Inner Development Goals

Gastbeitrag von | 02.05.2024

Schlüsselqualifikationen für eine nachhaltige Transformation

Wenn wir über innere Entwicklung sprechen, denken wir oft an Achtsamkeit, Selbstreflexion und persönliches Wachstum. Aber wie hängt das mit nachhaltiger Entwicklung zusammen? Und warum sollte ich mich persönlich weiterentwickeln, wenn doch ganze Gesellschaften und politische Systeme damit kämpfen, einen Beitrag zu einer besseren Zukunft zu leisten?

Das waren meine Gedanken vor etwa anderthalb Jahren. Doch nach vielen Diskussionen mit Kolleginnen und Kollegen begann ich, meine Reaktion, meine Vorurteile und Ängste zu hinterfragen. Inzwischen bin ich überzeugt, dass jeder und jede von uns in seinem oder ihrem Rahmen dazu beitragen kann, die sozio-ökonomische Transformation voranzutreiben, die unsere Welt braucht. Letztlich sind wir Menschen dafür verantwortlich, neue Systeme zu gestalten und neue Geschichten, neue Narrative zu erzählen.

Meine persönliche Entwicklung und die Veränderung von Verhaltensweisen

Die Initiative IDG¹ nennt das: Step into inner growth for outer change. IDG steht für Inner Development Goals.

Bei mir hat die Auseinandersetzung mit den IDGs unter anderem dazu geführt, meinen beruflichen Fokus zu schärfen. Letztes Jahr traf ich eine wichtige Entscheidung: Ich gab meine Rolle als Geschäftsführerin an einen Kollegen und eine Kollegin weiter, um mehr Zeit und Energie in den Aufbau unserer Nachhaltigkeitsberatung improuv planet investieren zu können.

Entspricht das meinen Werten? Ja.

Erlaubt es mir zu lernen? Absolut.

Kann ich so meine sozialen Fähigkeiten weiter entwickeln? Bestimmt.

Ich glaube, Zusammenarbeit ist ein wichtiger Hebel, um in Zukunft nachhaltig und erfolgreich zu sein. In kleinen Teams, in großen Organisationen, in Kooperationen und auch auf Märkten. Lokal und global.

Bei improuv planet haben wir inzwischen verschiedene Kooperationen aufgebaut und interessante Partnerinnen und Partner kennengelernt. Natürlich erfordert dies Ausdauer und Optimismus; auch das sind zentrale Fähigkeiten für Transformationen.

Natürlich muss eine persönliche Weiterentwicklung nicht immer zu einer beruflichen Veränderung führen. Das ist nur mein Beispiel.

Wenn wir von Veränderung sprechen, bedeutet das meistens, dass wir Verhaltensweisen ändern. Das kann für jeden einen anderen Lebensbereich betreffen:

  • mit dem Zug statt dem Flugzeug reisen,
  • die Geschichte vom „Mehr ist besser“ in „Weniger ist mehr“ ändern,
  • ökologische sowie soziale Kosten bei Entscheidungen berücksichtigen, vor allem auch im beruflichen Umfeld,
  • ökologische und soziale Konsequenzen schon im Produktdesign berücksichtigen,
  • die Extrameile gehen, um eine nachhaltige, zukunftsorientierte Lösung durchzusetzen.

Unsere Routinen zu ändern, erfordert Durchhaltevermögen und eine klare Idee davon, was unsere Werte sind. Diese Skills zu erwerben ist der Kern der Initiative Inner Development Goals.

Die Initiative Inner Development Goals

Wir leben in einer vernetzten Welt mit vielen Abhängigkeiten und globalen Herausforderungen. 2015 erzielten die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen einen breiten Konsens darüber, dass die Bekämpfung von Armut, Ungleichheit und Umweltzerstörung nur durch koordinierte und integrierte Maßnahmen möglich ist. 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung bis zum Jahr 2030  – die sogenannten Sustainable Development Goals (SGDs)² – wurden formuliert. Quasi ein universeller Aktionsplan, der die Zusammenarbeit über nationale Grenzen hinweg fördert und darauf abzielt, eine gerechte und nachhaltige Zukunft für alle Menschen weltweit zu schaffen.

Doch der Fortschritt war enttäuschend. Offenbar fehlt uns die innere Stärke, um mit unserer zunehmend komplexen Umwelt und den Herausforderungen unserer Zeit umzugehen. 2023 wurde folglich die Initiative Inner Development Goals ins Leben gerufen; sie postuliert ein Rahmenwerk mit 23 Fähigkeiten, aufgeteilt in fünf Kategorien.

