Herausforderungen der taktischen Ressourcenplanung

Gastbeitrag von | 09.07.2018

Ressourcenmanagement hat sich in den letzten Jahren stark in den Vordergrund gedrängt. Das liegt einerseits daran, dass mehr Personen benötigt werden als verfügbar sind. Und andererseits ändern sich die geforderten Qualifikationen immer schneller. Wenn Sie aktuell nach einer professionellen Lösung suchen, mit der sich vorhandene Ressourcen optimal einsetzen, neue Positionen und Qualifikationen rechtzeitig identifizieren und auch besetzen lassen, geht es Ihnen also wie den meisten innovativen Unternehmen.

Vielleicht haben Sie bereits versucht, diese Herausforderungen mit Methoden und Werkzeugen des Projekt- und Portfoliomanagements zu lösen. Das liegt nahe, denn Innovationen werden ja im Rahmen von Projekten durchgeführt. Und Ressourcenmanagement ist zudem ein elementarer Bestandteil des Projektmanagements. Aber nicht immer klappt dies wie gewünscht. Oder es dauert sehr lange bis die Erfolge im Ressourcenmanagement sichtbar werden.

Der Grund dafür ist, dass die wenigsten Unternehmen in einer reinen Projektorganisation arbeiten. Hier würden Projektleiter ihre Projektteams nach eigenem Ermessen zusammenstellen. Die Teammitglieder des Projekts hätten in diesem Fall außerhalb von Projekten keine Aufgaben. Die meisten Unternehmen arbeiten aber in Linien- oder Matrixorganisationen bzw. in Mischformen. Und in diesem Umfeld entstehen große Herausforderungen bei der Ressourcenplanung.

Leider gibt es nicht DEN EINEN richtigen Weg, wenn Sie ein System für Projekt- und Ressourcenmanagement etablieren wollen. Dieser Beitrag bietet Ihnen einen Einstieg ins Thema und beantwortet folgende zentrale Fragen, die für eine sinnvolle taktische Ressourcenplanung wichtig sind:

  • Welches sind die besonderen Herausforderungen bei der taktischen Ressourcenplanung?
  • Worin unterscheiden sich die Aufgaben des Team- und des Projektleiters?
  • Inwieweit besteht eine Abhängigkeit zwischen Ressourcenplanung und Organisationsform im Unternehmen?

Hinweis: Unter taktischer Ressourcenplanung verstehen wir die Teambildung für Projekte mit geeigneten Mitarbeitern sowie die Abstimmung des Ressourceneinsatzes zwischen Teamleiter und Projektleiter. Da Team- und Projektleiter naturgemäß nicht immer dieselben persönlichen Ziele verfolgen, ist dies eine der anspruchsvollsten Aufgaben im Unternehmen.

Übersicht der Bereiche im Ressourcen-Management

Ressourcenmanagement ist ein weites Feld. Es lässt sich im Zusammenhang mit Projektmanagement in drei Bereiche unterteilen:

Strategische Ressourcenplanung

Diese umfasst die langfristige Planung von Qualifikationen und Kapazitäten der Mitarbeiter. Damit sollen die laufenden und kommenden Projekte entsprechend der strategischen Ausrichtung des Unternehmens bewältigt werden. Die Frage lautet: Welche und wie viele Ressourcen sind für die kommenden Projekte und Linientätigkeiten nötig und müssen ggf. beschafft bzw. ausgebildet werden? Diese Aufgabe wird meist von Portfoliomanagern durchgeführt. Sie benötigen von den Projektleitern die aktuellen Anforderungen auf Ebene von Qualifikationen (Skills/Fähigkeiten) sowie die verfügbaren qualifizierten Kapazitäten von den Teamleitern.

Taktische Ressourcenplanung

Hierunter verstehen wir die mittelfristige Bildung von Projektteams. Dies umfasst die laufende Abstimmung zwischen Projekt- und Teamleiter zum Einsatz von Personen in Projekten und Linientätigkeiten. Die Teamleiter sichern den Projektleitern den gemeldeten Bedarf an Ressourcen mit entsprechenden Qualifikationen auf Projektebene zu.

Operative Ressourcenplanung

Wir definieren dies als die laufende detaillierte Aufgabenplanung der zugeteilten Ressourcen in den einzelnen Projekten auf Vorgangsebene durch die Projektleiter. Ressourcenplanung Übersicht

 

Unterschiedliche Perspektiven von Team- und Projektleiter

Projektleiter planen Ressourcen auf die Vorgänge ihrer Projekte und haben die Hoffnung, diese Ressourcen dann auch wirklich zu bekommen. Welchen Projekten die Ressourcen tatsächlich zugeordnet werden, das entscheiden aber die Teamleiter. Sie allein sind für die Ressourcen verantwortlich. Für beide ist die Ressourcenplanung alles andere als einfach, weil z. B.:

  • Aufwände nicht so kalkuliert wurden wie erforderlich,
  • Mitarbeiter nicht so austauschbar sind wie gedacht,
  • Projektinhalte und Liefertermine nicht so bleiben wie geplant,
  • Ausfälle von Mitarbeitern überraschend auftreten.

