1. Startseite
  2. Wissen kompakt
  3. White Elephant

White Elephant

Inhaltsverzeichnis: DefinitionPrinzipTechnikSchätzmethodeGift ExchangeHinweise

Wissen kompakt: White Elephant steht für überdimensionierte oder nutzlose Vorhaben und dient als Metapher in Prinzipien, Techniken, Methoden und Spielideen.

White Elephant – Das große Ding, das keiner will

Der Begriff White Elephant sorgt oft für Verwirrung, da er in unterschiedlichen Kontexten verwendet wird: als wirtschaftliche Metapher, als Workshop-Technik, als agile Schätzmethode oder als Geschenkspiel. Allen Ausprägungen gemein ist das ursprüngliche Bild eines wertvollen, aber belastenden Geschenks.

Ursprünglich stammt der Begriff aus Südostasien, insbesondere aus Thailand. Weiße Elefanten galten dort als heilig und durften nicht zur Arbeit eingesetzt werden. Ihre Haltung war extrem teuer, doch ihr Besitzer konnte sie weder nutzen noch ablehnen. [1] Ein solcher Elefant war also ein prestigeträchtiges, aber kostspieliges und letztlich belastendes Geschenk. Aus dieser Tradition entwickelte sich der Begriff als Metapher für überdimensionierte, ineffiziente oder unnötige Investitionen.

White Elephant - Das große Ding, das keiner will

Übertragen auf heutige Situationen in Unternehmen, Organisationen oder Teams beschreibt der Begriff White Elephant Dinge, die sichtbar, teuer oder aufwendig sind – aber kaum echten Nutzen bringen. Oft werden sie aus Gewohnheit, aus politischen oder emotionalen Gründen oder wegen bereits getätigter Investitionen weitergeführt. Genau hier setzen die verschiedenen Ausprägungen des White-Elephant-Gedankens an: als Prinzip, als Technik zur Reflexion, als Methode zur Priorisierung bzw. Aufwandsschätzung oder als Symbol in spielerischen Kontexten.

Das White-Elephant-Prinzip

Das White-Elephant-Prinzip beschreibt ein wiederkehrendes Muster: Es geht um Investitionen – sei es in Form von Projekten, Produkten, Systemen oder Infrastrukturen – die über lange Zeit hinweg hohe Kosten verursachen, aber nur geringen oder keinen messbaren Nutzen bringen. Trotzdem werden sie weitergeführt. Der Grund dafür liegt oft nicht in ihrer Sachlogik, sondern in emotionalen, politischen oder organisatorischen Zwängen.

Was dieses Phänomen zu einem Prinzip macht, ist seine strukturelle Wiedererkennbarkeit: Der Mechanismus wiederholt sich in vielen Kontexten – quer durch Branchen, Organisationen und Ebenen. Typisch ist, dass die initiale Entscheidung (z. B. ein Großprojekt zu starten) später nicht mehr hinterfragt wird, weil bereits zu viel Geld, Zeit oder Reputation investiert wurde. Dieses Festhalten aus Angst vor Gesichtsverlust oder wegen der „Sunk Cost Fallacy“ ist ein zentrales Element des White-Elephant-Prinzips.

Solche Vorhaben werden häufig über Jahre hinweg am Leben gehalten, obwohl ihre Aufgabe oder radikale Umgestaltung rational sinnvoll wäre. Die Symbolik, der Aufwand oder der politische Kontext machen einen Rückzieher scheinbar unmöglich.

Typische Merkmale:

  • hohe Investitions- und Betriebskosten
  • geringer oder nicht mehr nachvollziehbarer Nutzen
  • emotionale oder politische Hürden für einen Projektabbruch
  • symbolischer Wert, der eine kritische Diskussion erschwert

Beispiele:

  • leerstehende Flughäfen oder Bahnhöfe
  • IT-Systeme, die kaum genutzt, aber aufwendig gewartet werden
  • Organisationsprojekte, deren Ziele nicht mehr relevant sind

Das White-Elephant-Prinzip sensibilisiert dafür, solche Situationen frühzeitig zu erkennen und den Mut zu entwickeln, sich von Überflüssigem zu trennen – auch wenn es unbequem ist.

