Impulse für Organisationen – Teil 12

von | 02.10.2024

In der schönen weiten Welt der Social-Media-Plattformen finden sich viele kleine und große Impulse, die für die Zusammenarbeit in Unternehmen nützlich sein können, Augen öffnen oder zum Perspektivwechsel einladen. Viele dieser Impulse sind jedoch nur kurz sichtbar, bevor sie in den Weiten der Plattformen wieder verschwinden. Gerne wollen wir auch in Teil 12 unserer Serie einige inspirierende Impulse von Fachleuten im t2informatik Blog veröffentlichen. Diesmal geht es um Mikromanagement, verschiedene Erscheinungsformen von Macht und die Planung von Projekten mit ChatGPT.

Los geht’s mit den neuen Impulsen!

Annahita Esmailzadeh¹:

Mikromanagement ist ein ziemlich effektives Mittel

Mikromanagement ist ein ziemlich effektives Mittel. Vor allem für Führungskräfte, die Innovation um jeden Preis verhindern möchten. 😉

Denn folgende Konsequenzen sind in der Regel garantiert:

1️⃣ Eindämmung von Kreativität

Vorgesetzte, die jede Entscheidung und jedes noch so kleine Detail kontrollieren und vorgeben wollen, hemmen die Fähigkeit von Mitarbeitenden eigenständig zu denken und kreative Lösungen zu entwickeln.

2️⃣ Zerstörung der Motivation

Mit Mikromanagement gelingt es ferner, die Motivation der engagiertesten Mitarbeitenden auf kurz oder lang im Keim zu vernichten. Wenn Menschen permanent signalisiert wird, dass ihnen nicht vertraut wird, sind sie irgendwann auch nicht mehr bereit, die Extrameile zu gehen.

3️⃣ Verlust von Talenten

Diejenigen, die sich nicht damit zufriedengeben, innerlich zu kündigen und Dienst nach Vorschrift zu machen, suchen meist relativ schnell nach neuen Herausforderungen. Blöderweise sind das in der Regel genau die Talente, die Unternehmen nicht verlieren möchten.

4️⃣ Keine Zeit mehr für echte Führung

Führungskräfte, die keine Kontrolle abgeben können und jeden Schritt überwachen, haben im Gegenzug keine Kapazitäten mehr, um sich auf ihren eigentlichen Job zu konzentrieren.

5️⃣ Höheres Burnout-Risiko

Mikromanagement verursacht zudem nachweislichen Stress. Der ständige Druck, den oft unrealistischen Erwartungen der Führungskraft zu entsprechen, kann die mentale Gesundheit von Mitarbeitenden nachhaltig gefährden.

➡️ Long story short: Wer keine Kontrolle abgeben kann und möchte, sollte daher lieber keine Menschen führen.

Hans Rusinek²:

Macht hat, wer macht!

Warum Macht nicht nur in Chefetagen zu finden ist

Wenn ich mit Kunden arbeite, kommt irgendwann immer der Macht-Einwand:

„Wir sind doch nur ein kleines Rädchen“
„Wir können in letzter Instanz gar nichts machen“
etc.

Macht ist überall, sie fließt durch uns durch, wie die Managementforscherin Karen Lee Ashcraft so schön schreibt. Niemand hat dabei absolute Macht, es gibt immer Aufsichtsräte, Aktionäre, Kundinnen.

Also machen wir lieber nichts?

Nein, denn die Fähigkeit Menschen dazu zubringen etwas zu tun, was sie vorher nicht gemacht hätten – so will ich hier mal Macht definieren – ist auf hochproduktive Art in der Organisation verteilt.

Die Lektüre von Stefan Kühl hat mir geholfen das zu verstehen:

Zunächst einmal ist Macht eine Austauschbeziehung, die zwar asymmetrisch aber stets auch wechselseitig ist: Ich kann mich nur dann durchsetzen, wenn jemand bereit ist, sich mit mir in eine Beziehung einzulassen. Ein Offizier kann nur Befehle erteilen, wenn Soldaten diese auch befolgen. Entzieht sich eine Person der Beziehung z.B. durch Kündigung, ist es aus mit der Macht. Schon die Verweigerung Überstunden zu arbeiten, bringt Vorgesetzte in Bedrängnis.

Mit Macht bewältigen Firmen Unsicherheitszonen. Hier, so Kühl, wäre es falsch Macht nur oben in der Hierarchie anzusiedeln.

