Yerkes-Dodson-Gesetz
Inhaltsverzeichnis: Definition – Flow – Erkenntnisse – Beispiele – Kritik – Hinweise
Wissen kompakt: Das Yerkes-Dodson-Gesetz beschreibt einen Zusammenhang zwischen menschlicher Erregung und Leistung. Visualisiert wird es mithilfe der Yerkes-Dodson-Kurve.
Yerkes-Dodson-Gesetz – die Korrelation von Erregung und Leistung
Robert Mearns Yerkes¹ und John Dillingham Dodson², zwei US-amerikanische Psychologen, entdeckten 1908, dass die individuelle Leistung von Menschen mit physiologischer oder mentaler Erregung nur bis zu einem gewissen Punkt steigt, die Leistung aber abnimmt, wenn das Erregungsniveau zu hoch wird. Bekannt wurde diese Beobachtung als Yerkes-Dodson-Gesetz.
Da das optimale Erregungsniveau bei Menschen individuell ist, liefen Yerkes und Dodson zwar keinen direkten Ansatzpunkt, wie und bis auf welches Level sich eine Leistung in einem konkreten Fall erhöhen lässt, dennoch lassen sich aus der Beobachtung verschiedene Erkenntnisse ableiten.
Visualisiert wird dieser Prozess als eine glockenförmige Kurve, der Yerkes-Dodson-Kurve, die manchmal auch als umgedrehtes U bezeichnet wird.
Im Flow am Scheitelpunkt der Yerkes-Dodson-Kurve
Als Folge der Erkenntnisse von Yerkes und Dodson kursieren in zahlreichen Büchern, Magazinen und Blogs Tipps und Tricks
- zur Erhöhung der Erregung – auch als Aktivierung bezeichnet –
- oder zur Reduzierung von Stress.
Manche Ratgeber versuchen das Leistungsoptimum zu erhöhen, andere die Zeitspanne im Bereich der maximalen Leistungsfähigkeit zu vergrößern. Am Scheitelpunkt der Yerkes-Dodson-Kurve scheint das Individuum als solches gleichzeitig am glücklichsten und leistungsfähigsten zu sein. Gerne wird dieser Zustand als Flow³ bezeichnet.
Erkenntnisse des Yerkes-Dodson-Gesetzes
Vereinfacht ausgedrückt, handelt es sich beim Yerkes-Dodson-Gesetz um ein Modell für die Beziehung zwischen Stress und Leistung. Es besagt, dass Stress bzw. Erregung und Leistung positiv korrelieren, allerdings nur bis zu einem bestimmten Punkt, nach dem mehr Stress die Leistung verringert.
Folgende Erkenntnisse lassen sich aus der Yerkes-Dodson-Gesetz bzw. der Kurve ableiten:
- Grundsätzlich gilt jede Art des Denkens als Erregungsvorgang. Kreativitätstechniken wie bspw. Brainstorming oder Brainwriting nutzen die Verstärkung der Erregung zur Steigerung der Denkleistung. Ohne Erregung gibt es auch keine Denkleistung.
- Der aufsteigende Teil der Kurve lässt sich auf eine positive Erregung und der abfallende Teil auf eine negative Erregung – in anderen Worten: Stress – zurückführen.
- Mit wachsender Erregung und Einsatz steigt zunächst die Produktivität eines Individuums, jedoch nur bis zum Leistungsoptimum am Scheitelpunkt der Kurve. Nach dem Leistungsoptimum sinkt die Produktivität.
- Der Verlauf der Yerkes-Dodson-Kurve wird durch einen Bezug zur konkreten Aufgabenstellung determiniert. Bei einfachen, leicht zu erlernenden oder sich wiederholenden Aufgaben verbessert sich die Leistung mit zunehmender Erregung. Bei komplexen, schwierigen und neuen Aufgaben kehrt sich die Beziehung zwischen Erregung und Leistung nach einem Punkt um, und die Leistung nimmt danach mit zunehmender Erregung ab.
- Die Yerkes-Dodson-Kurve verläuft bei jedem Menschen individuell. Sie kann also flach, spitz oder rund, symmetrisch oder unsymmetrisch verlaufen. Wichtig ist die Erkenntnis, dass sowohl die Belastbarkeit und Stressanfälligkeit als auch das Leistungsoptimum pro Individuum unterschiedlich ausgeprägt sind.