Die White-Elephant-Technik

Die White-Elephant-Technik ist eine kreative Methode in der Teamarbeit, um unausgesprochene Themen, überflüssige Prozesse oder ignorierte Belastungen sichtbar zu machen. In Workshops oder Retrospektiven können Teammitglieder symbolisch „weiße Elefanten“ benennen – also Aspekte, die im Raum stehen, aber nicht offen angesprochen werden. Die Technik fördert offene Kommunikation, gegenseitiges Verständnis und hilft, blinde Flecken im Arbeitsalltag aufzudecken.

Sie eignet sich besonders, wenn in Teams spürbare Spannungen existieren, aber konkrete Ursachen schwer zu benennen sind. Durch die Symbolik des „weißen Elefanten“ können auch heikle Themen auf kreative und indirekte Weise zur Sprache gebracht werden.

Ablauf:

  • Die Moderation erklärt das Bild des weißen Elefanten und dessen Bedeutung. Ziel ist es, gemeinsam belastende, unausgesprochene oder überflüssige Themen sichtbar zu machen.
  • Jedes Teammitglied überlegt still für sich, was für ihn oder sie ein „weißer Elefant“ im Team, Projekt oder Prozess ist.
  • Die Teilnehmenden schreiben ihre Punkte auf Karten oder digitale Post-its (z. B. mit einem Elefantensymbol).
  • Die Karten werden anonym gesammelt und für alle sichtbar gemacht (z. B. auf einem Board, Flipchart oder digitalen Whiteboard).
  • Ähnliche Themen werden gruppiert, um Muster zu erkennen.
  • Die Gruppe wählt ein bis drei zentrale Elefanten aus und spricht über Ursachen, Auswirkungen und Möglichkeiten zur Veränderung.
  • Gemeinsam wird entschieden, welche ersten Schritte zur Verbesserung unternommen werden.

Da die White-Elephant-Technik potenziell sensible Themen berührt, ist eine gute Moderation besonders wichtig. Die Moderation sollte eine vertrauensvolle Atmosphäre schaffen, in der alle Teilnehmenden sich sicher fühlen, ehrlich zu sprechen. Dazu gehört auch, die Methode klar anzukündigen und ihre Freiwilligkeit zu betonen. Es hilft, mit kleinen Beispielen voranzugehen und bewusst auch eigene Beobachtungen beizusteuern, um Offenheit vorzuleben.

Wichtig ist, dass alle Stimmen gehört werden – auch die leisen. Die Moderation sollte auf Ausgewogenheit achten, ohne Druck zu erzeugen. Gleichzeitig ist es sinnvoll, die Erwartungen realistisch zu halten: Nicht jeder „Elefant“ muss sofort gelöst werden. Oft reicht es, ihn sichtbar zu machen und erste Impulse für Veränderung zu setzen. Die Technik lebt von Empathie, Klarheit und einem wertschätzenden Umgang mit den eingebrachten Themen.

White Elephant als Schätzmethode

Das White-Elephant-Sizing-Game ist eine agile Schätzmethode, die Teams dabei unterstützt, den relativen Aufwand von User Storys schnell und kollaborativ einzuschätzen. Der spielerische Charakter fördert dabei Interaktion, Perspektivwechsel und ein gemeinsames Verständnis für den Umfang der anstehenden Aufgaben.

Bei der Schätzmethode geht es darum, User Stories zu identifizieren, die besonders groß, komplex oder unklar erscheinen – quasi die Elefanten im Backlog. Die Methode macht diese Items sichtbar und lädt Teams ein, Aufwand gemeinsam einzuschätzen, bevor sich diese Vorhaben unbemerkt zu echten Belastungen entwickeln. [2] Manche Teams erweitern das Spiel sogar um humorvolle Kategorien wie Dinosaurier oder Godzilla, um die Überdimensionierung besonders deutlich zu machen.

Vorbereitung:

  • Ein Whiteboard oder eine große Papierfläche wird in Spalten unterteilt. Anders als bei klassischen T-Shirt-Sizes nutzen viele Teams bewusst symbolische Kategorien, um die Größenordnung und Komplexität von Aufgaben zu verdeutlichen – etwa: Maus, Hund, Pferd, Elefant oder sogar Godzilla. So wird sofort sichtbar, welche Aufgaben aus dem Rahmen fallen.
  • Alle zu schätzenden User Storys werden auf einzelne Karten geschrieben, idealerweise mit kurzer Beschreibung zur besseren Einordnung.

