen auch zu einer Diskontinuität seines Werkes. Abmalungen, unscharfe Gemälde oder Wolkenbilder erscheinen vollkommen losgelöst voneinander. Sein expressiv-farbiges “Hasen zu Ostern” besteht aus mehreren Farbaufträgen mit zum Teil eingreifenden Abkratzungen bis auf den Malgrund, impulsiver Gestik sowie Übermalungen. Nach Aussagen von Richter ist auch dieses Bild in erheblichem Maße vom Zufall abhängig und widerspricht in seiner Endfassung seinen anfänglichen Absichten.

Gerhard Richter - Kunst trifft Osterhase

Sabine Wild schafft besondere Kunstwerke aus Strukturen, Linien, Wellen, Licht und Unschärfen. Ihre typischen Längs- und Horizontalverschiebungen ergeben ein aufregendes Spannungsfeld zwischen gegenständlicher Malerei und abbildender Fotografie. So ist auch “Single Easter Bunny” ein faszinierendes Bild, das die Wirklichkeit erahnen und gleichzeitig flüchtig erscheinen lässt.

Sabine Wild - Kunst trifft Osterhase

Shepard Fairey ist ein zeitgenössischer Grafiker, Illustrator und Street Art Künstler. Große Bekanntheit erreichte Fairey mit seinem ikonischen Plakat „HOPE“ für Barack Obamas Präsidentschaftswahlkampf 2008. Das in den Nationalfarben rot, blau und weiß gehaltene, stilistisch an die Pop Art erinnernde Poster entwickelt eine eigene Note, die in vielen weiteren Werken Faireys deutlich wird. Auch „Bunny“ zeigt die expressive Kraft seiner stilistischen Ausdrucksweise.

Shepard Fairey - Kunst trifft Osterhase

Die japanische Künstlerin Yayoi Kusama hat die Kunstwelt mit ihren farbenfrohen Kreationen im Sturm erobert, was ihr den Titel „Königin der Pop Art“ und „Prinzessin der Polka Dots“ einbrachte. Kusama ist aber nicht nur Malerin und Bildhauerin, sie ist auch Modedesignerin, Schriftstellerin und Freundin des Osterhasen. Ein wahrer Tausendsassa! Sie hat sogar ihr eigenes Museum in Tokio, das im Grunde ein Tempel für alles ist, was mit Tupfen zu tun hat. Dort findet sich auch ihr neustes Werk: „Osterhase. Punkt. Punkt. Punkt.“!

Kusama - Kunst trifft Osterhase

Dolk (norwegisch für Dolch) ist das Pseudonym für Norwegens bekanntesten Graffiti-Künstler Dolk Lundgren. Seine Motive sind oft popkulturellen Referenzen, verpackt in einen humoristischen oder kritischen Kontext. Inspiriert vom britischen Street Artist Banksy produziert er seine Schablonenkunst längst nicht mehr nur an Häuserwänden, sondern auch für verschiedene Museen. Es ist nur eine Frage der Zeit bis auch „Easter Bunny Girl“ in Bergen, Stavanger oder New York ausgestellt wird.

Dolk - Kunst trifft Osterhase

Hinweise:

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Vielleicht kennen Sie die Motive aus dem Blog von microTOOL oder der Veröffentlichung im Berliner Tagesspiegel. Da die Bilder dort nicht mehr zu finden sind, veröffentliche ich sie hier nochmals.

Sämtliche Informationen in diesem Beitrag schrammen bestenfalls an einer surrealen Kunstgeschichte entlang. Wer sich über Kunst und die Geschichte seiner Vertreter informieren möchte, sollte dringend andere Quellen bemühen. In der Realität und Gegenwart wünsche ich Ihnen, Ihren Familien und Freunden frohe Ostern.

Dieser Beitrag wurde überarbeitet. Yayoi Kusama und ihrem neuen Werk sei Dank!

Michael Schenkel hat im t2informatik weitere Beiträge veröffentlicht, u.a.

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Michael Schenkel
Michael Schenkel

Leiter Marketing, t2informatik GmbH

Michael Schenkel hat ein Herz für Marketing - da passt es gut, dass er bei t2informatik für das Thema Marketing zuständig ist. Er bloggt gerne, mag Perspektivwechsel und versucht in einer Zeit, in der vielfach von der sinkenden Aufmerksamkeitsspanne von Menschen gesprochen wird, nützliche Informationen - bspw. hier im Blog - anzubieten. Wenn Sie Lust haben, verabreden Sie sich mit ihm auf einen Kaffee und ein Stück Kuchen; mit Sicherheit freut er sich darauf!