🔝 Macht durch Hierarchie

Klar, wer oben ist, hat die Macht über die Mitgliedschaft (wobei HR da auch mitreden will): Er kann Menschen feuern. Auch kann er mit Strategien das Aktionsfeld der Untergebenen grob vorgegeben. Studien zeigen aber auch, wie wenig Führungskräfte überhaupt mitbekommen, was damit passiert.

↔ Macht durch Zugang

Macht gibts aber auch an den Seiten der Organisation. An Schnittstellen zur „echten“ Welt, wie im Vertrieb. Dort gibts privilegierte Zugänge zu Kunden, Zulieferern und anderen Kooperationspartnern. Die Menschen „oben“ sind von diesen Unsicherheitszonen weit weg, das Handling der Außenkontakte wird delegiert. Pflegekräfte, so Kühl, beherrschen z.B. für Ärzte wichtige Unsicherheitszonen. So sind die Ärzte von der Pflege abhängig, weil sie ja nur kurz in der Station verweilen.

🎓 Macht durch Expertise

Experten, wie IT-Spezialistinnen, gewinnen ihren Einfluss aus der Beherrschung von Sachwissen, was oft als Totschlagargument genutzt werden kann.

🤲 Macht durch Verständnis

Dann gibt es die, die wirklich wissen, was die Firma denkt (Chefs wissen das am wenigsten). Oft jenseits von Ämtern haben sich diese Menschen Vertrauen erarbeitet und können Leute am Band vertreten oder die junge Generation.

🗝 Macht durch Gatekeeping

Ein Sekretär oder eine persönliche Referentin kontrolliert interne Kommunikationswege. Ein kaum zu unterschätzender Einfluss: habt also Respekt wenn nicht gar Furcht vor Personal Assistants!

Verstehen wir Macht so vielfältig, dann sind Organisationen stets in dynamischen Prozessen von Machtentfaltung. Lasst uns das nutzen und nie eine gemütliche Ohnmacht einbilden! 💪

Macht hat, wer macht!

Christian Müller³:

Kann ChatGPT auch die Zeitplanung im Projekt übernehmen?

KI im Projektmanagement: „Kann ChatGPT auch die Zeitplanung im Projekt übernehmen?“ Das war die Red-Flag für mich…

Kürzlich habe ich einen Workshop besucht, bei dem gezeigt wurde, wie Projektmanager ChatGPT für ihre Arbeit nutzen können. Ich bin der klassischen Projektmanagement-Denke gegenüber eher skeptisch eingestellt, wollte mich aber dennoch darüber informieren, wie in diesen Kreisen mit KI gearbeitet wird.

Nach einer allgemeinen Einführung ins Prompten mit ChatGPT wurde es konkreter. Es sollte ein Projektplan erstellt werden. Der erste Versuch ging direkt schief. Die detaillierte Budgetplanung wurde lange vor der inhaltlichen Projektplanung empfohlen.

Da wir wissen, dass Sprachmodelle halluzinieren oder schlichtweg die Eingabe nicht in den von uns gewünschten Kontext stellen können, kann das passieren. Also noch einmal und die entsprechende ISO-Norm zum Projektvorgehen mit in den Prompt aufgenommen. Ausgegeben wird eine lange Liste konkreter Schritte, die den Projekterfolg sichern soll.

Als Anhänger interdisziplinärer Zusammenarbeit mit einem ausgeprägtem Vertrauen in die Selbst-Managementfähigkeit von Teams war das ein guter Reality-Check für mich. Der Glaube, komplexe Entwicklungsprojekt einfach managen zu können, ist immer noch weitverbreitet. Manchmal vergesse ich das.

Als wir nach mehreren Anläufen endlich den ISO-normgerechten Projektplan hatten, wurden noch ein paar Tipps mitgegeben, wie der Projektmanager einen Großteil der umfangreichen Schreib- und Planungsarbeit an ChatGPT delegieren kann. Praktischerweise hat ChatGPT gleich den GANTT-Chart erstellt und den kritischen Pfad benannt.

Ein Managementberater, der im Workshop dabei war, stellte die folgerichtige Frage: „Kann chatGPT auch die Zeitplanung übernehmen?“ Jetzt war der Moment gekommen, dem Zinnober ein Ende zu bereiten. Ich mischte mich ein und wies nachdrücklich darauf hin, dass Zeitschätzungen ausschließlich diejenigen machen sollten, die später für die Umsetzung verantwortlich sind.