Das Rahmenwerk – auch als IDG Framework bezeichnet – ist eine Orientierungshilfe. Es hilft bspw. dabei, Ideen zu entwickeln, um mit einer konkreten Transformationsaufgabe voranzukommen. Es fördert eine ganzheitliche Entwicklung, die nicht nur äußere Aspekte wie Einkommen und Status, sondern auch innere Aspekte wie persönliches Wachstum und emotionales Wohlbefinden berücksichtigt. Es unterstützt Einzelpersonen dabei, ein tieferes Verständnis von sich selbst zu entwickeln und stärkt Gemeinschaften, indem es Beziehungen fördert und kollektive Ziele definiert. Damit ist das IDG Framework ein Sense-Making Tool, das sowohl für Führungskräfte als auch für Mitarbeitende relevant ist.

Die fünf Kategorien des IDG Frameworks

Die Inner Development Goals sind ein wissenschaftlich basierter Ansatz, wie jeder und jede von uns sich persönlich weiterentwickeln kann, um seinen bzw. ihren Anteil bei der inzwischen sehr dringlichen gesellschaftlichen und ökologischen Transformation beizutragen.

In fünf verschiedenen Dimensionen werden die Schlüsselqualifikationen für eine nachhaltige Transformation übersichtlich dargestellt. So erhalten wir eine Idee, wie wir uns individuell weiterentwickeln können.

Kategorien des IDG Frameworks

Sein – Beziehung zu sich selbst

Die Pflege unseres inneren Lebens und die Entwicklung und Vertiefung unserer Beziehung zu unseren Gedanken, Gefühlen und unserem Körper helfen uns, präsent, absichtsvoll und nicht reaktiv zu sein, wenn wir mit Komplexität konfrontiert werden.

Denken – Kognitive Fertigkeiten

Die Entwicklung unserer kognitiven Fähigkeiten, indem wir verschiedene Perspektiven einnehmen, Informationen bewerten und die Welt als ein zusammenhängendes Ganzes begreifen, ist eine wesentliche Voraussetzung für kluge Entscheidungen.

Beziehung – Fürsorge für andere und die Welt

Wertschätzung, Fürsorge und das Gefühl der Verbundenheit mit anderen, z.B. mit Nachbarn, künftigen Generationen oder der Biosphäre, helfen uns, gerechtere und nachhaltigere Systeme und Gesellschaften für alle zu schaffen.

Zusammenarbeit – soziale Kompetenzen

Um bei gemeinsamen Anliegen voranzukommen, müssen wir unsere Fähigkeit entwickeln, Akteure mit unterschiedlichen Werten, Fähigkeiten und Kompetenzen einzubeziehen, ihnen Raum zu geben und mit ihnen zu kommunizieren.

Handeln – Wandel vorantreiben

Eigenschaften wie Mut und Optimismus helfen uns, echte Handlungsfähigkeit zu erlangen, alte Muster zu durchbrechen, originelle Ideen zu entwickeln und in unsicheren Zeiten mit Ausdauer zu handeln.

Wir brauchen genau diese fünf Skills, um übergreifend notwendige Maßnahmen zu identifizieren und umzusetzen und damit als globale Gemeinschaft die Sustainable Development Goals  zu erreichen.

Zusammenfassung

In dem Streben nach einer nachhaltigen Zukunft erkennen inzwischen mehr und mehr Menschen die Bedeutung innerer Entwicklung und persönlichen Wachstums. Die Initiative Inner Development Goals bietet hierfür ein Rahmenwerk, das Menschen befähigt, ihre inneren Fähigkeiten zu stärken und damit einen positiven Einfluss auf die Welt um sie herum auszuüben.

Meine persönliche Auseinandersetzung mit den IDGs hat mein Verständnis vertieft, wie ich mich weiterentwickeln und welchen Beitrag ich zu einer nachhaltigen Gesellschaft leisten möchte. Dabei muss mein Weg natürlich nicht Ihr Weg sein. Die Auseinandersetzung mit den 5 Schlüsseldimensionen – Sein, Denken, Beziehung, Zusammenarbeit und Handeln – kann vielfältige und individuelle Weg öffnen.

Durch die Pflege unserer inneren Welt und die Entwicklung unserer Beziehung zu uns selbst werden wir präsent und absichtsvoll, wenn wir mit den Herausforderungen der Welt konfrontiert sind. Die Stärkung unserer kognitiven Fähigkeiten ermöglicht es uns, kluge Entscheidungen zu treffen und komplexe Probleme zu lösen. Die Wertschätzung und Fürsorge für andere und die Welt fördern gerechtere und nachhaltigere Systeme und Gesellschaften. Die Entwicklung unserer sozialen Kompetenzen ermöglicht es uns, effektiv mit anderen zusammenzuarbeiten, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Und schließlich befähigen uns Mut und Optimismus dazu, Veränderungen anzustoßen und Hindernisse zu überwinden.

Es liegt an jedem einzelnen von uns, diese Schlüsselqualifikationen zu entwickeln und aktiv an der Umsetzung der Sustainable Development Goals mitzuwirken. Indem wir uns selbst weiterentwickeln, tragen wir dazu bei, eine gerechtere, nachhaltigere und lebenswerte Zukunft für alle zu schaffen. Lassen Sie uns gemeinsam die Herausforderungen unserer Zeit annehmen und aktiv zur Gestaltung einer besseren Welt beitragen.

Extra-Bonus

Hier finden Sie 3 zusätzliche Fragen zu Inner Development Goals und Nachhaltigkeit, die Hedi Buchner beantwortet (bitte auf Plus klicken):

Wie kann ich mit den Inner Development Goals starten?

Hedi Buchner: Die Initiative Inner Development Goals bietet ein sogenanntes IDG Toolkit an. Es ist eine Online-Bibliothek, die evidenzbasierte, offene und kostenlose Werkzeuge und Methoden anbietet, die Sie zur Entwicklung der IDG Fähigkeiten verwendet werden können. Unterschiedlichste Trainings- und Workshop-Formate unterstützen dabei, individuell und im Team-Setting an den eigenen transformativen Fähigkeiten zu arbeiten.

Gibt es eine IDG Community und wie kann ich diese ggf. unterstützen?

Hedi Buchner: Ja, es gibt eine IDG Community und ja, Sie können diese bei Interesse konkret unterstützen.

Eine der besten Möglichkeiten für den Einstieg ist es, sich einem der bestehenden IDG Hubs anzuschließen und die IDGs in der Praxis gemeinsam mit anderen zu erkunden. In ganz Europa finden Sie zahlreiche Hubs.

Sie können das IDG Toolkit nutzen und Feedback über die Webseite geben. Sie können Ihre Story teilen und andere Menschen und Organisationen ermutigen, auch in Richtung der Inner Development Goals zu wirken. Oder Sie können bei der Übersetzung der IDGs in verschiedene Sprachen unterstützen. Und falls Sie Experte auf dem Gebiet der Softwareentwicklung sind, freut sich die IDG Community auch über entsprechende Unterstützung.

PS: Business Partner können Sie übrigens auch werden.

Welche Bedeutung spielt Nachhaltigkeit beim Wirtschaften?

Hedi Buchner: Das Thema Nachhaltigkeit ist natürlich sehr umfassend. Nachhaltigkeit wird oft auf Altruismus reduziert, als ob es nur um Umweltschutz und zwischenmenschliche Freundlichkeit ginge. Tatsächlich spielt Nachhaltigkeit auch bei der Wertschöpfung in Unternehmen eine wichtige Rolle.

Es gibt Unternehmensnetzwerke wie B.A.U.M., die setzen sich seit 40 Jahren für nachhaltiges Wirtschaften ein.  Es gibt also seit Jahrzehnten ein Bewusstsein dafür, dass wir Verantwortung tragen und aktiv etwas unternehmen müssen. Es gibt beeindruckende Beispiele von Unternehmen, die bereits sehr weit gegangen sind. Einige von ihnen betreiben regenerative Wirtschaft, was bedeutet, dass sie nicht nur nachhaltig handeln, sondern auch aktiv daran arbeiten, die ökologischen Bedingungen zu verbessern.

Auf der anderen Seite zeigt ein Blick auf die Unternehmenslandschaft, dass die Mehrheit der Unternehmen sich ihrer Verantwortung noch immer nicht bewusst ist oder sie bewusst ignoriert. Unternehmen nutzen weiterhin die Ressourcen unseres Planeten übermäßig aus, was sowohl für den Planeten als auch für die Menschen nachteilig ist. Nachhaltigkeit ist eine zentrale Zukunftsfähigkeit von Unternehmen. Wer auch in Zukunft erfolgreich sein will, muss nachhaltig oder sogar regenerativ handeln.

 

Hinweise:

improuv planet hat rund um die IDGs zusätzliche Workshop-Formate entwickelt:

Sprechen Sie Hedi Buchner bei Interesse einfach auf das Thema an. Gerne führt sie im Rahmen von interaktiven Impuls-Workshops das Thema „Innere Entwicklung“ in Ihrem Unternehmen ein.

[1] Initiative IDG
[2] Die 17 globalen Nachhaltigkeitsziele verständlich erklärt

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Hedi Buchner
Hedi Buchner

Hedi Buchner hat über 15 Jahre Erfahrung in der Organisationsentwicklung unterschiedlichster Unternehmen und ist seit 2019 geschäftsführende Gesellschafterin der improuv GmbH. Sie hat einen Masterabschluss in Informatik und Organisationspsychologie, ist Certified Agile Leader (Scrum Alliance) und Consultant for Global Change (Terra Institute).

Als agiler Coach, Organisationspsychologin und Unternehmerin hat Hedi Buchner immer den Menschen und sein Umfeld im Fokus. Egal um welche Art von Unternehmenstransformation es sich handelt – ob in Richtung Nachhaltigkeit, Agilität oder neue Arbeitswelt – nur gemeinsam können wir etwas bewegen.

Ihre Leidenschaft ist es, jeden Einzelnen, Teams und das Unternehmen als Ganzes dabei zu unterstützen, das gemeinsame Ziel und die Vision zu erreichen. Iterativ, mit Mut zum Experiment und immer mit Blick auf das Gesamtsystem.