Dazu kommt, dass Projektleiter und Teamleiter zwar auf dieselben Personen blicken, aber aus unterschiedlichen Perspektiven. Die Projektleiter wollen Personen den detaillierten Vorgängen ihrer Projekte möglichst flexibel zuweisen. Ihr Ziel ist es, Liefertermine unter wechselnden Bedingungen einzuhalten. Die Teamleiter wollen die Beschäftigung der Personen in ihrem Team so organisieren, dass sie immer gut ausgelastet sind. Überlasten sollen vermieden werden. Dabei haben sie neben Tätigkeiten für Projekte auch Abwesenheiten und Tätigkeiten in der Linie zu berücksichtigen. Hier besitzen Projektleiter oft keinen Einblick. Und diese Aufgaben sind von den Teamleitern ständig aufs Neue zu meistern.

Unterschiedliche Organisationsformen – unterschiedliche Fragestellungen

Die Planung von Teamleitern und Projektleitern unterscheidet sich je nach Organisationsform, die im Unternehmen gelebt wird:

  • In der Linienorganisation bekommen Projektleiter Ergebnisse aus den Teams geliefert.
  • In der Matrixorganisation werden den Projektleitern Personen aus den Teams zur Verfügung gestellt.

Natürlich gibt es auch Mischformen aus den beiden Organisationen. So lassen sich z. B. Komponenten in der Linie bereitstellen, aber die Integration zum Endergebnis erfolgt in einer Matrix mit Vertretern aller Komponenten-Teams. In beiden Organisationsformen planen sowohl Teamleiter als auch Projektleiter jeweils aus ihrer Perspektive. Natürlich planen dabei nicht beide im selben Umfang doppelt. Vielmehr ergänzen sich die Planungen bzw. werden auf geeigneter Ebene miteinander verglichen.

Linienorganisation – was ist wann zu liefern?

In der Linienorganisation bekommt der Projektleiter Ergebnisse aus den Teams geliefert. Dazu gibt er grobe Arbeitspakete vor. Diese werden von den Teamleitern detailliert geplant und unter deren Kontrolle ausgeführt. Welche Personen an welchen Vorgängen arbeiten, ist für die Projektleiter hier in der Regel nicht relevant. Allerdings wollen die meisten Projektleiter mitbestimmen, wer an den geforderten Lieferungen mitarbeiten soll.

Linienorganisation

Linienorganisation – was ist wann zu liefern?

Projekt- und Teamleiter stimmen sich in der Linienorganisation normalerweise über geforderte Liefergegenstände zu vereinbarten Lieferterminen ab. Personelle Wünsche der Projektleiter zu berücksichtigen, trägt hier sicher zum guten Betriebsklima bei. Die Ressourcenplanung bleibt in diesem Fall überwiegend bei den Teamleitern. Das kann als Vorteil dieser Organisationsform gesehen werden, weil die Projektleiter davon befreit sind. Andererseits ist aber nachteilig, dass Projektleiter eben keinen direkten Zugriff auf die Ressourcen haben. Daher könnten sie im schlechtesten Fall mit der Qualität der Lieferung nicht zufrieden sein.

Wie erfolgt die Planung in der Linienorganisation?

Wie erfolgt die Planung in der Linienorganisation?

Die Aufgaben des Projektleiters in der Linienorganisation sind hauptsächlich die Terminplanung und die Abstimmungen mit den Teamleitern über die Lieferergebnisse. Der Teamleiter ist zugleich der Ressourcenplaner, der die Details auf Vorgangsebene plant. So kann er Liefertermine und Aufwände mit den Projektleitern abstimmen. Für diesen Fall kann der Teamleiter meist gut mit einem Projektplanungstool arbeiten. Voraussetzung dafür ist aber, dass dieses den komfortablen Abgleich von Vorgängen und Meilensteinen zwischen Haupt- und Teilprojekten unterstützt.

Achten Sie als Projektleiter in einer Linienorganisation besonders auf die Strukturierung der Projektpläne. Eine saubere Projektstruktur begünstigt die Abstimmung mit den Teamleitern. Das Steuern von Plänen mit unpassenden Strukturen hat einen hohen Mehraufwand zur Folge. Dieser ist vermeidbar. Außerdem besteht die Gefahr, durch fehlende Übersichtlichkeit terminliche Fehlentwicklungen nicht rechtzeitig identifizieren zu können.

Unser Tipp: Achten Sie in einer Linienorganisation besonders auf die Strukturierung der Projektpläne. Liefergegenstände, die von den Teams zu erbringen sind, müssen im Laufe der Abstimmungen mit der Planung der Teamleiter verglichen oder sogar verknüpft werden können. Eine saubere Projektstruktur begünstigt die Abstimmung und erhöht die Übersichtlichkeit.

Matrixorganisation – wer ist wann in welchem Projekt im Einsatz?

In der Matrixorganisation werden den Projektleitern Personen aus verschiedenen Teams zugesichert. Dazu ordnen Projektleiter den detaillierten Vorgängen in ihren Projekten die gewünschten Personen oder auch nur Skills/Fähigkeiten zu.

Matrixorganisation - wer ist wann in welchem Projekt im Einsatz?

