Gamification
Inhaltsverzeichnis: Definition – Psychologische Mechanismen – Anwendungsbereiche – Chancen und Herausforderungen – Fragen aus der Praxis – Hinweise
Wissen kompakt: Gamification ist der Einsatz spieltypischer Elemente in nicht-spielerischen Kontexten, um Motivation, Engagement und Verhalten zu fördern.
Gamification – spielerisch zum Erfolg
„100 Punkte! So viele Punkte bringt mir dieses Bild ein. Damit rücke ich im weltweiten Ranking auf Platz 35.327 vor! Yes!“
Was auf den ersten Blick wie ein Ausruf aus einem Videospiel klingt, ist in Wirklichkeit die Reaktion eines Menschen, der mit einer speziellen App Kunstwerke eines französischen Künstlers im öffentlichen Raum aufspürt und fotografiert. Warum er das tut? Weil es ihm Spaß macht. Weil er so mit offenen Augen durch die Stadt geht und sie intensiver wahrnimmt. Weil er sich wie ein Jäger und Sammler fühlt. [1]
Und was steckt hinter dieser Motivation? Gamification.
Unter Gamification – manchmal auch Gamifikation, Gamifizierung oder schlicht Gaming genannt – versteht man die Anwendung spieltypischer Elemente in einem nicht spielerischen Kontext. Dazu gehören Punkte, Ranglisten, Abzeichen, Levels oder Herausforderungen, die eingesetzt werden, um Motivation, Engagement und Verhalten zu beeinflussen. [2]
Das Prinzip ist nicht neu – bereits in den 1980er Jahren experimentierten Unternehmen mit spielerischen Mechanismen zur Mitarbeitermotivation. [3] Den Begriff „Gamification“ prägte jedoch Nick Pelling um das Jahr 2002. Seitdem hat sich das Konzept in vielen Bereichen etabliert, von der Bildung über das Marketing bis hin zu Fitness-Apps und betrieblichem Gesundheitsmanagement.
Gamification nutzt psychologische Prinzipien, um Menschen zu motivieren. Sie spricht den natürlichen Spieltrieb an, nutzt Belohnungssysteme und schafft oft eine gewisse Wettbewerbssituation. Ob in der Schule, in der Arbeitswelt oder in Freizeit-Apps – Gamification ist längst Teil unseres Alltags geworden und verändert die Art und Weise, wie wir lernen, arbeiten und interagieren.
Die psychologischen Mechanismen von Gamification
Gamification ist deshalb so effektiv, weil es tief verwurzelte psychologische Prinzipien anspricht. Sie nutzt Mechanismen der Motivations- und Verhaltenspsychologie, kognitive Prozesse und emotionale Reaktionen, um Menschen zu motivieren und ihr Verhalten positiv zu beeinflussen:
1. Menschliche Grundbedürfnisse
Der Erfolg der Methode beruht darauf, dass sie grundlegende menschliche Bedürfnisse anspricht. Ein zentrales Bedürfnis ist der Wunsch nach sozialer Anerkennung und Status. Menschen schätzen es, wenn ihre Leistungen sichtbar sind und gewürdigt werden. Fortschritte in Form von Punkten, Abzeichen oder Rankings vermitteln das Gefühl, Teil einer größeren Gemeinschaft zu sein und im Vergleich zu anderen besser abzuschneiden.
Auch das Bedürfnis nach Kompetenz und Beherrschung spielt eine wichtige Rolle. Menschen streben danach, ihre Fähigkeiten zu erweitern, Herausforderungen zu meistern und sich ständig zu verbessern. Angemessene Schwierigkeitsgrade, Fortschrittsanzeigen und gezielt hervorgehobene Erfolgserlebnisse regen dazu an, sich intensiver mit einer Aufgabe oder einem Thema zu beschäftigen und dabei immer besser zu werden.
Ein weiteres Grundbedürfnis ist Autonomie. Menschen wollen selbstbestimmt handeln und Entscheidungen treffen. Wahlmöglichkeiten erlauben es, verschiedene Wege zum Ziel zu wählen. Sei es durch alternative Spielmodi, unterschiedliche Schwierigkeitsgrade oder personalisierte Ziele – Nutzer fühlen sich stärker involviert, wenn sie selbst entscheiden können, wie sie vorgehen wollen.
