Digital First Strategie: Fluch und Segen zugleich

Gastbeitrag von | 02.06.2022

Die Digitalisierung ist Herausforderung und Lösung zugleich. Sie ermöglicht hybrides Teamwork, vereinfacht und automatisiert Prozesse und eröffnet vollkommen neue Geschäftsmodelle. Gleichzeitig vernichtet sie althergebrachte Jobs und Geschäftszweige, verlangt nach einer neuen Unternehmenskultur und völlig neuen Innovationszyklen. Aber was bedeutet das konkret für Unternehmen? Wie können wir die Herausforderungen unserer digitalen VUKA-Welt lösen und was müssen wir tun, wenn wir unsere Organisationen ernsthaft digitalisieren wollen? Folgende fünf Hebel helfen dabei, dass die Digitalisierung mehr Chance, denn Herausforderung ist:

#1 Mit viel Kreativität ausgetretene Pfade verlassen

Besonders erfolgreich schlugen sich in der Pandemie die Unternehmen, die bereit waren, sich neu zu erfinden und nachhaltig zu verändern – seien es Hersteller von Papiertaschentüchern, die auf einmal Atemschutzmasken produzierten oder Unternehmen, die schlagartig ihre digitalen Marketing- und Vertriebswege ausbauten. So auch in der Haufe Akademie, die mit dem Beginn der weltweiten Coronapandemie das Geschäftsmodell der Präsenzschulungen hinterfragen musste und der die Transformation hin zum digitalen Wissenstransfer sehr schnell gelang. Die Grundlage dafür? Kreativität.

Wer in der Lage ist, scheinbare Gewissheiten zu hinterfragen, bei der Suche nach Lösungen die Perspektive zu wechseln sowie digitale Möglichkeiten zu nutzen, kann neue Geschäftsmodelle entwickeln und das eigene Unternehmen so zukunftssicher aufstellen.

#2 Die Zukunft ist eine Co-Creation in Teams

Die digitale Arbeitswelt erfordert jedoch nicht nur Kreativität, um mit den sich rasant verändernden Rahmenbedingungen Schritt halten und neue Trends idealerweise antizipieren und gestalten zu können. Es braucht eine neue Art der Zusammenarbeit: Wenn es früher noch ausreichte, einzelnen Mitarbeitenden Aufgaben zuzuweisen, die diese effizient abarbeiteten, entsteht heute die so wichtige Kreativität vor allem in einem Team aus heterogenen Spezialist:innen. Doch diese Teams formulieren eigene Bedürfnisse an die neue Arbeitswelt – allen voran einen Führungsstil, der ideale Rahmenbedingungen für die Teams schafft, diesen aber genug Freiraum und Eigenverantwortung lässt, um zukunftsfähige Innovationen entwickeln zu können.

Co-Creation gibt es jedoch nicht nur im eigenen Unternehmen: Auch mit Kund:innen oder Partner:innen entstehen immer häufiger Kooperationen, um gemeinsam neue Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln – schnell, flexibel und eng an den Anforderungen der Kund:innen.

#3 Unfertig sein ist das neue Normal

Flexibilität ist einer der Kernbegriffe der Digitalisierung – zum einen bieten uns digitale Tools einen enormen Zugewinn an Flexibilität, andererseits setzt die Digitalisierung die geistige Beweglichkeit auch voraus – sowohl von Organisationen als auch von Mitarbeiter:innen. Denn in einer digitalen Produktwelt gibt es nur noch Versionen, keine abschließend fertigen Produkte. So arbeiten zum Beispiel bei der Haufe Group Redaktion, Software Entwickler:innen, Marketeers und Produktentwickler:innen oft in gemeinsamen Teams zusammen. Abteilungsgrenzen wurden aufgelöst. Im Team ist, wer Teil eines bestimmten Projekts ist. Und dieser Ansatz geht weit über eigentliche Stellenprofile hinaus. Entwicklungen sind per Definition nie zu Ende, denn wenn Kundenbedürfnisse und Marktanforderungen sich ändern, muss die Organisation sich anpassen und müssen sich Teams neu zusammenfinden: Living in permanent Beta.

Unfertig zu sein und sich an Neuem zu probieren, ist eine ständige Herausforderung für Unternehmen und Mitarbeiter:innen, auch weil oft erst in der Retrospektive deutlich wird, welche Schritte erfolgreich waren. Wer den Mitarbeitenden den Raum nicht gibt, sich in diesen häufig wechselnden Teams einzufinden und wer sie auf diesem Weg nicht mitnimmt, verliert enorm viel Potenzial.

#4 Neues Wissen ist gefragter denn je und lebenslanges Lernen der Standard

Digitale Kommunikationstools, neue Programmiersprachen oder automatisierte, maschinelle Lernverfahren – in einer digitalen, vernetzten Welt ist Wissen das wertvollste Gut. Für Wissen gilt wie für jedes wertvolle Gut: Wir haben nie genug davon. Menschen und Organisationen müssen immer Neues lernen, damit sie dauerhaft auf veränderte Marktbedingungen und Kundenbedürfnisse reagieren können.

Doch auch wie die Menschen an Informationen kommen und sich neues Wissen aneignen, ändert sich in der digitalisierten Welt: Mitarbeiter:innen informieren sich selbstständig, flexibel und kontextabhängig und nutzen dafür neben interaktiven, hybriden Lernangeboten auch asynchrone Formate wie Youtube-Videos und Podcasts. Mit dem erworbenen Wissen lernen sie ihren Arbeitsalltag selbstständig zu managen sowie mehr Verantwortung für Aufgaben und Abläufe zu übernehmen.

#5 Digitaler Mindshift auf allen Ebenen

Wer digitalisiert, verändert die Organisation, denn Digitalisierung ist eine kulturelle und keine rein technische Frage. So arbeiten diverse Abteilungen bei der Haufe Group zum Beispiel mit OKR (Objectives & Key Results). OKR ist eine Management Methode, um die Ziele eines Unternehmens mit denen von Teams und Mitarbeiter:innen zu synchronisieren. Die Arbeit mit dieser Methode zeigt die Stärken der Teams und bringt die Schwächen schonungslos ans Licht. Das Framework funktioniert, wenn Vorgesetzte es vorleben und an sich die gleichen Maßstäbe anlegen, wie an das Team. Wer sich darauf einlässt, gewinnt einen ehrlichen und authentischen Blick auf die Organisation, der alteingesessene Denkmuster ins Wanken bringen kann.

Fazit: Es kommt auf den Menschen an

Das Beispiel der OKR Methode zeigt, warum es so wichtig ist, dass Unternehmen neben einer optimalen digitalen Infrastruktur vor allem eine digitale Unternehmenskultur benötigen. In dieser leben Führungskräfte und Mitarbeiter:innen ein offenes und kreatives Miteinander, in dem sie sich gegenseitig inspirieren, Wissen austauschen und an neuen Lösungen, Ideen und Innovationen arbeiten. In diesem Prozess können sich auch Hierarchien auflösen, die sich bis jetzt in der Unternehmenspyramide manifestiert haben. Doch auch wenn die digitalen Tools die Zukunft der Arbeit maßgeblich prägen werden, zeigen die fünf Hebel klar: Am Ende sind es nach wie vor die Menschen, die den Wandel leben und maßgeblich gestalten.

Was wäre ein hybrides Arbeitsmodell, wie es bei der Haufe Group zum Einsatz kommt, ohne die Menschen, die es mitgestalten? Deshalb war es von vorneherein klar, dass die Verantwortung für die beste Form der Zusammenarbeit dort zu verorten ist, wo sie hingehört – in die einzelnen Teams. Teams treffen Entscheidungen, sie machen den Unterschied und generieren den Erfolg. Dafür müssen Unternehmen nicht nur ihre Strukturen verändern und ihren Führungsstil neu denken. Es gilt technische und soziale Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Teams ihre Fähigkeiten und ihr Potenzial frei ausschöpfen können. Nur so werden Menschen wahrhaft wirksam und Unternehmen flexibel und anpassungsfähig.

 

Hinweise:

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Axel Singler
Axel Singler

Axel Singler ist Geschäftsführer von Haufe Talent. Er transformierte den demokratisch strukturierten Geschäftsbereich der Haufe Group in eine agile Netzwerkorganisation und setzt sich intensiv mit Talent Experience und Team Performance auseinander. Er ist überzeugt, dass Business- und HR-Verantwortliche sich zukünftig auf Teams als die wahren Leistungsträger von erfolgreichen Unternehmen fokussieren sollten. Er ist einer der führenden Experten zum Thema Agile Transformation. Seine langjährige HR-IT-Cloud-Erfahrung sowie sein umfassendes Know-how für New Work und Agilität bilden die Grundlage seiner Arbeit.