Prompting für Projektleiter: So steigern Sie die Produktivität

Gastbeitrag by | 28.09.2023

In den letzten Jahren hat die Technologiewelt uns zahlreiche Innovationen beschert, aber eine sticht besonders heraus und verdient den Titel des “coolen Gadgets”: ChatGPT. Für all jene, die beim Schritt in die Welt der Künstlichen Intelligenz (KI) noch zögern: Es winken viele Vorteile, doch natürlich gibt es auch Grenzen. Während Projektmanagement immer eine Disziplin bleibt, die viel menschliche Berührung benötigt, kann KI ein Produktivitätsbooster sein. Nachdem ich ausgiebig mit ChatGPT experimentiert habe, ist mir eines klar geworden: Der Schlüssel liegt im Prompt! In diesem Artikel werde ich verschiedene Prompting-Varianten beleuchten, immer im Kontext konkreter Herausforderungen bei der Projektinitiierung.

Was ist eigentlich dieser Prompt?

Bevor wir uns den Anwendungsbeispielen widmen, sollten wir sicherstellen, dass wir alle denselben Begriff im Kopf haben. Ein Prompt ist im Grunde genommen das Ticket in die Welt von ChatGPT. Er ist der Zauberstab, mit dem Sie entscheiden, welche Magie Sie entfesseln möchten. Doch hier kommt der Kniff: Es gilt, den richtigen Dreh herauszufinden, wie Sie diesen Zauberstab effektiv nutzen.

Die Kunst des Prompting ist ein Handwerk. Einige Grundprinzipien für einen wirkungsvollen Prompt sind

  • Klarheit,
  • Fokus und
  • Relevanz.

Mit anderen Worten: Sagen Sie ChatGPT genau, was Sie wollen, und versuchen Sie nicht, es zu verwirren.

Es existieren sowohl simple als auch fortgeschrittene Prompts, und ich werde Ihnen Beispiele vorstellen, die Sie in der Initiierungsphase zukünftiger Projekte einsetzen können. Kommen wir nun zu den ersten praktischen Anwendungen im Projekt.

Projektname gesucht!

Jedes erfolgreiche Projekt startet mit einem prägnanten Namen. Und hier kommt ein simpler Prompt ins Spiel, der Ihrem Projekt den richtigen Schwung von Beginn an verleiht.

Prompt: “Gib mir 10 treffende Projektnamen. Sie sollten kurz und prägnant sein. Hier sind einige zentrale Informationen zum Projekt: Es geht um die Einführung einer neuen Reportinglösung für die Vertriebssteuerung. Die aktuelle Business Intelligence Software-Lizenz läuft bald aus und muss ersetzt werden. Die neue Software steht bereits fest. Zudem sollte die Vertriebssteuerung zukünftig Forecasting-Methoden integrieren.”

Was macht diesen Prompt effektiv? Eine klare Handlungsanweisung: “Gib mir”, gefolgt von gewünschten Eigenschaften “prägnant”, und schließlich ein aussagekräftiger Kontext mit zentralen Informationen.

Jetzt heißt es nur noch: Enter drücken. Und im Nu präsentiert ChatGPT eine Liste von Namen, die direkt in den engeren Kreis der Überlegungen einfließen könnten.

Prompting: Projektname gesucht

Und mit ein wenig gezieltem Feedback kann das Ergebnis noch verfeinert werden.

Prompt: “Mir gefallen besonders die Vorschläge 4, 6 und 8. Basierend auf diesem Feedback, gib mir bitte 10 weitere passende Projektnamen.”

Iteratives Prompting

Durch diese iterative Herangehensweise finden Sie nach mehreren Durchläufen sicherlich Ihren idealen Projektnamen.

Nachdem der perfekte Name feststeht, ist der nächste entscheidende Schritt, Klarheit über den Projektauftrag zu erlangen. Also tauchen wir tiefer in die Details des Auftrags ein.

Eintauchen in den Kopf des Auftraggebers: Die “Agieren als”-Methode

Ein allgemein anerkannter Grundsatz: “Müll rein, Müll raus”. Je präziser Sie einen Prompt formulieren, je klarer Sie den zugrundeliegenden Zweck erläutern und je mehr Kontext Sie beifügen, desto zielführender wird die Antwort von ChatGPT sein.

Nachdem wir einen einfachen Prompt betrachtet haben, wenden wir uns nun einer ausgefeilteren Formel zu, die genau diesen Fokus, Klarheit und Kontext miteinbezieht.

