Zurück zum loyalen Miteinander

Gastbeitrag by | 17.10.2024

Der Begriff “loyal” leitet sich eigentlich vom französischen Wort „legal“ im Sinne von „gesetzestreu“ ab. Treue ist sicher auch heute noch ein wichtiger Aspekt von Loyalität. Weitere Stichworte, die wir mit Loyalität verbinden, sind z.B. Anstand, Aufrichtigkeit, Fairness, Geradlinigkeit, Integrität, Solidarität, Verlässlichkeit. Kurzum: Loyalität bezieht sich auf eine innere Verbundenheit eines Menschen mit anderen Menschen oder mit einer Institution, die idealerweise auf Gegenseitigkeit beruht. Oder anders formuliert: Auf einen loyalen Menschen kann man sich verlassen und ihm vertrauen, weil auch er sich auf sein Gegenüber verlassen und ihm vertrauen kann.

Wie entsteht Loyalität?

Loyalität entsteht in der Regel dann, wenn wir die gleichen Werte und Ansichten teilen und uns gemeinsam für diese einsetzen. Das schweißt zusammen – loyale Menschen gehen gemeinsam durch dick und dünn, unterstützen sich gegenseitig, auch wenn die Ziele nicht hundertprozentig übereinstimmen. Das gilt im privaten Bereich genauso wie im Unternehmen – und hier sowohl zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten, zwischen Mitarbeitenden untereinander als auch zwischen Mitarbeitenden und Kunden.

Wer wirklich loyal zu einem steht, zeigt sich leider oft erst im Ernstfall. Hier offenbart sich der wahre Charakter einer Person. Dies kann der Fall sein, wenn jemand ernsthaft und längerfristig erkrankt oder einen privaten Schicksalsschlag erleiden muss. Von Arbeitgeberseite ist dann Verständnis angebracht, dass die oder der Beschäftigte erst einmal Zeit zum Verarbeiten des Geschehenen braucht und es deshalb vorerst vermutlich zu weniger Leistungsfähigkeit kommt. Wird diese Loyalität entgegengebracht, werden Angestellte das nicht vergessen und sich in der Regel beim Vorgesetzten bzw. beim Unternehmen revanchieren, z.B. indem sie Überstunden leisten oder einen geplanten Urlaub notfalls verschieben.

Wird Loyalität jedoch erwartet und nicht erfüllt, erleben wir das als besonders dramatisch. Ob es sich um unterlassene Hilfeleistung unter Kollegen oder um die Flucht eines wichtigen Teammitglieds in eine neue Stelle handelt, verlässt uns auch noch die Person, auf die wir uns (fälschlicherweise) verlassen haben, ist die Enttäuschung groß und es braucht oft einen langen Zeitraum, um das Geschehene in ein angemessenes Licht zu rücken. Produktivitätseinbußen aufgrund solcher kultureller und sozialer Schäden kosten Organisationen jedes Jahr ein Vermögen.

Nun könnte man meinen, dass die Forderung nach loyalem Verhalten ein Unternehmen vor solchen Situationen schützt, aber Vorsicht: Loyalität kann nicht erzwungen werden, sie ist eine freiwillige Haltung, die sich meist erst nach mehreren positiven Erfahrungen einstellt. Die Forderung nach Loyalität wirkt dagegen kontraproduktiv und wird als Druck, Zwang oder hohle Phrase empfunden – und die Menschen reagieren zunehmend illoyal.

Woran sind loyale Mitarbeitende zu erkennen?

Hier ist es wichtig, genau hinzuschauen. Zwar kann eine lange Betriebszugehörigkeit ein Indiz dafür sein, dass des den Beschäftigten dort gefällt und sie loyal zur Firma und zu den Leuten stehen. Doch das muss es nicht zwangsläufig: Nicht selten richten sich langjährige Angestellte in ihrer Komfortzone ein und machen Dienst nach Vorschrift.

Eindeutige Indikatoren für loyale Mitarbeitende ist das engagierte Verfolgen der Unternehmensziele. Sie bringen sich aktiv ein, blicken über den Tellerrand hinaus und trauen sich, auch unkonventionelle Ideen auszusprechen. Sie reden nach außen hin nie schlecht über ihren Arbeitgeber und verkörpern ein positives Bild der Firma. Sie erledigen ihre Aufgaben motiviert und gewissenhaft und sind bereit, mehr als das Nötigste zu tun.