Darüber hinaus ist die soziale Bindung ein wesentlicher Faktor. Der Mensch ist ein soziales Wesen und sucht den Austausch mit anderen. Kooperation und Wettbewerb steigern die Motivation und fördern das Zusammengehörigkeitsgefühl. Das Teilen von Erfolgen, das gemeinsame Lösen von Aufgaben und der freundschaftliche Wettbewerb sorgen für ein tieferes Engagement und eine langfristige Motivation.
2. Motivationspsychologie
Motivation ist die treibende Kraft hinter menschlichem Verhalten. Sie entsteht sowohl durch äußere Anreize als auch durch innere Freude an einer Tätigkeit. Äußere Belohnungen wie Punkte, Abzeichen oder Ranglisten sorgen oft für einen schnellen Einstieg in eine gamifizierte Umgebung. Sie können jedoch langfristig an Wirkung verlieren, wenn sie nicht mit weiteren motivierenden Elementen kombiniert werden.
Innere Motivation hingegen entsteht, wenn Menschen Spaß an einer Aufgabe haben, darin eine persönliche Herausforderung sehen oder sich weiterentwickeln wollen. Eine ansprechende Gestaltung, spannende Herausforderungen und ein angenehmes Nutzererlebnis fördern diesen Effekt. Besonders wirkungsvoll ist der Übergang von äußerer zu innerer Motivation: Nutzer beginnen vielleicht wegen der Belohnungen, bleiben aber langfristig dabei, weil sie die Tätigkeit selbst als bereichernd empfinden.
Ein zentraler Aspekt der Motivationspsychologie ist die Selbstbestimmungstheorie. Sie besagt, dass Menschen dann besonders engagiert und motiviert sind, wenn drei psychologische Grundbedürfnisse erfüllt sind: Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit. Eine gelungene Umsetzung vermittelt das Gefühl, selbstbestimmt zu handeln, die eigenen Fähigkeiten zu erweitern und sich mit anderen verbunden zu fühlen.
Ein weiterer wichtiger Mechanismus ist der so genannte Flow-Zustand. Dieser beschreibt einen Zustand völliger Vertiefung und Konzentration, in dem Menschen ihre Umwelt ausblenden und sich ganz auf eine Aufgabe konzentrieren. Dies wird erreicht, indem Aufgaben so gestaltet werden, dass sie herausfordernd, aber nicht überfordernd sind. Die stetige Steigerung des Schwierigkeitsgrades und die Möglichkeit, sich kontinuierlich zu verbessern, sorgen dafür, dass der Nutzer im Flow bleibt und motiviert weitermacht.
3. Verhaltenspsychologie
Diese Methode beeinflusst das Verhalten durch gezielte psychologische Mechanismen:
- Häufiger treten Verhaltensweisen auf, die belohnt werden. Positive Verstärkung in Form von Abzeichen, Fortschrittsanzeigern oder Prämien für regelmäßige Aktivität schafft eine konditionierte Motivation, sich immer wieder einer Aufgabe zu widmen.
- Unmittelbares Feedback verstärkt die Motivation zur Wiederholung. Wenn eine Aktion sofort eine Reaktion auslöst – z.B. durch eine Punktanzeige oder eine visuelle Belohnung – entsteht ein Verstärkungseffekt, der das gewünschte Verhalten stabilisiert.
- Regelmäßige Interaktionen fördern langfristig neue Verhaltensweisen. Wiederholte kleine Belohnungen und kontinuierliche Herausforderungen tragen dazu bei, dass Nutzer immer wieder zurückkehren und so eine Gewohnheit entwickeln.
4. Kognitive Mechanismen
Spielerische Elemente können kognitive Prozesse erleichtern und das Lernen sowie die Entscheidungsfindung unterstützen. Dabei spielt die kognitive Entlastung eine wichtige Rolle. Komplexe Aufgaben oder Abläufe werden durch klare Strukturen verständlicher. Fortschrittsanzeigen, visuelle Belohnungen oder schrittweise Herausforderungen helfen, Überforderung zu vermeiden und den Nutzer durch den Prozess zu führen.
