Konflikte im Mitarbeitergespräch
Inhaltsverzeichnis zum Aufklappen und eine Zusammenfassung zum Hören
Beispiel Nr. 1: „Was muss ich tun, um X % mehr zu bekommen?“
Beispiel Nr. 2: „Warum bekommt A mehr als ich?“
Beispiel Nr. 3: „Nur mit voller Punktzahl habe ich eine gute Leistung gezeigt“
Fazit: So reagieren Sie souverän auf schwierige Situationen in Mitarbeitergesprächen
Neu: t2informatik Blogcast: Konflikte im Mitarbeitergespräch – eine Zusammenfassung zum Hören in 1:51 Minuten
Wie Sie als Führungskraft souverän bleiben, wenn das Mitarbeitergespräch kippt
Führungskräfte haben es nicht leicht. In jedem Training wird ihnen eingetrichtert, dass sie besser zuhören, mitarbeiterorientierter führen und Konflikte möglichst schnell lösen sollten. Dabei machen die Mitarbeiter einem das Leben auch nicht einfach. Ausnahmen bestätigen die Regel. In diesem Artikel widme ich mich deshalb explizit drei „Mitarbeiter-Stöckchen“ über das sie als Führungskraft von nun an nicht mehr springen.
Als Mitarbeiter-Stöckchen bezeichne ich Killerphrasen oder sogar Manipulationstechniken, die vorsätzlich oder fahrlässig ein wertschätzendes Mitarbeitergespräch oder eine Leistungsbeurteilung scheitern lassen können. Das ist der Moment, in dem ihnen als Führungskraft die Spucke wegbleibt, weil sie wirklich keine Antwort parat haben oder die Behauptung des Mitarbeiters vielleicht einen wahren Punkt hat. Immer dann ist Vorsicht geboten. Aus meinem Trainingsalltag habe ich Ihnen drei Situationen mitgebracht, die Sie sicher gut nachvollziehen können und meinen Teilnehmern regelmäßig Schweißperlen auf die Stirn treiben.
Beispiel Nr. 1: „Was muss ich tun, um X % mehr zu bekommen?“
Ich gehe davon aus, dass Sie Ihre Hausaufgabe als Führungskraft richtig gemacht haben und es in Ihrem Interesse liegt, dass Sie weiter eine stabile Beziehung zu Ihrem Mitarbeiter haben. Sie haben sich also das ganze Jahr Notizen angefertigt und Ihr Feedback gut vorbereitet. [1] Eine Kombination aus falscher Durchführung, falschen Annahmen und der Vermeidung von Konflikten bildet die Grundlage für steigende Leistungszulagen. [2] Das sorgt bei vielen Mitarbeitern für eine regelrechte Konsumentenhaltung, in der es nahezu unmöglich erscheint, ehrliches – und ehrlich meint hier häufig negatives – Feedback zu vermitteln. Eine Rückstufung ist hier kaum noch vorstellbar und gleicht einer persönlichen Beleidigung.
In meinem Praxisbeispiel, sind Sie mitten im Gespräch und Ihr Mitarbeiter scheint Ihre Bewertung zu verstehen und sie mitzutragen, doch dann kommt die alles entscheidende Frage: „Was muss ich tun, um bei der nächsten Beurteilung X % mehr Geld zu bekommen?“.
In meinen Trainings erhalte ich regelmäßig diese Frage und sehe Fragezeichen in den Augen meiner Teilnehmer. Problematisch ist weniger die Frage an sich, sondern die Intention, die mit ihr mitschwingt. Wir können froh sein, wenn unser Mitarbeiter mehr Leistung zeigen will. Doch eben dieser Aspekt wird mitarbeiterseitig ignoriert und lediglich die Hand aufgehalten.
Sehen Sie sich mit dieser Frage konfrontiert, rate ich Ihnen dazu, die Intention hinter dem Geldwunsch genauer zu erörtern. Warum ist es dem Mitarbeiter ein wichtiges Anliegen, eine höhere Zulage zu erhalten?
- Ist es die Wertschätzung, die er oder sie sonst nicht von Ihnen erhält?
- Oder ist es ein interner Wettbewerb, in dem Ihr Gesprächspartner als Gewinner hervorgehen möchte?
- Vielleicht ist es auch der Kredit für das Haus, der Ihren Mitarbeiter nicht mehr ruhig schlafen lässt.
Erst wenn Sie die Absicht hinter den Aussagen verstanden haben, können Sie das Gespräch wieder in produktive Bahnen lenken. Entweder weil Sie nächste Schritte vereinbaren, die im Optimalfall wirklich zu einer höheren Zulage führen oder weil mögliche Ängste oder fehlende Wertschätzung auf anderen Wegen lösen als mit Geld.
Beispiel Nr. 2: „Warum bekommt A mehr als ich?“
Mein zweites Beispiel lebt nicht nur von persönlichen Befindlichkeiten, sondern auch von einer verzeihbaren Unkenntnis rund um das Thema Entgelt. In tariflich geregelten Entgeltstrukturen werden Stellen einer Entgeltgruppe zugeordnet. Je höher die Gruppe, umso höherwertiger ist die Arbeit und somit der Lohn. [3] Diesen Fakt muss man zwingend bei der Leistungsbeurteilung berücksichtigen, weil es zwei Folgen hat:
- Es sind nur Mitarbeiter vergleichbar, die in der gleichen Entgeltgruppe sind und
- Bei höheren Gruppen sind die Erwartungen höher.
Ein Vergleich mit anderen Mitarbeitern ist somit schlichtweg nicht möglich, auch wenn man scheinbar den gleichen Job macht. Hinzukommt, dass die Leistungsbeurteilung immer auch eine subjektive Leistungsfeststellung bleibt, der die klaren Bezugsgrößen, wie z. B. eine Stückzahl fehlen. In der Leistungsbeurteilung geht es um Sorgfalt, Wirksamkeit, Setzen von Prioritäten oder die Überzeugungsfähigkeit. Alle Beteiligten müssen mit dem Dilemma leben und umgehen lernen.
Kommen Sie in eine solche Situation, erklären Sie ihrem Mitarbeiter die eben erwähnte Systematik und verdeutlichen Sie die unterschiedlichen Erwartungen. Arbeiten Sie das gesamte Jahr eng mit Ihren Mitarbeitern an Ihrer Beziehung und thematisieren Sie dabei auch den Leistungsaspekt immer wieder. Gleichzeitig sollten Sie sich die Mühe machen, eine Leistung konkret und nach bestem Wissen und Gewissen zu beurteilen. Im letzten Artikel sprach ich von Beurteilungsfehlern [4] und dazu gehört auch, dass alle Kriterien unabhängig voneinander bewertet werden sollten.
Auch hier spielt die Intention der Mitarbeiter eine besondere Rolle, denn Sie sollten wissen, was Ihre Mitarbeiter antreibt, was ihnen wichtig ist bzw. welche persönlichen Aspekte sie auf die Palme bringen. Für die Leistungsbeurteilung heißt das, dass ein schlecht bewertetes Merkmal nicht bedeutet, dass alle anderen Merkmale ebenfalls schlecht bewertet werden müssen. Die Kriterien sind unabhängig voneinander. Ein wesentlicher Teil von Wertschätzung ist es, den kleinen, aber feinen Unterschied zwischen Mitarbeiter A und B auch herauszustellen.
Beispiel Nr. 3: „Nur mit voller Punktzahl habe ich eine gute Leistung gezeigt“
Die Frage zu meinem letzten Beispiel lässt sich kurz und bündig mit Nein beantworten. Wenn es immer so einfach wäre, bräuchten wir diesen Artikel nicht. Also gebe ich Ihnen einen Blick hinter das System und ihre Tücken. Die Leistungsbeurteilung im Entgeltrahmenabkommen findet auf fünf Stufen statt. Die mittlere Stufe legt fest, dass der Mitarbeiter seine Arbeit im vollen Umfang nachkommt. Er tut also das, was Sie von ihm verlangen. Fun Fact: Allein dafür sieht das System bereits eine Prämie vor.
Führungskräfte bekommen hier allerdings oft ein Thema, weil die Mitarbeiter genau diesen Fakt nicht nachvollziehen können. Die Mitte ist keine schlechte Leistung. Es honoriert bereits, dass Ihre Mitarbeiter ihren Job machen. Bei einigen Charakteren zählt allerdings nur die volle Punktzahl, was bedeuten würde, dass die Leistung die Anforderungen im besonderen Umfang übersteigt. Ich weiß, dass Sie den ein oder anderen Kandidaten im Team haben werden, der Ihnen genau erklärt, dass seine Leistung auch genau so besonders ist. Die Realität sieht aber oft anders aus.
Damit Sie nicht in eine solche Situation geraten, bietet es sich an, das System im Vorlauf der Beurteilung etwas genauer zu erläutern. Ihre Personaler werden Ihnen dabei sicherlich behilflich sein. Selbst im Gespräch sollten Sie dieses Detail immer wieder gerne erläutern, damit es nicht in Vergessenheit gerät. In diesem Zusammenhang kommt ein Aspekt gerne zu kurz und zwar die Frage: Ob es auf dieser Position eigentlich eine außerordentliche Leistung überhaupt braucht? Das bringt mich nämlich zurück zu den Zielen einer Beurteilung und des gekoppelten Mitarbeitergespräches.
Nutzen Sie die Gelegenheit, um gemeinsam mit ihrem Mitarbeiter über die zukünftige Entwicklung zu sprechen:
- Wo sieht sich der Mitarbeiter in fünf Jahren?
- Wie steht sie zum beruflichen Aufstieg?
- Welche Projekte möchte er übernehmen?
Auch hier ist es von großer Relevanz zu verstehen, was Ihre Mitarbeiter genau wollen. Auf diesem Weg können Sie sie als Führungskraft sehr gut begleiten.
Fazit: So reagieren Sie souverän auf schwierige Situationen in Mitarbeitergesprächen
Die drei beschriebenen „Mitarbeiter-Stöckchen“ sind nur ein Ausschnitt dessen, was im Führungsalltag auf Sie zukommen kann. Wer schon länger Personalverantwortung trägt, weiß, dass Gesprächssituationen selten nach Drehbuch verlaufen. Entscheidend ist daher weniger die perfekte Antwort auf jede Killerphrase. Viele Konflikte entstehen beispielsweise aus Intransparenz. Erklären Sie daher so früh wie möglich, wie Leistungsbeurteilungen ablaufen, welche Kriterien gelten und welche Entscheidungsspielräume bestehen. Wenn Mitarbeitende den Prozess nachvollziehen können, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich unfair behandelt fühlen.
Notizen über das Jahr hinweg sind ein guter Anfang, doch wirklich hilfreich ist eine kontinuierliche Beobachtung und Rückmeldung. Setzen Sie kurze, quartalsweise Feedbackgespräche an, in denen Sie sowohl Lob als auch Verbesserungspotenziale ansprechen. So verhindern Sie, dass sich Unzufriedenheit anstaut und erst beim offiziellen Jahresgespräch eskaliert. Außerdem gewinnen Sie ein klareres Bild davon, welche Entwicklungsschritte realistisch sind.
Ein Mitarbeitergespräch ist nicht allein ein Rückblick, sondern auch ein Ausblick. Lenken Sie daher den Fokus immer wieder auf die gemeinsame Zukunft: Welche Qualifizierungen könnten den nächsten Karriereschritt ermöglichen? Welche Projekte bieten Raum für Verantwortung? So geben Sie den Mitarbeitenden ein Ziel, das über monetäre Anreize hinausgeht, und stärken gleichzeitig deren Bindung an das Unternehmen. [5]
Abbildung: Drei Prinzipien souveräner Mitarbeitergespräche
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Übrigens: Auf der Website finden Sie auch eine interessante Podcast-Folge zum Thema: Z wie Ziele – Vorhaben klar und messbar definieren.
[1] Michael Zocholl: 3 Mythen, die Ihr Mitarbeitergespräch ruinieren
[2] I.M.U – Institut für Mitbestimmung und Unternehmensführung: Leistung und Lohn im ERA-Tarifvertrag NRW
[3] Hartmut Klein-Schneider: Leistungs- und erfolgsorientiertes Engelt. Analyse und Handlungsempfehlungen.
[4] Michael Zocholl: Die Kunst der Leistungsbeurteilung
[5] Personio: Beispiele für konkrete Zielvereinbarungen
Michael Zocholl hat zwei weitere Beiträge im t2informatik Blog veröffentlicht:

Michael Zocholl
Michael Zocholl ist Wirtschaftspsychologe und unterstützt Führungskräfte und Teams dabei, Kommunikation, Zusammenarbeit und Vertrauen nachhaltig zu stärken – in Workshops, Coachings und Trainings. In seinem Podcast Zuhören, Fragen, Führen widme ich mich einmal wöchentlich den Herausforderungen und Chancen rund um das Mitarbeitergespräch.
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