Impulse für Organisationen – Teil 4

von | 03.08.2023

Als Social-Media-Nutzer stoße ich auf zahlreiche Impulse von Fachleuten, die unterschiedliche Themen innerhalb von Organisationen adressieren oder Aspekte der Arbeit erörtern. Gerne möchte ich wieder einzelne Impulse hier im t2informatik Blog „ins Schaufenster stellen“. Dieses Mal geht es um Innovationen, die Sehnsucht nach Leadership und die Wirkung von Boni.

Los geht’s mit den Impulsen!

Jeroen Kraaijenbrink¹:

Vier Arten von Innovationen

Jede Organisation muss innovativ sein. Aber welcher Art von Innovation sollte man den Vorrang geben? Diese einfache Matrix mit vier Arten von Innovation kann helfen.

Vier Arten von Innovationen

Innovation bedeutet im Grunde die Einführung von etwas Neuem („nova“). Dieses „Neue“ kann alles Mögliche sein, und genau da beginnt das Problem. Und zwar auf zwei Arten.

  • Erstens durch eine Überbetonung der Produkt- (oder Dienstleistungs-)Innovation, wobei anderen Arten von Innovation nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird.
  • Zweitens durch die Überforderung mit all den Innovationsmöglichkeiten, die es gibt.

Um beide Probleme gleichzeitig zu lösen, ist es hilfreich, sich Klarheit darüber zu verschaffen, welche Arten von Innovation es gibt. Zu diesem Zweck habe ich diese einfache 2×2-Matrix erstellt, die meiner Meinung nach die vier wichtigsten Innovationstypen für jedes Unternehmen enthält.

Lassen Sie mich zunächst die beiden Achsen erklären:

Die erste ist die Achse nach innen und außen. Nach außen gerichtete Innovationen sind solche, die hauptsächlich auf den Markt abzielen, um etwas Neues für die Kunden zu schaffen. Nach innen gerichtete Innovationen sind dagegen Innovationen, die die Organisation selbst betreffen.

Auf der zweiten Achse sind betriebliche Innovationen in der Regel recht technisch und greifbar und konzentrieren sich auf die praktische Arbeit und den Output. Strategische Innovationen hingegen beziehen sich darauf, wie die Organisation insgesamt funktioniert und wie sie Werte schafft.

Dies führt zu den folgenden vier Arten von Innovationen:

  1. Produktinnovation. Die bekannteste Art der Innovation, bei der die Produkte und/oder Dienstleistungen einer Organisation verändert, verbessert, erneuert oder neu geschaffen werden.
  2. Prozessinnovation. Oftmals geht es um Effizienz und Qualität, um die Art und Weise zu verbessern, wie die Organisation tagtäglich arbeitet. Dies kann alle Arten von Prozessen betreffen.
  3. Geschäftsmodell-Innovation. Ein neuerer Typ, der sich darauf konzentriert, die Art und Weise zu ändern, wie die Organisation Werte schafft und erfasst. Häufig geht es um die Entwicklung neuer Ertragsmodelle.
  4. Management-Innovation. Diese weniger bekannte, aber wichtige Art der Innovation betrifft die Art und Weise, wie ein Unternehmen organisiert, verwaltet und geführt wird. Dies impliziert oft eine Dezentralisierung.

Alle vier Arten sind wichtig, und mit dieser Matrix können Sie mit der Verwaltung Ihres Innovationsportfolios beginnen. Stellen Sie sich Fragen wie: Habe ich genügend Initiativen in allen Quadranten? Und: Welche Art von Innovation sollte jetzt Priorität haben?

Stefan Willuda²:

Die Sehnsucht nach Leadership

Eure Sehnsucht nach guten Leadern übersieht das Wesentliche!

Für mich ist der nicht abreißende Hype um #Leadership und #Leader Ausdruck einer tragischen Sehnsucht.

  • Menschen wollen wie Menschen behandelt werden, nicht wie Maschinen.
  • Sie wollen andere Menschen wie Menschen behandeln, nicht wie Maschinen.
  • Menschen wollen miteinander füreinander leisten und einer sinnvollen Arbeit nachgehen, die ihnen Resonanz, Verbundenheit und Kontrolle ermöglicht.

Oder? Das ist doch erfreulich!