Ein weiterer wirksamer Mechanismus ist die narrative Einbindung. Geschichten und kontextbezogene Erzählungen binden Menschen emotional ein und machen eine Aufgabe spannender. Wenn Nutzer sich mit einer Geschichte identifizieren können oder das Gefühl haben, Teil einer größeren Erzählung zu sein, bleiben sie länger motiviert und engagiert.
Auch die Zielsetzung ist ein entscheidender Faktor. Menschen lassen sich besonders gut motivieren, wenn sie klare, erreichbare Ziele vor Augen haben. Zwischenziele und sichtbare Fortschritte helfen, das Gefühl der Machbarkeit zu erhalten und die Motivation langfristig aufrecht zu erhalten.
5. Emotionale Aspekte
Emotionen haben einen großen Einfluss auf Verhalten und Motivation:
- Das Belohnungssystem des Gehirns wird aktiviert, wenn Ziele erreicht oder Abzeichen erworben werden. Dies führt zur Ausschüttung von Dopamin, was den Wunsch nach weiteren Erfolgen steigert.
- Herausforderungen und spielerische Elemente machen auch langweilige oder schwierige Aufgaben angenehmer. Positive Emotionen steigern das Engagement und fördern die langfristige Bindung an eine Aktivität.
- Der Umgang mit Rückschlägen wird gestärkt, wenn Herausforderungen gezielt eingesetzt werden. Wer häufig scheitert, aber immer wieder versucht, besser zu werden, entwickelt eine höhere Frustrationstoleranz und damit eine höhere Resilienz.
Fazit: Der Einsatz spielerischer Elemente ist deshalb so effektiv, weil er auf grundlegenden psychologischen Prinzipien aufbaut. Es spricht menschliche Grundbedürfnisse an, motiviert durch Belohnung und Herausforderung und beeinflusst das Verhalten durch gezielte Mechanismen. Kognitive Prozesse werden vereinfacht, emotionale Reaktionen verstärken die langfristige Bindung. Durch den gezielten Einsatz dieser Mechanismen können sowohl Lernprozesse als auch Verhaltensweisen nachhaltig verbessert werden.
Anwendungsbereiche von Gamification
Gamification ist längst kein Trend mehr, sondern ein bewährtes Konzept, um Menschen zu motivieren und Verhaltensweisen positiv zu beeinflussen. Ob in der Bildung, im Gesundheitswesen oder im Marketing – spielerische Mechanismen wie Punkte, Belohnungen oder Ranglisten fördern Engagement, Ehrgeiz und langfristige Bindung. Doch welche Anwendungsbereiche gibt es genau und wie profitieren sie von Gamification?
Bildung und E-Learning: Wissen spielerisch vermitteln
Warum sich durch trockene Lehrbücher quälen, wenn Lernen auch Spaß machen kann? Lernplattformen und Apps wie Duolingo, Kahoot! oder Quizlet motivieren Schüler und Erwachsene mit Levels, Badges und Rankings. In Schulen und Unternehmen steigern interaktive Lernspiele die Aufmerksamkeit und sorgen dafür, dass Wissen nachhaltig gespeichert wird. Gerade in der digitalen Bildung sind spielerische Herausforderungen ein Schlüssel zur Motivation.
Unternehmen und Arbeitsplatz: Produktivität steigern
Langweilige Mitarbeiterschulungen und monotone Tätigkeiten gehören der Vergangenheit an. Unternehmen setzen zunehmend auf Gamification, um die Motivation ihrer Mitarbeiter zu steigern. Interaktive Trainingsplattformen belohnen abgeschlossene Module mit Punkten oder Abzeichen. Vertriebsteams messen sich in Verkaufswettbewerben und digitale Feedbacksysteme wie Microsoft Viva oder SAP SuccessFactors nutzen Gamification zur Mitarbeiterbindung. Selbst das Bewerbermanagement profitiert: Unternehmen wie Google oder PwC testen Bewerber mit spielbasierten Herausforderungen.