Die Formel im Überblick:

  1. Rolle festlegen: “Ich möchte, dass Du Dich wie ein… (z.B. Endkunde, Geschäftsführer, Unternehmensberater) verhältst.”
  2. Kontext bieten: “Ich informiere Dich über… (z.B. Zielgruppe, Produkt, Projekt).”
  3. Ergebnis definieren: “Bitte verfasse daraufhin… (z.B. einen Maßnahmenplan, Business Case).”
  4. Wichtige Details hervorheben: “Hier die Schlüsselinformationen: … (z.B. Zielgruppe, Budget).”

Diese Herangehensweise können wir als “Agieren als”-Methode bezeichnen. Damit ermöglichen Sie ChatGPT, sich in verschiedene Rollen zu versetzen. Probieren wir das doch einmal in einem Projekt aus! Stellen wir uns vor, wir könnten in den Kopf des Auftraggebers eintauchen. Und das funktioniert so:

Prompt: “Ich möchte, dass du dich als Projektauftraggeberin siehst. Ich werde dir mehr Details zum Projekt geben. Deine Aufgabe ist es, den konkreten Mehrwert des Projekts für die zentralen Beteiligten – Vertriebsaussendienst, Management, Logistik, IT – herauszustellen. Dabei stellst du dir vor, das Projekt wäre bereits erfolgreich abgeschlossen. Woran könnten die Beteiligten die Veränderungen konkret und messbar erkennen?

Hier wesentliche Details zum Projekt, die mir bisher bekannt sind: Es geht um die Einführung einer neuen Reportinglösung für die Vertriebssteuerung. Die aktuelle Business Intelligence Software-Lizenz läuft bald aus und muss ersetzt werden. Die neue Software steht bereits fest. Zudem sollte die Vertriebssteuerung zukünftig Forecasting-Methoden integrieren.”

Eine mögliche Antwort könnte so aussehen:

"Agieren als"-Methode
Die Antworten bieten eine nützliche Perspektive und Denkanstöße, aber sie sollten nicht als endgültige Wahrheit betrachtet werden. Sie bieten Ihnen eine Ausgangsbasis, um gemeinsam mit Ihrer Projektauftraggeberin die Annahmen zu hinterfragen, zu diskutieren und zu präzisieren.

Perspektiven erweitern: Fragen mit ChatGPT generieren

Natürlich erwarten wir von ChatGPT klare Antworten auf unsere Fragen. Manchmal aber öffnet uns eine Frage mehr Türen als eine Antwort. Warum?

Antworten bieten uns oft nur einen oberflächlichen Einblick. Fragen hingegen führen uns zu einem tieferen Verständnis und beleuchten alle Facetten eines Themas oder Problems. Sie ermutigen uns, aktiv Lösungsansätze zu suchen und anzupassen, und sie stärken unsere Eigenverantwortung und Problemlösungsfähigkeit.

ChatGPT ist nicht nur in der Lage, plausibel klingende Antworten zu liefern, sondern kann uns auch durch gezielte Fragen bereichern.

Stellen Sie sich bspw. vor,  Sie dürfen eine Auftragsklärung durchführen und nutzen einen digitalen Projektcoach, der Sie binnen Sekunden mit passenden Fragen für den bevorstehenden Austausch versorgt. Sie benötigen also einen Prompt, der ChatGPT anweist, eine Reihe von reflektierenden Fragen zu generieren:

Prompt: “Agiere als ein Projektcoach. Ich werde dir Details zu meinem Projekt liefern. Deine Aufgabe ist es, reflektierende Fragen zu entwickeln, die mich auf mein Gespräch mit dem Projektauftraggeber vorbereiten. Kategorisiere diese Fragen nach Motivation, Ergebnissen, Beteiligten, Vorgehensweisen sowie zeitlichen und budgetären Rahmenbedingungen.”

Anschließend geben sie ChatGPT spezifische Informationen zu Ihrem Projekt, bspw.: “Einführung einer neuen Reportinglösung für die Vertriebssteuerung; die aktuelle Business Intelligence Software-Lizenz läuft aus; Auswahl einer neuen Software; Integration von Forecasting in die Vertriebssteuerung.”

Und das Ergebnis?

Fragen generieren zur Auftragsklärung

Ausgerüstet mit diesem Arsenal an Fragen können Sie gut vorbereitet in das nächste Gespräch mit Ihrem Auftraggeber gehen.

Prompting zur Ermittlung von Risiken mithilfe einer Pre-Mortem-Analyse

Eines der faszinierenden Merkmale von ChatGPT ist seine Vielseitigkeit als Experimentierfeld. Hier können Sie verschiedenste Methoden und Denkwerkzeuge auf einer Spielwiese anwenden.

Nehmen wir zum Beispiel die Pre-Mortem-Analyse. Ein Pre-Mortem ist eine vorausschauende Rückschau, die Ursachen identifiziert, die zum Scheitern von Projekten oder Entwicklungen beitragen werden. Wie wäre es, wenn wir mithilfe dieser Analyse bereits vor Projektbeginn antizipieren könnten, welche potenziellen Risiken entstehen könnten, um diese frühzeitig in den Blick zu nehmen?

Prompt: “Ich möchte, dass du als Projektberater agierst. Deine Aufgabe ist es, Projektrisiken zu identifizieren. Ich werde dir einige Projektdetails liefern. Stelle dir vor, das Projekt ist gescheitert. Führe eine Pre-Mortem-Analyse durch und benenne Gründe, die zum Scheitern geführt haben. Hier sind einige Eckdaten zum Projekt: Einführung einer neuen Reportinglösung für die Vertriebssteuerung; aktuelle Business Intelligence Software Lizenz läuft aus und soll ersetzt werden; neue Software bereits ausgewählt; die Vertriebssteuerung soll den Einsatz von Forecasting berücksichtigen.”

Nach Eingabe des Prompts könnte die Antwort von ChatGPT wie folgt aussehen:

Pre-Mortem-Analyse

Doch warum hier stoppen? Die erkannten Risiken können direkt in strategische Maßnahmen umgewandelt werden. Und ja, ChatGPT kann formatieren – wie wäre es zum Beispiel mit einer übersichtlichen Tabelle für Ihre Excel-Dokumentation?

Ein Vorschlag hierzu:

Prompt: “Basierend auf den genannten Risiken, erstelle eine Tabelle, die jeweils passende Gegenmaßnahmen zur Risikominimierung aufzeigt.”

Pre-Mortem-Analyse als Tabelle

Die Maßnahmen zu bewerten und durchzuführen, bleibt hier (noch) in der Hand von uns Menschen.

Fazit

Wie hat sich meine Arbeit durch die Integration von ChatGPT verändert? Hat diese Technologie einen echten Mehrwert für das Projektmanagement?

ChatGPT stellt zweifellos eine beeindruckende Innovation im Bereich der künstlichen Intelligenz dar. Die Technologie hat mich nicht nur durch ihre Informationsverarbeitungsfähigkeiten fasziniert, sondern auch durch die unzähligen Anwendungsfälle, in denen sie in Projekten unterstützend wirken kann.

Diese Unterstützung hat sich für mich als wahrer Produktivitätsbooster erwiesen. Mit ChatGPT an meiner Seite kann ich Zeit sparen und mich auf die kritischen Aspekte meiner Projekte konzentrieren. Gelegentlich ermöglicht mir die KI sogar, ein wenig mehr Freizeit zu genießen, was in der heutigen hektischen Arbeitswelt ein wahrer Luxus ist.

Ein entscheidender Faktor, der mir immer wieder auffällt, ist das Prompting. Das Erlernen und Verstehen, wie man ChatGPT effektiv “anstößt” oder auffordert, ist für mich ein wichtiges Entwicklungsfeld, denn das Potenzial, das in diesem Prozess steckt, ist enorm.

„A fool with a tool is an automated fool.“ Technologie mag zwar unterstützen und sogar Automatisierung ermöglichen, meiner Meinung nach ist es aber wichtig, die menschlichen Aspekte nicht zu übersehen. Und das bringt mich zu meinem letzten Punkt: Projektmanagement erfordert eine enorme Menge an menschlicher Intuition, Empathie und Verständnis. Während ChatGPT in vielen Bereichen beeindruckend ist, glaube ich nicht, dass es in absehbarer Zeit die Feinheiten und Nuancen menschlicher Intuition im Projektmanagement ersetzen kann. Und das finde ich auch sehr gut so!

Hinweise:

Wenn Sie mehr über Hung Tieu und Prompting erfahren wollen, dann empfiehlt sich definitiv ein Blick auf seine neue Website: https://projektgpt.de/

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Dies ist ein Best of Blog 2023 Beitrag. Hier können sie die besten Beiträge aus 2023 herunterladen.

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Hung Tieu hat einen weiteren Beitrag im t2informatik Blog veröffentlicht:

t2informatik Blog: Rumms! Schulbus trifft Projektmanager

Rumms! Schulbus trifft Projektmanager

Hung Tieu
Hung Tieu

Hung Tieu verfügt über mehr als 15 Jahre Projekterfahrung als Projektmanager in unterschiedlichsten Projekten.  In seiner Arbeit kann er auf einen großen Schatz an klassischen und agilen Methoden im Bereich Strategieumsetzung und Projektmanagement zurückgreifen. Heute unterstützt er als Berater, Trainer und Coach, Menschen dabei, jenseits von Tools und Checklisten ihre Projekte mit mehr Klarheit, Gelassenheit und Verbundenheit zu meistern.