Wie soziale Unternehmen ihre Wirkung messen und kommunizieren

Gastbeitrag von | 23.02.2023

Social Enterprises – zu deutsch soziale Unternehmen – sind eine neuartige Form von Unternehmen, die sowohl sozialen Mehrwert als auch ökonomische Leistung erbringen. Jedoch ist die soziale Mission der ausschlaggebende Grund für das Existieren des Unternehmens. Verbunden mit der sozialen Mission ist dabei auch der Social Impact also die soziale Wirkung. Doch wie genau wirkt dieser Impact, wie kann er gemessen werden und wie kann er den wichtigsten Gruppen rund um ein soziales Unternehmen vermittelt werden?

Diese Frage habe ich mir in meiner Bachelorarbeit zu dem Thema „How do social enterprises signal their social impact to diverse audiences with different expectations“, zu deutsch „Wie signalisieren soziale Unternehmen Ihren sozialen Impact verschiedenen Gruppen mit unterschiedlichen Erwartungen“ gestellt.

Um zu verstehen, wie der Impact wirkt und wie das Messen und insbesondere das Kommunizieren funktioniert, möchte ich kurz die wichtigsten Begrifflichkeiten rund um ein soziales Unternehmen erläutern. Danach hilft die Definition des rhetorischen Dreiecks nach Aristoteles zu verstehen, wie und womit Kommunikation geprägt sein kann. Zuletzt erfahren Sie anhand einiger Beispiele aus der Praxis wie soziale Unternehmen ihre Wirkung messen und kommunizieren.

Soziales Unternehmen, sozialer Impact und soziale Wirkungsmessung

Um eines vorwegzunehmen, es ist nicht unbedingt einfach die Begriffe

  • soziales Unternehmen,
  • sozialer Impact und
  • soziale Wirkung

sofort richtig zu verstehen. Dies liegt unter anderem daran, dass die aktuelle Forschung noch keine einheitliche Definition der Begriffe liefert. Nichtsdestotrotz ist die Definition der Europäischen Kommission für mich die schlüssigste. Diese definiert soziale Unternehmen über die bereits genannte soziale Mission. Weiterhin können soziale Unternehmen über drei Dimensionen definiert werden:

  • Die ökonomische Dimension besagt, dass sich soziale Unternehmen neben der sozialen Mission einer durchgängigen wirtschaftlichen Tätigkeit wie dem Handeln und Herstellen von Gütern oder bestimmten Dienstleistungen widmen, wodurch sich soziale Unternehmen von klassischen non-profit Unternehmen unterscheiden.
  • Die soziale Dimension beschreibt das Ziel, ein soziales Problem oder ein soziales Verlangen zu lösen. Dabei bedienen soziale Unternehmen meist eine bestimmte Gruppe von Personen oder auch die gesamte Gesellschaft.
  • Die kontrollierende Dimension beinhaltet Verordnungen und andere Instrumente, um die soziale Mission zu wahren.

Egal ob es Social Value, Social Return oder auch Social Impact genannt wird, es ist ein Phänomen, das unmittelbar im Zusammenhang mit sozialen Unternehmen steht. Doch genau wie für den Begriff soziales Unternehmen gibt es keine einheitliche Definition für den Begriff Social Impact. Allerdings kann er allgemein als positive Ergebnisse definiert werden, die sich aus prosozialem Verhalten ergeben und die den Zielpersonen dieses Verhaltens und/oder der breiteren Gemeinschaft von Einzelpersonen, Organisationen und dem Umfeld zugutekommen. Darüber hinaus umfassen die sozialen Auswirkungen alle Veränderungen, die sich aus dem genannten prosozialen Verhalten ergeben, einschließlich der beabsichtigten, unbeabsichtigten, negativen, positiven, langfristigen, mittelfristigen und kurzfristigen Auswirkungen.