Gesundheit und Fitness: Spielerisch aktiv bleiben
Gesundheitstracker und Apps wie Fitbit, Nike Run Club oder MyFitnessPal motivieren mit Fortschrittsbalken, Tageszielen und virtuellen Belohnungen zu einem gesünderen Lebensstil. Wer 10.000 Schritte am Tag schafft, erhält einen Badge, wer regelmäßig trainiert, steigt in der Rangliste auf. Gamification wird auch in der Therapie eingesetzt: Apps helfen chronisch Kranken, ihre Medikamenteneinnahme spielerisch zu organisieren oder unterstützen die Rehabilitation durch Challenges.
Marketing und Kundenbindung: Mehr als Werbung
Marken setzen Gamification gezielt ein, um Kunden zu binden und die Interaktion mit ihren Produkten zu erhöhen. Erfolgsmodelle sind unter anderem McDonald’s Monopoly, das jährlich Millionen von Kunden anzieht, oder Payback, das mit einem Belohnungssystem die Kundenbindung stärkt. Auch Apps wie Starbucks Rewards nutzen spielerische Mechanismen, um das Kaufverhalten zu beeinflussen. Unternehmen bieten zudem interaktive Kampagnen mit Augmented Reality (AR) oder Sammelwettbewerbe an, um Kunden stärker in ihre Markenwelt einzubinden.
Suchmaschinenoptimierung (SEO): Bessere Platzierung durch Gamification
Gamification hat auch in der digitalen Welt Einzug gehalten. Google und andere Suchmaschinen bewerten Webseiten nach Qualität und Relevanz – quasi ein Punktesystem für Inhalte. Je besser ein Artikel optimiert ist (z.B. durch Lesbarkeit, Verlinkung und Keyword-Dichte), desto höher wird er in den Suchergebnissen gelistet. Auch SEO-Tools wie Yoast SEO oder SEMrush setzen auf Gamification, indem sie den Nutzern zeigen, wie sie ihre Inhalte verbessern können, um einen höheren Score und damit ein besseres Ranking zu erzielen.
Nachhaltigkeit und Umweltschutz: Spielerisch die Welt verbessern
Warum nicht mit Gamification die Welt ein bisschen besser machen? Initiativen wie Too Good To Go oder Ecosia belohnen nachhaltiges Verhalten: Nutzer sparen durch Suchanfragen Lebensmittel oder pflanzen Bäume. Recycling-Apps wie recycl.io oder Pfandgeben.de motivieren mit Punktesystemen und Challenges zur Mülltrennung. Auch Smart Cities setzen auf Gamification: Städte wie Amsterdam nutzen Apps, um ihre Bürger zu umweltfreundlichem Verhalten zu motivieren, zum Beispiel durch Belohnungen für Fahrradfahrten.
Private Nutzung: Gamification im Alltag
Nicht nur Unternehmen oder Institutionen profitieren von spielerischen Elementen – auch im privaten Bereich begegnet uns Gamification täglich. Viele Menschen nutzen Geocaching, eine Art digitale Schnitzeljagd mit GPS-Koordinaten, um spielerisch die Welt zu entdecken. Familien belohnen ihre Kinder mit Punkten für erledigte Hausarbeiten und selbst Dating-Apps wie Tinder nutzen Gamification-Elemente: Wer besonders aktiv ist, steigt in der Sichtbarkeit.
Ob beim Lernen, Arbeiten, Einkaufen oder in der Freizeit – Gamification ist überall und macht selbst alltägliche Aufgaben spannender. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt!
Chancen und Herausforderungen bei Gamification
Der Einsatz spielerischer Elemente hat sich in vielen Bereichen als wirksames Mittel erwiesen, um die Motivation zu steigern, das Lernen zu erleichtern und die Nutzer langfristig zu binden. Ob in der Bildung, im Marketing oder im Geschäftsleben – interaktive Mechanismen machen Prozesse attraktiver und effizienter. Neben diesen vielversprechenden Möglichkeiten gibt es jedoch auch Herausforderungen, die bei der Umsetzung berücksichtigt werden müssen. Während kreative Anreize das Potenzial haben, Menschen zu begeistern und positives Verhalten zu fördern, können sie bei falscher Anwendung auch Frustration oder Manipulation hervorrufen.
Werfen wir einen Blick auf Chancen bzw. Vorteile:
- Motivation und Engagement werden erhöht. Durch Elemente wie Punkte, Levels oder Belohnungen fühlen sich Nutzer stärker angesprochen und bleiben länger aktiv.
- Lernen und Informationsaufnahme werden verbessert. Spielerische Methoden fördern die Interaktion und helfen, komplexe Inhalte leichter zu verstehen und langfristig zu behalten.
- Die Kundenbindung wird erhöht. Belohnungssysteme wie Bonuspunkte oder exklusive Vorteile sorgen dafür, dass Konsumenten regelmäßig mit einer Marke oder einem Produkt interagieren.
- Gesundes oder nachhaltiges Verhalten wird gefördert. Fitness-Apps oder Nachhaltigkeitsprogramme motivieren Menschen, sich bewusster zu ernähren, mehr zu bewegen oder umweltbewusster zu handeln.
- Motivation und Leistung der Mitarbeitenden werden gesteigert. Unternehmen nutzen interaktive Ansätze, um Schulungen attraktiver zu gestalten oder durch Wettbewerbe die Produktivität zu steigern.
- Psychologische und therapeutische Maßnahmen profitieren von spielerischen Elementen. Verhaltensänderungen können erleichtert werden, z.B. in der Suchtprävention oder bei Therapieansätzen.
Neben den Chancen gibt es aber auch einige Herausforderungen:
- Nicht jede Strategie mit spielerischen Elementen führt automatisch zum gewünschten Erfolg. Neben den vielen Vorteilen gibt es auch einige Herausforderungen, die beachtet werden müssen, um nachhaltige und positive Effekte zu erzielen.
- Kurzfristige Motivation kann langfristigen Nutzen verhindern. Wenn Belohnungen nicht dauerhaft relevant bleiben, kann das Interesse schnell nachlassen. Die Herausforderung besteht darin, nachhaltige Anreize zu schaffen.
- Manipulative Mechanismen können zu einer Überreizung führen. Nutzer können unbewusst zu ungesundem Verhalten verleitet werden, z.B. durch exzessive Nutzung von Apps oder zwanghaftes Sammeln von Belohnungen.
- Nicht jeder profitiert gleichermaßen von diesen Methoden. Was für eine Zielgruppe funktioniert, kann für eine andere völlig wirkungslos sein, weshalb eine gezielte Anpassung notwendig ist.
- Frustration oder Demotivation können die Folge sein. Wenn Spielmechaniken schlecht gestaltet sind oder die Nutzer das Gefühl haben, keine realistische Chance auf Erfolg zu haben, kann der Effekt negativ sein.
- Oft sind hohe technische und finanzielle Ressourcen erforderlich. Insbesondere für kleine Unternehmen oder Bildungseinrichtungen kann die Umsetzung kostspielig und technisch anspruchsvoll sein.
- Datenschutzrechtliche und ethische Fragen sind zu berücksichtigen. Die Sammlung und Nutzung von Nutzerdaten erfordert Transparenz und einen verantwortungsvollen Umgang, um Probleme zu vermeiden.
Gamification bietet also viele Chancen, Menschen zu motivieren, Wissen zu vermitteln oder Verhalten zu beeinflussen. Gleichzeitig müssen Herausforderungen wie Datenschutz, nachhaltige Motivation und faire Mechanismen berücksichtigt werden. Ein durchdachter und verantwortungsvoller Einsatz ist sicherlich der Schlüssel zum langfristigen Erfolg.
Fragen aus der Praxis
Hier finden Sie einige Fragen und Antworten aus der Praxis:
Was ist der Zusammenhang zwischen Gamification und Nudging?
Gamification und Nudging sind beides Strategien, die darauf abzielen, menschliches Verhalten zu beeinflussen – allerdings mit unterschiedlichen Ansätzen und Mechanismen. Beide Konzepte nutzen psychologische Prinzipien, um Menschen zu bestimmten Handlungen zu motivieren. Sie sollen Verhalten in eine gewünschte Richtung lenken, ohne dabei Zwang auszuüben. Und beide Konzepte arbeiten mit positiven Verstärkungen, um Menschen zu motivieren. Gamification nutzt Belohnungen, Punkte oder Ranglisten, während Nudging mit unbewussten Anreizen wie Entscheidungsarchitektur oder veränderten Kontexten arbeitet.