Matrixorganisation – wer ist wann in welchem Projekt im Einsatz?

Nach Prüfung und Auswahl verfügbarer und geeigneter Personen sichern Teamleiter diese den Projektleitern zu. Dazu tragen sie die versprochenen Zeiten grob in ihre eigene Planung pro Person und Projekt ein.

Der Nachteil der Matrixorganisation für die Projektleiter ist, dass sie die Personen für ihr Projekt nur bedingt aussuchen können. Bei geeigneter Qualifikation sollte dies aber ein untergeordnetes Problem sein. Der Vorteil für die Projektleiter ist, dass sie die Personen im zugesicherten Rahmen frei in ihrem Projekt einsetzen können. Weitere Abstimmungen bei Umplanungen entfallen, solange der vereinbarte zeitliche Rahmen nicht überschritten wird.

Teamleiter haben den Vorteil, sich mehr um die Qualifikation und Betreuung ihrer Mitarbeiter kümmern zu können. Sie müssen sich nicht auch noch mit der Detailplanung von Arbeitspaketen beschäftigen. Auf Projektebene werden die Summen der Zuordnungen pro Person oder Skill als Anforderungen an die Teamleiter gestellt. Die Teamleiter benötigen eine eigene Grobplanung, um die geforderten Ressourcen auswählen und zusichern zu können.

Wie erfolgt die Planung in der Matrixorganisation?

Wie erfolgt die Planung in der Matrixorganisation?

Projektleiter sind in dieser Organisationsform also mit der klassischen Planung von Vorgängen und Ressourcen beschäftigt. Sie müssen deren Einsätze auf Projektebene mit den Teamleitern abstimmen. Teamleiter brauchen für die Auswahl und Zusage von Personen eine geeignete, eigne Übersicht. Diese finden Sie aber kaum in Werkzeugen für Projektmanagement. Deswegen erfolgen nötige Abstimmungen oft nur mündlich, per Mail oder über Excel. Daraus resultiert der Hauptteil der Abstimmungsprobleme. Teamleiter haben viele Anfragen zu bewältigen, die sich auch noch häufig ändern. Daher gilt: Ohne eine eigene Grobplanung der Teamleiter wird in einer Matrixorganisation die Ressourcenplanung nicht gelingen.

Passende Abstimmungsprozesse sind in der Matrixorganisation aufgrund des hohen Aufwands für Abstimmungen wesentlich. Gleiches gilt für die wirklich geeigneten Werkzeuge, mit denen die Projektleiter und Teamleiter täglich arbeiten müssen.

Beide Themen sind für diese Organisationsform unerlässliche Voraussetzungen und werden in den nächsten Kapiteln behandelt.

Unser Tipp: Etablieren Sie in der Matrixorganisation aufgrund des hohen Aufwands für Abstimmungen auf jeden Fall passende Abstimmungsprozesse. Sorgen Sie zudem für wirklich geeignete Tools – sowohl für die Projektleiter, als auch für die Teamleiter.

Fazit

Teamleiter und Projektleiter haben bei der taktischen Ressourcenplanung unterschiedliche Aufgaben und verschiedene Blickwinkel auf dieselben Personen. Der Teamleiter will seine Mitarbeiter gut beschäftigt und ausgebildet sehen. Der Projektleiter hingegen will sein Projekt im Zeitplan und in der nötigen Qualität fertigstellen. Dafür wünscht er sich die besten Mitarbeiter vom Teamleiter. Diese bekommt er aber nicht immer wunschgemäß. Die Herausforderung bei der taktischen Ressourcenplanung ist es, diese beiden Perspektiven unter einen Hut zu bekommen. Die Planung von Teamleitern und Projektleitern unterscheidet sich zudem je nach Organisationsform. In der Linienorganisation bekommen Projektleiter Ergebnisse aus den Teams geliefert. In der Matrixorganisation werden den Projektleitern Personen aus den Teams zur Verfügung gestellt. Teamleiter haben in der Matrixorganisation viele Anfragen aus den Projekten zu bewältigen, die sich auch noch häufig ändern. Daraus resultiert der Hauptteil der Abstimmungsprobleme. In diesem Falle ist daher eine eigene Grobplanung der Teamleiter nötig.

 

Hinweise:

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Johann Strasser
Johann Strasser

Johann Strasser, Dipl. Ing., ist seit 2001 geschäftsführender Gesellschafter bei TPG The Project Group. Er verantwortet unter anderem das Entwicklungsressort für Produkte. Nach mehrjähriger Erfahrung als Entwicklungsingenieur im Automotive- und Energiesektor arbeitete Johann Strasser für zehn Jahre als selbständiger Trainer und Berater im Bereich Projektmanagement. In dieser Zeit war er zudem als Projektleiter für Softwareprojekte in der Bauwirtschaft tätig und unterstützte Großbauten im Rahmen von Termin- und Kostenmanagement. Seit Erscheinen der ersten Version beschäftigt er sich intensiv mit Microsoft Project. Johann Strasser ist zudem Autor für verschiedene Zeitschriften sowie Referent zu allen Themen rund um Projektmanagement.