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Win-Win-Situation

Inhaltsverzeichnis: DefinitionBeispieleVoraussetzungen und VorteileFragen aus der PraxisHinweise

Wissen kompakt: Eine Win-Win-Situation liegt vor, wenn zwei oder mehr Parteien durch Zusammenarbeit Lösungen finden, die allen Beteiligten Vorteile bringen.

Win-Win-Situation: miteinander agieren, voneinander profitieren

Warum schließen Menschen Verträge? Warum kooperieren Organisationen? Und warum gründen Unternehmen Konsortien? Weil sich die Menschen, Organisationen und Unternehmen davon Vorteile versprechen. Verallgemeinert ausgedrückt: Eine Win-Win-Situation tritt ein, wenn alle Parteien durch eine getroffene Vereinbarung mehr Nutzen erzielen als ohne Vereinbarung.

Das Besondere an einer Win-Win-Situation ist aber nicht ein x-beliebiger Kaufvertrag und keine übereinstimmende Willenserklärung. Es ist eine kooperative Herangehensweise und das bewusste Akzeptieren, dass alle beteiligten Parteien von dem Miteinander profitieren. Anders formuliert: Für alle Parteien ist der individuelle Nutzen größer als die individuellen Kosten. Jede Partei gewinnt.

Win-Win-Situation - miteinander agieren, voneinander profitieren

Beispiele für Win-Win-Situationen

Es gibt große und kleine Beispiele für Win-Win-Situationen. Hier finden Sie einige Beispiele:

  • Eco-Systeme stellen Schnittstellen zur Verfügung, Unternehmen entwickeln Apps oder Erweiterungen für diese Plattformen, Anwender kaufen die Apps – alle gewinnen.
  • Bietergemeinschaften bündeln Kompetenzen, um gemeinsam an Ausschreibungen teilzunehmen und im Falle des Erfolgs die benötigen Leistungen zu erbringen. Der Auftraggeber erhält die benötigten Kompetenzen im definierten Umfang und Zeitraum, und muss nur mit einem zentralen Ansprechpartner kommunizieren, erhält nur eine gemeinsame Rechnung anstelle von vielen individuellen Rechnungen der einzelnen Unternehmen etc. Alle Parteien gewinnen.
  • Ein Unternehmen hat kein Budget für eine benötigte Dienstleistung, ein Freelancer hat zu wenig Referenzen auf seiner Website.  Der Freelancer erbringt die Leistung und erhält im Tausch eine wohlwollende Referenz. Für beide Parteien ist die Kooperation vorteilhaft.
  • Sie haben zu wenig Platz im Keller und ein Fahrrad, das Sie seit vielen Jahren nicht mehr fahren. Der heranwachsende Sohn eines Freundes braucht ein neues Fahrrad. Sie geben ihr Fahrrad dem Vater, der schenkt es seinem Sohn und Sie haben fortan mehr Platz im Keller.

Vermutlich können Sie sich leicht viele weitere Beispiele vorstellen. Vielleicht sehen Sie die Beispiele aber auch kritisch, denn die Programmierung von Apps für Eco-Systeme oder die Zusammenarbeit in einem Konsortium schafft Abhängigkeiten. Der Freelancer erbringt seine Leistung unentgeltlich, er wird also möglicherweise ausgebeutet. Und das Fahrrad hat vielleicht die falsche Farbe und dem Sohn gefällt es nicht. Daraus ergeben sich drei Erkenntnisse:

  1. Die Beurteilung, ob eine Win-Win-Situation vorliegt, müssen die Beteiligten treffen.
  2. Der Nutzen kann für die eine Partei größer sein als für die andere Partei.
  3. Nur wenn es sich tatsächlich um eine Win-Win-Situation handelt, besteht die Chance, dass die beteiligten Parteien auch zukünftig versuchen, miteinander zu kooperieren und „Geschäfte zu machen“.

 

Voraussetzungen und Vorteile der Win-Win-Strategie

Der Ausdruck „Win-Win-Situation“ geht auf ein Forschungsprojekt der Harvard University in den 1970er Jahren zurück. Im Zuge des „Havard Negotiation Projects“ wurden Verhandlungsmethoden untersucht und optimiert. [1] Das Ergebnis des Projekts war die sogenannte „Win-Win-Strategie“ – auch bekannt als Harvard-Konzept oder Doppelsieg-Strategie. Dieses Konzept stellte das „sachgerechte Verhandeln“ in den Fokus, bei dem die beteiligten Parteien aus einer Verhandlungssituation durch eine Einigung jeweils einen Gewinn erzielen.

