Loyalität in Unternehmen – Teil 3

Gastbeitrag von | 02.03.2023

Mehr Veränderungsbereitschaft durch Loyalität

Wenn wir uns die Frage stellen, welche übergeordneten Muster des Problemlösens in der Vergangenheit in Unternehmen erfolgreich waren, kommen wir schnell auf typischerweise vorliegende Mechanismen wie Planung, Steuerung, Kontrolle und Sandardisierung.

Da Management in einer Krise nur teilweise gelingt, hilft ein Blick in die Entscheidungshistorie in Bezug auf drei zentrale Begriffe:

  • Risiko,
  • Unsicherheit und
  • Ungewissheit.

Während sie alltagssprachlich oft synonym verwendet werden, ist insbesondere die Abgrenzung zur Ungewissheit wichtig.

Ein Risiko liegt dann vor, wenn die Wahrscheinlichkeit bekannt ist, mit der ein bestimmtes Ereignis eintritt. Ist diese Wahrscheinlichkeit nicht bekannt, sollte es aber sein, wird von Unsicherheit gesprochen. In dem Maß, in dem es durch Analysen, Tests und Modelle gelingt, Risiken einigermaßen genau abzuschätzen, können Unsicherheiten in Risiken „verwandelt“ werden. In Situationen, die durch Risiken und Unsicherheiten gekennzeichnet sind, kann durch den Einsatz des klassischen Instrumentariums mit einer berechtigten Hoffnung auf Erfolg gearbeitet werden.

Anders verhält es sich jedoch, wenn Ungewissheit im Spiel ist. In diesem Fall sind die Art der möglichen Ergebnisse und folglich auch deren Eintrittswahrscheinlichkeiten unbekannt. Ungewissheit entsteht immer dann, wenn Komplexität im Spiel ist und Kausalitäten weder berechnet noch überhaupt verstanden werden können. Es zeigt sich häufig, dass Maßnahmen, von denen man sich Klarheit und Sicherheit verspricht, neue Ungewissheiten in anderen Bereichen erzeugen, die man im Vorfeld so nicht im Blick hatte. Das wiederum verdeutlicht umso mehr, dass jeglicher Versuch, durch Planung, Steuerung, Kontrolle und Standards Sicherheit zu erlangen, im Bereich der Ungewissheit scheitern muss. Für die Führung ergibt sich daraus ein klares Resultat: Wir müssen lernen, Verantwortung für Nicht-Beantwortbares zu übernehmen.

Sabine ist es leid. Erst musste sie sich über etliche Umwege ihre Position erkämpfen und nun das! Die wirtschaftliche Situation ihrer Firma ist seit 2020 in Schieflage geraten. Mut und neue Ideen allein reichen nicht mehr aus. Was sie auch tut, aktuell scheint es keinen Lösungsweg zu geben, das Ruder herumzureißen. Immer mehr Stunden verbringt sie vor ihren KPI’s, verstärkt das Controlling und zieht sich aus dem Tagesgeschäft heraus, um sich auf die Zahlen zu konzentrieren.

Ungünstiges Vorgehen: Isolation und einsame Entscheidungen, fehlende Kommunikation.

Aussichtsreicheres Vorgehen: Klare und rechtzeitige Kommunikation, Teamrunde und Einbeziehung, Brainstorming und Design Thinking, Fazit mit klaren Handlungsplänen und Lösungs-Experimenten „auf Sicht“, regelmäßige Überprüfung/Anpassung.

Neue Perspektiven durch Experimente gewinnen

Ein gangbarer Weg, Antworten für Unbeantwortbares zu testen, sind Experimente. Denn ihr Ziel ist es gerade, bekannte und bisher ungestellte Fragen neu zu beantworten. Mittels Experimenten können wir heraustreten, neue Perspektiven einnehmen, uns irritieren lassen, Dialoge führen, das eigene Tun auf den Prüfstand stellen. Bis zu einem gewissen Grad werden sie also bewusst so gestaltet, dass Räume der Ungewissheit entstehen.

Nachweisbar ist, dass Organisationen, die im Experimentieren geübt sind, sich leichter auf überraschende Herausforderungen einstellen können und somit schneller Krisenlösungsmodelle finden.

Experimente

  • sind zwingend ergebnisoffen – ansonsten handelt es sich um Projekte.
  • trainieren die Ungewissheit – und sorgen so für die Entwicklung von Krisentauglichkeit.
  • starten im kleinen Rahmen.
  • haben mit dem regulären Unternehmenszweck zu tun.
  • werden nicht aufgezwungen, sondern sind gemeinschaftlich entschiedene Versuchsplattformen.
  • erfordern hohe Verbindlichkeit.
  • erhöhen bewusst die Komplexität – denn in der Ungewissheit lässt sich nichts „wegrechnen“.
  • beginnen immer mit einer Hypothese.

 

Auch die Haltung als Führungskraft ist Training

Auch Haltungen können experimentell geübt werden. Stellen Sie sich eine Frage und beantworten Sie diese aus den vorgestellten sechs Haltungen heraus.

Welche Sichtweisen fallen Ihnen leicht, welche schwer? Diese Übung ist auch im Team mit verteilten Rollen möglich und kann mit verschiedenen Fragestellungen durchgegangen werden.

Zum Beispiel:

  • Person A denkt nur an sich,
  • Person B bezieht sich auf die Vergangenheit, Ordnung und Disziplin,
  • Person C hat nur die Zahlen im Blick,
  • Person D schaut, ob auch alle Mitarbeiter mitgenommen und gefördert werden,
  • Person E fokussiert die längerfristige Perspektive und die Werte, die man leben will, und
  • Person F hat die Rolle, alle Interessen zu integrieren und gleichzeitig auf die Sinnhaftigkeit des gemeinsamen Wirkens zu achten.

Führen Sie Übung alleine durch, kann es erhellend sein, mit zwei Vorstellungen zu arbeiten: „Stellen Sie sich vor, beides ist richtig.“ Oder: „Stellen Sie sich vor, Sie wären der andere, argumentieren aus seinem Lebenssystem heraus, und verstehen, warum er aus seiner Sicht auch recht hat.“ Dieses Vorgehen eignet sich bei Konflikten sehr gut, um den eigenen Horizont und das persönliche Repertoire zu erweitern.

Michael hat es satt. Auf jede Neuerung wird mit Gemeckere reagiert, aus irgendeiner Ecke kommt immer Stunk. So viel will er bewegen, so viele Ideen bringt er ein – und am Ende scheitert jedes neue Vorgehen an der Unlust und Unbeweglichkeit einzelner Mitarbeiter, die alles wollen, nur keine Veränderung. Am liebsten würde er den ganzen Laden stehen lassen und abhauen. Er hat einfach keine Kraft mehr für immer neue Anläufe.

Ungünstiges Verhalten: Neue Vorhaben schon im Vorfeld „“zerreden“ lassen, endlose Diskussionen ohne wegweisenden Ausgang, wichtige Entscheidungen delegieren.

Aussichtsreicheres Verhalten: Drei Lösungsrichtungen vordefinieren und im Team weiterdenken, gemeinsame Experimente wagen, alle einbeziehen und Aufgaben verteilen.

Sind Führungskräfte nicht kongruent, spüren Mitarbeiter das meist sehr schnell. Die Folge ist Unsicherheit und das Vertrauen schwindet. Als Zeichen von Misstrauen werden dann vorgegebene Richtungen angezweifelt, Anweisungen nicht mehr befolgt und Strategien grundsätzlich infrage gestellt. Misstrauen ist also die wesentliche Ursache, wenn Mitarbeiter ihr Engagement und damit ihre Leistung zurückfahren, wenn sie das Betriebsklima belasten, innerlich kündigen und infolgedessen die Produktivität der gesamten Geschäftseinheit nachlässt.

Wenn diese Situation erreicht ist, geraten Führungskräfte ins Straucheln: Denn wo Vertrauen fehlt, nimmt ihr Einfluss ab. Wird in einem solchen Moment auf Kontrolle zurückgegriffen, um die eigene Unsicherheit zu überspielen – und nicht etwa dafür, Vertrauen und Einfluss wiederherzustellen, wird die Unternehmenskultur besonders stark belastet.