Wie können Vorgesetzte eine loyale Zusammenarbeit im Team wiederherstellen?

Schwindende Loyalität von Mitarbeitenden kann viele Ursachen haben, so dass pauschale Schuldzuweisungen wie die zunehmende Gier nach Geld oder die undisziplinierte, nicht belastbare junge Generation bei näherer Betrachtung oft nicht haltbar sind. Strukturell lässt sich sicherlich untersuchen, ob Beschäftigte aufgrund mangelnder Perspektiven im eigenen Unternehmen, fehlender Wertschätzung durch Vorgesetzte oder unnötig befristeter Arbeitsverträge ihr Engagement zurückfahren. Grundsätzlich lautet die gute Nachricht: Loyalität kann zurückgewonnen und sogar gesteigert werden. Wie ein solcher Prozess aussehen kann, möchte ich anhand von drei Beispielen verdeutlichen.

Szenario 1: Das Team besteht aus zehn Personen mit unterschiedlichen Nationalitäten und Mentalitäten. Sticheleien, die als Humor getarnt sind, sind an der Tagesordnung. Die Führungskraft ist ratlos, wie sie diesen Haufen wieder “auf Kurs” bringen soll.

In einer gesunden Unternehmenskultur wird Vielfalt als Bereicherung empfunden. Wenn aber Unterschiede dazu führen, dass Minderheiten als auffällig, unerwünscht oder “nicht richtig” wahrgenommen werden, lässt dies an der Gültigkeit der übergeordneten Vision zweifeln. Hier ist es von Seiten der Führung angebracht, mit allen Teammitgliedern den übergeordneten Sinn, die gemeinsame Mission zu entwickeln bzw. zu stärken. Wo ein Wir-Gefühl vorhanden ist, muss niemand befürchten, verdrängt zu werden. Wichtig ist, dass man sich bei der gemeinsamen Erarbeitung der gemeinsamen Mission Zeit nimmt, um festzulegen, welches Teammitglied für welchen Aufgabenbereich bzw. für welche Zielverfolgung vorgesehen werden soll. Jeder sollte das Gefühl haben, seinen rechtmäßigen Platz einzunehmen und etwas Wesentliches zum großen Ganzen beizutragen.

Szenario 2: Eine Führungskraft hat es mit einem 15-köpfigen Team zu tun. Während er sich um das Geschäft kümmert und viel unterwegs ist, verbringt das Team die meiste Zeit unter sich. Wenn der Chef ins Haus kommt, lächeln alle züchtig, aber irgendetwas sagt ihm, dass der friedliche Schein trügt.

Wenn Vorgesetzte für das Team zu wenig präsent und wahrnehmbar sind, bilden sich typischerweise Subkulturen. Damit ist gemeint, dass sich in Abwesenheit des Vorgesetzten eine oder mehrere Personen aus dem Team herausheben und die Zügel in die Hand nehmen. Meistens wird dieses Verhalten von einem Teil des Teams akzeptiert, während sich die anderen gegen diese Selbstermächtigung auflehnen. Aus dem Widerstand entstehen zwei konfliktträchtige Lager. Da sich niemand des Verrats schuldig machen will, wird gegenüber der Führungskraft der Schein eines funktionierenden Teams gewahrt. Um diesen Verdacht aufzudecken, muss die Führungskraft es wagen, in der Teamsitzung eine solche These in den Raum zu stellen. Es ist wichtig, das Offensichtliche offen auszusprechen. „Ich nehme Spannungen wahr und frage mich, wie das Tagesgeschäft unter diesen Bedingungen funktionieren kann.“ Und sie muss die Geduld für eine lange Pause aufbringen, denn die braucht es, bis sich diejenigen, die ein schlechtes Gewissen haben, zu Wort melden. Erst wenn mindestens die Hälfte des Teams eine Verbesserung der Situation wünscht, kann der Missstand behoben werden. Dann gilt es, kommunikative Sackgassen aufzudecken, Zuständigkeiten zu überprüfen und gegebenenfalls die Aufgabenverteilung neu zu definieren. Grundsätzlich gilt: Gelebte Wertschätzung und transparente Kommunikation tragen zur Bindung bei.

Szenario 3: Ein Unternehmen verliert immer wieder Nachwuchsführungskräfte, die sich nach einer etwa zweijährigen Einarbeitungs- und Professionalisierungsphase einen neuen Arbeitgeber suchen. Der Personalverantwortliche ist ratlos und bittet das langjährige Top-Management, die jungen Leute zu halten.

Wenn ambitionierte Nachwuchskräfte das Unternehmen verlassen, sobald sie ihr Anforderungsprofil vollständig ausgefüllt haben und erste Ergebnisse vorweisen können, liegt der Verdacht nahe, dass es ihnen intern an beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten mangelt. Hier wäre zunächst zu prüfen, wie engmaschig Feedbackgespräche mit den direkten Vorgesetzten geführt werden und zu welchen Erkenntnissen diese Gespräche führen. Leider zeigt sich häufig, dass Mitarbeitergespräche sehr stiefmütterlich behandelt werden. Dadurch bleiben wertvolle Informationen, wie z.B. der Wunsch nach – ggf. finanzierter – Weiterbildung, verborgen. Mancherorts ist auch zu prüfen, ob das Top-Management die interne Entwicklung von Nachwuchskräften durch „Deckelung“ aufgrund fehlender Befugnisse verhindert. Nur durch einen regelmäßigen und ehrlichen Dialog können Potenziale langfristig gefördert und damit auch die Mitarbeiterbindung erhöht werden.

Meine Erfahrung zeigt, dass ein gutes Betriebsklima für viele Mitarbeitende wichtiger ist als monetäre Leistungen. Ein faires Betriebsklima hält die Mitarbeitenden im Unternehmen – auch wenn sie anderswo mehr Geld verdienen könnten. Zudem wirkt ein loyales Team in Krisenzeiten ausgleichend und erleichtert die Integration von Neueintretenden massiv. Echte Loyalität gleicht vorhandene Schwächen aus, ermutigt und steigert so die kollektive Stärke. Mit dem erlebten Rückhalt traut man sich, Neues auszuprobieren und über sich hinauszuwachsen. In diesem Maß der Identifikation mit den Menschen und den Zielen des Unternehmens sind wir auch zufriedener, glücklicher und meist auch erfolgreicher.

 

Hinweise:

Wollen Sie die Loyalität in Ihrem Unternehmen fördern, melden Sie sich gerne bei Miriam Engel. Loyalität ist nicht nur ein anziehender Mitarbeitermagnet, sondern auch langfristige Wachstums-Ermöglicherin! Hier finden Sie weitere Informationen und hier können Sie einen virtuellen Termin mit Frau Engel vereinbaren.

Sehr gerne empfehlen wir Ihnen das Buch Besser führen – Mit Haltung und Vertrauen zu Loyalität von Miriam Engel. Mithilfe des Buches erkennen Personalverantwortliche, über welche führungsrelevanten und sozialen Fähigkeiten sie verfügen, um besser auf Kollegen und Mitarbeiter einzugehen, gute Entscheidungen zu treffen und sicher in die Zukunft zu navigieren.

Besser führen

Auch die Tipps und Tools zur Umsetzung loyaler Führung, Bindung von Mitarbeitern und Optimierung der Mitarbeiterkommunikation in, die Miriam Engel in Royal führen – loyal handeln beschreibt, empfehlen wir gerne.

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Miriam Engel hat eine Serie zum Thema Loyalität in Unternehmen im t2informatik Blog veröffentlicht:

t2informatik Blog: Loyalität in Unternehmen - Teil 1

Loyalität in Unternehmen – Teil 1

t2informatik Blog: Loyalität in Unternehmen – Teil 2

Loyalität in Unternehmen – Teil 2

t2informatik Blog: Loyalität in Unternehmen – Teil 3

Loyalität in Unternehmen – Teil 3

Miriam Engel
Miriam Engel

Miriam Engel ist Kommunikationswirtin, Führungstrainerin und zertifizierte Personalentwicklerin. Fokus ihrer Arbeit ist Team- und Kulturentwicklung sowie Mitarbeiterkommunikation. Mit der Managementberatung loyalworks® berät und betreut sie Betriebe, die ihre Mitarbeiter nachhaltig binden und passende Kandidaten fürs Unternehmenswachstum gewinnen wollen. Die Expertin für loyale Führung und Zusammenarbeit bietet Leadership-Programme auch mit IHK-Zertifizierung an.

@Photo: Oliver Hehr