25/10 Crowdsourcing
Wissen kompakt: 25/10 Crowdsourcing ist eine sogenannte Mikrostruktur der Liberating Structures, die das gemeinsame Sammeln, Sichten und Bewerten von Ideen ermöglicht.
25/10 Crowdsourcing – Top 10 Ideen sammeln
Die Liberating Structures bieten einen Werkzeugkasten mit 33 sogenannten Mikrostrukturen. 25/10 Crowdsourcing¹ ist eine solche Mikrostruktur, die das Sammeln, Sichten und Priorisieren von Ideen einer Gruppe in kurzer Zeit fördert.
Wofür steht 25/10 Crowdsourcing?
- 25 steht für die maximal mögliche Punktzahl bei der Bewertung der Ideen. In fünf Bewertungsrunden können jeweils pro Idee fünf Punkte vergeben werden. 5 x 5 = 25.
- 10 steht für Top 10 und damit für das numerische Ziel, 10 besonders gute Ideen zu identifizieren.
- Und Crowdsourcing bezeichnet die kontextuelle, punktuelle, temporäre und zielgerichtete Interaktion von Unternehmen mit einer großen Menge von Menschen (Crowd) zur Beschaffung von Wissen (Sourcing).
Ablauf beim 25/10 Crowdsourcing
Idealerweise erklärt der Moderator die Regeln und den Ablauf des Vorgehens zu Beginn. Bei Bedarf initiiert er einen Probedurchlauf. Haben alle Teilnehmenden den Ablauf und die Regeln verstanden, kann es losgehen:
- Der Moderator benennt eine konkrete Situation und formuliert eine eindeutige Frage oder Herausforderung. Gesucht werden “kühne” Ideen! Diese kann er bei Bedarf für alle Teilnehmenden der Ideenfindung dauerhaft sichtbar – bspw. an einem Whiteboard – dokumentieren.
- Alle Teilnehmenden erhalten 5 Minuten Zeit, eine kühne Idee und den ersten Schritt zur Umsetzung dieser Idee auf einer Karteikarte zu dokumentieren.
- Nachdem jeder Teilnehmende seine Idee und den ersten Schritt zur Umsetzung niedergeschrieben hat, gibt der Moderator ein Zeichen und die Teilnehmenden beginnen umherzuwandern, die Ideenkarten untereinander auszutauschen und die Ideen leise und für sich durchzulesen. Idealerweise hat jeder Teilnehmende immer nur eine Karte in der Hand, und gibt diese, nachdem er sie gelesen hat, an eine andere Person weiter. Nach ca. 3 Minuten beendet der Moderator das Tauschen, Lesen, Tauschen per Signal.
- Nun bewertet jeder Teilnehmende die Idee auf der Rückseite der Karteikarte. 1 Punkt steht für niedrig, 5 Punkte für hoch.
- Der Moderator läutet die nächste Runde ein und das Tauschen, Lesen, Tauschen beginnt von Neuem, gefolgt von der nächsten Bewertungsrunde. Insgesamt werden so 5 Runden durchgespielt.
- Nach den 5 Runden summiert jeder Teilnehmende die Punkte der Karte, die er gerade in den Händen hält. Und der Moderator startet die Suche nach den Top 10 der Ideen, indem er zuerst fragt: “Wer hat eine 25?”, und anschließend “Wer hat eine 24?” etc.
Tipps zur Durchführung von 25/10 Crowdsourcing
Es gibt einige Tipps, die bei der Durchführung der Mikrostruktur helfen können:
- Suchen Sie besonders “mutige” oder “kühne” Ideen. Durch die Skizzierung des ersten Schrittes zur Umsetzung entsteht automatisch ein natürlicher Realitätsbezug.
- Die Teilnehmenden sollten darauf achten, dass sie nicht zufällig eine Idee mehrfach bewerten. Sollte das der Fall sein, empfiehlt es sich, eine Bewertungsrunde auszusetzen. Folglich kann die entsprechend betroffene Ideenkarte nur noch maximal 20 Punkte erhalten, sodass beim Summieren der Werte zuerst der Durchschnitt der dokumentierten Werte errechnet und dieser anschließend mit 5 multipliziert werden sollte.
- Der Moderator kann den Dialog während der Tauschrunden ermutigen, sodass ein Austausch über einzelne Ideen und die Schritte zur Umsetzung möglich wird. “Wie verstehst Du denn diese Idee?” fördert bspw. das Gespräch über eine konkrete Idee. Idealerweise sollten solche Dialoge möglichst leise erfolgen.
- Der Spaßfaktor beim 25/10 Crowdsourcing lässt sich leicht erhöhen, wenn “lustige” Punktskalen verwendet werden. 1 könnte bspw. für “eher fällt der Mond auf die Erde” und 5 für “dafür gibt es einen Oscar” lauten.
- Das Sammeln der Top 10 ist ein zentrales Ziel, doch auch Ideen außerhalb der Top 10 können wertvollen Input liefern. Hier kann die bewusste Auseinandersetzung mit einzelnen Ideen verborgene Schätze heben. Idealerweise sollten daher alle Ideen in einer definierten Reihenfolge am Whiteboard oder der Pinnwand angebracht werden.
- Das Sammeln der Ideen ist ein erster Schritt. Nach diesem Schritt sollte sich die Teilnehmenden auf die Top 10 konzentrieren und die Schritte zur Umsetzung genauer thematisieren und konkretisieren.
25/10 Crowdsourcing eignet sich als Methode übrigens auch für Bereiche jenseits von Ideation. Es lassen sich bspw. Impediments identifizieren (“Was behindert Dich bei Deinen Tätigkeiten?”), Begeisterungsfaktoren zusammentragen (“Welches Feature müsste unser Produkt haben, damit es jeder haben möchte?”) oder Veränderungen initiieren (“Wenn Du einen Wunsch frei hättest, was würdest Du Dir für oder von unserem Unternehmen wünschen?”).
Kritik an 25/10 Crowdsourcing
Gemeinsam kühne Ideen zu sammeln und zu bewerten, ist sicherlich ein nützliches Unterfangen. Dennoch gibt es einige Punkte an 25/10 Crowdsourcing, die sich als Kritik an der Mikrostruktur verstehen lassen:
- Beim Crowdsourcing geht es an sich die Interaktion eines Unternehmens mit einer großen Menge von unternehmensexternen Menschen (Crowd) zur Beschaffung von Wissen (Sourcing). Sicherlich eignet sich der Ansatz für eine große zweistellige Anzahl an Teilnehmenden, evtl. auch für eine dreistellige Anzahl, aber nicht für mehrere tausende oder gar hunderttausende Teilnehmende. Und auch der Input von außen fehlt, da es sich bei den Teilnehmenden häufig um Firmenmitarbeitende und eben nicht um unternehmensexterne Menschen handelt. Evtl. passt daher der Begriff “Selfsourcing” etwas besser?
- Im Gegensatz zu anderen Methoden der Ideenfindung wie bspw. Brainwriting fehlt das gegenseitige Inspirieren und das Weiterentwickeln von Ideen. Wird eine Idee nicht innerhalb der ersten 5 Minuten skizziert, fällt sie somit unter den Tisch.
- Da die Punktvergabe sukzessive erfolgt, lässt sich nicht ausschließen, dass die Punktvergabe der vorherigen Runden Einfluss auf die aktuelle Punktvergabe nimmt. Ein manchmal empfohlenes “Abdecken” der Bewertungen ist nicht wirklich praxistauglich.
- Der Dialog zwischen den Ideen tauschenden Teilnehmenden ist sicherlich nützlich, ist 25/10 Crowdsourcing aber besser als andere Methoden der Ideenfindung? Vielleicht lassen sich mit 1-2-4-All bessere Ergebnisse erzielen?
- Die Methode selbst bietet keinerlei zusätzliche Hilfestellung bei der Ideenfindung. Andere Methoden wie SCAMPER oder Starbursting unterstützen das Finden von Ideen durch explizites Nachfragen.
Die Meinungen variieren übrigens bei der Einschätzung, ob der Ansatz für introvertierte Menschen vorteilhaft ist. Einerseits erfolgt die Dokumentation und Bewertung in ruhiger, entspannter Atmosphäre, andererseits müssen aber die Schritte zur Umsetzung gemeinsam thematisiert werden. Zudem ist es für manche Menschen nicht einfach, Ideen auf Knopfdruck zu entwickeln oder die Beschäftigung mit Ideen auf Knopfdruck zu beenden. Hier könnte es sinnvoll sein, das Thema bereits im Vorfeld der Ideenfindung zu kommunizieren.
Impuls zum Diskutieren:
Wie sinnvoll ist es, im Zuge einer Ideenfindung kontinuierlich neue Methoden auszuprobieren?
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[1] Crowd Sourcing ist die Schreibweise, die auf der Website der Liberating Structures verwendet wird.
Hier finden Sie ein Video, das ein 25/10 Crowdsourcing mit 80 Teilnehmenden im Zeitraffer zeigt.
Und hier finden Sie ergänzende Informationen aus unserer Rubrik Wissen kompakt: