IT Dienstleister Berlin

von | 24.09.2020

34,18 Euro. So teuer ist das Gebot für die oberste Position bei Google für den Suchbegriff „IT Dienstleister Berlin“. 34,18 Euro ist ein Unternehmen aus Berlin bereit, für einen Klick auf seine Anzeige und einen Besuch auf seiner Website zu bezahlen. Da ca. 60% der Klicks auf den ersten Link bei Google entfallen und „IT Dienstleister Berlin“ als Begriff nur 590 Mal pro Monat gesucht wird, ist der Wettbewerb um Aufmerksamkeit und Klicks für IT Dienstleister aus der deutschen Hauptstadt groß und der Preis vergleichsweise hoch.¹

En Klick auf diesen Artikel kostet uns, die t2informatik GmbH, hingegen nichts. Ich möchte an dieser Stelle aber nicht auf die Unterschiede zwischen Paid und Organic Traffic hinaus. Ich möchte weder die Vorteile noch eine sinnvolle Kombination der beiden Traffic-Arten thematisieren. Und ich möchte auch nicht beurteilen, ob sich 34,18 Euro für werbende Unternehmen lohnen. Ich möchte den Blick auf die IT Dienstleistung und die Intention hinter der Suchanfrage richten und damit die Perspektive ändern: Wenn Sie den Suchbegriff eingeben, in welcher Situation befinden Sie sich, wie reagieren Unternehmen auf Ihr Interesse und was ist der einzig logische Schritt, der sich daraus ergibt?

IT Dienstleister Berlin – was bedeutet das?

Stellen Sie sich bitte folgende Situation vor: Sie googeln „IT Dienstleister Berlin“. Sie wissen, warum Sie das tun. Sie kennen Ihre eigene Situation. Vielleicht sind Sie 48 Jahre alt, Abteilungsleiter in einer größeren Organisation und benötigen zusätzliche Entwicklungskapazitäten, um eine bestehende IT-Anwendung zu modernisieren. Vielleicht sind Sie 25 Jahre jung, haben gerade ein Startup gegründet und suchen Spezialisten, die eine App mit NativeScript oder Flutter entwickeln können. Nur Sie wissen, ob Sie nach einem IT Dienstleister suchen, der Ihnen einen neuen Glasfaserkabelanschluss zur Verfügung stellt, oder nach einem Systemhaus schauen, das Server-Monitoring in der Cloud anbietet.

Kurzum: die Suchanfrage ist nicht eindeutig. Wenn wir jetzt noch einen kurzen Blick auf „Berlin“ werfen, wird es noch schwieriger, die exakte Intention der Suche zu erkennen. Soll das Unternehmen in Berlin sitzen, aus Berlin stammen oder in Berlin seine Dienstleistung erbringen? Vielleicht sitzt Ihre Organisation in Berlin und die Dienstleistung könnte in Teilen bei Ihnen vor Ort und in Teilen remote erfolgen? Fragen über Fragen. Aber keine Sorge: das ist bei jeder Suchanfrage so. Häufig führen die Antworten auf Suchanfragen zu neuen, feineren Suchen. Aus „IT Dienstleistung“ wird „IT Dienstleister Berlin“ oder „Softwareentwicklung Berlin“ (kostet übrigens „lediglich“ 7,34 Euro pro Klick) oder „Programmierung Berlin“ (kostet sogar „nur“ 2,95 Euro).

IT Dienstleistungen von Unternehmen

Die Bandbreite an IT Dienstleistungen, die Unternehmen in Berlin anbieten, ist natürlich riesig. Die ersten Treffer bei Google lesen sich wie folgt:

  • IT Systemhaus bietet kostenlose Erstberatung für Unternehmenskunden, 2 Stunden Reaktionszeit 24/7, Beratung & Consulting in Dresden, Essen, Köln, Berlin, Düsseldorf mit festem Ansprechpartner und Vor Ort Service.
  • IT Dienstleistungen vom Profi mit Mehrwert, Rundum-Unterstützung im Tagesgeschäft und idealer Prozessoptimierung.
  • IT Service zum Festpreis und dem Versprechen, sich um Ihre Technik zu kümmern und dabei persönlich, nachvollziehbar und immer erreichbar zu sein.
  • IT Dienstleistungszentrum, das als zentraler IT-Dienstleister des Landes in der Corona-Krise an der Seite der Berliner steht.
  • Webagentur in Berlin, die IT seit 1991 verständlich macht, und IT-Service & Beratung für Windows & Linux sowie Unterstützung für TYPO3 & Drupal Projekte anbietet.