Loyale Führungspersönlichkeiten brauchen folgende Eigenschaften:

  • Kongruenz im Reden und Handeln,
  • Überzeugungskraft,
  • Glaubwürdigkeit und
  • Vertrauenswürdigkeit.

 

Einfluss der Führungskraft auf die Mitarbeiterloyalität

Die direkte Beziehung zwischen dem Mitarbeiter und seiner Führungskraft spielt eine wesentliche Rolle in der Bindung von Mitarbeitern. Viele Mitarbeiter zeigen Loyalität gegenüber ihrem Unternehmen, gerade weil sie von positivem Führungsverhalten beeindruckt sind. Andersherum schreckt mangelhaftes Führungsverhalten ab. Vor diesem Hintergrund sind Unternehmen stärker denn je auf Führungspersönlichkeiten angewiesen, die auf ihre Mitarbeiter motivierend wirken und die Gefühle der Mitarbeiter positiv beeinflussen.

Bei unserer Untersuchung wurde Loyalität hinsichtlich der Beeinflussung der Mitarbeiter durch Maßnahmen, Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen der Führungskraft geprüft. Dabei stellte sich heraus, dass nicht nur der Führungsstil entscheidend ist, um Mitarbeiterloyalität zu fördern. Genauso ausschlaggebend sind die individuelle, persönliche Ebene und der Austausch zwischen der Führungskraft und ihrem Mitarbeiter. Auch indem sie ihre eigene Verbundenheit gegenüber dem Unternehmen demonstrieren, erhalten Führungskräfte Loyalität von ihren Mitarbeitern zurück.

Damit Unternehmen langfristige Erfolge aufweisen können, sollte Führung authentisch, also in ihrem Reden und Handeln kongruent, sein. Authentische Führungskräfte verfügen über eine ausgeprägte Selbstwahrnehmung sowie ein reflektiertes Bewusstsein für ihr eigenes Verhalten. Darüber hinaus fokussieren authentische Führungskräfte die Stärken ihrer Mitarbeiter und bemühen sich um eine unterstützende Arbeitsatmosphäre, welche sowohl zu zufriedenen Mitarbeitern als auch zu einer höheren Leistungsfähigkeit führt. Dieser loyale Führungsstil hat positive Auswirkungen auf die Einstellung der Mitarbeiter, da zuerst die Motivation und Zufriedenheit auf Mitarbeiterseite gefördert werden, so dass Loyalität entsteht.

Während sich zahlreiche Mitarbeiterbindungsinstrumente auf diejenigen Faktoren konzentrieren, die ursächlich für das Verlassen des Unternehmens sind, untersuchen und empfehlen wir Maßnahmen, die zu Loyalität führen.

Schon 2014 hat die Boston Consulting Group auf die Frage „Was macht Sie glücklich bei der Arbeit?“ diese Top-4-Faktoren herausgefunden:

  • Wertschätzung für meine Arbeit,
  • gute Beziehung zu meinen Kollegen,
  • gute Work-Life-Balance und
  • gute Beziehung zu meinem Vorgesetzten.

 

Der loyale Umgang mit Stärken und Schwächen

Das Kennenlernen der eigenen Charakterstärken, Fähigkeiten und Fertigkeiten ist ein wichtiger Aspekt auf dem Weg der Selbsterkenntnis – und doch erst der erste Schritt. So geht es fortan darum, die identifizierten Stärken durch ihren bewussten Einsatz zum Leben zu erwecken. Hierfür gibt es ganze Bandbreite an evidenzbasierten Methoden, wobei ich Einteilungen in Kategorien eher für schwierig halte und Verfahren bevorzuge, die die Ausprägung verschiedener Eigenschaften gemessen an möglichen Polaritäten sichtbar machen – und nicht etwa in „gut“ oder „schlecht“ einteilen.

Liegt die Stärkentypologie aller Mitglieder eines Teams vor, kann das Potenzial der Gruppe besonders Erfolg versprechend eingeschätzt werden. Aus Sicht der Führungskraft ist es wichtig, den Aufgabenbereich eines Mitarbeiters langsam aber sicher so anzupassen, dass er mehr und mehr Zeit mit Tätigkeiten verbringt, die seinen Stärken entsprechen.