Und dann kommt es zu einem folgenschweren Fehlschluss: Wir übersehen, dass nicht einzelne besondere Helden (Leader) die Voraussetzung für ein menschliches, lebendiges Miteinander sind, sondern Systeme und dessen Strukturen. Wir schreien nach guten Leadern und übersehen dabei, dass „Leader“ aus dem selben System stammen, aus dem unsere Sehnsucht entkommen möchte. Wir unterscheiden Leader und Manager und ignorieren, dass beide „Personifikationen“ im System #Management zu Hause sind.

Ein Leader, auch so ein richtig guter, überwindet das System Management nicht.

Eure Sehnsucht ist bei den vermeintlichen Leadern dieser Welt falsch aufgehoben.

Die Alternative ist das System Management – zentrale Steuerung – Command & Control – Top-Down & Bottom-Up – zu ersetzen mit einem System, das Denken und Handeln zusammengehören lässt, statt zu trennen, das nicht in „oben“ und „unten“, Führern und Folgern kategorisiert, sondern dass die Komplexität und Lebendigkeit des sozialen Phänomens „Führung“ zulässt. Ein System, dass die Leistung für andere fördert statt Positionen und Bürokratie zu stärken.

Nur ein anderes System der Leistungserbringung kann eure Sehnsucht befriedigen!

Dass das keine Utopie ist, zeigen zahlreiche Organisationen, die konsequent dezentralisiert sind und die Könner:innen die Gestaltungs- und Entscheidungsmacht geben, die ihnen zusteht.

Sucht nicht nach Leadern! Schafft andere Organisationen oder tretet dezentralisierten Organisationen bei. Die Theorie, die Prinzipien und die Praktiken sind schon längst vorhanden.

Habt ihr Sehnsucht nach einem menschlichen Umgang? Dann nehmt die Strukturen in den Blick, die diesen Umgang erschweren. Gestaltet Strukturen um – im Kleinen und im ganz Großen.

Fragt ihr euch wie? Sehr gut! Das ist der Beginn einer ganz wunderbaren Entwicklung.

LinkedIn-Einträge mit Suchwort Leadership und Leader nach Jahr in Deutschland
Maike Küper³:

Kill die Karotte

Du willst schnell Kultur verbessern und das Unternehmen entlasten? Kill die Karotte.

Ich habe in einer Beratung mit hohem Bonus gearbeitet und in einem Team mit Teamzielen. Ratet, wo es mir besser ging und wo wir motivierter waren, gemeinsam unsere Kund*innen zu begeistern..

Individuelle Ziele und Boni sind immer noch weit verbreitet im Performance Management. Oft fehlt vielleicht die Alternative, aber es zeigt mir auch, dass HR zu oft der Evidenz hinterherhinkt. Folgt Wissenschaftler*innen wie Antoinette Weibel und ihr wisst: Bonus eats Culture for Breakfast.

7 Punkte, welche unerwünschten Konsequenzen man sich mit Boni einhandelt:

1. Wettbewerb und Silodenken. Mehr Geld für High Performer! Nachteil: Wieso sollte ich – rational denkend – eine Kundenanfrage mit dem Kollegen teilen? Stattdessen: Ich gewinne still und heimlich für mich oder meine Abteilung, und werde dafür belohnt.

2. Wichtiges wird „bestraft“. Ziele beinhalten selten Dinge wie Beziehungsarbeit, Lernen, tolle Führung. Also: Zeitverschwendung. So wird das nichts mit Kultur, die auf deinen Plakaten steht.

3. Leistungsdruck ohne Kundenfokus: Wer weiß, dass zum Jahresende auf die Zahlen geschaut wird, von denen 2.000 Euro abhängen, will diese erreichen – aber auch nicht unbedingt mehr. Im worst case ist es schnurz, ob deine Kund*innen dich lieben. Oder sich die Lage ändert, sodass andere Ziele besser wären.

4. Zerstörung intrinsischer Motivation: Mit der Karotte vor der Nase demotiviert man vor allem diejenigen, die man halten möchte, weil sie intrinsisch motiviert ihren Beruf ausfüllen und nicht von künstlichem Wettbewerb abgelenkt werden wollen. Die, die ihren Zielen hinterherjagten, waren nie meine besten Kolleg*innen.

5. Frustration: Menschen, die an Zahlen gemessen werden, die sie nicht zu 100 % beeinflussen können, werden zwangsläufig auch für Dinge belohnt & bestraft, für die sie nicht verantwortlich sind.

