Über Digitalisierung, künstliche Intelligenz und Big Data, über Bandbreite, Innovation und Transformation wurde schon viel geschrieben. Doch eine zentrale Frage bleibt vielerorts unbeantwortet: Worauf kommt es zukünftig eigentlich bei uns selbst an? Welches Mindset wird in der neuen, digitalen Welt benötigt? Und überhaupt, wie erziehen wir unsere Kinder, damit sie übermorgen bestehen können und erfolgreich sind?

Hier sind 10 Eigenschaften für ein Digital Mindset, das uns nicht erst in der Zukunft helfen wird, sondern bereits heute.

1. Neugier

#BeCurious! hat Steve Jobs einmal gesagt. Tatsächlich ist es die Grundlage für das lebenslange Lernen, das nie wichtiger war als heute, in einer Zeit, in der sich die Dinge rasant verändern. Neugier bedeutet gleichzeitig Offenheit für neue, digitale Themen und meint eine gewisse Veränderungsbereitschaft, die wir dringend benötigen, um uns von alten Gewohnheiten zu lösen.

2. Offenheit und großzügiges Teilen

#Sharingiscaring. Teilen als Mindset ist wesentlich, da es die Basis für echtes Netzwerken ist. Das gilt im Job zwischen Führungskräften und Mitarbeitern genauso wie zwischen Freunden und Familien, denn Vertrauen kann ich nur jemandem, der sich öffnet und den ersten Schritt macht. Methoden wie “Working out Loud” zeigen, wie Vernetzung auch durch die Nutzung digitaler Tools funktionieren kann, wenn ich großzügig bin und erstmal einmal in Vorleistung gehe.

3. Kritisches Hinterfragen

Wir leben schon heute in einer Welt, in der sich #fakenews kaum noch von echten Fakten unterscheiden lassen. Nur wer sich für Quelle und Kontext interessiert und Vorgekautes nicht einfach weiterverarbeitet, kann sich eine eigene und vor allem fundierte Meinung bilden, doch der Informationsfluss des Internets reißt schon heute nicht Wenige mit. Aus Zeitgründen werden oftmals nur noch Headlines konsumiert. Der schwedische Statistiker Hans Rosling schreibt in seinem von Bill Gates hochgelobten Buch “Factfulness”, dass unser Gehirn tatsächlich zu einer dramatisierenden Weltsicht tendiert, die selten der Realität entspricht.

Hinterfragen sollte man darüber hinaus natürlich auch den Status Quo in Unternehmen. Ein #dashabenwirschonimmersogemacht darf heute nicht mehr blind akzeptiert werden. Es gilt, die neuen Bedingungen der VUKA-Welt zu verstehen und neue Ideen aufzuwerfen. Steve Jobs nannte diese Kritiker 1997 die “Crazy Ones” in seinem berühmten Werbespot, und ergänzte treffend “who have no respect for the status quo.”

4. Kreativität und Teamorientierung

“Ihre Probleme hätten wir gerne!” Diesen genialen Slogan haben sich die Darmstädter Innovationsberater “Quäntchen & Glück” auf die Fahnen geschrieben. Hier wird deutlich, dass Probleme immer Chancen sind, die sich bieten, um kreativ etwas Neues zu entwickeln. Doch dazu braucht man eine gewisse Hacker-Mentalität. In Startup-Kreisen spricht man auch von Growth Hacking, denn die Frage lautet: Wie können wir schnell auf neuen Wegen zu neuen Zielen kommen? Und daraus resultierend: Wie können wir anders zusammenarbeiten?

Dazu muss man verstehen, dass Diversität eine fundamentale Rolle spielt, um im Team kreativ zu sein, denn nur der Austausch von heterogenen Perspektiven lässt neue Herangehensweisen entstehen. Kreativität ist eine Haltung, die jeder einnehmen kann, der unzufrieden mit dem Stand der Dinge ist. Innovationen sind dringend erforderlich, können aber nur von denen konzipiert werden, die die Fähigkeit haben, “out of the box” zu denken.

5. Empathie

Um gemeinsam kreativ zu sein, müssen wir uns in andere hineinversetzen können: Warum tickt der Kollege wie er tickt? Was erwartet er? Im Zusammenhang mit der digitalen Transformation sind oft auch die digitalen Vorreiter, also die Early Adopter, gefragt, empathisch zu sein, gerade wenn ältere Kollegen “nicht mitspielen”. Man denke zum Beispiel an Mitarbeiter, die die Nutzung des Social Intranets konsequent verweigern, dafür aber weiter Mails schreiben. Wer hier empathisch ist, erkennt die Gründe dieses Abwehrverhaltens, entdeckt Gewohnheiten und Motivationen und kann so positiv einwirken, indem der individuelle Mehrwert erklärt wird.

6. Permanent Beta: Kundenzentriert denken

Unternehmen, die weiter stur ihre Produkte verscheuern möchten wie in den 90ern und sich nicht fragen, ob es den Kunden heute noch interessiert, werden sich zukünftig wundern. Banken zum Beispiel stehen gerade vor der großen Frage: Was will der Kunde? Will er nur noch digitales Banking oder erwartet er Filialen? Oder doch beides?

Das bedeutet natürlich, dass man gerade bei der Entwicklung neuer Lösungen den Kunden früh in die Entwicklung einbindet und Feedback einholt. Der renommierte Trendscout Raphael Gielgen nennt das #PermanentBeta, quasi das “Nie-Zu-Ende-Sein”. Produkte und Dienstleistungen sind heute nicht mehr fertig. Sie sind in ständiger Weiterentwicklung. Das sollte man immer bedenken.

7. Eigeninitiative und Verantwortungsbewusstsein

Apropos Weiterentwicklung. Wer sich Ziele setzt und einen Plan schmiedet, wie Michael Scofield in der amerikanischen TV-Serie “Prison Break”, der wird am Ende nicht nur erfolgreich, sondern auch glücklich sein. Schon der New Work-Philosoph Frithjof Bergmann predigte in den 70er Jahren Selbstwirksamkeit. Das bedeutet ganz konkret, dass man Verantwortung für seine Entscheidungen übernimmt, eigenständig denkt und Beschwerden keine Option sind. Der ehemalige russische Schachweltmeister Garri Kasparov betont in seinem Bestseller “How Life Imitates Chess” die Bedeutsamkeit, die eigenen Assets strategisch einzusetzen, und keine Ausreden zu suchen, wenn ein Zug sich als Fehler erweist. Schließlich sind Fehler kein Problem, wenn man daraus lernen kann.

8. Mut, Entscheidungen zu treffen und diese zu vertreten

Es ist nicht immer leicht, gegen den Strom zu schwimmen und sich nicht von gesellschaftlichen Konventionen binden zu lassen. Bei Twitter kursiert der Hashtag #Mutanfall seit einer ganzen Weile. Dahinter steckt die Idee des “Einfach mal machen”, auch wenn andere es weder verstehen noch gut heißen. Es lohnt sich, die eigenen Projekte in Ruhe zu reflektieren und dann bekanntes Terrain zu verlassen, um in eine unbekannte Welt aufbrechen wie bei der oft zitierten #Heldenreise. Das kann zum Beispiel ein Jobwechsel sein, bei dem man konsequent Nein zu einer weiteren Zusammenarbeit mit dem bisherigen Arbeitgeber sagt. Nein sagen heißt natürlich auch widersprechen. Das kommt nicht immer gut an, ist aber nötig für die eigene Entwicklung.

9. Flexibilität

Früher fraßen die Großen die Kleinen, dann die Schnellen die Langsamen. Heute fressen die Agilen die Trägen, die sich nicht anpassen können oder wollen. Die technologische Entwicklung schreitet durch die Digitalisierung mittlerweile exponentiell voran, so dass niemand mehr vorhersagen kann, welche Jobs es in 20 Jahren noch gibt, ob Bargeld noch eine Rolle spielt und ob selbstfahrende Autos unser Stadtbild dominieren. Klar ist allerdings, dass wir uns daran gewöhnen müssen, dass nichts bleibt wie es ist. Das kann man gut oder schlecht finden, man muss es am Ende des Tages akzeptieren und die Chancen darin suchen. Neue Geschäftsmodelle entstehen, denn Disruptionen zerbrechen alte Strukturen und Change wird zur Konstante. YouTuber Casey Neistat sieht darin einen großen Vorteil: “You don’t have to listen to anyone, because in this new world, no one knows anything”.

10. Optimismus

Die Deutschen sind nicht unbedingt berühmt dafür, voller Optimismus und Tatendrang in die Zukunft zu schauen, gerade in Sachen digitale Transformation. Doch nur wer verrückt genug ist zu glauben, die Welt verändern zu können, wird es bekanntlich am Ende auch tun. Wer glaubt, dass die 4 digitalen Supermächte (#Gafa) die Welt ohnehin schon unter sich aufgeteilt haben, der wird resignieren. Wer allerdings mit einem festen Glauben an den eigenen Erfolg nach vorne schaut und sich über Pivots, also Wendungen, freuen kann, der wird von der Digitalisierung profitieren.

Fazit

Die Digitalisierung, die von vielen Beobachtern als Technisierung missverstanden wird, erfordert ein ganz neues Mindset, um dauerhaften Change als Chance zu sehen. Routinen, die es jahrzehntelang in der Wirtschaft gab, haben längst ausgedient. Wissenspyramiden in Unternehmen bröckeln, Karrieren werden neu definiert, neue Jobs entstehen und alte verschwinden. Tatsächlich erleben wir eine digitale Revolution, die unsere Gesellschaft nachhaltig verändern wird. Gerade die Schulen sollten die “Future Skills” in den Mittelpunkt stellen, damit unsere Kinder später nicht mit Robotern konkurrieren, sondern durch Kreativität, Empathie und Neugier bestechen. Alibaba-Chef Jack Ma hielt dazu 2018 eine vielbeachtete Rede beim “World Economic Forum” in Davos, Schweiz. Darin brachte er es auf den Punkt: “We cannot teach our kids to compete with machines. Teachers must stop teaching knowledge. We have to teach something unique, so a machine can never catch up with us. We need to be teaching our children values, believing, independent thinking, teamwork, care for others. The knowledge will not teach you that.”

 

Hinweise:

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Gabriel Rath
Gabriel Rath

Gabriel Rath, Jahrgang 1980, ist ein Social Media-Experte, der als Senior Konzepter Digital bei der Internetagentur Mandarin Medien arbeitet. Zuvor war er Kommunikationsmanager bei der OstseeSparkasse Rostock, arbeitete bei den Hamburger Agenturen Scholz & Friends und DDB Germany als Community Manager und als Marketingmanager bei einem Rostocker Startup. In seiner Freizeit bloggt der zweifache Familienvater über sein Leben zwischen Daddymodus und Digital Life, tritt als Rapper auf und organisiert die Netzwerk-Eventreihe 12min.me.