Benötigt werden außerdem: ein Timer zur Zeitmessung sowie Klebematerialien oder digitale Post-its.

Spielablauf:

  • Das Team stellt sich vor dem Board auf. Die Karten mit den User Storys liegen verdeckt in einem Stapel.
  • Der Timer wird gestartet. Das erste Teammitglied zieht eine Karte, liest sie laut vor und hat drei Möglichkeiten: Die Karte wird in die Spalte einsortiert, die dem geschätzten Aufwand entspricht. Eine bereits platzierte Karte wird in eine andere Spalte verschoben, mitsamt kurzer Begründung. Und wenn keine Aktion erforderlich erscheint, wird einfach weitergegeben.

Danach ist das nächste Teammitglied an der Reihe. Der Ablauf wiederholt sich, bis alle Karten platziert sind und keine weiteren Umplatzierungen erfolgen.

Im Anschluss reflektiert das Team die Zuordnung gemeinsam. Offene Fragen oder Unstimmigkeiten werden geklärt, bei Bedarf können Product Owner oder Stakeholder zur Einschätzung hinzugezogen werden. Ziel ist eine möglichst konsistente und realistische Einschätzung der Aufwände.

Das White Elephant Sizing Game eignet sich besonders gut für Refinement-Sessions mit vielen Items und wenig Zeit, da es Interaktion und Fokus vereint und gleichzeitig eine fundierte Grundlage für weitere Diskussionen liefert.

Die White Elephant Gift Exchange

Die sogenannte White Elephant Gift Exchange ist eine beliebte Geschenkspiel-Tradition, die vor allem in privaten Kreisen stattfindet – etwa bei Weihnachtsfeiern oder geselligen Runden unter Freunden. Dabei bringt jede Person ein verpacktes Geschenk mit, das idealerweise kurios, nutzlos oder besonders witzig ist. Die Geschenke werden nacheinander gezogen, getauscht oder „gestohlen“ – mit dem Ziel, Spaß zu haben und möglichst skurrile Gegenstände zu erhalten.

Obwohl das Spiel auf denselben Ursprung verweist wie das White-Elephant-Prinzip, hat es inhaltlich keinen Bezug zu Organisationen oder Unternehmen. Es geht dabei nicht um strategische Reflexion oder Projektbewertung, sondern um Unterhaltung und Überraschung. Der Begriff „White Elephant“ dient hier also rein spielerisch dazu, unerwartete oder absurde Geschenke in Szene zu setzen.

Impuls zum Diskutieren:

Gibt es auch in Ihrer Organisation weiße Elefanten und falls ja, warum sprechen Sie nicht darüber?

Hinweise:

Wenn Ihnen der Beitrag gefällt, teilen Sie ihn gerne in Ihrem Netzwerk. Und falls Sie sich für Tipps aus der Praxis interessieren, dann testen Sie unseren beliebten Newsletter mit neuen Beiträgen, Downloads, Empfehlungen und aktuellem Wissen. Vielleicht wird er auch Ihr Lieblings-Newsletter.

[1] The historical background of the white elephant
[2] Ist ein Elefant im Zuge der Schätzung identifiziert, könnte die Methode Slicing the Elephant zum Einsatz kommen.

Der Begriff White Elephant ist vielschichtig und wandelbar, doch sein Kern bleibt gleich: Es geht um Dinge, die mehr belasten als nutzen, aber trotzdem weiterbestehen. Ob als Prinzip, Methode oder Technik – der bewusste Umgang mit weißen Elefanten hilft dabei, Ressourcen zu schonen, Klarheit zu schaffen und mutigere Entscheidungen zu treffen.

Und hier finden Sie ergänzende Informationen aus unserer Rubrik Wissen kompakt:

Wissen kompakt: Wie funktioniert Planning Poker?

Wie funktioniert Planning Poker?

Wissen kompakt: Was ist die Dragon-Dreaming-Methode?

Was ist die Dragon-Dreaming-Methode?

Wissen kompakt: Was ist eine Verlustaversion?

Was ist eine Verlustaversion?