Service als Kern des Geschäfts

Gastbeitrag von | 03.04.2018

Serviceorientierung als Grundlage von allem.

Diesen Beitrag schreibe ich gerade im Zug auf der Strecke von Dresden nach Frankfurt am Main. Es ist der Tag nach dem Winterwochende Anfang März 2018. Gerade ist der Schaffner durchgekommen und hat jedem Fahrgast ein Fahrgastrechte-Formular ausgehändigt. Weil wir in Frankfurt mindestens eine Stunde Verspätung haben werden. Keine Frage, Verspätung ist immer Mist. Die Frage für mich als Kunde ist, wie geht der Serviceanbieter damit um? Gibt es rechtzeitige und transparente Informationen? Muss ich um meine Rechte kämpfen oder nicht?

In meinem Fall und für mich hat die Deutsche Bahn alles richtig gemacht. Im Gegensatz zur Lufthansa. Denn eigentlich wollte ich die Reise mit dem Flugzeug antreten. Als ich heute Morgen gegen 3 Uhr mein Handy einschaltete, wartete die Meldung auf mich, dass mein Flug annulliert wurde. Keine Info warum. Keine Hinweise auf meine Rechte. Und mein Ersatzflug geht am nächsten Tag. Mache ich nun meine Rechte geltend, wird sich die Lufthansa auf das Wetter berufen und damit höhere Gewalt. Das kenne ich schon, habe ich diesen Winter schon mehrfach hinter mir.

Sehen Sie den Unterschied? Bei wem fühle ich mich als Kunde ernstgenommen?

Geistige Ausrichtung auf das Dienen

Hat das vielleicht was mit der Serviceorientierung der Unternehmen zu tun? Ich glaube ja. Für das Wort habe ich vor einiger Zeit eine wunderschöne Definition gefunden:

„Serviceorientierung beschreibt die ständige geistige Ausrichtung eines Mitarbeiters auf alle für das Dienen bedeutsamen Sachverhalte.“¹ Perfekt wäre die Definition, wenn wir sie um die Business Capabilitys (Fähigkeiten, die ein Unternehmen besitzt oder benötigt) erweitern. In etwa so: „Serviceorientierung beschreibt die ständige Ausrichtung der Unternehmensfähigkeiten und der Mitarbeiter auf alle für das Dienen bedeutsamen Sachverhalte.“ Wobei wahrscheinlich schon die geistige Ausrichtung der Mitarbeiter ausreicht, um den Rest zu erreichen.

Schauen Sie bitte mal in Ihr Unternehmen. Wie sieht es mit der Serviceorientierung gegenüber Ihren Kunden aus? Wie sieht es mit der Serviceorientierung Ihrer internen Serviceeinheiten wie Personal, Finanzen oder IT aus?

IT und Service?

Ich kenne mich recht gut in IT-Abteilungen aus und meine Diagnose: Da ist noch viel Raum für Verbesserungen! Oder anders ausgedrückt: Machen wir in der IT so weiter wie bisher, werden viele IT-Abteilungen verschwinden.² Der Service und die damit verbundene Ausrichtung auf das Dienen, sind der Schlüssel, um für das eigene Unternehmen einen Wert zu liefern. Was macht einen Service aus? Denken Sie bitte an Ihre letzte Taxifahrt: Sie haben den lokalen Taxiruf gewählt, gesagt wo Sie ein Taxi brauchen, das Fahrzeug kam wenig später, fuhr Sie zum Ziel und dort haben Sie bezahlt.

Das alles gehört zum Service. Der Service entlastet mich als Konsument. Ich brauche mir keine Gedanken zu machen, wie ich von A nach B komme, was es kostet und wie ich bezahlen kann. Das gehört alles zum Service. Und ich konsumiere den Service nur, wenn ich ihn tatsächlich benötige.

Services sind attraktiv für den Kunden

Das macht den Servicegedanken auch für unsere Unternehmen so attraktiv. Und genau darauf setzen die ganzen externen Provider und Cloud-Anbieter. Sie haben eine klare Beschreibung ihrer Leistung zu einem definierten Preis. Allein das ist so attraktiv für viele Fachabteilungen und Unternehmen, dass das IT-Budget immer weiter zu Gunsten Externer zusammengestrichen wird.

