Führungskräfte und die Entwicklung von Selbst- und Kollektivwirksamkeit

Gastbeitrag von | 11.12.2023

Führungskräfte können einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung von Selbstwirksamkeitserwartungen und kollektiver Wirksamkeit ihrer Mitarbeiter:innen ausüben. In diesem Blogbeitrag werden die verschiedenen Möglichkeiten aufgezeigt, wie sie aktiv dazu beitragen können, die Stimmung und Motivation im Team zu verbessern und somit auch den Erfolg des Unternehmens zu steigern.

Selbstwirksamkeitserwartung – eine kurze Auffrischung

Bevor wir uns mit der Bedeutung von Führungskräften für die Entwicklung von Selbstwirksamkeitserwartungen und kollektiver Wirksamkeit beschäftigen, wollen wir zunächst eine kurze Auffrischung zum Thema Selbstwirksamkeitserwartung geben. Diese bezieht sich darauf, wie sehr eine Person daran glaubt in der Lage zu sein, bestimmte Aufgaben erfolgreich bewältigen zu können (Warner, o. J.).

Je höher die Selbstwirksamkeitserwartung ist, desto eher wird eine Person versuchen, schwierige Herausforderungen anzunehmen und sich selbst herauszufordern. Auf der anderen Seite kann eine niedrige Erwartung dazu führen, dass eine Person sich eher zurückzieht und vor Herausforderungen zurückschreckt (Bandura, 1997, S. 191-215; Luthans et al., 2004, 2007). Daher ist es für den Erfolg eines Teams und einer Organisation wichtig, dass die Mitglieder eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung haben.

Kollektive Wirksamkeit – was im Team folgt

Neben der individuellen Selbstwirksamkeitserwartung spielt auch die kollektive Wirksamkeit eine entscheidende Rolle im Team. Kollektive Wirksamkeit beschreibt das Vertrauen der Teammitglieder in die Fähigkeit des Teams, gemeinsam Ziele zu erreichen. Dieses Vertrauen kann dazu beitragen, dass sich die Teammitglieder motivierter fühlen und ihr Engagement steigern. Sie können besser zusammenarbeiten, Konflikte schneller lösen und gemeinsam Herausforderungen meistern.

Um eine positive kollektive Wirksamkeit zu fördern, ist es wichtig, dass die Führungskraft ein Umfeld schafft, in dem sich die Teammitglieder sicher und unterstützt fühlen. Grundsätzlich wird die kollektive Wirksamkeit durch

  • Teameffektivität,
  • Teamleistung,
  • Problemlösungsfähigkeit,
  • transformationale Führung,
  • Arbeitszufriedenheit und
  • das entsprechende Commitment beeinflusst (Bandura, 1997, S. 477).

Die Führungskraft sollte also klare Ziele definieren und das Team bei der Erreichung dieser Ziele unterstützen. Regelmäßige Feedbackgespräche und Anerkennung für gute Leistungen sind ebenfalls wichtige Erfolgsfaktoren. Eine offene Kommunikation innerhalb des Teams fördert zudem das Vertrauen untereinander und stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl. Die Führungskraft hat hierbei eine Vorbildfunktion und sollte selbst transparent kommunizieren und Feedback annehmen können (Bandura, 1998; Sutcliffe & Vogus 2003, Bruch & Vogel 2009).

Insgesamt gilt: Eine positive kollektive Wirksamkeit kann dazu beitragen, dass sich ein Team als erfolgreich empfindet und dadurch auch langfristig motiviert bleibt. Eine erfolgreiche Führungskraft trägt hierzu maßgeblich bei, indem sie ein Umfeld schafft, in dem sich die Teammitglieder sicher und unterstützt fühlen und im Kollektiv erfolgreich sein können.

Die Bedeutung der Führungskraft für Selbstwirksamkeit und kollektive Wirksamkeit

Eine Führungskraft hat einen maßgeblichen Einfluss auf die Selbstwirksamkeitserwartungen und die kollektive Wirksamkeit ihres Teams. Durch gezielte Maßnahmen kann die Führungskraft also das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter stärken und somit deren Selbstwirksamkeit erhöhen. Indem sie zudem ein Klima schafft, in dem Teamwork gefördert wird und jede:r Einzelne seine Stärken optimal einbringen kann, unterstützt sie die Entwicklung der kollektiven Wirksamkeit.

Eine positive Einstellung der Führungskraft gegenüber ihren Mitarbeiter:innen sowie eine offene Kommunikation auf Augenhöhe sind hierbei von großer Bedeutung. Auch das Vorbildverhalten der Führungskraft spielt eine wichtige Rolle: Wenn sie selbst an die Stärken des Teams glaubt und Verantwortung übernimmt, motiviert dies auch ihre Mitarbeiter:innen, sich einzubringen und gemeinsam erfolgreich zu sein. In der modernen Arbeitswelt ist es daher unerlässlich, dass Führungskräfte aktiv an der Entwicklung von individuellen und kollektiven Erwartungen mitwirken – nur so können Unternehmen langfristig erfolgreich sein.

Die Rolle der Führungskraft in der modernen Arbeitswelt

Die Rolle der Führungskraft in der modernen Arbeitswelt ist vor allem von großer Bedeutung, wenn es um die Entwicklung von Selbstwirksamkeitserwartungen und kollektiver Wirksamkeit geht. In verschiedenen Studien wurde nachgewiesen, dass Führungskräfte, die eine positive Wirkung auf ihre Teams haben – im Englischen auch als „energizing“ bezeichnet – erhebliche positive Auswirkungen auf

  • die Leistung,
  • das Wohlbefinden,
  • die Zufriedenheit,
  • das Engagement und
  • sogar das Familienleben der einzelnen Teammitglieder haben.

Sie tragen dazu bei, die gesamte organisatorische Leistungsfähigkeit zu stärken, fördern die Bereitschaft zum Lernen, Innovationen und die Teamarbeit (Cameron & McNaughtan, 2014).

Wenn Vorgesetzte mehr positive Emotionen zeigen, wirkt sich dies auch positiv auf die Gefühle ihrer Teammitglieder aus. Dies führt zu einem „Trickle-Down-Effekt“, einem Prozess, bei dem sich positive Emotionen innerhalb des Teams ausbreiten (Bono & Illies, 2006).

Eine Führungskraft kann aktiv dazu beitragen, dass ihre Mitarbeiter:innen eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung entwickeln und dadurch motivierter und zielgerichteter arbeiten. Hierbei ist es wichtig, dass die Führungskraft eine positive Einstellung gegenüber den Fähigkeiten ihrer Teammitglieder hat und ihnen Vertrauen entgegenbringt. Zudem sollte sie regelmäßiges Feedback nehmen und geben sowie ihre Mitarbeiter:innen bei der Bewältigung schwieriger Aufgaben unterstützen.

Auch die Entwicklung von kollektiver Wirksamkeit liegt in der Verantwortung der Führungskraft. Durch gezielte Maßnahmen kann sie dazu beitragen, dass sich ein Team als Einheit fühlt und gemeinsam an einem Ziel arbeitet. Hierbei kann es hilfreich sein, gemeinsame Werte zu definieren oder regelmäßige Teambuilding-Maßnahmen durchzuführen.

Insgesamt kommt der Führungskraft somit eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Erwartungshaltungen zu. Sie sollte sich bewusst sein, dass ihr Handeln großen Einfluss auf das Team hat und entsprechend verantwortungsvoll handeln. Erfolgreiche Führungskräfte setzen hierbei auf eine offene Kommunikation, klare Zielsetzungen sowie die Förderung von Eigenverantwortlichkeit und Teamgeist.

Erfolgsgestaltende Faktoren aus Sicht erfolgreicher Führungskräfte

Erfolgsgestaltende Faktoren aus Sicht erfolgreicher Führungskräfte sind vielfältig und können von Person zu Person unterschiedlich sein. Dennoch gibt es einige gemeinsame Nenner, die immer wieder genannt werden. Dazu zählen unter anderem

  • eine klare Vision und Strategie,
  • eine offene Kommunikation auf allen Ebenen sowie
  • ein authentisches Auftreten und
  • eine hohe Sozialkompetenz.

Auch Empathie und die Fähigkeit, Mitarbeiter:innen individuell zu fördern und zu motivieren, sind wichtige Erfolgsfaktoren. Zudem sollten Führungskräfte in der Lage sein, Veränderungen aktiv zu gestalten und auch in schwierigen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Eine positive Fehlerkultur sowie ein offenes Feedback-System runden das Bild ab.

All diese Faktoren tragen dazu bei, dass sich Selbstwirksamkeitserwartungen und kollektive Wirksamkeit im Team entwickeln und stärken lassen – vorausgesetzt, die Führungskraft setzt sie konsequent um und lebt sie vor (Reinhardt & Winners, 2021; Kunze & De Jong, 2014).

Kurz und knapp

Um die Selbstwirksamkeitserwartungen und kollektive Wirksamkeit im Team zu fördern, ist es von entscheidender Bedeutung, dass Führungskräfte aktiv an der Entwicklung dieser Faktoren mitwirken. Die Führungskraft ist in der Lage, durch gezielte Maßnahmen das Vertrauen und die Zuversicht der Mitarbeiter in ihre eigenen Fähigkeiten zu stärken. Indem sie ihren Mitarbeiter:innen konstruktives Feedback gibt, sie ermutigt und ihnen Raum für eigenverantwortliches Arbeiten gibt, können Selbstwirksamkeitserwartungen gestärkt werden. Gleichzeitig kann die Führungskraft durch klare Kommunikation und Zielsetzung sowie durch eine positive Arbeitsatmosphäre zur Steigerung der kollektiven Wirksamkeit beitragen.

In der modernen Arbeitswelt spielen diese Faktoren eine immer wichtigere Rolle, da sie sich positiv auf den Erfolg des Unternehmens auswirken können. Erfolgreiche Führungskräfte setzen daher auf eine offene Kommunikation, Mitarbeiterbeteiligung und gezielte Schulungsmaßnahmen, um die Selbstwirksamkeit und kollektive Wirksamkeit ihrer Teams zu fördern.

Kurz gesagt: Eine motivierende und unterstützende Führungskraft kann maßgeblich dazu beitragen, dass individuelle Stärken gefördert werden und das Team als Ganzes erfolgreich agiert.

Extra-Bonus

Hier finden Sie 3 zusätzliche Fragen, die Sascha Rülicke und Sarah Jauer beantworten (bitte auf Plus drücken):

Wie können Führungskräfte messen, ob ihre Bemühungen zu einer Verbesserung der Teamleistung und des Unternehmenserfolgs beitragen?

Sarah Jauer: Das Thema „Messen“ ist essentiell, wobei es nicht um das einfachste, sondern um das richtige Messinstrument gehen muss. Zum Glück gibt es eine Reihe von wissenschaftlich entwickelten Instrumenten, die diese Punkte erfassen können (z. B. Team-Klima-Inventar – TKI: oder Allgemeine Selbstwirksamkeit Kurzskala ASKU.)

Im Anschluss sollten die Ergebnisse besprochen und Veränderungen in die erwünschte Richtung gemeinsam erarbeitet werden.

Wie finden Führungskräfte die richtige Balance zwischen der individuellen Förderung einzelner Mitarbeiter und der kollektiven Stärkung des gesamten Teams?

Sascha Rülicke: Das ist natürlich ein generelles Thema, das auch im Kontext der Personalentwicklung relevant ist. In diesem konkreten Thema geht es aber auch noch etwas weiter, da neben der Entwicklung der Selbstwirksamkeit einzelner auch die kollektive Wirksamkeit entwickeln. Hierzu sollte der Fokus u. a. auf die folgenden Faktoren gelegt werden: Aufgabenorientierung, klare Kommunikation, Förderung von Autonomie, Feedbackkultur, Anerkennung und Wertschätzung, sowie Konfliktmanagement.

Wie können Führungskräfte virtuelle Teams dabei unterstützen, die Entwicklung von Selbstwirksamkeitserwartungen und kollektiver Wirksamkeit zu verbessern?

Sarah Jauer: Da jedes Team eine individuelle Arbeitsweise hat, sind die Hebel auch individuell und unterschiedlich stark wirksam. Grundsätzlich erfordern virtuelle oder auch hybride Teams eine andere Form der Kommunikation und auch Führung, als in Teams, die ausschließlich vor Ort arbeiten. Wir schauen bspw. in unseren Führungskräfte-Coachings genauer darauf, welcher Hebel die meiste Wirkung im jeweiligen Team haben kann.

Hinweise:

Dieser Beitrag ist ein gemeinsames Werk von Sarah Jauer und Sascha Rülicke. Er folgt auf den Beitrag Selbstwirksamkeit und kollektive Wirksamkeit im Team.

Wollen Sie sich mit Sascha Rülicke und Sarah Jauer über ihre Erfahrungen austauschen? Dann vernetzen Sie sich mit Sascha Rülicke auf LinkedIn. Und auch Sarah Jauer finden Sie auf LinkedIn.

  • Bandura, A. (1997) Self-Efficacy: The Exercise of Control. New York: W.H. Freeman and Company.
  • Bandura, A. (1998). Personal and collective efficacy in human adaptation and change. In J. G. Adair, D. Bélanger, & K. L. Dion (Hrsg.), Advances in psychological science, Vol. 1. Social, personal, and cultural aspects, S. 51-71. Psychology Press/Erlbaum (UK) Taylor & Francis.
  • Bono, J. E. & Ilies, R. (2006). Charisma, Positive Emotions and Mood Contagion. The Leadership Quarterly, 17, 317-334.
  • Bruch, H. & Vogel, B. (2009). Organisationale Energie. Wiesbaden: Gabler.
  • Cameron, K. & McNaughtan, J. (2014). Positive organizational change. The Journal of Applied Behavioral Science, 50(4), 445–462.
  • Kunze, F. & De Jong, S. B. (2014). Die zwei Seiten transformationaler Führung: Folgen für Team- und Unternehmensleistung. PERSONALquarterly, 2/14, 34-39.
  • Luthans, F., Luthans, K. W. & Luthans, B. C. (2004). Positive psychological capital: Beyond human and social capital. Management Department Faculty Publications. 145.
  • Luthans, F., Avolio, B. J., Avey, J. B., & Norman, S. M. (2007). Positive psychological capital: Measurement and relationship with performance and satisfaction. Personnel Psychology, 60, 541–572.
  • Reinhardt, S. & Winners, M. (2021). Transformation von Führung – Reflexion und Resonanz als Zukunftskompetenzen. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag.
  • Sutcliffe, K. & Vogus, T. (2003). Organizing for resilience. In K. Cameron, J. Dutton & R. Quinn (Hrsg.), Positive Organizational Scholarship: Foundations of a New Discipline, 94-110.
  • Warner, L. M. (o. J.). Selbstwirksamkeitserwartung. In: M. A. Wirtz. Dorsch Lexikon der Psychologie. Aufgerufen am 10.08.2022.

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Sascha Rülicke
Sascha Rülicke

Sascha Rülicke ist Geschäftsführer der sbc soptim business consult GmbH. Bevor er 2009 bei sbc als Consultant einstieg und sich um Themen wie Arbeits- und Prozessgestaltung, Innovation, Innovationsklima, Projektmanagement sowie Team- und Organisationsentwicklung kümmerte, war er knapp sieben Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter am A.U.G.E. Institut der Hochschule Niederrhein in der angewandten Forschung tätig. In verschiedenen Forschungsprojekten lernte er dort die Team- und Organisationsentwicklung bei kleineren und mittleren Unternehmen kennen.

Sarah Jauer
Sarah Jauer

Sarah Jauer ist Wirtschaftspsychologin und Beraterin mit den Schwerpunkten Arbeits- und Gesundheitspsychologie. Seit Mitte 2022 ist sie bei sbc als Consultant und Trainerin von Softskill-Themen wie Stressmanagement, Selbstmanagement & Kommunikation tätig. Zuvor hat sie Unternehmen bei der Optimierung von Prozessen und der Bewältigung von Herausforderungen unterstützt. Gemeinsam mit Kund:innen erarbeitet sie effektive Strategien zur Stressbewältigung im Arbeitsumfeld und unterstützt bei der Umsetzung.