Hinsichtlich Teamentwicklung ist wichtig zu beachten, dass sich Menschen mit ähnlichen Stärkenprofilen auf Anhieb sympathischer sind, weil sie auf einer Wellenlänge schwimmen. Im Sinn einer möglichst umfassenden Perspektive auf Themen und Projekte ist es allerdings förderlich, wenn Vertreter unterschiedlicher Stärken einbezogen werden. Auch wenn ein solches Team kommunikativ eines höheren Einsatzes bedarf, wird sich dieser auf vielfältige Weise für das Unternehmen auszahlen.

Nicht immer ist es gewünscht oder möglich, dass Mitarbeiterpotenziale analysiert und Stärken identifiziert werden. Das heißt jedoch nicht, dass Führungskräfte deshalb im Dunkeln tappen müssen.

Folgende Impulse können Ihnen helfen, die Stärken Ihrer Mitarbeiter ganz ohne Test und Tools zu erkennen:

  • Achten Sie darauf, welche Aufgaben Ihre Mitarbeiter freiwillig übernehmen. Wer hilft wem bei ungelösten Problemen, in welchen Themengebieten? Wer sprüht vor Ideen und strengt neue Lösungen an? Dort, wo sich Menschen aus eigenem Antrieb – auch jenseits des eigenen Aufgabenprofils – einbringen, tun sie das häufig, um Stärken auszuleben, die in ihrem normalen Aufgabenfeld nicht regelmäßig abgerufen werden. Nutzen Sie die Kenntnis darüber, um mehr solcher Aufgaben in das Rollenprofil Ihres Mitarbeiters zu integrieren.
  • Erweitern Sie Ihr Gespür dafür, wenn ein Mitarbeiter sich deutlich schneller als alle anderen eine neue Fähigkeit aneignet. Hier scheint fruchtbarer Boden für bestimmte Kenntnisse vorzuliegen. Talente eröffnen sich nicht nur im Kindesalter. Wenn Sie so etwas beobachten, ist es wertvoll zu überlegen, wie sich mehr von den entsprechenden Tätigkeiten im Wirkungsfeld Ihres Mitarbeiters einpassen lässt.
  • Werden Sie aufmerksam, wenn ein Mitarbeiter in einem bestimmten Aufgabenfeld kontinuierlich überdurchschnittliche Leistungen erbringt – und denken Sie darüber nach, wie sich dieser Bereich ausbauen lässt. Oft nehmen Führungskräfte exzellente Leistungen einfach so hin. Doch bevor fehlende Anerkennung zur Reduktion dessen Leistung führen könnte, sollte an dieser Stelle überlegt werden, wie der Mitarbeiter noch weiter in diese Richtung wachsen kann.

 

Hinweise:

Das war der dritte und letzte Teil der Serie zu „Loyalität in Unternehmen“. In Teil 1 ging es um verschiedene Formen der Loyalität und ihre Bedeutung für Unternehmen bei Themen wie Führung oder Kommunikation, in Teil 2 um die Erschaffung einer loyale Unternehmenskultur.

Hier finden Sie die beiden anderen Teile der Serie und einen weiteren Beitrag von Miriam Engel:

t2informatik Blog: Loyalität in Unternehmen - Teil 1

Loyalität in Unternehmen – Teil 1

t2informatik Blog: Loyalität in Unternehmen – Teil 2

Loyalität in Unternehmen – Teil 2

t2informatik Blog: Schlüssige Wege zur Personalentwicklung

Schlüssige Wege zur Personalentwicklung

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Miriam Engel
Miriam Engel

Miriam Engel ist Kommunikationswirtin, Führungstrainerin und zertifizierte Personalentwicklerin. Fokus ihrer Arbeit ist Team- und Kulturentwicklung sowie Mitarbeiterkommunikation. Mit der Managementberatung loyalworks® berät und betreut sie Betriebe, die ihre Mitarbeiter nachhaltig binden und passende Kandidaten fürs Unternehmenswachstum gewinnen wollen. Die Expertin für loyale Führung und Zusammenarbeit bietet Leadership-Programme auch mit IHK-Zertifizierung an.

@Photo: Oliver Hehr