Darüber hinaus bieten manche Organisationen UCC und Recovery für Unternehmen, andere komplette Lösungen für die Herausforderungen der Digitalisierung, und einige EDV Beratung und Umsetzung für Administratoren an.

Vielleicht geht es Ihnen bei den Aussagen wie mir: unter der einen oder anderen kann ich mir etwas vorstellen, bei manchen ist mir aber gänzlich unklar, was das Unternehmen bietet – sowohl allgemein als auch speziell und konkret für mich. Und vielleicht suchen Sie unter dem Deckmantel der IT Dienstleistung nach einem Code Review, einem Refactoring, der Modularisierung von Anwendungen oder einem effizienten Partner für Requirements Engineering?

Wie gesagt: die Bandbreite ist groß. Und zugegeben: es ist schwierig in nur 180 Zeichen, die eine Google Ads Anzeige erlaubt, oder mit ca. 145 Zeichen, die Google als Information zu einer Webseite darstellt, eine Suchanfrage zu beantworten, zumal der Text mindestens drei Funktionen erfüllen sollte:

  1. Die Suchanfrage (zumindest in Teilen) zu beantworten.
  2. Aufmerksamkeit erzeugen.
  3. Einen Klick animieren (oder auch nicht: idealerweise nur dann, wenn das mögliche Angebot mit der möglichen Intention der Anfrage übereinstimmt).

Ist Ihnen aufgefallen, dass keine der genannten Texte etwas von Softwareentwicklung oder Programmierung sagt? t2informatik bietet Softwareentwicklung an und zumindest aus meiner Sicht ist das natürlich eine IT Dienstleistung. Interessant ist aber nicht meine Sicht auf diese Begriffe, sondern Ihre Intention bei der Suchanfrage. Vielleicht führen die genannten Ergebnisse zu einer weiteren Suchanfrage von Ihnen, vielleicht auch zu dem einen oder andern Klick. Und was passiert dann?

Die Darstellung der IT Dienstleistungen

Haben Sie schon einmal von Jakob’s Law oder dem Restorff Effekt gehört? Jakob’s Law beschreibt, dass Menschen Erfahrungen übertragen, d.h. sie erwarten, dass sich optisch ähnliche Produkte inhaltlich und funktional ähnlich verhalten. Der Restorff Effekt – auch als Isolationseffekt bekannt – sagt voraus, dass Menschen sich bei mehreren ähnlichen Objekten jenes merken, das sich von den anderen am meisten unterscheidet. Warum sind diese beiden Gestaltungsprinzipien aus dem User Experience Design an dieser Stelle interessant? Weil es sehr wahrscheinlich ist, dass Sie für die Suchanfrage „IT Dienstleister Berlin“ mehr als eine Website besuchen werden. Vermutlich erwarten Sie von Websiten

  • einen klaren Aufbau,
  • eine einfache und nachvollziehbare Navigation,
  • eine kompakte Zusammenfassung der Dienstleistung des Anbieters,
  • eine Beschreibung von Details bspw. zu Abläufen, Methoden, Techniken oder Tools,
  • eine Nutzen- oder Vorteilsargumentation,
  • Informationen über mögliche Kosten bzw. Preise,
  • vertrauensbildende Informationen also bspw. Referenzen, Testimonials, Erfahrungsberichte oder Erfolgsgeschichten,
  • Hintergründe zum Unternehmen und
  • Kontaktmöglichkeiten.

Je mehr Webseiten Sie sich angucken, desto mehr werden Jakob’s Law und der Restorff Effekt an Bedeutung gewinnen. Wirken die meisten Unternehmensdarstellungen „modern“, werden Sie beginnen, „moderne“ Websites – bspw. mit großen Bildern, klarer Schrift, Animationen, Downloads, Blogs etc. – zu erwarten (Jakob Nielsen lässt grüßen). Sind aber alle besuchten Seiten irgendwie identisch, wird diejenige am meisten herausstechen, die etwas besonders bietet und idealerweise gleichzeitig die oben genannten Informationen zur Verfügung stellt (Hedwig von Restorff sagt Hallo).

Das zentrale Online-Problem von IT Dienstleistern

Was ist das größte Online-Problem, das Unternehmen und damit auch sämtliche IT Dienstleister in Berlin, in Hamburg oder Nürnberg haben? Menschen sind vergesslich! Sie vergessen, auf welcher Website sie welche Informationen gelesen haben. Kaum ist ein Besucher einige Minuten mit einer anderen Tätigkeit beschäftigt oder auf einer anderen Website unterwegs, wird er sich nicht mehr an die gerade besuchte Website, die URL oder den Dienstleister erinnern.

Natürlich könnten Sie einwenden: „Ich befinde mich in einer konkreten Auswahl eines neuen IT Dienstleisters aus Berlin, natürlich merke und notiere ich mir passende Unternehmen. Das ist der Grund meiner Suche!“ Stimmt, in diesem Fall wäre es anders. Bei den meisten anderen Fällen ist dies aus Sicht der Informationsanbieter und Dienstleister leider nicht so. Evtl. führt das zur Frage, ob sich Content Marketing für Unternehmen lohnt, aber das ist ein Thema für einen anderen Beitrag (siehe unten). Wir können gerne einen kleinen Test machen: kommen Sie einfach morgen oder übermorgen nochmals hier vorbei und hinterlassen Sie einen Kommentar als Beweis, dass Sie sich diesen Beitrag gemerkt haben. Vielleicht täusche ich mich ja … 😉

Wie reagieren Unternehmen auf dieses Online-Problem? Und was empfehlen zahlreiche Online-Ratgeber? Die Antwort lautet: Call-to-Action. Unternehmen werden aufgefordert, Downloads anzubieten oder unschlagbare Angebote – idealerweise optisch hervorgehoben – zu offerieren. Etwas böse formuliert: einen großen Button möglichst weit oben auf der Website, so dass Sie leicht erkennen können, wie wertvoll das Unternehmen für Sie ist. Einerseits ist dies naheliegend, insbesondere wenn IT Dienstleister aus Berlin 34,18 Euro für Ihren Besuch investiert haben. Andererseits zeigt die Praxis, dass die meisten Erstbesucher wenig Interesse an solchen Angeboten haben. Niemand ist bereit, bei einem ersten Besuch auf einer Website dem Anbieter einen 5- oder 6-stelligen Betrag zu überweisen, nur weil ein Button so schön rot leuchtet oder ein Erstgespräch mit einer Dauer von 30 Minuten kostenlos angeboten wird.

Und welcher logische Schritt ergibt sich aus diesem Problem? 

Der einzige logische Schritt für IT Dienstleister

Aus meiner Sicht, ist das einzige was Unternehmen tun können, die Perspektive zu wechseln. Es geht nicht darum, Ihnen und anderen Besuchern etwas zu verkaufen. Zumindest nicht primär. Nicht beim ersten und auch nicht beim zweiten Besuch. Natürlich wollen auch Unternehmen aus Berlin ihre IT Dienstleistung vermarkten bzw. verkaufen. Das ist allen Beteiligten klar. Es kann und wird nur nicht auf Anhieb von null auf hundert funktionieren. Daher lautet der einzige logische Schritt:

Unternehmen müssen die Perspektive von Kunden einnehmen. Und sie müssen aufhören, immer nur in Conversions, Umsatz- oder Verkaufszahlen zu denken!

Gleichzeitig sollten Unternehmen versuchen, dass Sie sich an das Unternehmen, die Dienstleistung oder die Website erinnern können. Natürlich müssen Sie sich nicht beim ersten Besuch auf einer Website dem IT Dienstleister offenbaren. Sie müssen Ihre Situation nicht beim ersten Besuch in einem Online-Chat besprechen. Aber ist gut zu wissen, dass sich der Dienstleister für Ihre Situation interessiert. Und vielleicht beginnen Sie demnächst mit dem einen oder anderen Unternehmen einen Dialog über Ihre Herausforderungen und Erwartungen. Das wäre sicherlich ein interessanter Schritt für alle Beteiligten.

Was bleibt ist noch eine letzte Frage: kommen Sie morgen wieder vorbei und hinterlassen einen Kommentar?

 

Hinweise:

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[1] Die Preise für die Suchbegriffe und zu erwartenden durchschnittlichen Suchanfragen liefert Google Ads. Die Abfrage erfolgte am 22.09.2020.

Weitere UX Gestaltungsprinzipien neben Jakob’s Law oder dem Restorff Effekt finden Sie auf unsere Seite über User Experience.

Michael Schenkel hat im t2informatik Blog weitere Beiträge veröffentlicht, u. a.

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Michael Schenkel
Michael Schenkel

Leiter Marketing, t2informatik GmbH

Michael Schenkel hat ein Herz für Marketing - da passt es gut, dass er bei t2informatik für das Thema Marketing zuständig ist. Er bloggt gerne, mag Perspektivwechsel und versucht in einer Zeit, in der vielfach von der sinkenden Aufmerksamkeitsspanne von Menschen gesprochen wird, nützliche Informationen - bspw. hier im Blog - anzubieten. Wenn Sie Lust haben, verabreden Sie sich mit ihm auf einen Kaffee und ein Stück Kuchen; mit Sicherheit freut er sich darauf!