Impulse für Organisationen – Teil 1

von | 10.04.2023

Als Social-Media-Nutzer stoße ich auf zahlreiche Impulse von Experten, die unterschiedliche Themen innerhalb von Organisationen adressieren oder Aspekte der Arbeit erörtern. Da viele dieser Impulse auf Social Media „flüchtig“ und nach kurzer Zeit nur noch schwer auffindbar sind, möchte ich einzelne Beiträge hier im t2informatik Blog „ins Schaufenster stellen“. Da ich dies ab jetzt immer Mal wieder tun möchte, ist dies der Beginn einer Serie mit Organisationsimpulsen.

In Teil 1 der Serie geht es Preisgestaltung, Aufwandsschätzung und das Erfahrungswissen. Axel Rammlmair thematisiert Value Pricing, Martin Möhle bespricht nicht funktionierende Aufwandschätzungen und Michael Küsters diskutiert die Notwendigkeit von Entwicklungskenntnissen bei Agile Coaches. Los geht’s!

Alex Rammlmair¹:

Value Pricing funktioniert bei uns nicht, weil …

… unsere Kunden den Wert gar nicht kennen, den unsere Leistung für Sie generiert!

Tatsächlich haben Kunden oft keine Ahnung, wie viel genau Ihnen eine Dienstleistung oder die Lösung eines Problems wert wäre. Das ist auch gar nicht nötig, um Value-Pricing zu machen.

Die Variante „Wir bekommen 20 Cent von jedem Euro, den Sie sparen oder mehr machen“ ist zwar eine sehr plakative Variante von Value-Pricing, aber in der Praxis eher selten. Viele Leistungen sparen keine Kosten und bringen auch nicht mehr Umsatz, sondern

  • erhöhen Sicherheit,
  • verbessern die Zufriedenheit von Kunden und Mitarbeitern,
  • boosten das Image,
  • erhöhen die Produktivität und vermeiden Fehler,
  • machen Abläufe schneller und robuster, etc.

„Kreative Köpfe“ versuchen gerne, diesen Verbesserungen über zwei Ecken und abstrakte Kennzahlen einen Euro-Betrag umzuhängen. Beispielsweise, höhere Mitarbeiter-Zufriedenheit in geringere Recruiting-Kosten oder Gehaltseinsparungen umzurechnen. Aber die meisten Kunden machen da nicht mit und zerlegen diese Rechnungen im Handumdrehen.

Was uns egal ist, denn Value Pricing bedeutet, dass ich meinen Preis so ausrichte, dass es für meinen Kunden ein gutes Geschäft ist (sprich: der Wert deutlich über dem Preis liegt). Es reicht also, wenn ich weiß, dass der Wert für den Kunden mit Sicherheit über dem liegt, was ich verlange. Ob das 30% mehr sind oder das 30-fache, ist erst mal sekundär und eine Frage des Optimierens.

Der wichtige Punkt: Was im Value-Pricing keine Rolle bei der Preisgestaltung spielt, sind die Kosten. Solange sie unter dem Verkaufspreis liegen, ist es egal, ob die Kosten 80 % des Preises ausmachen oder 8 % oder 0,8 %.

Der große Schritt zum Value-Pricing findet daher nicht beim Kunden statt, sondern im eigenen Kopf – in dem Moment, in dem man

„Wie hoch muss der Preis sein, damit wir abzgl. unserer Kosten noch einen passablen Gewinn machen?“ durch

„Welchen Wert müssen wir bei wem erzeugen, damit wir das Geld bekommen, das wir gerne hätten?“ ersetzt.

Hört sich leicht an, ist es aber nicht. Aber wer seine Profite multiplizieren will, findet es vielleicht wert, sich auf den holprigen Weg zu machen.

Martin Möhle²:

Softwareentwicklung: Warum Aufwandschätzungen nicht funktionieren

Den gesamten Softwareentwicklungsprozess vorab spezifizieren und messen zu wollen, degradiert Entwickler zu Maschinen, die vorhersagbare Ergebnisse am Fließband durch eine Pipeline schieben sollen.

Doch mathematische Berechnungen sind hier nur begrenzt möglich. Menschen sind keine Maschinen. Zu glauben, man könne die Komplexität einer nicht-trivialen Softwareentwicklungsaufgabe im Voraus exakt einschätzen, ist ein Trugschluss.

Software Development ist ein Gebiet, auf dem sich ständig vieles schnell verändert. Etliche Herausforderungen, mit denen Entwickler konfrontiert werden, sind neu und unbekannt. Und selbst die bekannten Herausforderungen unterliegen einem Wandel. Soll heißen: Die Performance der letzten Woche ist ein schlechter Indikator für die der nächsten Woche.

Wie könnte es also anders laufen? In der idealen Welt würde man sich auf eine gemeinsame Aufgabe einigen, sich die gemeinsame Vision zu eigen machen und dann im Team Qualitätssoftware entwickeln – ohne vorher sagen zu müssen, wie lange es dauern und wie viel es kosten wird. Ein solcher Ansatz ist in einem Business-Umfeld allerdings kaum praktikabel, da es Budgets und Zeitpläne gibt.

Michael Küsters³:

Sollten Agile Coaches einen Entwicklerhintergrund haben?

  1. Es hilft.
  2. Jede Erfahrung ist wertvoll.
  3. Man kann tiefer gehende Fragen stellen.
  4. Sie decken weitere Verbesserungen auf.
  5. Beim agilen Coaching geht es darum, den Menschen zu helfen, bessere Wege zu entdecken: Wenn die Menschen nicht wissen, dass es bessere Wege gibt, muss das jemand erkennen.
  6. In einem Scrum-Kontext ist der Scrum Master (auch ein Coach) „für die Effektivität des Teams verantwortlich“. Dies erfordert ein Bewusstsein für technische Leistungshindernisse.
  7. Wenn Sie jemals als Entwickler gearbeitet haben, werden Sie sich anders einfühlen.

Wenn Sie ein Coach sind und keine Entwicklungserfahrung haben:

  1. Wenn das kein Problem für Sie oder Ihr Team/Ihre Organisation ist, dann ist es auch kein Problem.
  2. Wenn das für Sie ein Problem ist, nehmen Sie sich einfach eine Tasse Kaffee, bringen Sie ein paar Snacks mit, setzen Sie sich neben einen Entwickler und sagen Sie: „Glückwunsch, ich bin jetzt Ihr Praktikant. Unterrichte mich.“
  3. Wenn das ein Problem für Ihr Team ist und es das Gefühl hat, dass Sie ihm nicht die nötige Unterstützung geben können, sprechen Sie es offen an. Wenn sie wirklich einen technischen Coach brauchen, können Sie anderswo wertvoller sein.
  4. Wenn das ein Problem für Ihr Unternehmen ist, weil die Probleme auf technischer Ebene liegen, sollten Sie sich weiterbilden.

Was ist mit mir? Respektiere ich nicht-technische Coaches?

Ich mag diese Zweiteilung zunächst nicht. Es ist keine Entweder-oder-Situation. Wenn der Coach Neugier, Offenheit und die Bereitschaft zeigt, zu lernen und sich weiterzuentwickeln, auch bei technischen Themen, dann ist das lobenswert. Niemand weiß alles. Auch ich nicht. Ich habe andere blinde Flecken.

Aber – wenn sie aggressiv darüber reden, dass Entwickler nur leicht ersetzbare Trottel ohne besondere Fähigkeiten sind, dass Programmieren eine triviale Aufgabe ist, die unter ihrer Würde ist, und dass Agile Coaching so viel wichtiger ist als das, was Entwickler tun, dann habe ich null Respekt.

Impulse und Fragen

Drei unterschiedliche Themen, drei unterschiedliche Fachleute, drei individuelle Impulse. Könnte Value Pricing für Ihr Geschäftsmodell interessant sein und wenn ja, was hindert Sie ggf. noch an der Anwendung? Planen Sie Aufwände bei der Entwicklung von Lösungen? Wie ließe sich die Zwickmühle aus Budgets und Zeitplänen einerseits und ungenügenden Aufwandsschätzungen anderseits auflösen? Und zu guter Letzt: Achten Sie bei der Beschäftigung von Agile Coaches auf technische Kenntnisse und falls nicht, wie agieren beteiligte Kolleginnen oder Kollegen in Situationen, in denen entsprechende Expertise nützlich wäre?

Fragen über Fragen. Vielleicht haben Sie auch die eine oder andere; prima! Dann hat „Impulse für Organisationen“ sein Ziel erreicht.

 

Hinweise:

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[1] Alex Rammlmair ist Podcaster und Experte für Value Pricing, sowie Buchautor von Das Ende der Tagessätze – Die besten Preisstrategien für IT-Unternehmen, die skalieren wollen. Informationen über Alex Rammlmair finden Sie auf seiner beindruckenden Website, den Impuls finden Sie hier im Original auf LinkedIn.
[2] Martin Möhle ist Sales Director DACH bei Billennium, einem globalen Anbieter von IT-Dienstleistungen und -Lösungen. Informationen über Martin Möhle finden Sie in seinem LinkedIn-Profil, den Impuls, der sich auf einen Beitrag in der Computerwoche bezieht, finden Sie hier im Original auf LinkedIn.
[3] Michael Küsters sieht sich als Thought Provoker, arbeitet als Executive Coach für organisatorischen Wandel für Intelygence und bloggt unter dem Motto Fail fast, move on. Informationen über Michael Küsters finden Sie in seinem LinkedIn-Profil, den Impuls finden Sie hier im Original auf LinkedIn.

Diese 3 und weitere 9 Perspektiven können Sie im Blogpaper Impulse für Organisationen – Teil 1 herunterladen.

Blogpaper Impulse für Organisationen - Teil 1 Download

Michael Schenkel hat im t2informatik Blog weitere Beiträge veröffentlicht, u. a.

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Michael Schenkel
Michael Schenkel

Leiter Marketing, t2informatik GmbH

Michael Schenkel hat ein Herz für Marketing - da passt es gut, dass er bei t2informatik für das Thema Marketing zuständig ist. Er bloggt gerne, mag Perspektivwechsel und versucht in einer Zeit, in der vielfach von der sinkenden Aufmerksamkeitsspanne von Menschen gesprochen wird, nützliche Informationen - bspw. hier im Blog - anzubieten. Wenn Sie Lust haben, verabreden Sie sich mit ihm auf einen Kaffee und ein Stück Kuchen; mit Sicherheit freut er sich darauf!