Positionierung für Selbstständige
Positionierung für Selbstständige kann ganz einfach funktionieren, wenn man es richtig anstellt und mit der richtigen Frage beginnt. Ich habe eine Theorie dazu entwickelt. Diese Theorie bedient sich Wertschöpfungsketten, einem Begriff aus der Betriebswirtschaftslehre. Da dieser Begriff und die Theorie dazu aber etwas sperrig sind, möchte ich zunächst mit einem anderen Bild beginnen.
Bühne frei für Petra I
Petra ist selbstständig. Heute darf Petra ihre Leistungen auf einer Bühne präsentieren. Sie hofft auf neue Kunden und Aufträge, denn so richtig toll läuft das Geschäft noch nicht. Petra hat Lampenfieber vor dem großen Auftritt, aber auch eine große Leidenschaft, eine große Motivation für das Thema, welches sie gleich präsentieren wird. Sie brennt für ihr Thema. Der Vorhang öffnet sich, Petra tritt ins Spotlight. Sie hält einen spannenden, einen tollen Vortrag. Sie kann ihre Zuhörenden abholen und mitnehmen.
Petra hat eine tolle Geschichte erzählt, die Menschen sind begeistert. Petra bekommt viel Applaus. Auch nach ihrem Vortrag, bei Kaffee und Kuchen, kann Petra spannende Gespräche führen. Die Menschen sind begeistert von dem was Petra zu sagen hat.
Aber keiner kauft.
Am Ende fährt Petra enttäuscht nach Hause. Sie hat viel Begeisterung entfacht, tolle Gespräche geführt, aber keinen Umsatz, keinen Kunde gewonnen.
Was ging schief?
Petra hat eine Personal Brand entwickelt. Sie steht für etwas. Sie hat genau geklärt, was ihr Warum ist, worum sie sich selbstständig gemacht hat und hat diese Geschichte glaubhaft präsentiert. Sie konnte tatsächlich viele Menschen von ihrer Idee begeistern.
Warum nur hat sie trotzdem nichts verkauft?
Sie hatte kein Produkt, kein Angebot, kein Portfolio.
Sie hatte gehofft, dass die Menschen nachfragen würden, was Petra für sie tun kann und dass sie dann in individuellen Gesprächen und umfangreichen Prozessen individuelle Angebote erstellen könnte. Dafür haben die Menschen aber keine Zeit. Sie müssen sehr schnell verstehen was Petra im Portfolio hat, sie wollen schnell und präzise einschätzen können, ob ihnen dieses Angebot etwas nützt oder nicht.
Das hat Petra nun erkannt.
Sie muss ihr Angebot klar definieren.
Und nun kommen die Wertschöpfungsketten ins Spiel.
Wertschöpfungsketten und Produkte
Betriebswirtschaftliche Wertschöpfungsketten sind ein umfangreiches und spannendes Thema. Sogar ein Nobelpreis wurde für ihre Erforschung schon vergeben. Nun möchte ich Sie nicht in die tiefe Theorie entführen, sondern nur eine entscheidende Message herausarbeiten:
Die entscheidende Message liegt am Anfang und am Ende einer wertschöpfenden Einheit, beispielsweise eines Unternehmens, einer Fabrik, aber eben auch einer jeden einzelnen Selbstständigkeit.
Am Ende der Wertschöpfungskette ist das das Produkt. Das kann ein Sach- aber auch ein Dienstleistungsprodukt sein. Ist dieses Produkt nicht definiert oder nicht klar genug herausgearbeitet, reißt die Wertschöpfungskette, dann findet sich kein Abnehmer fürs Angebot und letztendlich scheitert das Unternehmen oder die Selbstständigkeit.
In meiner Arbeit habe ich viele Petras kennengelernt. Unternehmerinnen und Unternehmer, Selbstständige, die für ihr Thema brannten und begeistert waren von dem, was sie tun möchten. Leider ohne Erfolg am Markt, ohne Erfolg bei ihrer Zielgruppe. Ich konnte ihnen helfen. Mit der Idee der Produkte, mit den Bindegliedern der Wertschöpfungsketten, wurde das entscheidende Element eingebaut, welches den Unterschied machte.
Wie funktioniert das?
Produkte und Ressourcen
Nach meiner Erfahrung ist es am besten, wenn die Produkte aus den Fertigkeiten und Fähigkeiten der Menschen oder Teams abgeleitet werden, die selbstständig arbeiten oder ein Unternehmen repräsentieren.
Nehmen wir Petra. Es geht darum, ihre Fertigkeiten und Fähigkeiten, ihre Skills, die Dinge herauszuarbeiten, die Petra am meisten motivieren zu arbeiten, in Produkte zu wandeln. Der Dreh- und Angelpunkt für Petras Positionierung und Business ist nicht ihre Personal Brand, sondern die Produkte, die Petra ihren Kunden anzubieten hat.
Gerade in unserer sich immer stärker entwickelnden Dienstleistungsgesellschaft ist es wichtig, die Dienstleistungen zu produktisieren. Den Kunden muss ohne Mühe klar werden, was angeboten wird.
Oftmals können bei Dienstleistungen mehrere Produkte, die nebeneinander oder übereinander angeordnet sind, ein Dienstleistungsportfolio ergeben. Somit lassen sich auch günstigere Einstiegsprodukte definieren, die in die Welt der jeweiligen Dienstleistungsportfolios einladen.