Kriterium | Gamification | Nudging |
Mechanismus | Setzt auf spielerische Elemente wie Punkte, Abzeichen, Levels oder Ranglisten. | Nutzt subtile Veränderungen in der Entscheidungsumgebung, um gewünschtes Verhalten zu fördern. |
Bewusstheit der Nutzer | Nutzer sind sich der spielerischen Anreize bewusst und nehmen aktiv daran teil. | Menschen bemerken oft nicht, dass ihr Verhalten durch einen sanften Schubser beeinflusst wird. |
Beispiel im Gesundheitsbereich | Eine Fitness-App belohnt tägliche Schritte mit Punkten und Abzeichen. | Eine Kantine platziert gesunde Lebensmittel auffälliger als ungesunde, um gesündere Entscheidungen zu fördern. |
Eingriffsintensität | Direkter Einfluss durch extrinsische Motivation (z. B. Belohnungssysteme). | Indirekter Einfluss durch Veränderung des Kontexts und unbewusste Verhaltenssteuerung. |
Zielgruppe | Oft für Menschen geeignet, die sich aktiv motivieren lassen möchten. | Eignet sich besonders für Situationen, in denen Entscheidungen meist unbewusst getroffen werden. |
Was ist der Unterschied zwischen Game-Based Learning und Gamification?
Im Gegensatz dazu setzt Gamification darauf, bestehende Lernprozesse durch spielerische Anreize motivierender zu gestalten. Dabei werden keine eigenständigen Lernspiele entwickelt, sondern bestehende Systeme mit Elementen wie Punkten, Badges, Fortschrittsbalken oder Rankings angereichert. Ein Beispiel hierfür ist Duolingo, bei dem die Nutzer für regelmäßiges Üben belohnt werden. Auch Online-Kurse nutzen Fortschrittsbalken und Zertifikate, um die Teilnehmer zu motivieren. Der wesentliche Unterschied liegt also in der Tiefe der spielerischen Integration: Während Game-Based Learning das Spiel selbst als primäres Lernmedium nutzt, bleibt Gamification ein ergänzendes Element, das den Lernprozess attraktiver gestaltet.
Beide Konzepte haben das gemeinsame Ziel, den Lernprozess zu optimieren, jedoch mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Game-Based Learning eignet sich besonders für kontextbezogenes, exploratives Lernen, während Gamification häufig in standardisierten Lernumgebungen oder zur Steigerung der Langzeitmotivation eingesetzt wird. In der Praxis können beide Ansätze auch kombiniert werden, z.B. wenn ein Lernspiel zusätzlich Fortschrittsanzeigen oder Belohnungssysteme enthält, um die Motivation weiter zu steigern.
Kriterium | Game-Based Learning (GBL) | Gamification |
Art der Integration | Lernen erfolgt direkt innerhalb eines Spiels. | Bestehende Lernprozesse werden mit spielerischen Elementen angereichert. |
Lernprozess | Spieler erlernen Wissen und Fähigkeiten durch Spielen selbst. | Spielerische Mechaniken motivieren zum Lernen, beeinflussen aber nicht direkt die Lerninhalte. |
Beispiel | Eine Simulation zum Finanzmanagement, in der Spieler ein Unternehmen führen. | Ein Lernportal, das Fortschrittsbalken und Badges für abgeschlossene Module vergibt. |
Interaktivität | Hohe Interaktion mit der Spielwelt, Lernen durch aktives Problemlösen. | Interaktion erfolgt oft durch Belohnungssysteme oder Herausforderungen. |
Übrigens: Serious Games und Game-Based Learning (GBL) sind nicht dasselbe, auch wenn sie sich stark überschneiden. Der Hauptunterschied liegt in der Perspektive: Serious Games sind ein Produkt: Sie sind eigenständige Spiele mit einem Bildungs- oder Trainingszweck. Game-Based Learning ist eine Methode: Es beschreibt, wie Spiele (egal ob Serious Games oder kommerzielle Spiele) für Lernzwecke genutzt werden. Oder anders formuliert: Jedes Serious Game kann im Game-Based Learning genutzt werden, aber nicht jedes Game-Based Learning erfordert ein Serious Game.