Beispiele zur Anwendung der Erkenntnisse aus dem Yerkes-Dodson-Gesetz
Das Wissen um die Zusammenhänge zwischen Erregung und Leistung kann in verschiedenen Bereichen praktische Anwendung finden, z. B. im Bildungswesen, im Sport oder in der Wirtschaft. Hier sind einige Beispiele:
- Lehrer können die Erkenntnisse nutzen, um die Lernumgebung für ihre Schüler zu optimieren. Wenn Schüler nicht ausreichend beschäftigt oder herausgefordert werden, können sie sich langweilen und am Stoff desinteressiert sein. Ist der Stoff hingegen zu schwierig oder das Arbeitspensum zu hoch, können die Schüler überfordert und gestresst werden, was ihre Lernfähigkeit beeinträchtigen kann. Da auch Kinder individuell sind, ergibt es natürlich viel Sinn, sie entsprechend individuell zu „aktivieren“.
- Trainer können die Erkenntnisse aus dem Yerkes-Dodson-Gesetz nuzten, um die Leistung ihrer Sportler zu optimieren. Sind die Sportler nicht ausreichend motiviert oder energiegeladen, können sie schlechtere Leistungen erbringen. Sind die Sportler dagegen zu nervös oder ängstlich, kann ihre Leistung darunter leiden. Indem sie das richtige Maß an Erregung für jeden Sportler finden, können Trainer – und zunehmend auch Psychologen – ihnen zu Höchstleistungen verhelfen.
- Sind Mitarbeiter bei ihrer Arbeit nicht ausreichend gefordert oder aktiviert, kann es sein, dass sie Dienst nach Vorschrift machen und so bspw. die Anzahl der Fehlern steigen. Sind die Mitarbeiter hingegen zu sehr gestresst oder überfordert, kann ihre Produktivität darunter leiden. Indem der Arbeitgeber das richtige Maß an Erregung für jeden Mitarbeiter findet, kann er ihm helfen, produktiver und engagierter zu arbeiten. Hier bieten sich sehr viele Methoden an, um Mitarbeiter aktiv in die Abläufe – bspw. bei der Ideenfindung, bei der Entwicklung von Strategien oder beim Treffen von Entscheidungen – einzubinden.
Insgesamt können also die Erkenntnisse des Yerkes-Dodson-Gesetzes in einer Vielzahl von Bereichen bei der Optimierung von Leistung helfen.
Kritik am Yerkes-Dodson-Gesetz
Obwohl das Yerkes-Dodson-Gesetz in der Psychologie seit vielen Jahren eine wichtige Rolle spielt, wird es in mehrfacher Hinsicht als zu vereinfachend und veraltet kritisiert:
Oft wird das Gesetz als universelles Prinzip dargestellt, das für alle Aufgaben und Situationen gilt. Die Forschung hat jedoch gezeigt, dass die Beziehung zwischen Erregung und Leistung komplexer ist als eine einfache, umgekehrte U-Kurve. Verschiedene Aufgaben und Personen können unterschiedliche optimale Erregungsniveaus aufweisen.
Das Yerkes-Dodson-Gesetz erklärt auch nicht, wie oder warum Erregung die Leistung beeinflusst. Es berücksichtigt keine individuellen Unterschiede, wie z. B. Persönlichkeitsmerkmale oder kognitive Fähigkeiten, die eine Beziehung zwischen Erregung und Leistung beeinflussen können. Zudem negiert es das breitere System bzw. den Kontext, in dem der Einzelne agiert. So kann bspw. die Leistung einer Person bei einer Aufgabe durch Faktoren wie
- die Qualität der verfügbaren Ausrüstung oder Ressourcen,
- die Unterstützung durch Kollegen oder Vorgesetzte,
- die Ziele der Organisation,
- den Bedürfnissen von Kunden oder
- der Kultur am Arbeitsplatz beeinflusst werden.
Es ist daher wichtig, die Interaktion zwischen dem Individuum und dem System, in dem es agiert, zu berücksichtigen. Als Wechselwirkung kann sie einen erheblichen Einfluss auf die individuelle Leistung haben. Neuere Leistungsmodelle berücksichtigen diese breitere Perspektive und betonen, wie wichtig es ist, die komplexen Wechselwirkungen zwischen dem Einzelnen und seinem Umfeld zu verstehen.
Impuls zum Diskutieren
Wie wahrscheinlich ist es, dass sich das Yerkes-Dodson Law auf alle Arten von Leistungen wie z. B. kreatives oder divergentes Denken anwenden lässt?
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[1] Robert Mearns Yerkes
[2] John Dillingham Dodson
[3] Der Glücksforscher Mihaly Csikszentmihalyi definiert verschiedene Voraussetzungen für Flow: Die Aufgabe entspricht den eigenen Fähigkeiten. Sie ist herausfordernd. Man arbeitet konzentriert und blendet alles andere aus. Es gibt klare Ziele mit Zwischenschritten. Auf Handlungen folgt ein direktes Feedback.
Hier finden Sie eine englischsprachiges Video zur Einführung in die Psychologie des Yerkes-Dodson Laws.
Und hier finden Sie ergänzende Informationen aus dem t2informatik Blog: