Lohnt sich Content Marketing?
Wir bei t2informatik betreiben seit einigen Jahren Content Marketing. Also glauben wir auch an den Sinn und Erfolg von Content Marketing. Damit können Sie aufhören, diesen Beitrag zu lesen.
Halt!
Das stimmt nur bedingt. Denn nur weil wir etwas glauben und tun, heißt das noch lange nicht, dass Sie es in Ihrer und für Ihre Organisation auch so tun sollten. Ja, wir veröffentlichen regelmäßig Blogbeiträge, und ja, wir betreiben mit “Wissen kompakt” auch ein Online Glossar. Und? Sollten Sie das auch tun? Lohnt sich Content Marketing für Sie? Ich hoffe zumindest, dass es sich lohnt, den Artikel weiterzulesen! 😉
Was viele Berater*innen über Content Marketing sagen
Stellen Sie sich vor, Sie fragen einen Fußballtrainer nach der besten Sportart. Was wird er wohl sagen? Was hält ein Podcaster für das beste Format, um Wissen zu vermitteln? Und wie gefallen einem YouTuber Videos?
Es ist nicht überraschend, dass Berater*innen mit einem Fokus auf Content Marketing von Content Marketing überzeugt sind. Podcaster werden von den Vorteilen von Podcasts schwärmen und YouTuber werden YouTube als zweitgrößte Suchmaschine der Welt anpreisen (aber praktisch nie erwähnen, ob das auch für Sie relevant ist). Schwierig wird es in Gesprächen oder Präsentationen, wenn Sie Sätze hören wie: “Mit Content Marketing …
- … können Sie sich von der Konkurrenz abheben.”
- … stellen Sie Ihre Zielgruppe in den Mittelpunkt.”
- … steigern Sie ihre Reichweite und Bekanntheit.”
Stimmt. Können Sie. Unter Umständen. Möglicherweise. Irgendwann. Vielleicht aber auch nie oder es bekommt kaum jemand mit.
Was sagen Berater*innen bspw. noch? Sie empfehlen Ihnen, nach Keywords aus Ihrem Umfeld zu suchen. “Long Tail Keywords sind besonders wichtig, denn Menschen suchen nach ‘auto rot berlin’. Diese Menschen wollen Sie gewinnen. Natürlich ist die Anzahl der Suchanfragen genau nach diesem Begriff viel geringer als bei ‘Auto’, aber damit treffen Sie genau diejenigen, die ein rotes Auto in Berlin suchen.” Cool. Problem erkannt. Text geschrieben. Und? Nichts passiert! “Hey, ich hebe mich doch von der Konkurrenz ab. Ich stelle die Zielgruppe in den Mittelpunkt. Wieso passiert nichts?”
Eine Antwort auf die Frage lautet: “Holistik”. Holistik leitet sich von Holismus – der Ganzheitslehre – ab. Es ist die Vorstellung, dass natürliche Systeme und ihre Eigenschaften als Ganzes und nicht nur als Zusammensetzung ihrer Teile zu betrachten sind.¹ Um es einfach auszudrücken: Es reicht nicht, einmal etwas über rote Autos zu veröffentlichen. Und das ist auch gut so. Es verhindert nämlich, dass Unternehmen, die sich über einen langen Zeitraum im Internet eine Position und Bekanntheit aufgebaut haben, morgen wieder aus dem Ranking verschwinden, nur weil zufällig 100 neue Artikel über wunderbar rote Autos erscheinen, mit denen junge Familien im Berliner Umland schöne Ausflüge machen können.
Was Berater*innen nicht über Content Marketing sagen
Interessant ist, was Berater*innen nicht über Content Marketing sagen. Schon vor einigen Jahren wurde bekannt, dass 60 Prozent der Klicks bei Google auf dem ersten Link landen. 60 Prozent! 6 von 10 Klicks bekommt der erste Link. Wer bei Google auf Platz 2 liegt – und das ist bei vielen Keywords sehr schwierig – ist der erste Verlierer. Sorry, das klingt hart. Platz 2 kämpft um die verbleibenden 40 Prozent. Doch das ist noch nicht einmal die schlechte Nachricht für alle Anhänger von Content Marketing!
Vor einigen Wochen wurde publik, dass inzwischen mehr als 30 Prozent der Google-Suchanfragen überhaupt nicht mehr zu einem Klick führen. 100 Leute suchen, und mindestens 30 davon klicken auf kein Ergebnis. Das liegt an Google, denn die Plattform stellt viele Informationen inzwischen so prominent dar, das Fragen auch ohne Klick beantwortet werden. Google rückt die Suchenden in den Mittelpunkt und das sehr konsequent. Wenn ich exemplarisch nach “Bundespräsident” suche, erhalte ich als Teil meines individuellen Suchergebnisses eine Informationsbox:
Mit Ausnahme des Namens des deutschen Bundespräsidenten werden so viele Informationen direkt präsentiert, dass mindestens 30 von 100 Leuten nicht weitersuchen. In diesem Fall dürften es vermutlich sogar deutlich mehr sein. Und – daran sieht man wie gut Google ist – es gibt die Option, Feedback zu geben und Fehler zu korrigieren. Irgendwann bietet Google auch die Möglichkeit, fehlende Informationen wie den Namen des Bundespräsidenten zu ergänzen. Wikipedia lässt grüßen.
Wenn 30 Prozent der Suchenden auf gar keine Links klicken, verbleiben 70 Prozent. Von denen klicken 60 Prozent auf den ersten Link. Mit anderen Worten: wenn Sie nicht auf Platz 1 ranken, konkurrieren Sie mit Ihrem Content um 28 von 100 Suchenden. Natürlich könnten Sie jetzt einwenden, dass die gesamte Rechnung nur auf “Hörensagen” basiert. Stimmt. Vielleicht ist es sogar noch schlimmer!
Aber: das ist immer noch nicht die schlimmste Nachricht für die Freunde von Content Marketing. Was ist der erste Link bei Google? Häufig sind die ersten vier Links Anzeigen. Werbung. Gekaufte Positionen. Nach den vier Anzeigen erscheint Google Maps mit lokalen Anbietern. Es ist nicht selten, dass der erste organische Link – also der mit dem “besten”, zur Suchanfrage passenden Content – erst an Position 8 auftaucht. Viel Spaß beim Kampf um Position 8.
Paid Traffic versus Organic Traffic
“Content-Marketing ist eine Marketing-Technik, die mit informierenden, beratenden und unterhaltenden Inhalten die Zielgruppe ansprechen soll, um sie vom eigenen Unternehmen und seinem Leistungsangebot oder einer eigenen Marke zu überzeugen und sie als Kunden zu gewinnen oder zu halten.”² Gibt es eine Alternative, um mit Ihren Inhalten Zielgruppen anzusprechen? Paid Traffic vielleicht?
Paid Traffic ist der Versuch, über eine gekaufte Position im Ranking, Suchende zu einem Besuch zu verleiten. Damit ist Paid Traffic das Gegenteil von Organic Traffic. Organic Traffic basiert auf einer organischen Position, die Sie unter anderem über die Qualität Ihrer Inhalte erhalten. Unter anderem, denn Ranking basiert auch auf einem Markenfaktor; nicht jeder Wikipedia-Artikel ist besser als die Inhalte auf den folgenden Seiten, aber Wikipedia genießt ein hohes Ansehen, so dass Google entsprechende Inhalte gerne an Postion 1 listet.
Paid Traffic erhalten Sie durch das Einwerfen von Geldmünzen. Sie kaufen sich die Position pro Keyword mit Höchstgeboten und Tageslimits. Es ist eine Abkürzung, um Suchende auf Ihre Inhalte und Angebote aufmerksam zu machen. Lohnt sich diese Abkürzung? Ist sie günstiger als Content Marketing?
Für einen Vergleich von Paid Traffic mit Organic Traffic könnten Sie versuchen, “Mitarbeiter*in x Stundensatz x Anzahl der Stunden” zu rechnen, um die Kosten für “ein Stück Content” zu ermitteln. Leider ist das eine Milchmädchenrechnung, denn ein wesentlicher Aspekt fehlt: ich nenne es Ranking-Zeit. Nur weil ein Text zu einem Thema produziert wird, rankt dieser Text nicht. Wer Content Marketing betreiben möchte, braucht Geduld. Viel Geduld. Der Nachteil von Content Marketing ist die Zeit, die benötigt wird, bis der Content “wirkt”, er also rankt und Besucher anzieht. Genau an dieser Stelle kommt der Vorteil von Paid Traffic zum Tragen. Durch Paid Traffic müssen Sie nicht Wochen oder Monate auf ein langsames Steigen im Google Ranking warten. Sie schlagen der Ranking-Zeit ein Schnippchen. Klingt gut, oder? Zumindest auf den ersten Blick.
Für einen zweiten Blick lohnt sich die Betrachtung von Paid Traffic. In Google Adwords können Sie nachgucken, was ein Klick auf einen bezahlten Link kostet. Je nach Keyword variieren die Kosten. Je mehr Wettbewerber sich um ein Keyword bemühen, desto höher ist der Preis. Angebot und Nachfrage. Kostet ein Klick bspw. 5 Euro, dann kosten 10 Klicks 50 Euro und 20 Klicks 100 Euro. Wollen Sie pro Tag 20 Klicks für ein konkretes Keyword erhalten (natürlich immer unter der Voraussetzung, dass es auch 20 Suchanfragen nach dem gewünschten Keyword pro Tag gibt) und das jeden Tag im Monat, müssen Sie pro Monat 3.000 Euro investieren. Und hier sehen Sie den großen Nachteil von Paid Traffic. Im Beispiel sind es 3.000 Euro pro Monat für ein Keyword. Kostet es 10 Euro pro Klick, wären es schon 6.000 Euro. Vielleicht wenden Sie jetzt ein, dass ein Keyword ja nicht 5 oder 10 Euro kosten muss. Stimmt. Es gibt sehr viele Keywords, die deutlich mehr als 100 Euro pro Klick kosten. Aua.
Es ist naheliegend, dass die Kosten von Paid Traffic der wesentliche Nachteil gegenüber organischem Traffic sind. Aus meiner Sicht sprechen aber noch einige weitere Aspekte gegen Paid Traffic als Alternative zu organischem Traffic bzw. Content Marketing:
- Die Anzahl der Keywords. Kaum ein Unternehmen hat nur ein Keyword im Fokus. Bei t2informatik monitoren wir derzeit bspw. 647 Keywords. Wir ranken mit 10.436 Keywords. Viele der Rankings haben einen Wert, der den Kosten entspricht, die wir ausgeben müssten, um die entsprechende Position zu kaufen. Interessanterweise wird dieser Gedanke bei der Betrachtung von Content Marketing häufig übersehen. Content Marketing erzeugt nicht nur Reichweite und Bekanntheit, sondern auch Werte.
- Die meisten Unternehmen haben nicht einmal die Mittel, die maximale Reichweite für ein einzelnes Keyword zu generieren. Ihnen fehlen entsprechende Geldmittel. Kein Wunder: Wird ein Keyword 5.000 Mal im Monat gesucht und ein Klick kostet 5 Euro, wären das 25.000 Euro pro Monat. Wer kann sich so etwas leisten?
- Und last but not least: Paid Traffic ist endlich. Schmeißen Sie keine Geldeinheiten nach, versiegt der Traffic.
Alleine aus diesen Überlegungen ergeben sich einige Schlussfolgerungen:
- Paid Traffic kann immer nur eine Ergänzung zu Organic Traffic sein.
- Je teurer ein Klick pro Keyword wird, desto mehr lohnt sich Content Marketing.
- Je mehr Keywords Sie besetzen wollen, desto mehr lohnt sich Content Marketing.
Und was bedeutet das jetzt für Sie und Ihr Content Marketing?
Ihre konkrete Situation
“Lohnt sich Content Marketing?” ist eine relativ allgemeine Frage. Versuchen wir es etwas konkreter: Wenn Sie mich fragten, ob es sich für Sie lohnt, einen neuen, eigenen Blog aufzusetzen, weiß ich nicht, was ich sagen würde. Vermutlich würde ich einige Fragen stellen, um Ihren Kontext und Ihre Möglichkeiten zu verstehen:
- Warum wollen Sie einen Blog betreiben? Was erwarten und erhoffen Sie sich davon?
- Wie viel Zeit können Sie für das Schreiben von neuen Artikeln investieren? (Vorsicht: wer nicht geübt ist, braucht sehr viel länger für einzelne Artikel als es den Anschein hat. Und: selbst bei geübten Schreiberlingen kann es lange dauern.)
- Wie viel Beiträge könnten Sie pro Jahr schreiben?
Alleine diese wenigen Fragen bzw. die Antworten darauf liefern viele Informationen zum Diskutieren. Daher in aller Kürze: Sagen wir, Sie wollen einen Blog aufsetzen, weil es ein hervorragendes Mittel ist, um praktische Erfahrungen zu teilen, und Sie können einen Tag pro Woche investieren.
Wenn Sie mit meiner Geschwindigkeit arbeiten würden, dann könnten Sie so einen Beitrag pro Woche veröffentlichen. Selbst wenn Sie den Artikel in Perfektion in 4 Stunden geschrieben, gelayoutet, strukturiert und mit Grafiken versorgt, mit Meta-Informationen angereichert, auf eine sinnvolle Keyworddichte geachtet, und synonyme Begriffe verwendet haben, promotet haben Sie den Artikel noch nicht.³ Ohne Promotion funktioniert gerade zu Beginn ein Blog kaum.
Rechnerisch ergeben sich bei einem Blogbeitrag pro Woche 52 Beiträge pro Jahr. Aufgrund von Urlauben und Feiertagen werden es kaum mehr als 40 in der Realität sein. 40 Beiträge zu Ihren Themen – das ist eine tolle Leistung. Respekt, wenn Ihnen das gelingt. Doch leider sind es nur 40 Beiträge. Es gibt viele gute Blogs von Einzelkämpfern mit über 500 Beiträgen. Es gibt Blogs mit täglichen neuen Beiträgen. Und trotz Ihrer schreibenden Genialität: warum sollte sich Google für Ihren wöchentlichen Beitrag interessieren? Mit jedem Ihrer Beiträge konkurrieren Sie mit allen Beiträgen zu demselben Thema. Mit Beiträgen, die mit ziemlicher Sicherheit auf Websites veröffentlicht werden, die im Vergleich eine höhere Reputation genießen. Ups. Wer hat gesagt, dass Content Marketing einfach wäre?!
Es gibt verschiedene Wege aus diesem Dilemma. Vermutlich verlangt niemand von Ihnen, einen Blog zu betreiben. Sie können gute Inhalte, Meinungen, Erfahrungen auf unterschiedlichen Wegen publizieren. Sie können Reichweite fernab von Ihrer Website aufbauen oder die Reichweite von anderen nutzen. Sie können ganz klassisch Bücher schreiben, PDFs oder Folien als Downloads in Portalen anbieten, Sie können Beiträge auf anderen Websites kommentieren, oder Gastbeiträge veröffentlichen. Sie können an Webinaren und Konferenzen teilnehmen oder sich in Podcasts interviewen lassen. Tatsächlich gibt es unendlich viele Optionen, Ihre Informationen und Ansichten zu kommunizieren. Und je besser, informativer, unterhaltsamer, ja wertvoller Ihr Inhalt ist, desto schneller erreichen Sie damit Ihre Ziele und Vorstellungen.
Content Marketing …
Einen letzten Gedanken möchte ich Ihnen noch mitgegeben: Google liefert mit seinem Ranking eine Wahrheit. Mein Glück möchte ich davon nicht abhängig machen. Tatsächlich basiert das Ranking auf vielen Faktoren. Die wichtigen Faktoren sollten Sie beachten und Ihre Inhalte entsprechend über die Zeit optimieren. Das Schöne an Content Marketing ist für mich persönlich etwas anderes: Mit Content Marketing sind Sie in der Lage, eine Position für einzelne Begriffe zu erreichen, die man Ihnen und Ihrer Organisation vielleicht gar nicht zutraut. Es ist ein tolles Gefühl, wenn Sie mit Ihren Informationen vor dem Content von Global Playern gelistet werden. Für viele großere Organisationen spielt Content Marketing keine große Rolle, das lässt sich leicht von außen an der Qualität von Texten und Inhalten erkennen. Content Marketing ist die Chance, in einem konkreten Bereich “besser zu sein” als alle anderen. Und damit ist auch eins klar: Content Marketing lohnt sich!
Hinweise:
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[1] Holismus: https://de.wikipedia.org/wiki/Holismus
[2] Content Marketing: https://de.wikipedia.org/wiki/Content-Marketing
[3] Manche Berater*innen werden ggf. auf den Unterschied zwischen Seeding – als kostenloser Verteilung von Inhalten im Internet – und Promotion – als bezahlte Variante des Seedings – hinweisen – aber auf solche Hinweise würde ich wenig Wert legen.
Michael Schenkel hat im t2informatik Blog weitere Beiträge veröffentlicht, u. a.
Michael Schenkel
Leiter Marketing, t2informatik GmbH