Die virale Transformation
Inhaltsverzeichnis
Trimm dich, Pyramide!
Dialog über alle Ebenen hinweg
Der virale Weg
„Wir müssen die Mitarbeiter dort abholen, wo sie gerade sind.“ „Wir brauchen ein agiles Mindset.“ Oder: „Wir müssen Betroffene zu Beteiligten machen.“ Vielleicht haben Sie auch schon solche oder ähnliche Aussagen gehört? In Zeiten, in denen sich viele Unternehmen mit den Themen Agilität, Transformation oder Change Management beschäftigen, sind sie weit verbreitet. Viele Managerinnen und Manager haben erkannt, dass sich das Verhalten und die Ansprüche von Kunden und auch von Mitarbeitern verändert. Allerdings funktioniert die Anpassung einer Organisation auf diese Änderungen nicht auf Knopfdruck, nicht von oben nach unten und nicht von jetzt auf gleich. Einfache Rezepte, typische Floskeln und das Verordnen von Veränderung funktionieren nicht.
Die gute Nachricht ist: In zahlreichen Unternehmen gibt es bereits agile Teams, deren Mitarbeiter gut miteinander harmonieren, die sich gegenseitig wertschätzen und ihre Arbeitsweisen und -ergebnisse schrittweise und erfolgreich verbessern. Die weniger gute Nachricht lautet: Leider gelingt es auch in solchen Unternehmen nur selten, dass sich das Mindset und das Vorgehen viral auf die restliche Organisation ausbreitet. Warum ist das so und was muss passieren, dass es zu einer viralen Transformation kommt?
Trimm dich, Pyramide!
Ein Unternehmen ist ein System. Oftmals tun sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in hierarchisch strukturierten Systemen schwer, den eigenen Status und Entscheidungsbefugnisse zu hinterfragen. Sie fürchten den Verlust von Macht und Verantwortung, von Ansehen und eventuell auch Gehalt. Versuchen Teams in solchen Systemen aus sich heraus ihr Umfeld zu verbessern, während die übrige Organisation den Status Quo aufrecht erhalten will, entstehen Spannungen. Zwischen den Teams und der restlichen Organisation und vielleicht sogar als Folge innerhalb der Teams. Wer sich also ein agiles Unternehmen wünscht, muss Raum für Entfaltung bieten, er muss reflektieren und sich sicherlich auch selbst anpassen. Dann besteht die Chance, dass sich das hierarchische System, die Pyramide verändert. Strukturen können aufbrechen und neues Leben in den Öffnungen wachsen. Der Dialog auf allen (Führungs-)Ebenen wird möglich.
Und was passiert, wenn wir die Führung nicht in einen Dialog engagieren, die Strukturen, Prozesse und Verhaltensweisen der Organisation einfach so bleiben wie sie sind? Irgendwann wird die Spannung zu groß. Grenzen biegen und brechen. Die Pyramide “fällt” zu Boden, die Agilität stirbt.
Dialog über alle Ebenen hinweg
Was wollen wir als Organisation? Und wer möchte was und warum? Die bewusste Entwicklung einer Organisation ist ein Prozess. Ein Prozess des Miteinanders. Ein Prozess der Kommunikation. Wer seine Organisation ernsthaft in eine resiliente, agile, lernende Organisation wandeln möchte, muss alle Menschen auf allen Ebenen einbinden. Dies gelingt nicht in Form eines Kick-off-Meetings, bei dem das Management vom Aufbruch in neue Zeiten fabuliert und seine Vision darstellt. Eine Vision gilt es miteinander zu entwickeln, nicht auf dem Rücken der Angestellten, sondern gemeinsam und kontinuierlich mit Ihnen. Es ist viel sinnvoller, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig in Feedback-Zyklen einzubinden. Eine sehr gute Option sind hierfür retrospektive Konversationen auf allen Ebenen.
- „Was braucht Ihr von mir an Führung um dahin zu kommen wo Ihr als nächstes hin wollt?“
- „Wie kann ich Euch am besten unterstützen?“
- „Wie wünscht Ihr Euch dass ich mich verändere?“
Führung ist ein wesentlicher Aspekt im Wandel von Unternehmen. Möchte das Management das Unternehmen bspw. zu einer lernenden Organisationen wandeln – die Motivation dahinter darf gerne auch monetär sein – dann zeigt die Praxis, dass es deutlich zielführender ist, bei sich selbst zu beginnen. Als Menschen neigen wir zum „Ihr“-Denken. „Ihr müsst das tun!“ „Warum habt ihr nicht jenes umgesetzt?“ Häufig implizieren solche Aussagen Vorwürfe und provozieren Verteidigungen. Selbst ohne den Wunsch nach Veränderung in einer Organisation, führt dies zu negativen Gedanken, Wahrnehmungen und Verhaltensweisen. Wer aber aktiv Veränderung fördern möchte, sollte in „Wir“-Denken. Und „Wir“ sagen. Und bei sich mit der Veränderung beginnen. Das ist ein erster Schritt, bei dem sich Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeladen fühlen. Das ist das Gegenteil von Konfrontation, es ist die gemeinsame Konversation mit Respekt und Mitgefühl.
Alternativ gibt es natürlich auch Organisationen, in denen die Konversation auch „von unten“ beginnt: “Das brauchen wir von Dir um schneller voranzukommen … und wenn du auf diese Weise mitspielst, hat das für dich folgenden Vorteil …” (An diesem Beispiel sehen Sie übrigens, dass trotz respektvollem Umgang miteinander klare Ansagen und Aussagen weiterhin möglich sind. Respekt und Klarheit schließen sich nicht aus, Kritik und Mitgefühl auch nicht.)
Olaf Lewitz
Olaf Lewitz ist Trust Artist und Certified Enterprise Coach der Scrum Alliance. In der TrustTemenos Leadership Academy bietet er Trainings und Workshop zu Führung mit Absicht, Vertrauen, Mentoring und Coaching an.