Das ist ein Kernproblem des IPMA-Projektmanagements, zu glauben, Zukunft planen / managen zu können. Projektpläne entstehen oft, bevor ein Projektteam existiert oder klar ist, wie die finalen Rahmenbedingungen sind. Projektmanager stellen diese Pläne häufig auf, ohne genau zu wissen, wer wann und wie für die Umsetzung verantwortlich sein wird. Hinzu kommt, dass die inhaltlichen Details und Herausforderungen zu diesem Zeitpunkt in aller Regel nicht bekannt sind und sich erst im eigentlichen Projektverlauf ergeben. Einer der Gründe, warum so viele Projekte scheitern oder ewig nicht fertig werden.

Allein den Gedanken, ein Sprachmodell könne eine Projektplanung durchführen und die Zeitplanung übernehmen, halte ich für fahrlässig. Denn wäre das wirklich möglich, bräuchte es 1. keine Projektmanager und 2. wahrscheinlich auch kein Projektteam mehr. Aber dasselbe Problem habe ich auch mit „agilen“ Product Ownern, die ChatGPT ihre User Storys schreiben lassen…

Impulse und Fragen

Drei Themen, drei Fachleute, drei Impulse. Wie gelingt es Unternehmen, auf unnötiges Mikromanagement zu verzichten? Wie entsteht Macht, was macht sie mit uns und wie können wir mit ihr sinnvoll umgehen? Und welchen Einfluss wird KI im Projektmanagement zukünftig haben und in welchen Kontexten ist es sinnvoll, Tools zu nutzen bzw. sich auf sie zu verlassen?

Fragen über Fragen. Vielleicht haben Sie auch welche; das ist gut! Dann hat auch Teil 12 von „Impulse für Organisationen“ sein Ziel erreicht.

 

Hinweise:

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[1] Annahita Esmailzadeh ist Tech Leaderin, Bestseller-Autorin, Speakerin und zertifizierte systemische Business Coach. Bei Microsoft leitet sie den Bereich Customer Success Account Management für die Energie- sowie Chemiebranche. Informationen über Annahita Esmailzadeh finden Sie in ihrem LinkedIn-Profil, den Impuls finden Sie hier im Original auf LinkedIn.

[2] Um eine bessere Zukunft zu erreichen, müssen wir heute besser arbeiten. Als Forscher, Berater und Keynote-Speaker möchte Hans Rusinek dazu beitragen, die Art und Weise, wie wir arbeiten, führen und leben, neu zu überdenken. Wie das funktionieren kann, beschreibt er in seinem Buch Work Survive Balance. Informationen zu Hans Rusinek finden Sie in seinem LinkedIn-Profil, den Impuls finden Sie hier im Original auf LinkedIn.

[3] Christian Müller ist Gründer von proagile.de und bietet Unterstützung bei der Organisationsentwicklung, agilem Arbeiten, der Bildung von High Performance Teams, moderner Führung und künstlicher Intelligenz. Informationen über Christian Müller finden Sie in seinem LinkedIn-Profil, den Impuls finden Sie hier im Original auf LinkedIn.

Michael Schenkel hat im t2informatik Blog weitere Impulse veröffentlicht, u. a.

t2informatik Blog: Impulse für Organisationen - Teil 3

Impulse für Organisationen – Teil 3

t2informatik Blog: Impulse für Organisationen - Teil 7

Impulse für Organisationen – Teil 7

t2informatik Blog: Impulse für Organisationen - Teil 11

Impulse für Organisationen – Teil 11

Michael Schenkel
Michael Schenkel

Leiter Marketing, t2informatik GmbH

Michael Schenkel hat ein Herz für Marketing - da passt es gut, dass er bei t2informatik für das Thema Marketing zuständig ist. Er bloggt gerne, mag Perspektivwechsel und versucht in einer Zeit, in der vielfach von der sinkenden Aufmerksamkeitsspanne von Menschen gesprochen wird, nützliche Informationen - bspw. hier im Blog - anzubieten. Wenn Sie Lust haben, verabreden Sie sich mit ihm auf einen Kaffee und ein Stück Kuchen; mit Sicherheit freut er sich darauf!