Folgende Voraussetzungen gibt es für die Win-Win-Strategie:

  • Die Parteien sind in der Lage, die Perspektive der anderen Partei einzunehmen.
  • Die Parteien haben nicht nur den individuellen Vorteil, sondern auch einen realen Vorteile der anderen Partei im Blick.
  • Die Parteien wissen, dass es nicht um Gewinnen und Verlieren, sondern um Gewinnen und Gewinnen geht.
  • Die Parteien wissen, dass es nicht um die Position des Stärkeren und auch nicht um Gewinnmaximierung geht, sondern um die Vorteile der Kooperation, die beide Seiten realisieren wollen.
  • Die Parteien wissen, dass sie gegenseitig auch für die Interessen der anderen Partei verantwortlich sind.

Gelingt es, diese Doppelsieg-Strategie in die Tat umzusetzen, bietet das einige Vorteile:

  • Die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist gelegt.
  • Möglichkeiten für eine offene und ehrliche Kommunikation sind gegeben.
  • Die Option auf eine weitere, zukünftige Zusammenarbeit besteht.

Ein ganz praktischer Vorteil wird gerne übersehen: durch das gemeinsame Agieren, um voneinander zu profitieren, wird das Arbeiten angenehmer und schwierige Situationen lassen sich vermeiden oder zumindest beseitigen. Alleine aus diesem Grund ist es wünschenswert, eine Win-Win-Situation anzustreben.

Fragen aus der Praxis

Hier finden Sie einige Fragen und Antworten aus der Praxis:

Wie realistisch ist eine echte Win-Win-Situation in Verhandlungen zwischen ungleichen Partnern?

In Verhandlungen zwischen ungleichen Partnern – etwa einem Großkonzern und einem kleinen Anbieter – scheint eine Win-Win-Situation auf den ersten Blick unrealistisch. Der stärkere Partner verfügt über mehr Ressourcen, Marktmacht und Verhandlungsspielraum. Dennoch kann eine echte Win-Win-Lösung möglich sein, wenn strategische Interessen über kurzfristige Vorteile hinausgehen.

Ein Beispiel ist das Verhältnis zwischen Apple und kleinen App-Entwicklern: Apple profitiert massiv vom App-Ökosystem und ermöglicht zugleich kleinen Studios Zugang zu einem weltweiten Markt. Die Entwickler erhalten Sichtbarkeit, Monetarisierungsmöglichkeiten und technische Infrastruktur, Apple wiederum stärkt durch diese Vielfalt den Wert seiner Plattform.

Kritisch betrachtet ist dieses Verhältnis aber keineswegs ausgewogen im Sinne einer „gleichgewichtigen“ Partnerschaft. Die Regeln werden von Apple vorgegeben, Gebühren sind hoch, und bei Regelverstößen droht der Ausschluss vom Markt. Es ist also keine Win-Win-Situation aus altruistischen Motiven, sondern eine strategisch kalkulierte Kooperation mit asymmetrischer Machtverteilung.

Echte Win-Win-Situationen sind also auch zwischen ungleichen Partnern möglich, aber sie erfordern klare Nutzenargumente für beide Seiten, professionelles Erwartungsmanagement und oft eine bewusste Machtzurückhaltung des stärkeren Partners. Ohne diese Elemente droht die Lösung in eine einseitige Win-Lose-Dynamik abzugleiten,  mit der Gefahr, dass Vertrauen und Zusammenarbeit langfristig leiden.

Welche Rolle spielen Macht und Vertrauen in Win-Win-Verhandlungen?

Macht und Vertrauen sind zentrale Koordinaten jeder Verhandlung, doch sie wirken nicht linear, sondern in einem komplexen Spannungsverhältnis. Während Macht die Fähigkeit beschreibt, eigene Interessen durchzusetzen, beruht Vertrauen auf der Annahme, dass die andere Seite sich fair und verlässlich verhält, auch ohne Kontrolle. Beides ist wirksam, aber nicht immer gleichzeitig im Spiel.

In Win-Win-orientierten Verhandlungen wird Macht idealerweise nicht als Druckmittel eingesetzt, sondern als Gestaltungsraum genutzt. Der mächtigere Partner kann aktiv Vertrauen schaffen, etwa durch Transparenz, faire Bedingungen oder langfristige Commitments. Das ist keine Schwäche, sondern ein Zeichen strategischer Weitsicht: Vertrauen reduziert Transaktionskosten, fördert Innovation und erhöht die Chance auf nachhaltige Partnerschaften.