Was versteht man unter aktivem und passivem Gamification?
Die Gamification kann in aktive und passive Varianten unterteilt werden, je nachdem, wie stark die Nutzer in den spielerischen Prozess eingebunden sind. Aktive Gamification erfordert eine bewusste Interaktion mit den Spielelementen, bei der die Nutzer Aufgaben lösen, Herausforderungen meistern oder Entscheidungen treffen müssen. Sie sind direkt in eine spielähnliche Umgebung eingebunden und werden durch Fortschritt, Wettbewerb oder direkte Belohnungen motiviert.
Im Gegensatz dazu wirkt passive Gamification eher subtil im Hintergrund, ohne dass die Nutzer aktiv „spielen“. Hier werden spielerische Elemente genutzt, um unbewusst Motivation und Engagement zu fördern, beispielsweise durch Fortschrittsbalken, Belohnungssysteme oder personalisierte Empfehlungen. Die Nutzer nehmen diese Elemente wahr, interagieren aber nicht aktiv damit. Beide Ansätze können kombiniert werden, um Nutzer zu motivieren und langfristig an eine Plattform oder ein System zu binden.
Beispiele für aktive Gamification:
- Duolingo: Nutzer sammeln Punkte und schalten Level frei, indem sie aktiv Sprachübungen absolvieren.
- Kahoot! (Lernquiz): Spieler treten in einem Quiz gegeneinander an und erhalten Punkte für richtige Antworten.
- Nike Run Club: Nutzer erhalten Abzeichen für erreichte Laufziele.
Beispiele für passive Gamification:
- Netflix & Spotify empfehlen Inhalte auf Basis des Nutzerverhaltens und präsentieren diese als „Quests“ (z.B. „Weil Sie X gesehen haben, könnten Sie Y mögen“).
- Amazon Prime zeigt „Erfolge“ an (z.B. „Sie haben dieses Jahr 10 Bestellungen abgeschlossen“).
- LinkedIn Fortschrittsbalken bei der Profilerstellung: Nutzer fühlen sich motiviert, ihr Profil zu vervollständigen.
Impuls zum Diskutieren:
Wie viel Potenzial bleibt ungenutzt, weil wir Arbeit, Lernen oder Kundeninteraktion nicht spielerisch gestalten?
Hinweise:
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[1] Die App heißt Flash Invaders; mir ihr sammeln Anwenderinnen und Anwender Punkte beim Fotografieren von Mosaiken, die der Künstler Invader überall auf der Welt verteilt.
[2] Karl M. Knapp fasst die Definition etwas weiter. Demnach umfasst Gamification ein breites Spektrum von Ansätzen – von einfachen Spielelementen bis hin zu komplexen Spielumgebungen. Sie nutzt Spielmechaniken, Ästhetik und Denkweisen, um Nutzer zu fesseln, zum Handeln zu motivieren, Lernprozesse zu fördern und Problemlösungen zu erleichtern. Siehe: The Gamification of Learning and Instruction: Game-based Methods and Strategies for Training and Education
[3] Friedrich Schiller betonte bereits 1795 in seinen Briefen Über die ästhetische Erziehung des Menschen: „…Das Spiel ist eine menschliche Leistung, die allein in der Lage ist, die Ganzheitlichkeit der menschlichen Fähigkeiten hervorzubringen … Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“ Und der Kulturhistoriker Johan Huizinga schrieb 1938 in Homo Ludens: „Ich behaupte nicht, dass die Kultur aus dem Spiel hervorgeht, sondern dass sie im Spiel wächst, und auch, dass sie in manchen Fällen ihren Spielcharakter behält, wo man es nicht erwartet oder sich dessen nicht bewusst ist, kurz, wie oft Spiel und Ernst in der Kultur untrennbar sind oder ineinander übergehen.“
Und hier finden Sie ergänzende Informationen aus unserer t2informatik Blog: