Agiles Mindset? Ich wüsste da etwas viel Besseres!
Seit einigen Jahren schreibe ich darüber, dass Agilität ein guter Anfang – aber noch nicht die Lösung ist, um mit Komplexität umzugehen. Meine Argumentation lautet, dass die Veränderung von Strukturen und Prozessen nicht genügt, weil sie sich nur auf das rational Fassbare, das explizit Bewusste und Wiederholbare bezieht.
Inzwischen lese ich vermehrt, dass Agilität ein Agiles Mindset benötige, um zu funktionieren, dass es um das SEIN gehe und nicht nur die Methoden. Liebe Leute, genau das habe ich ja gesagt! Allerdings ist SEIN weit mehr als ein Mindset und wenn die Differenz verstanden ist, dann eröffnet sich ein anderer Umgang mit Komplexität. Dieser Artikel wird den Unterschied aufdröseln.
Was ist ein agiles Mindset?
Unter einem Mindset versteht man die innere Einstellung, die Denken, Fühlen und Handeln steuert. Verändert sich das Denken, dann verändert sich das Verhalten. Das Mindset ist kein starres Korsett, sondern ein veränderliches Set von Überzeugungen, welches sich durch Lernerfahrungen entwickelt. Die Inhalte des Mindsets sind teilweise bewusst und teilweise unbewusst.
Das agile oder auch growth Mindset, welches die Psychologie-Professorin Carol Dweck erforscht hat, führt zu einer Sichtweise, die auch in Misserfolgen Chancen sieht und Fehler als Möglichkeit betrachtet sich weiterzuentwickeln. Nassim Nicholas Taleb hat den Begriff der Antifragilität geprägt, wenn man Unbekanntem und Neuem bejahend gegenübersteht.
Sollte man Mindsets verändern?
Selbst wenn man Mindsets prinzipiell verändern kann, sollte man es ausschließlich in den Fällen tun, wo eine starke, intrinsische Motivation vorhanden ist. Alle ungefragten Eingriffe in die Wirklichkeitskonstruktion von Menschen bergen das Risiko eine Verhärtung, statt einer Veränderung zu bewirken.
Nehmen wir trotzdem einmal an, ein neuartiger Mindset-Impfstoff hätte die Wirkung, die Mindsets von Menschen auf die agile Ebene zu boosten, die der integralen Bewusstseinsstufe des Modells Spiral Dynamics entspricht. Dann würden Unternehmen viele Mitarbeiter verlieren, weil sie gar nicht darauf vorbereitet sind, wandlungswilligen Menschen entsprechende Entfaltungsräume zu bieten.
Menschen, die Wandel mühelos bewerkstelligen warten nicht darauf, dass sich die Umstände verschlechtern, um sich neue Aufgaben zu suchen. Sie wollen lebenslanges Lernen und Entwicklung statt Beständigkeit. Ihr Fokus liegt nicht auf dem Zuwachs von Einkommen und Status, Festanstellungen haben auf sie eher abschreckende als beruhigende Wirkung. Ihre Berufswege sind transitorisch, denn sie möchten möglichst viele Facetten entfalten und unterschiedliche Dinge tun. Für sie ist Wandel das Beständige im Leben.
Unternehmen sind also gut beraten, sich gemeinsam mit ihren Mitarbeitern in Richtung Wandlungsfähigkeit zu entwickeln und dabei jedem sein persönliches Tempo zuzugestehen. Das Erfolgsrezept der Natur ist Diversität, Mischwald statt Plantage. Konzepte, die einheitliche Strukturen oder bestimmtes Verhalten erfordern sind zu starr, um zukunftsfähig zu sein.
Wandel ist notwendig
Unbestritten ist die Tatsache, dass Organisationen sich wandeln müssen, und zwar aus zweierlei Gründen. Zum einen funktionieren die Logiken des traditionellen Wirtschaftens, die auf vernünftiger Planung und konsequenter Umsetzung basierten nicht mehr in einer volatilen, komplexen VUKA-Welt.
Zum anderen formulieren Mitarbeiter, Kunden und Gesellschaft Ansprüche an Nachhaltigkeit, Partizipation, Sinn und Gemeinwohlorientierung, die mit dem ökonomischen Erfolg verbunden werden sollen. Es ist ein Paradigmenwechsel vom mechanischen zum lebendigen Paradigma des bewussten Wirtschaftens. Das erfordert eine neue Qualität in der Entwicklung und Führung von Organisationen.
Die Paradoxie der Agilität
Das Konzept der Agilität möchte Lösungen für die VUCA-Welt liefern. Das bedeutet Hilfestellung im Umgang mit dem Unbestimmten, Veränderlichen, nicht Eindeutigen, Komplexen. Wie sollten dann ausgerechnet bestimmte Strukturen, Prozesse und Mindsets die Antwort sein?
Sämtliche Methoden, Modelle und Frameworks sind Produkte des Verstandes, der das Konkrete, Bestimmte, Begrenzte der Wirklichkeit erfasst und ihre kausale Beziehung untersucht. Es sind Lösungen für den effizienten Umgang mit Ressourcen. Allerdings besteht das Hauptproblem nicht in der ineffizienten Nutzung der Ressourcen, sondern darin, dass
- zwei Drittel aller Mitarbeiter keine Bindung an ihren Arbeitgeber haben (Gallup Studien) und Dienst nach Vorschrift machen,
- das Innovationstempo von Unternehmen viel zu langsam ist,
- Menschen unter Stress und Sinnmangel leiden.
Kulturwandel und Innovationstempo sind die Stellschrauben für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen. Hier grundlegende Verbesserungen herbeizuführen, gelingt aber nicht durch Festlegungen, sondern durch Integration des Lebendigen und der Sinnebene. Die Natur ist das Vorbild für den Umgang mit Komplexität, denn sie hat multiple Dimensionen und nur eine lässt sich mit Ursache-Wirkung-Denken erfassen.
Die Natur der Komplexität
Die Dynamik ist die zweite Wirklichkeit, die GEISTIGE Dimension, die in allem Materiellen implizit enthalten ist, weil die Welt eine doppelte Natur hat. (Die Schreibweise in Großbuchstaben bezieht sich auf die Dimension, normale Schrift auf den personalen Geist). Die nonduale, nonkausale, unteilbare Dimension des GEISTES befindet sich – vollkommen unbemerkt vom Verstand – in, zwischen und hinter den Dingen.
Materie ist untrennbar mit der inneren, lebendigen Dimension des GEISTES verbunden, wie die Mystik schon immer wusste und die Quantenphysik bereits vor 100 Jahren bewiesen hat. Diese Erkenntnis ist aber noch immer nicht in das allgemeine Wissenschaftsverständnis eingezogen, so dass sich Wissenschaft vor allem auf wiederholbare Phänomene bezieht und damit die Lebendigkeit der Komplexität ignoriert.
Als Folge davon ist ein mechanisches, rationales Weltbild entstanden, welches wesentliche Bereiche der Wirklichkeit ausgrenzt. So ist es nicht verwunderlich, dass Change Prozesse, die mit rationalen Strategien betrieben werden, regelmäßig an der Lebendigkeit der Wirklichkeit scheitern.
Wenn die Wirklichkeit dynamisch und die Lösungen mechanisch sind, dann ist Scheitern vorprogrammiert.
Weil Menschen duale Wesen aus Materie und Geist sind, sind sie in jedem Entwicklungsstadium mit der Dimension des GEISTES verbunden, es unterscheidet sich nur der Grad der Bewusstheit dieser Tatsache. Im Geist des Menschen liegen Visionsfähigkeit, Kreativität, Intuition sowie die Sehnsucht nach etwas, was die eigene Person und das Profane übersteigt. Das Bedürfnis nach Transzendenz, nach Ausdehnung, Erkenntnis und Glückseligkeit ist das Wesen der Seele, die nicht nur eine Innerlichkeit des Menschen darstellt, sondern Ausdruck seines ganzen SEINS ist. Man könnte auch sagen, dass die Seele das Un-Bewusste, Bewusste und Über-Bewusste vereint.
Jetzt haben wir den Unterschied zum Mindset gefunden, es ist die Integration der Dimension des GEISTIGEN, des Absoluten, Unbestimmten, Unendlichen. Die Seele verbindet konkretes Denken (Verstand) und dynamisches Denken (Bewusstsein, Geist). Sie drückt sich in allem aus, was Menschen tun, in ihren Autos, Pullis und ihrer Arbeitsweise. Die bewusste Seelenentwicklung ist ein Prozess, der üblicherweise nach der Persönlichkeitsentwicklung bedeutungsvoll wird und in Kontakt mit der Seele zu sein ist das, was dem Leben Sinn verleiht.
„Die Zukunft gehört denen, die die Möglichkeit erkennen, bevor sie offensichtlich werden.“ – Oscar Wilde
Holistisches Change Management
Die Dimension des GEISTIGEN zu integrieren ist nicht nur der Weg zum Sinn des Lebens, sondern auch zur Zukunftsfähigkeit von Unternehmen. In der Ausrichtung auf Ganzheitlichkeit erschließen sich die Potenziale für
- die Identifikation mit der Vision des Unternehmens, wodurch Mitarbeiterbindung entsteht.
- die Steigerung von Kreativität und Innovation.
- Die Verbindung von Ökonomie, Sinn und Leistungsfreude.
Es stellt sich nur die Frage, wie man etwas integrieren soll, das sich dem Zugriff durch den Verstand entzieht. Für dieses Problem habe ich eine pragmatische Lösung gefunden:
Ich arbeite mit Energie, weil sie die Verbindung von Materie und GEIST ist, aber kein explizites Verständnis der geistig-dynamischen Dimension erfordert.
Wenn die Dinge fließen und nicht erkämpft werden müssen, ist man im Einklang mit der holistischen Ordnung der Wirklichkeit. Menschen, welche die energetische Ebene integrieren, verbessern ihre Lebenswirklichkeit sprunghaft.
Energie steuert alle Funktionen des Lebens. Alles, was es auf der Welt gibt, unterliegt den Kräften der Natur, so auch Organisationen. Wundern Sie sich gelegentlich darüber, dass manche Prozesse mühelos gelingen und andere trotz größter Anstrengung nicht? Haben Sie auch schon beobachtet, dass sich Erfolg nicht einfach wiederholen lässt, obwohl man die gleichen Dinge tut?
Die Natur organisiert sich selbst. Gegen ihre Prinzipien zu handeln, funktioniert langfristig nicht. Man kann mit Diäten ein paar Kilos verlieren und sich auf die Gegenreaktion des Körpers gefasst machen, denn alles in der Natur wird von kompetitiven Kräften gesteuert. Statt Unerwünschtes zu bekämpfen, entzieht man ihm die Aufmerksamkeit und damit die Energie. Wer die Einheit der Gegensätze versteht, kann Paradoxien und Widersprüche auflösen.
Es geht also darum im Einklang mit den Kräften der Natur zu handeln und bessere Ergebnisse mit weniger Aufwand zu erreichen. Das gelingt durch holistisches Handeln, dem Verständnis, dass Wirkung aus der Kombination von Energie, Intention, Timing, Aktivität, Kontext und Bewusstsein entsteht. Weil die Dinge dynamisch und veränderlich sind, müssen auch die einzelnen Schritte zu einem Ziel immer wieder variiert werden. Unmittelbarkeit ist der Schlüssel im Umgang mit Komplexität und unmittelbar ist das Denken der Seele. Sie erkennt die Gunst von Augenblicken, die perfekte Welle, die es zu surfen gilt, auch wenn der Plan ursprünglich anders lautete.
Zukunftsfähigkeit entsteht durch Energie und Leidenschaft, durch Anpassungsfähigkeit und Innovation.
Fazit
Alle Schwierigkeiten im Umgang mit Komplexität beruhen darauf, dass rationales Denken nur den mechanischen Teil der Wirklichkeit erfassen kann und die dynamische, zweite Natur, welche ständigen Wandel hervorbringt, verborgen bleibt. Mechanische Strategien sind kräftezehrend, begeistern Menschen nicht und erzielen wenig Innovation.
Wandel ist das Beständige im Leben, aber Wandel ist linear und sprunghaft, er ist konkret und abstrakt, sichtbar und unsichtbar. In der Ganzheit liegt der Schlüssel zu Fülle, Tiefe und Sinn des Lebens. Agile Mindsets reagieren positiv auf Veränderungen, aber sie integrieren noch nicht die Multidimensionalität der Wirklichkeit und bleiben im rationalen Denken.
Holistisches Denken nutzt die Dynamik der Komplexität, um Unternehmen in lebendige Organisationen zu wandeln, die Innovation und Kulturwandel aus ihren bislang ungenutzten Potenzialen entfalten und bessere Resultate mit weniger Aufwand zu erzielen. Es ist das Denken der Seele, welches die multiplen Dimensionen der Wirklichkeit erfasst und eine neue Qualität von Arbeit ermöglicht, die Ökonomie, Sinn und Leistungsfreude verbindet.
Für holistisches Change Management braucht es weder bestimmte Strukturen noch Mindsets. Es unterstützt die Wirksamkeit jeder Art von Organisationsstruktur, von traditionell bis agil, von Matrix bis Holakratie. Die allmähliche Anpassung an die Wirkprinzipien der Natur verwandelt Leistungsstress in Leistungsfreude – ohne zermürbende Veränderungsprozesse. Das Konzept Holistisches Change Management richtet sich an Unternehmen, die nach neuen Wegen suchen Arbeit sinnvoll, ethisch und erfolgreich zu gestalten, die einen Unterschied machen wollen.
Hinweise:
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Wenn Sie sich mit Silke Nierfeld über Holistisches Change Management austauschen wollen, können Sie dies leicht über https://insiderooms.de/ tun.
Silke Nierfeld hat im t2informatik Blog drei weitere Beiträge veröffentlicht:
Silke Nierfeld
Silke Nierfeld ist Transformationsexpertin, Zukunftsarchitektin, Philosophin und Executive Coach. Sie hat sich zeitlebens damit befasst, die Dinge hinter den Dingen zu erforschen, um das Leben von Menschen besser, leichter und sinnvoller zu gestalten. Ihr Anliegen ist eine Arbeitswelt, die den Begriff Work-Life-Balance überflüssig macht und Leistungsstress in Leistungsfreude wandelt.
Ihr holistisches Change Management Konzept ist verblüffend wirksam. Es transformiert Unternehmen in zukunftsfähige Organisationen, die gelassen mit den Herausforderungen der VUCA-Welt umgehen können. Die Integration unbewusster Dimensionen des Seins wandelt den Alltag von innen, es ist ein Game-Changer.
Kontaktieren Sie Silke Nierfeld, wenn Sie Innovation und Kulturwandel in Ihrem Unternehmen etablieren wollen – ohne zermürbende Change Prozesse.