Umgekehrt zeigt sich die Notwendigkeit von Vertrauen gerade dort, wo Machtverhältnisse asymmetrisch sind. Wer schwächer ist, ist oft stärker auf Vertrauen angewiesen, hat aber auch mehr zu verlieren. In solchen Fällen wird Win-Win zur echten Herausforderung: Ohne glaubwürdige „Sicherheiten“ (z. B. klare Vereinbarungen, Exit-Optionen oder externe Schiedsstellen) bleibt die Bereitschaft zur Offenheit gering.

Vertrauen ist also nicht nur ein Beziehungselement, es ist eine Ressource, die gepflegt und abgesichert werden muss. Je komplexer oder langfristiger eine Zusammenarbeit, desto wichtiger wird Vertrauen als Grundlage für eine echte Win-Win-Logik.

Praxistipp: In der Verhandlungsvorbereitung lohnt es sich, nicht nur über Interessen und Ziele nachzudenken, sondern auch gezielt über das vorhandene (oder fehlende) Vertrauen und die wahrgenommene Machtbalance. Wer das bewusst adressiert, bspw. durch erste vertrauensbildende Signale oder durch das Aufzeigen gemeinsamer Abhängigkeiten, schafft die Voraussetzungen für einen tragfähigen, beidseitigen Gewinn.

Wie misst man eine Win-Win-Situation?

Die Messung einer Win-Win-Situation ist alles andere als trivial, denn es handelt sich nicht um eine eindeutig quantifizierbare Größe, sondern um ein Zusammenspiel aus Zielerreichung, Wahrnehmung, Beziehung und Zukunftsperspektive.

Im Kern basiert eine Win-Win-Situation auf dem beidseitigen Empfinden, dass sich der eigene Einsatz gelohnt hat, ohne dass dies zwangsläufig bedeutet, exakt gleich viel bekommen zu haben. Gerade in asymmetrischen Konstellationen kann das subjektive Gerechtigkeitsempfinden entscheidender sein als die objektive Verteilung.

Trotzdem lassen sich gewisse Anhaltspunkte identifizieren, um eine Win-Win-Situation greifbarer zu machen:

  • Haben beide Seiten ihre Kerninteressen (nicht nur Positionen!) erreicht?
  • Gab es Zugeständnisse, die für den anderen echten Mehrwert geschaffen haben?
  • Wie nachhaltig ist das Ergebnis? (z. B. Folgeprojekte, stabile Geschäftsbeziehung)
  • Gab es eine faire Verteilung von Risiken und Chancen?

Oft zeigt sich erst mit zeitlichem Abstand, ob wirklich eine Win-Win-Situation entstanden ist. Wenn beispielsweise beide Partner auch nach der Zusammenarbeit positiv voneinander sprechen, weitere gemeinsame Projekte initiieren oder sogar bei Problemen auf kooperative Lösungen zurückgreifen, spricht das für echten beidseitigen Nutzen.

Natürlich hat die Messbarkeit ihre Grenzen: Nicht alles, was zählt, lässt sich zählen: Vertrauen, Reputation, Beziehungsqualität oder kultureller Fit sind schwer messbar, aber zentrale Erfolgsfaktoren. Insofern ist jede Evaluation von Win-Win-Ergebnissen immer auch eine Mischung aus „harten Fakten“ und „weichen Einschätzungen“.

Praxistipp: Eine strukturierte Reflexion, bspw. in Form eines gemeinsamen Lessons-Learned-Workshops oder einem Review, kann helfen, Erkenntnisse zu sichern, Vertrauen weiter auszubauen und künftige Kooperationen noch gezielter zu gestalten. Das allein schafft noch kein messbares Win-Win, aber es macht sichtbar, wie ernst beide Seiten den Anspruch nehmen.

Sind Win-Win-Situationen kulturell unterschiedlich geprägt?

Die kulturelle Prägung von Win-Win-Situationen ist ein oft unterschätzter Faktor in internationalen oder interkulturellen Verhandlungskontexten. Das Konzept mag auf den ersten Blick universell klingen, tatsächlich aber wird es kulturell sehr unterschiedlich verstanden, bewertet und ausgestaltet.

In individualistischen Kulturen (z. B. USA, Deutschland, Niederlande) liegt der Fokus meist auf der Maximierung des eigenen Vorteils. Eine Win-Win-Situation wird hier oft daran gemessen, dass beide Parteien für sich betrachtet ein gutes Ergebnis erzielen, möglichst sichtbar, möglichst effizient.

In kollektivistischen Kulturen (z. B. Japan, China, Indonesien) steht hingegen die Beziehung im Vordergrund. Der langfristige Erhalt der Harmonie, die Wahrung des Gesichts und das Gleichgewicht im Miteinander sind wichtiger als der kurzfristige Deal. Eine Win-Win-Situation entsteht hier oft indirekt durch Vermeidung von Konflikten, durch symbolische Gesten oder durch das Aufrechterhalten einer guten Atmosphäre.

Auch die Art, wie Win-Win-Situationen verhandelt und kommuniziert werden, variiert stark. Während in westlichen Kulturen oft offen über Interessen, und Optionen gesprochen wird, bevorzugen andere Kulturen eine implizitere Kommunikation. Das kann dazu führen, dass Angebote oder Erwartungen falsch interpretiert werden – und eine vermeintliche Win-Win-Situation auf Misstrauen oder Frustration trifft.

Praxistipp: Hilfreich sind kulturelle Brückenbauer: z. B. interkulturell erfahrene Moderatoren, Tandem-Teams oder bewusste Zeitfenster für Missverständnis-Klärung. Denn der Wille zur Kooperation allein reicht nicht, erst das gegenseitige Verstehen macht sie tragfähig.

 

Was passiert, wenn sich die Rahmenbedingungen nach einer Win-Win-Vereinbarung verändern?

Win-Win-Situationen sind Momentaufnahmen innerhalb eines bestimmten Kontexts: Marktbedingungen, Ziele, Ressourcen, Machtverhältnisse. Ändern sich diese Faktoren, gerät auch das Gleichgewicht der Interessen ins Wanken. Was zunächst fair erschien, kann später als ungerecht, einseitig oder unhaltbar wahrgenommen werden.

Typische Auslöser für Dynamik sind zum Beispiel:

  • Wirtschaftliche Entwicklungen (Inflation, Lieferengpässe, Wechselkurse)
  • Strategiewechsel auf einer Seite (z. B. Fokusverschiebung, Exit vom Markt)
  • Personalwechsel (neue Ansprechpartner, neue Werte)
  • Technologische Veränderungen (neue Alternativen, Disruptionen)

Folge: Die ehemals als Win-Win verstandene Lösung wird fragil. Vertrauen kann bröckeln, Erwartungen werden enttäuscht, und die Beziehung läuft Gefahr, sich in eine Win-Lose- oder sogar Lose-Lose-Situation zu verwandeln.

Was tun? Professionelle Win-Win-Verhandlungen beinhalten immer auch ein „Was wäre, wenn?“. Kluge Vereinbarungen schaffen vorausschauend Anpassungsmechanismen, wie bspw.:

  • Flexibilitätsklauseln (z. B. Preisgleitklauseln, Mengenanpassungen)
  • Review-Zeitpunkte (gemeinsame Evaluation nach x Monaten)
  • Kooperationsleitlinien für den Umgang mit Änderungen (z. B. Eskalationspfade, Moderationsformate)
  • Exit-Szenarien, die Gesichtsverlust vermeiden

Praxistipp: Frage in Verhandlungen nicht nur: „Was ist heute fair?“, sondern auch: „Was wäre in sechs Monaten noch tragfähig und wie gehen wir dann miteinander um?“ Die Bereitschaft, gemeinsam zu denken, ist oft der eigentliche Win.

Impuls zum Diskutieren:

Eine Win-Win-Situation bei noch nicht miteinander kooperierenden Unternehmen lässt sich nur schwer vereinbaren. Der Vorschlag einer Partei, diese Situation anzustreben, bedeutet einen Vorteil für die andere Partei in den Verhandlungen.

Hinweise:

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[1] Harvard Negotiation Project

Eine No-Win-Situation, auch „Lose-Lose-Situation“ genannt, ist übrigens eine Situation, in der eine Person mehrere Optionen hat, aber keine Option zu einem Nettogewinn führt.

Hier finden Sie ein Video über win-win, win-lose und lose-lose.

Und hier finden Sie ergänzende Informationen aus unserer Rubrik Wissen kompakt:

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