So habe ich mich mit Petra zu einem kurzen und intensiven Prozess getroffen. Ich fragte Petra nach den Tätigkeiten, die sie in ihrer Selbstständigkeit gern machen möchte. Die konkrete Frage war:
„WAS möchtest du gern tun?“
Petra hat sich im Prozess mehrere Szenarien vorgestellt, die sie in ihrer Selbstständigkeit gern durchführen würde. Sie hat diese Tätigkeiten und die Themen, die sie bearbeiten möchte, aufgeschrieben. In einem definierten Prozess wurden aus diesen Wörtern und Wortgruppen Produkte und ein Produktportfolio abgeleitet.
Dieses Portfolio war fortan die Basis der Positionierung und der Kommunikation von Petra mit ihrer Zielgruppe, mit ihren potenziellen Kunden. Durch das definierte Portfolio war es dem Kunden schnell klar, was Petra eigentlich anbietet. Nicht jedem Gesprächspartner interessiert das, was Petra anzubieten hat. Von denjenigen Menschen aber, für die Petras Angebote interessant waren, kamen Abschlüsse, kamen Umsätze, kam das Business in Fahrt.
Gemäß der Wertschöpfungskette ist das Produkt das Bindeglied zwischen dem Anbieter und dem Konsumenten des Produktes. Ohne dieses Bindeglied funktioniert das Business nicht. Das Definieren der Produkte ist daher der Dreh- und Angelpunkt des Business. So war es auch bei Petra.
Attribute der Produkte
An die definierten Produkte, an diesen Anker, konnten dann alle weiteren Attribute, die zusätzlich ein Produkt auszeichnen und charakterisieren, angefügt werden. So hatte Petra nicht nur Klarheit über ihre Produkte und ihr Portfolio, sie hatte nicht nur klar definiert, was sie anbietet, sondern sie konnte auch alle anderen Attribute an dieser klar definierten Produkte anfügen. So konnte sie beispielsweise deutlich definieren, wem sie diese Produkte anbietet, was diese Produkte kosten sollen, welchen Nutzen diese Produkte für ihre Kunden haben, auf welchen Märkten und Plattformen sie diese Produkte anbieten möchte, welche Landingpage für welches Produkt entwickelt werden soll, wie das Social Media Profil angepasst werden soll, um dieses Portfolio auch zu unterstützen und so weiter und so fort.
Durch die Klarheit des Produktportfolios konnte Petra nicht nur klar und deutlich mit ihren Kunden kommunizieren und erste Abschlüsse erzielen. Sie konnte auch ihre Werbepartner präzise briefen, sodass diese die Website, den Social Media Auftritt und andere Aktivitäten in Marketing und Vertrieb perfekt platzieren und positionieren konnten.
Dadurch lief das Business von Petra an.
Bühne frei für Petra II – inklusive Positionierung
Monate später steht Petra wieder auf der Bühne. Es ist genau wie beim ersten Mal, aber es gibt einen entscheidenden Unterschied: Bereits im Vortrag kann Petra ihre Produkte benennen und im Anschluss kann Petra an ihrem kleinen Messestand ihre Produktbroschüren verteilen. Es gibt immer noch spannende Gespräche mit Kunden zu den Themen von Petra, aber nun über die Produkte, über das WAS man bei Petra kaufen kann, was es kostet, welche Lieferzeiten es gibt und so weiter. Dadurch konnten bei diesem Kongress eine Menge neuer Kunden akquiriert werden. Dieser Kongress hat das Business von Petra vorangebracht, nicht nur ihre Personal Brand gestärkt.
Wer von Petra lernen möchte, definiert als Selbstständiger daher zuerst seine Produkte, sein Angebot, sein Portfolio. Klärt zuerst die Frage nach dem WAS. Die zweite zu beantwortende Frage ist die Frage nach der Zielgruppe, die Frage nach dem WER.
Produkte und Zielgruppe(n)
Wer eine saubere Positionierung und ein sauberes Portfolio erarbeitet hat und nun ein oder mehrere Zielgruppen definiert, hat einen weiteren Vorteil durch diese Methodik:
Es lässt sich eine Produkt-Zielgruppenmatrix entwickeln. Als Zeilen werden alle Angebote angetragen. Alle potenziellen Zielgruppen, und es ist fast immer mehr als eine, werden als Spalte markiert. Jeder Schnittpunkt zwischen einem Produkt und einer potenziellen Zielgruppe stellt eine mögliche Marketingaktion dar. In den Schnittpunkten kann nun priorisiert werden. Petra kann sich überlegen bei wem sie welches Produkt mit welcher Priorität anbieten möchte. Hieraus lassen sich Werbekampagnen ableiten, Landingpages entwickeln, Social Media Marketingkampagnen definieren und vieles weitere mehr.
In einem sehr klaren, sehr strukturieren und sehr zielgerichteten Prozess kann Petra ausprobieren, welches ihrer Produkte bei welcher ihrer Zielgruppe am besten funktioniert. Davon macht sie mehr und so kann das Geschäft wachsen und erblühen.
Wenn Sie in die Selbstständigkeit starten wollen, starten Sie mit dem WAS.
Wenn Sie in der Selbstständigkeit sind und Ihr Business funktioniert nicht so wie Sie es wünschen, definieren Sie Ihr WAS präzise nach.
Sie werden feststellen, es wird besser funktionieren.
Profitieren Sie von den Erfahrungen von Petra.
Hinweise:
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Heiko Rössel hat im t2informatik Blog einen weiteren Beitrag veröffentlicht:
Heiko Rössel
Heiko Rössel ist Unternehmer und systemischer Unternehmensberater. Sein Schwerpunkt ist die Produktisierung von Dienstleistungen und Services und die Positionierung. Er ist Dozent für Servicemanagement an der HTW in Aalen. Durch seine Vita kombiniert Rössel Theorie, Methodik und Erfahrung.