Dabei haben wir als interne IT-Abteilungen einen riesigen Vorteil: Wir haben unser internes Ökosystem; einen Podcast zu diesem Thema könnten Sie unter https://different-thinking.de/oekosysteme-ecosystems/ hören. Wir kennen die Vision, die Pläne, die Probleme und Wünsche unserer Fachabteilungen. Wir können Services anbieten, die genau diese adressieren. Wir können eine Leistung Ende-zu-Ende bieten. Wir können den Kunden glücklich machen. Das gelingt uns leider nur viel zu selten! Wenn Sie an Ihre internen IT-Services denken, wie stark sind folgende Punkte ausgeprägt:

  • Das Unternehmen realisiert mit dem Service einen Nutzen für das Geschäft, den es ohne den Service nicht oder nur schlechter realisieren könnte.
  • Der Service ist verständlich beschrieben und der Kunde weiß auf den ersten Blick, welchen Nutzen der Service hat. Er weiß, was er erwarten kann und was nicht Teil des Service ist.
  • Es gibt einen definierten Preis für den Service. Dieser Preis steht in einem sinnvollen Verhältnis zu dem Nutzen, der mit dem Service realisiert wird.
  • Es gibt einen definierten Weg, wie der Service bestellt und gekündigt werden kann.
  • Die Zeit bis zur Auslieferung des Service ist definiert und liegt in einem sinnvollen Rahmen.
  • Es gibt abgestimmte Qualitätsparameter für den Service, die auch gemessen werden.
  • Es gibt in der IT eine Person, die für den Service und die Serviceerbringung verantwortlich ist. Diese Person verfügt über alle notwendigen Befugnisse in der internen Organisation, um die Qualität sicherzustellen.

Und zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?

Services weiterentwickeln

Unternehmer, IT-Leiter und alle IT-Mitarbeiter dürfen daran arbeiten, dass der Umgang mit der internen IT genauso einfach wird wie Taxifahren – bestellen, einsteigen, bezahlen, aussteigen.

Und dass damit noch nicht das Optimum erreicht ist, zeigen Weiterentwicklungen wie mytaxi. mytaxi hat sich diesen Ablauf und das Geschäftsmodell genau angeschaut und verbessert: Bestellen per App, Bezahlen per App und Rechnung gleich in meinem Mailpostfach. mytaxi bedient sich einer bestehenden Infrastruktur und veredelt diese mit eigenen Leistungen.

Genau, das kann Ihre interne IT auch! Sie können Betriebsleistungen am Markt einkaufen und genau das draufsetzten, was Ihr Unternehmen braucht, um noch besser am Markt agieren zu können.

Sie dürfen Service-Architektur wie Lego begreifen: Es gibt Bausteine zu kaufen, die Sie nutzen können, um ein einmaliges Bauwerk zu errichten. Sie schaffen sich Grundbausteine an wie E-Mail, Storage, Virtualisierung usw. Wenn Sie diese haben, können Sie die internen Gestehungskosten mit den Preisen am Markt vergleichen. Damit können Sie entscheiden, wo Sie die Leistung einkaufen. Der externe Markt hat Vor- und Nachteile – nicht nur der Preis ist entscheidend – er ist ein guter Indikator.

Serviceorientierung verankern

Das Zusammenspiel unterschiedlicher Provider zu orchestrieren, wird immer mehr die Aufgabe der internen IT-Abteilung sein. Dazu empfehle ich Ihnen die Lektüre des Artikels „Die IT als „Two-Side-Market“ meines geschätzten Kollegen Dr. Peter Samulat. Damit Sie die interne IT als eine solche Plattform aufbauen können, dürfen Sie mir der Etablierung des Denkens in Services und Dienen – der Serviceorientierung – starten. Damit Sie eine Idee bekommen, was dabei Ihre nächsten sinnvollen Schritte sind, habe ich ein Arbeitsblatt für Sie entwickelt. Dieses leitet Sie durch 14 Fragen rund um die Serviceorientierung. Sie bekommen eine Idee, wo Sie heute stehen und definieren für die einzelnen Punkte konkrete Schritte! Hier können Sie das Arbeitsblatt beziehen.

14 Fragen zur Serviceorientierung

Hinweise:

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[1] https://web.archive.org/web/20111113183804/http://www.crm-erfolg.de/Weiterfuehrendes/Glossar.asp
[2] Dr. Peter Samulat hat dazu ein Buch veröffentlicht: “Vom Verschwinden der IT im Unternehmen: Business Value of IT – mehr als der nächste Hype?” Erschienen unter “CreateSpace Independent Publishing Platform”; Auflage: 1 (3. Dezember 2014), https://amzn.to/2G8X265

Robert Sieber
Robert Sieber

Robert Sieber ist Ex-CIO, Podcaster und Servicenerd. Seine Vision ist eine interne IT, die sich genauso einfach buchen, nutzen und bezahlen lässt, wie die Fahrt mit dem Taxi. Als Berater und Coach packt er ganz praktisch und pragmatisch bei seinen Kunden an, um mit ihnen echte Serviceorientierung dauerhaft zu etablieren. In seiner Freizeit betreibt er den IT-Management-Podcast. Zweimal im Jahr veranstaltet er das Servicenerds.Camp – ein Barcamp für alle, die Serviceorientierung leben. Robert Sieber ist offizieller OBASHI-Botschafter in Deutschland.