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Verlustaversion

Inhaltsverzeichnis: DefinitionGrundlagenBeispieleStrategien zur ÜberwindungFragen aus der PraxisHinweise

Wissen kompakt: Verlustaversion beschreibt die Tendenz, Verluste stärker zu gewichten als gleich hohe Gewinne. Menschen vermeiden Risiken, um Verluste zu minimieren.

Verlustaversion: Warum Verluste schwerer wiegen als Gewinne

Warum fällt es uns schwer, eine einmal getroffene Entscheidung zu revidieren, auch wenn sie nachweislich falsch ist? Warum halten wir Aktien, die an Wert verlieren, verkaufen sie aber zu früh, wenn sie steigen? Die Antwort liegt in einem tief verwurzelten psychologischen Phänomen: der Verlustaversion.

Verlustaversion ist eines der einflussreichsten Konzepte der Verhaltensökonomie und beschreibt die Tendenz, Verluste stärker zu gewichten als gleich hohe Gewinne. Menschen empfinden den Schmerz eines Verlustes intensiver als die Freude über einen gleich großen Gewinn. Dieses Prinzip beeinflusst unser Verhalten in der Wirtschaft, im Finanzwesen, in der Politik und im Alltag.

Verlustaversion - die Tendenz, Verluste stärker zu gewichten als gleich hohe Gewinne

Der Begriff „Verlustaversion“ wurde erstmals von den Psychologen Daniel Kahneman und Amos Tversky im Rahmen der Prospect Theory (1979) geprägt. [1] Sie fanden heraus, dass Menschen in Entscheidungssituationen unter Unsicherheit Verluste etwa 1,5 bis 2,5 mal stärker wahrnehmen als vergleichbare Gewinne.

Beispiel: Wenn jemand 100 Euro gewinnt, empfindet er Freude. Der Schmerz, 100 Euro zu verlieren, ist jedoch viel intensiver. Diese Verzerrung führt dazu, dass Menschen oft irrationale Entscheidungen treffen, um Verluste zu vermeiden – auch wenn dies langfristig schädlich ist.

Psychologische Grundlagen der Verlustaversion

Die Verlustaversion ist tief in den psychologischen Mechanismen des menschlichen Denkens und Fühlens verankert. Unser Gehirn ist nicht darauf ausgelegt, Gewinne und Verluste rational und objektiv zu bewerten. Stattdessen beeinflussen Emotionen, evolutionäre Anpassungen und kognitive Verzerrungen unsere Entscheidungsfindung.

Warum unser Gehirn Verluste stärker gewichtet als Gewinne

Studien zur Neurobiologie der Verlustaversion zeigen, dass die Amygdala eine zentrale Rolle bei der Verarbeitung von Verlusten spielt. So konnten Nicola Canessa und seine Kollegen in einer Studie zeigen, dass die Amygdala bei der Verarbeitung von Verlusten verstärkt aktiv ist, während der präfrontale Kortex eine hemmende Rolle spielt. [2] Dies bestätigt frühere Forschungsergebnisse über die Rolle der Amygdala bei der Entscheidungsfindung unter Unsicherheit. Diese Reaktion kann zu impulsiven Entscheidungen führen, um Verluste so schnell wie möglich zu vermeiden, auch wenn dies objektiv nicht die beste Wahl ist.

Gleichzeitig ist unser präfrontaler Kortex, der für rationale Überlegungen zuständig ist, weniger involviert, wenn es darum geht, Verluste und Gewinne gegeneinander abzuwägen. Während rationale Entscheidungen eigentlich eine neutrale Bewertung erfordern würden, führt die emotionale Reaktion auf Verluste dazu, dass Menschen eher defensiv handeln, Risiken vermeiden oder irrationale Entscheidungen treffen. [3]

Evolutionäre Erklärungen der Verlustaversion

Verlustaversion ist nicht nur ein psychologisches Phänomen, sondern hat auch evolutionäre Wurzeln. In der Frühzeit der Menschheit konnte der Verlust von Ressourcen, Nahrung oder Schutz schwerwiegende Folgen haben. Wer Verluste vermeiden konnte, hatte einen evolutionären Vorteil. Dieses Prinzip hat sich über Jahrtausende entwickelt und ist auch heute noch tief in unserem Denken verankert.

Ein Beispiel dafür ist der Umgang mit Risiken in der Natur. Unsere Vorfahren, die vorsichtiger waren und sich eher auf den Erhalt von Ressourcen konzentrierten, hatten bessere Überlebenschancen als diejenigen, die ständig Risiken eingingen. Dieses Prinzip spiegelt sich heute in wirtschaftlichen und alltäglichen Entscheidungen wider: Menschen sind eher bereit, einen sicheren, kleinen Gewinn zu akzeptieren, als für eine größere Belohnung ein größeres Risiko einzugehen. Gleichzeitig neigen sie dazu, riskante Entscheidungen zu treffen, wenn es darum geht, Verluste zu vermeiden – selbst wenn diese Entscheidung langfristig schädlich sein könnte. [4]

Soziale Dynamiken der Verlustaversion

Verlustaversion betrifft nicht nur individuelle Entscheidungen, sondern beeinflusst auch unser Verhalten in sozialen Kontexten. Studien zeigen, dass Menschen besonders empfindlich auf den Verlust von sozialem Status reagieren. Der Verlust sozialer Anerkennung kann als ähnlich schmerzhaft empfunden werden wie ein finanzieller Verlust, was sich in neurobiologischen Reaktionen widerspiegelt. [5]

In frühen Gesellschaften konnte der Verlust von Status oder Ressourcen existenzbedrohend sein. Wer in einer Gruppe an Ansehen verlor, konnte geringere Überlebenschancen haben, da Kooperation und gegenseitige Unterstützung überlebenswichtig waren. Diese evolutionären Mechanismen sind bis heute in unserem Verhalten verankert und beeinflussen Entscheidungen in Bereichen wie Hierarchien am Arbeitsplatz, soziale Netzwerke und wirtschaftliche Kooperationen.

Beispiele für Verlustaversion

Verlustaversion tritt in verschiedenen Lebensbereichen auf und beeinflusst zahlreiche Entscheidungen. Hier finden Sie eine kleine Zusammenstellung von Beispielen aus den Bereichen Softwareentwicklung, Unternehmensstrategie, Berufsleben und Karriere, soziale Beziehungen sowie Politik und Gesellschaft:

  • Ein Unternehmen investiert bereits erhebliche Summen in ein Softwareprojekt, das jedoch nicht den gewünschten Erfolg bringt. Trotz deutlicher Anzeichen, dass ein Abbruch und Neustart sinnvoller wäre, hält das Management am Projekt fest, um die bereits getätigten Investitionen nicht zu „verlieren“. Dieses Phänomen wird auch als Sunk-Cost-Fallacy bezeichnet.
  • Ein Unternehmen verwendet eine veraltete Software, die nicht mit modernen Technologien kompatibel ist. Der Umstieg auf eine neue Plattform wird immer wieder hinausgezögert, da die bisherigen Investitionen als „verloren“ angesehen werden.
  • Ein Unternehmen steht vor der Wahl, eine kostengünstige, aber moderne Lösung oder eine bekannte, aber überteuerte Software zu erwerben. Häufig fällt die Wahl auf die überteuerte Variante, weil bereits Erfahrungen mit dem Anbieter vorliegen und Unsicherheit als „möglicher Verlust“ empfunden wird.
  • Ein großes Unternehmen hat die Möglichkeit, in eine innovative, aber riskante Technologie zu investieren, die langfristig hohe Gewinne verspricht. Doch anstatt sich auf die Chance zu konzentrieren, überwiegt die Angst vor einem möglichen Verlust der Investition. Stattdessen entscheidet sich das Management für eine sicherere, aber weniger profitable Alternative, um kein finanzielles Risiko einzugehen. Dies führt dazu, dass Wettbewerber, die das Risiko eingehen, langfristig einen Marktvorteil erzielen.
  • Investoren neigen dazu, verlustreiche Aktien zu lange zu halten, in der Hoffnung, dass sich der Kurs wieder erholt, anstatt Verluste frühzeitig zu begrenzen (Dispositionseffekt).
  • Ein langjähriger Mitarbeiter eines Unternehmens empfindet seine Arbeit als frustrierend und sieht kaum Entwicklungsmöglichkeiten. Dennoch hält er an seiner Position fest, da er bereits viele Jahre in das Unternehmen investiert hat. Der Gedanke, einen Neuanfang zu wagen und sich woanders zu bewerben, erscheint ihm riskant, da er befürchtet, dass seine bisherigen Anstrengungen umsonst gewesen sein könnten. Die Angst vor dem Verlust der investierten Zeit und der etablierten Routinen hält ihn davon ab, sich für eine bessere Alternative zu entscheiden.
  • Ein Angestellter, der seit mehreren Jahren im selben Unternehmen arbeitet, weiß, dass sein Gehalt nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Er würde gerne über eine Gehaltserhöhung sprechen, aber die Angst, von seinem Vorgesetzten als gierig oder illoyal angesehen zu werden, hält ihn davon ab. Statt sich auf die Möglichkeit eines höheren Einkommens zu konzentrieren, überwiegt die Sorge, durch eine negative Reaktion des Chefs an Ansehen zu verlieren oder gar seinen Arbeitsplatz zu gefährden. So bleibt er in seiner Position unterbezahlt, obwohl er objektiv wenig zu verlieren hätte.
  • Ein Mitarbeiter fühlt sich in seinem Team nicht wohl, weil das Arbeitsklima von Konkurrenzdenken und unfairer Behandlung geprägt ist. Dennoch bleibt er in der Gruppe, weil er befürchtet, dass ein Wechsel in ein anderes Team als Eingeständnis von Schwäche gewertet werden könnte. Außerdem befürchtet er, seine bisherigen Netzwerke und seinen erarbeiteten Status in der Gruppe zu verlieren.
  • Ein Paar lebt seit Jahren in einer konfliktreichen Beziehung. Obwohl beide erkennen, dass sie unglücklich sind, kommt es nicht zur Trennung. Die vielen gemeinsam verbrachten Jahre, die emotionalen Investitionen und die gemeinsamen Erinnerungen erzeugen das Gefühl, dass eine Trennung all diese Bemühungen wertlos machen würde. Die Angst vor diesem Verlust überwiegt die Aussicht auf eine glücklichere Zukunft.
  • Eine Regierung erkennt, dass eine umfassende Rentenreform notwendig ist, um die finanzielle Stabilität langfristig zu sichern. Dennoch zögert sie die Umsetzung hinaus, weil sie kurzfristig mit negativen Reaktionen und einem möglichen Verlust an Zustimmung rechnen muss. Die Angst, Wählerstimmen zu verlieren, führt dazu, dass dringend notwendige Maßnahmen aufgeschoben oder ganz vermieden werden.
  • Eine politische Partei, die sich im Wahlkampf befindet, macht ihren Wählern weitreichende Versprechungen, obwohl sie weiß, dass diese finanziell oder strukturell kaum umsetzbar sind. Dennoch hält sie an diesen Versprechungen fest, weil sie befürchtet, dass ein Verzicht Wähler kosten könnte. Nach den Wahlen steht sie dann vor dem Dilemma, entweder die unrealistischen Versprechungen zu brechen oder teure, ineffiziente Maßnahmen umzusetzen, nur um den Eindruck von Kontinuität und Glaubwürdigkeit zu wahren. Dennoch wird die Umsetzung hinausgezögert, da kurzfristig mit negativen Reaktionen und möglicherweise sinkenden Zustimmungswerten gerechnet werden muss.

Diese Beispiele zeigen, dass Verlustaversion ein allgegenwärtiges Phänomen ist, das in nahezu allen Lebensbereichen auftritt. Ob bei wirtschaftlichen Entscheidungen, im Berufsleben, in sozialen Beziehungen oder in der Politik – die Angst vor Verlusten beeinflusst unser Handeln oft stärker als die Aussicht auf mögliche Gewinne.

Strategien zur Überwindung von Verlustaversion

Verlustaversion ist tief in unserer Psyche verwurzelt und hat evolutionäre und soziale Ursachen. Während sie früher ein Überlebensvorteil war, kann sie in der modernen Welt zu irrationalen Entscheidungen führen. Es gibt jedoch Möglichkeiten, diesem Verhalten entgegenzuwirken. Mit bewussten Techniken lassen sich rationale Entscheidungen treffen, die nicht durch übermäßige Verlustangst verzerrt werden.

Bewusstmachung und kognitive Techniken

Der erste Schritt zur Überwindung der Verlustaversion besteht darin, sich bewusst zu machen, dass dieses psychologische Phänomen das eigene Denken beeinflusst. Ein hilfreicher Ansatz ist, Entscheidungen in einer ruhigen Umgebung zu reflektieren und sich zu fragen: Würde ich die gleiche Entscheidung treffen, wenn ich nicht bereits Zeit, Geld oder Emotionen investiert hätte?

Eine bewährte Technik ist die sogenannte „mentale Buchführung“, bei der man sich vorstellt, dass die bisherige Investition irrelevant ist und man die Entscheidung noch einmal treffen müsste. Diese Technik hilft, emotionale Bindungen zu reduzieren und sich auf objektive Faktoren zu konzentrieren.

Eine weitere effektive Methode ist das Reframing, eine bewährte Technik aus der Psychologie. Dabei wird eine Situation aus einer neuen Perspektive betrachtet, um die emotionale Reaktion auf Verluste zu reduzieren. Beispielsweise kann der Verkauf einer unrentablen Investition nicht als Misserfolg, sondern als strategische Anpassung betrachtet werden. Durch diesen Perspektivenwechsel können irrationale Ängste minimiert und rationale Entscheidungen gefördert werden. – Man stellt sich vor, wie sich eine Entscheidung langfristig auswirken könnte und wie groß ein kurzfristiger Verlust wirklich ist. Durch bewusstes rationales Abwägen können emotionale Verzerrungen reduziert werden.

Ein bewährter Ansatz zur Verringerung der Verlustaversion ist die „kognitive Verhaltenstherapie“ (KVT). Diese Methode hilft, irrationale Verlustängste zu hinterfragen und durch realistische Einschätzungen zu ersetzen. In einer typischen KVT-Übung könnte eine Person, die Angst hat, eine verlustreiche Investition zu verkaufen, eine Liste mit logischen Argumenten für und gegen das Festhalten an dieser Investition erstellen. Durch diese bewusste Gegenüberstellung wird deutlich, dass emotionale Ängste oft überbewertet werden.

Eine weitere Methode ist das „exponentielle Denken“, das hilft, sich die langfristigen Folgen von Entscheidungen vor Augen zu führen. Beispielsweise kann eine Person, die Angst vor einer beruflichen Veränderung hat, die mögliche Entwicklung über einen Zeitraum von zehn Jahren betrachten. Indem man sich die positiven langfristigen Folgen einer mutigen Entscheidung vor Augen führt, wird deutlich, dass ein kurzfristiger Verlust oft nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einem langfristigen Erfolg ist. Sie hilft, irrationale Verlustängste zu hinterfragen und durch realistische Einschätzungen zu ersetzen.

Praktische Tipps

Die folgenden Tipps können dabei helfen, die Verlustaversion in verschiedenen Lebensbereichen zu minimieren. Es geht darum, sich bewusst zu machen, wie stark Verlustängste Entscheidungen beeinflussen, um gezielt gegenzusteuern und rationalere Entscheidungen zu treffen.

  • Entscheidungen fallen leichter, wenn sie sich an langfristigen Zielen orientieren und nicht von kurzfristigen Verlustängsten bestimmt werden. Setzen Sie sich daher möglichst klare Ziele.
  • Stellen Sie sich vor, eine Entscheidung geht schief, und analysieren Sie, woran es gelegen haben könnte. Diese Pre-Mortem-Technik ermöglicht es, mögliche Schwachstellen frühzeitig zu erkennen und bewusster auf mögliche Probleme zu reagieren. Irrationale Befürchtungen können so oft entkräftet werden.
  • Aus jedem Fehler kann man lernen. Wer Verluste nicht als endgültiges Scheitern, sondern als Lernprozess begreift, kann sie konstruktiv nutzen und wertvolle Erfahrungen daraus ziehen.
  • Warten Sie mit wichtigen Entscheidungen, bis Sie emotional gefestigt sind. Verlustaversion ist besonders stark, wenn Emotionen im Spiel sind. Rationales Abwägen fällt in einem ruhigen Zustand wesentlich leichter.
  • Versuchen Sie, Ihre Entscheidung aus einer distanzierten Perspektive zu betrachten. Fragen Sie sich, was Sie einer anderen Person in einer vergleichbaren Situation raten würden, um emotionale Verzerrungen zu vermeiden.
  • Beurteilen Sie Entscheidungen auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeiten und langfristigen Auswirkungen, anstatt nach absoluter Sicherheit zu streben. Dies reduziert die Angst vor Verlusten und fördert eine realistische Einschätzung von Chancen.
  • Legen Sie klare Regeln für Ihre Entscheidungen fest, um impulsives Verhalten zu vermeiden. Beispielsweise kann ein festgelegtes Umsatzziel helfen, emotionale Fehlentscheidungen an der Börse zu minimieren. Klare Regeln beugen emotionalen Fehlentscheidungen vor.
  • Beginnen Sie mit kleinen Schritten, wenn Sie Angst vor großen Veränderungen haben. Beispielsweise kann eine berufliche Veränderung zunächst durch einen Nebenjob getestet werden, bevor endgültige Entscheidungen getroffen werden.

Diese Tipps zeigen, dass die Verlustaversion überwunden werden kann, wenn man bewusst, reflektiert und strukturiert an Entscheidungen herangeht. Wer sich regelmäßig mit diesen Techniken auseinandersetzt, kann langfristig lernen, bessere und rationalere Entscheidungen zu treffen.

Fragen aus der Praxis

Hier finden Sie einige Fragen und Antworten aus der Praxis:

Wie kann ich erkennen, ob Verlustaversion meine Entscheidungen beeinflusst?

Viele Menschen sind sich nicht bewusst, dass ihre Entscheidungsprozesse durch Verlustaversion verzerrt sind. Ein deutliches Anzeichen ist, wenn es Ihnen schwer fällt, vergangene Investitionen (sei es Zeit, Geld oder Energie) als „verlorene Kosten“ zu akzeptieren. Stellen Sie sich folgende Fragen: Würde ich die gleiche Entscheidung treffen, wenn ich heute neu anfangen würde? Habe ich mehr Angst vor einem Verlust als vor einem möglichen Gewinn? Wenn ja, ist es wahrscheinlich, dass Verlustaversion eine Rolle spielt.

Warum ist es so schwer, sich von Investitionen zu trennen?

Menschen hängen oft an Entscheidungen, weil sie bereits investiert haben – sei es in alte Projekte, nicht genutzte Abonnements oder gescheiterte Geschäftsstrategien. Dieses Phänomen wird durch die emotionale Bindung an bereits getätigte Investitionen verstärkt. Eine Möglichkeit, sich davon zu befreien, besteht darin, sich auf die zukünftigen Kosten und Vorteile zu konzentrieren, anstatt auf die bereits getätigten Investitionen zurückzublicken. Fragen Sie sich: „Würde ich mich noch einmal für dieses Projekt oder diese Investition entscheiden?“

Wie kann ich Entscheidungen treffen, ohne mich von Verlustängsten leiten zu lassen?

Die Verlustaversion verstärkt sich unter Stress, da das Gehirn in unsicheren Momenten eher impulsiv und risikoscheu reagiert. Eine wirksame Methode ist das Erstellen eines Entscheidungsprozesses: Legen Sie Kriterien fest, nach denen Sie Entscheidungen treffen wollen, und setzen Sie klare Grenzen, z. B. wann Sie eine Investition stoppen oder eine berufliche Veränderung anstreben. Es kann auch hilfreich sein, eine neutrale Perspektive einzunehmen, indem Sie sich zum Beispiel vorstellen, dass Sie die Situation einem Freund oder einer Freundin erklären und diese Person Ihnen einen Rat gibt.

Wer diese Techniken regelmäßig anwendet, kann langfristig lernen, bessere und rationalere Entscheidungen zu treffen.

Impuls zum Diskutieren:

Wie gelingt es in Ihrer Organisation, Verlustaversion sichtbar zu machen?

Hinweise:

[1] Daniel Kahnemann und Amos Tversky: Prospect Theory: An Analysis of Decision under Risk
[2] Nicola Cassena et al.: The functional and structural neural basis of individual differences in loss aversion
[3] Benedetto De Martino et al.: Frames, Biases, and Rational Decision-Making in the Human Brain
[4] E. Yechiam & C. Hochman: Loss-aversion or loss-attention: The impact of losses on cognitive performance
[5] Christoph W. Korn et al.: Positively Biased Processing of Self-Relevant Social Feedback

Die Grafik zeigt eine Wertasymmetrie, bei der der erwartete negativerNutzen (Y2) eines Verlustes intensiver erlebt wird als der erwartete positive Nutzen (Y1) eines absolut gleich großen Gewinns X. Die Wertasymmetrie ergibt sich aus dem Verlauf der Wertfunktion, die im Verlustbereich konvex und im Gewinnbereich konkav verläuft. Verluste und Gewinne werden in der Prospect Theory nicht als absolute Werte, sondern als Veränderungen relativ zu einem Referenzpunkt dargestellt.

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