6. Schönrechnerei statt Reflexionskultur. „Zeig mir die Ampel und ich mach sie dir grün“. Heißt: Ich weiß, was ich tun muss, damit der Status gut aussieht – Realität irrelevant. „Gaming the system“ wird zur Normalität, und das schadet der Organisationsentwicklung.

7. Rechtfertigung vs. Lernen: Du hast deine Ziele nicht erreicht? Vielleicht etwas anderes Wertvolles erreicht? FAIL! Was für eine verpasste Chance, mit Menschen konstruktiv an ihrer Potenzialentfaltung zu arbeiten.

Wenn man sich jetzt anschaut, was elementar für zukunftsfähige Unternehmen ist – Kollaboration, Netzwerk, Kundenorientierung, psychologische Sicherheit – müsste eigentlich jedem klar sein, dass individuelle Ziele und Boni uns genau in die falsche Richtung führen. Und rechnet mal aus, was dieses ganze Messen an Zeit kostet. Aber es ist ja so schön kontrollierbar…

Kill the Karotte - Boni und individuelle Ziele sind der falsche Weg

Impulse und Fragen

Drei unterschiedliche Themen, drei Menschen mit unterschiedlichen Expertisen und Wahrnehmungen, drei individuelle Impulse. Welche Art von Innovation versuchen Sie zu realisieren und wie priorisieren Sie diese? Welche Strukturen benötigen Menschen in Organisationen, um sich zu entfalten und Leistung zu bringen? Und wie gehen Sie mit individuellen Zielen oder Bonusvereinbarungen in Ihrem Unternehmen um?

Fragen über Fragen. Vielleicht haben Sie auch die eine oder andere; prima! Dann hat auch Teil 4 von „Impulse für Organisationen“ sein Ziel erreicht.

 

Hinweise:

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[1] Jeroen Kraaijenbrink ist Strategie- und Führungsberater, Ausbilder, Mentor und mehrfacher Buchautor. Informationen über Jeroen Kraaijenbrink finden Sie auf seiner Website und in seinem LinkedIn-Profil, den Impuls finden Sie hier im Original auf LinkedIn.
[2] Stefan Willuda ist BetaCodex Consultant und Co-Gründer des Beta Hof, dem Ort für zeitgemäße Organisationsgestaltung in Deutschland und Unternehmensberater. Er sieht sich als praktischen Theoretiker, der gerne und regelmäßig bloggt. Informationen über Stefan Willuda finden Sie in seinem LinkedIn-Profil, den Impuls finden Sie hier im Original auf LinkedIn.
[3] Maike Küper arbeitet, denkt und spricht zu neuem Arbeiten in zukunftsfähigen Organisationen. Statt (fr)agiler Masterpläne setzt sie auf eine evolutionäre Organisationsentwicklung. Informationen zu Maike Küper finden Sie auf ihrer Webpräsenz und in ihrem LinkedIn-Profil. Den Impuls finden Sie hier im Original auf LinkedIn.

Diese 3 und weitere 9 Perspektiven können Sie im Blogpaper Impulse für Organisationen – Teil 1 herunterladen.

Blogpaper Impulse für Organisationen - Teil 1 Download

Michael Schenkel hat im t2informatik Blog weitere Impulse veröffentlicht, u. a.

t2informatik Blog: Impulse für Organisationen - Teil 1

Impulse für Organisationen – Teil 1

t2informatik Blog: Impulse für Organisationen - Teil 3

Impulse für Organisationen – Teil 3

t2informatik Blog: Impulse für Organisationen - Teil 5

Impulse für Organisationen – Teil 5

Michael Schenkel
Michael Schenkel

Leiter Marketing, t2informatik GmbH

Michael Schenkel hat ein Herz für Marketing - da passt es gut, dass er bei t2informatik für das Thema Marketing zuständig ist. Er bloggt gerne, mag Perspektivwechsel und versucht in einer Zeit, in der vielfach von der sinkenden Aufmerksamkeitsspanne von Menschen gesprochen wird, nützliche Informationen - bspw. hier im Blog - anzubieten. Wenn Sie Lust haben, verabreden Sie sich mit ihm auf einen Kaffee und ein Stück Kuchen; mit Sicherheit freut er sich darauf!