In der Praxis sehen sich Sozialunternehmer immer wieder mit der Schwierigkeit konfrontiert, ihre Wirkung zu messen und die unterschiedlichen Erwartungen der verschiedenen Interessengruppen zu erfüllen. Neben den finanziellen Aspekten verlangen die Grundsätze der Transparenz einen kontinuierlichen Nachweis der sozialen Wirkung. Dabei hilft die Messung der sozialen Wirkung. Allerdings besteht Unklarheit. Unklarheit hinsichtlich der Ausprägungen des Social Impacts sowie der Methoden zur Messung der sozialen Auswirkungen.

Soziale Auswirkungen sind von einem eher qualitativen Charakter geprägt, der es schwierig macht, die sozialen Auswirkungen zu messen, zu quantifizieren und zu vereinheitlichen. Ein zusätzlicher Grund für diese Unklarheit ist, dass es im Gegensatz zu den Methoden zur Bewertung der finanziellen Leistung keine etablierten Methoden zur Messung der sozialen Auswirkungen gibt. Nichtsdestotrotz sind zwei gängige Methoden zur Bewertung des Social Impacts die „Balanced Scorecard“, die bereits 1992 entwickelt wurde, und der „Social Return on Investment“. Beide eignen sich für ein breites Spektrum von Nutzern und kombinieren soziale und marktwirtschaftliche Kriterien.

Ethos, Pathos und Logos

Aristoteles‘ Konzept der Rhetorik hilft, die Grundlagen der Kommunikation zu verstehen. Dabei kann Rhetorik als die Fähigkeit definiert werden, die Methoden der Überredung und Kommunikation zu meistern und impliziert, erfolgreich zu überzeugen, zu überreden und zu kommunizieren.

Das rhetorische Dreieck nach Aristoteles umfasst Appelle an Pathos, Logos und Ethos. Pathos zum Beispiel knüpft an die Emotionen und Gefühle des Einzelnen an. Dies beinhaltet

  • Leidenschaft,
  • Beleidigung,
  • Empathie,
  • Angst,
  • Verwirrung sowie
  • Sicherheit,
  • Liebe,
  • Schuld,
  • Gier,
  • Mitgefühl und
  • Humor.

Weiter geht es mit Ethos. Mit Ethos rechtfertigt der Kommunikator Aktivitäten, indem er sich auf gesellschaftlich etablierte Regeln und Praktiken beruft. Darüber hinaus wird „moralische Legitimität“ durch Meinungen über die Natur und Integrität einer Aktivität geschaffen. Das schließt auch die die Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Kommunikators mit ein.

Logos ist schließlich der Appell an die Vernunft und bezieht sich auf die Eindeutigkeit sowie die Kohärenz dessen, was kommuniziert werden soll. Darüber hinaus zeichnen sich logozentrische Appelle dadurch aus, dass sie Fakten, Beweise und empirische Belege aufzeigen.

Ethos, Pathos und Logos - das rhetorische Dreieck nach Aristoteles

Kommunikation von Social Impact in der Praxis

In meiner Forschung habe ich die Kommunikation des Social Impacts von vier sozialen Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum analysiert und konnte dabei ausführliche Gespräche mit den geschäftsführenden Gesellschaftern führen. Bei den Sozialunternehmen handelte es sich um einen Träger für Kindergärten, ein Food Start-up, ein Corporate Benefit Start-up sowie eine Plattform für digitale Bildung.

Die klassischen Stakeholder der betrachteten Unternehmen waren Kunden, Spender und natürlich die Nutznießer. Die Nutznießer können dabei der Kunde selbst oder eine dritte Gruppe sein. Spender sind meist große Stiftungen, Krankenkassen oder auch Privatpersonen. Klassische Finanzinvestoren machten keine bis eine sehr kleine Interessengruppe aus.

Die erste wichtige Erkenntnis war, dass jedes der vier sozialen Unternehmen eine eigene, auf die verschiedenen Interessengruppen, ausgelegte Kommunikationsstrategie entwickelt hatte. So hat das Unternehmen für digitale Bildung einen Wirkungsbericht für ihre Spender und Geldgeber entwickelt. Dieser Bericht wird jährlich veröffentlicht und erläutert die Wirkung sowie den Fortschritt des Unternehmens aufgrund von quantitativ sowie qualitativ gesammelten Daten. Um den Nutznießern in dem Fall Kindern und Schülern über den positiven Social Impact zu berichten hat das Unternehmen eigene auf die Schüler abgestimmte YouTube Videos erstellt. Um zuletzt auch den Kunden, hier Schulen und Lehrer:innen über die soziale Wirkung des Programms zu informieren, wurden Webinare und Handouts entwickelt.

Der Gründer des Food Start-Ups erklärte, dass es wichtig ist, die unterschiedlichen Interessen der Käufer zu verstehen, und den Social Impact dabei sehr ausgewählt und verständlich zu kommunizieren, denn Kunden und Nutzer hassen Verwirrung und bevorzugen Klarheit. Dabei werden von allen Sozialunternehmen unterschiedliche Kanäle und Tools verwendet um dies bestmöglich umsetzten.

Insgesamt ist auffallend, dass alle beleuchteten Sozialunternehmen eine persönliche, direkte und transparente Kommunikationsstrategie bezüglich der sozialen Wirkung verfolgen. Im Vordergrund war vor allem das Gefühl ein Teil des Produkts, der Leistung oder sogar des Impacts zu sein.

Das leitet auf den abschließenden Punkt meiner Studie über: Was ist nun am wichtigsten in der Kommunikation des Social Impacts.

Ethos, Pathos oder doch Logos?

Auch das lässt sich nicht final und unternehmensübergreifend sagen, jedoch war es im Fall der untersuchten Unternehmen so, dass Pathos, also das Kommunizieren mit und über Gefühle und Emotionen, die wichtigste Rolle spielt. Das hat auch damit zu tun, dass der Social Impact von drei der Unternehmen, direkt oder indirekt mit Kindern oder jungen Erwachsenen verbunden ist. Sowohl mit dieser Gruppe als Nutznießer als auch mit Spendern oder Kunden wird vorrangig über Emotionen kommuniziert.

Nichtsdestotrotz hat auch Ethos einen wichtigen Einfluss auf das Signalisieren des Social Impacts. Dabei wird beispielsweise signalisiert, dass die Umwelt oder Nachhaltigkeit von geteilter Wichtigkeit sind und so die moralische sowie ethische Ebene angesprochen.

Obwohl die aktuelle Forschung sagt, dass die von Pathos geprägte Kommunikation in der langen Frist an Wirkung verliert und lediglich eine von Logos dominierte Kommunikation langfristig Wirkung erzielt, sind Logik, Daten und Fakten im Fall der untersuchten Sozialunternehmen am unwichtigsten. Das heißt jedoch nicht, dass sie nicht verwendet werden. Vor allem in Wirkungsberichten sowie im Messen des Social Impacts spielen Zahlen und Fakten eine große Rolle. Allerdings scheint es so, dass Appelle an Logos eher langsamer Überzeugen, da die adressierte Gruppe die Daten erst lesen und auswerten muss.

Zusammengefasst ist eine offene, transparente und von Emotionen und Gefühlen geprägte Kommunikation des Social Impacts im Fall der untersuchten Unternehmen am zielführendsten. Allerdings sind alle drei Aspekte wichtig und die Kommunikation vereint oftmals alle drei. Die folgende Abbildung zeigt abschließend das Modell der Kommunikation von Social Impact, das ich im Laufe der Studie auf Basis der ausgewerteten Daten und Aussagen entwickelt habe.

Modell der Kommunikation von Social Impact

Hinweise:

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Leopold Berg
Leopold Berg

Leopold Berg studiert Studium Business Administration & Economics mit dem Schwerpunkt Management, Innovation und Marketing an der Universität Passau. Seine Bachelorarbeit am Lehrstuhl für internationales Management und soziales Unternehmertum beschäftigt sich mit der Frage, wie Sozialunternehmen ihren Social Impact verschiedenen Interessengruppen kommunizieren. Aktuell befindet er sich im „Gap Year“ zwischen Bachelor und Master, und ist in einer Unternehmensberatung tätig.