KI und PO: Partnerschaft statt Konkurrenz
Inhaltsverzeichnis zum Aufklappen und eine Zusammenfassung zum Hören
Die PO Rolle wird unterschiedlich gelebt und das schafft Unsicherheit
Zusammenarbeit bleibt der Kern der Rolle und dort endet die Stärke von KI
Wie POs KI sinnvoll nutzen und ihre Rolle stärken können
Fazit
Neu: t2informatik Blogcast: KI und PO: Partnerschaft statt Konkurrenz – eine Zusammenfassung zum Hören in 2:11 Minuten
Für viele Product Owner (PO) besteht ein großer Teil des Alltags aus Verwaltungsarbeit: Tickets pflegen, Anforderungen formulieren, Informationen sortieren. Genau dort wird Künstliche Intelligenz (KI) immer stärker. Sie kann Texte strukturieren, Varianten anbieten, Muster erkennen und Routine beschleunigen. In vielen Bereichen gelingt ihr das heute bereits besser als manchem Product Owner. Es überrascht daher nicht, dass sich die Sorge breit macht, die Rolle könne an Bedeutung verlieren.
Die eigentliche Frage liegt jedoch tiefer: Was übernimmt KI wirklich und was gehört zum Kern der Product Ownership? Je klarer die Antwort auf diese Frage ausfällt, desto deutlicher zeigt sich: KI verändert die Rolle, aber nicht ihren Kern. Sie wird zum Partner für Effizienz, nicht zum Konkurrenten um Verantwortung.
Für Product Owner entsteht damit eine Chance: Weniger Zeit für Verwaltung, mehr Raum für Entscheidungen, Wert und Orientierung. Genau dort beginnt die Arbeit, die Künstliche Intelligenz (derzeit noch) nicht leisten kann. [1]
KI automatisiert Verwaltung, aber nicht Verantwortung
KI ist stark, wenn Aufgaben klar strukturiert sind. Sie kann aus Notizen erste Story-Entwürfe formulieren, Testfallideen vorschlagen, Supportmeldungen clustern oder Informationen in nützliche Formate bringen. Diese Unterstützung spart Zeit und reduziert Fehler. Doch all das betrifft Bereiche, die häufig mit der PO Rolle verwechselt werden, aber nicht ihr Zentrum bilden. [2]
Der Kern der Product Ownership ist nicht das Schreiben von Tickets. Er liegt im Treffen von Entscheidungen. Wert verstehen, Prioritäten begründen, Risiken erkennen, Optionen abwägen, Stakeholder begleiten, Orientierung schaffen. Das sind Aufgaben, die Kontext und Verantwortung verlangen. KI kann Vorschläge machen, aber sie kann nicht entscheiden, was richtig ist. Sie kann Analysen liefern, aber sie kann nicht dafür geradestehen.
Damit zeigt sich ein grundlegender Punkt: Nicht die Rolle des Product Owners ist gefährdet, sondern ein zu enges Verständnis davon. Wenn Organisationen POs auf Verwaltung reduzieren, entsteht ein Bild, das KI tatsächlich ersetzen könnte. Wo Product Owner jedoch Verantwortung für Wert und Richtung tragen, stärkt KI genau diese Arbeit.
Die PO Rolle wird unterschiedlich gelebt und das schafft Unsicherheit
In der Praxis zeigt sich ein breites Spektrum gelebter Realität. Manche Product Owner arbeiten eng mit Strategie, Markt, Stakeholdern und Entwicklungsteams zusammen. Andere konzentrieren sich auf die Formulierung von Anforderungen, die Pflege des Backlogs oder das Klären kleinerer Detailfragen. Beide Ausprägungen sind verbreitet und entstehen vor allem aus Strukturen und Erwartungen, nicht aus persönlichen Entscheidungen.
Teams, Prozesse und Führungssysteme prägen das Rollenbild. Jobbeschreibungen betonen oft operative Tätigkeiten. Strategische Verantwortung liegt in manchen Unternehmen bei Product Managern, Linienführungen oder Gremien. In solchen Kontexten wird die Rolle automatisch operativer. Das ist weder falsch noch ungewöhnlich, kann aber zu Verwirrung führen, wenn der Begriff Product Owner gleichzeitig mit Ownership verbunden wird.
Es gibt ebenso Umgebungen, in denen POs bewusst Entscheidungen treffen, Wert steuern und Zielkonflikte moderieren. Dort wird KI nicht als Belastung, sondern als Entlastung erlebt. Sie reduziert Overhead und schafft Zeit für das, was die Rolle wirklich ausmacht.
Der entscheidende Punkt lautet daher: Die Rolle des Product Owners ist klar beschrieben, wird im Alltag aber je nach Unternehmen und Kontext unterschiedlich interpretiert. KI zeigt deutlicher, welche Tätigkeiten verwaltend sind und welche echte Gestaltung verlangen. Genau diese Klarheit unterstützt POs und Teams dabei, die Rolle bewusster zu leben und weiterzuentwickeln.
Zusammenarbeit bleibt der Kern der Rolle und dort endet die Stärke von KI
Der Wert eines Product Owners entsteht selten im Alleingang. Er entsteht im Austausch. Gute Produktentscheidungen basieren auf gemeinsamen Gesprächen, in denen Teams Annahmen prüfen, Risiken bewerten, Ziele klären und Prioritäten festlegen. Diese Aushandlung ist oft emotional, vielschichtig und voller Unsicherheiten.
Genau hier endet die Stärke von KI. Sie kann Texte formulieren, aber keine Spannungen im Raum erkennen. Sie kann Optionen ordnen, aber nicht beurteilen, welche Kompromisse tragfähig sind. Sie kann Argumente sammeln, aber keine Beziehungsebene gestalten.
Ein Beispiel aus regulierten Bereichen zeigt das deutlich: Wer medizinische Workflows, MDR Vorgaben oder klinische Risiken berücksichtigen muss, benötigt nicht nur Fakten, sondern Urteilsvermögen. KI kann hier Daten aufbereiten, aber sie kann nicht entscheiden, wie man Patientensicherheit, Marktanforderungen und technische Machbarkeit ausbalanciert. Auch jenseits regulierter Umfelder bleibt die zentrale Aufgabe menschlich: Orientierung geben, Erwartungen managen und Entscheidungen vertreten.
Damit wird klar: Zusammenarbeit, Moderation und Kontextverständnis werden nicht unwichtiger, sondern zentraler. KI erleichtert das Drumherum. Den Kern jedoch ersetzt sie nicht.
Wie POs KI sinnvoll nutzen und ihre Rolle stärken können
Damit KI zur Partnerin wird, braucht es bewusste Entscheidungen im Arbeitsalltag. Die folgenden Hebel haben sich als wirkungsvoll erwiesen:
KI für Routine nutzen.
Story-Entwürfe, Zusammenfassungen, Testfallideen, Recherche oder Sortieren von Informationen sind ideale Anwendungsfälle. Was KI schneller erledigt, schafft POs Freiraum für Verantwortung.
Kontext aktiv gestalten.
KI liefert viele Vorschläge, aber keinen Grund, warum etwas wichtig ist. POs setzen Prioritäten, begründen Entscheidungen und verbinden technische, fachliche und menschliche Perspektiven. Diese Arbeit bleibt exklusiv menschlich.
Zusammenarbeit stärken.
Gute Produktentwicklung entsteht in Gesprächen. Product Owner, die Dialogräume schaffen, Entscheidungen vorbereiten und Konflikte moderieren, steigern Wirkung und Tempo. KI kann unterstützen, aber nicht führen.
Rollenverständnis klären.
In vielen Teams ist unklar, was ein PO wirklich leisten soll. Wer Erwartungen aktiv klärt, kann die eigene Rolle stärken und Missverständnisse auflösen.
KI Kompetenz entwickeln.
Product Owner müssen keine Expertinnen oder Experten sein. Es genügt, Stärken und Grenzen von KI zu kennen und sie gezielt einzusetzen. Diese Fähigkeit wird Teil professioneller Produktarbeit.
So entsteht eine echte Partnerschaft: KI übernimmt Routine, POs übernehmen Richtung.
Fazit
KI verändert die Arbeit von Product Ownern, aber nicht ihren Kern. Sie übernimmt Routinetätigkeiten und macht sichtbar, welche Aufgaben verwaltend sind und welche Wert erzeugen. Damit stellt sie nicht die Rolle infrage, sondern ihr gelebtes Verständnis.
Dort, wo POs vor allem Tickets schreiben und Informationen sortieren, wird KI deutlich entlasten. Dort, wo POs Verantwortung tragen, Orientierung geben und Entscheidungen vorbereiten, wird KI zum Werkzeug, nicht zum Ersatz.
Das ist keine Schwächung der Rolle, sondern eine Schärfung. KI macht sichtbar, was wirklich zählt: Verantwortung, Klarheit und Zusammenarbeit. Genau dort beginnt die Arbeit, die kein Modell übernehmen kann.
KI und PO stehen daher nicht im Wettbewerb. Sie bilden eine Partnerschaft. Die Maschine sorgt für Effizienz, der Mensch für Richtung. Und genau diese Verbindung macht erfolgreiche Produktentwicklung möglich.
Hinweise:
[1] Amaras Gesetz bzw. Amara’s Law besagt, dass wir dazu neigen, die Auswirkungen einer Technologie auf kurze Sicht zu überschätzen und auf lange Sicht zu unterschätzen. Demnach könnte es sein, dass dieser Artikel im Jahr 2030 evtl. anders geschrieben würde.
[2] Der Scrum Guide definiert Product Owner bewusst nicht als Rolle, sondern als sogenannte Accountability, sprich als Verantwortlichkeit. Nichts desto trotz ist es in sehr vielen Organisationen weiterhin eine Rolle.
Hier finden Sie eine Podcastfolge von „Die Produktwerker“ über den Einfluss von AI auf Produktentwicklung.
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Michael Schenkel hat weitere Beiträge im t2informatik Blog veröffentlicht, u. a.:

Michael Schenkel
Leiter Marketing, t2informatik GmbH
Im t2informatik Blog veröffentlichen wir Beträge für Menschen in Organisationen. Für diese Menschen entwickeln und modernisieren wir Software. Pragmatisch. ✔️ Persönlich. ✔️ Professionell. ✔️ Ein Klick hier und Sie erfahren mehr.


