Lego im Unternehmen

Gastbeitrag von | 23.11.2017

Haben Sie auch schon einmal beobachtet, mit welcher Intensität Kinder beim Spielen agieren, eigene Regeln definieren und dabei sogar mit sich selbst sprechen? Spielen fördert logisches Denken und Kommunikation. Es macht Spaß, verbessert die Stimmung und erhöht das Selbstbewusstsein. Spielen ist für Kinder und ihre Entwicklung sehr wichtig. Bei Erwachsenen hingegen wird Spielen oft als Zeitvertreib im privaten Umfeld ohne tieferen Sinn wahrgenommen. Spielen im beruflichen Miteinander, beim Arbeiten mit harten Zahlen und Fakten findet selten statt. Im wahrsten Sinne des Wortes wird es als „Spielerei“ empfunden.

Doch was passiert eigentlich, wenn Unternehmen feststellen, dass Sie Schwierigkeiten haben, Abläufe zu definieren, Softwarearchitekturen zu bestimmen, Projekt- und persönliche Ziele zu identifizieren oder Meetings effizient zu gestalten? Immer wenn es um ein Miteinander bei der Ausübung von Tätigkeiten geht und immer wenn brauchbare Ergebnisse geliefert werden müssen, benötigen Unternehmen eine gesprächsfördernde Kultur. Und wie können Sie eine solche Kultur – trotz aller Vorurteile – fördern? Durch Spielen!

Serious Play mit Lego-Bausteinen

Ende der 1990er Jahre suchten der ehemalige CEO der LEGO-Gruppe Kjeld K. Kristiansen und die zwei Schweizer IMD-Professoren Johan Roos und Bart Victor nach Möglichkeiten, bessere Geschäftsstrategien zu entwerfen. Sie nutzten LEGO-Bausteine, um die Vorstellungskraft ihrer Mitarbeiter mit unternehmerischen Fragestellungen zu kombinieren – heute nennt sich diese Methode LEGO SERIOUS PLAY. Es handelt sich um eine moderierte, partizipative Methode zum Lösen von Problemen, bei der die Teilnehmer mit Hilfe von LEGO-Bausteinen Fragen beantworten.

Der Ablauf eines Workshops ist einfach: Ein Moderator stellt eine Frage und die Teilnehmer beantworten diese Frage in einer festgelegten Zeit, indem sie ein Modell aus LEGO-Steinen bauen und dieses anschließend den Mitgliedern ihres Teams erläutern. Danach findet im Team eine gemeinsame Reflektion statt.

Für das Gelingen des Workshops sind zwei Aspekte besonders wichtig: Der Moderator und das Erkunden der Modelle. Der Moderator achtet darauf, dass der Ablauf aus Fragen – Bauen – Erklären – Reflektieren eingehalten wird. Zudem definiert er, wie seine Frage zu beantworten ist und legt somit einen Schwerpunkt auf individuelle oder gemeinsame Antwort-Modelle. Beim Erkunden der Modelle geht es darum, die gebauten Antworten zu verstehen. Fragen wie bspw. „Welche Bedeutung hat dieser Baustein?“ oder „Welche Beziehung gibt es zwischen diesen beiden Steinen“ führen dazu, dass Modelle besser verstanden werden. Durch den Dialog der Teilnehmer und das Reflektieren kommen häufig Details zum Vorschein, die sonst unausgesprochen bleiben. Die meisten Teilnehmer empfinden dieses aktive Zuhören und Nachfragen als sehr positiv und es führt häufig dazu, dass die Kommunikation miteinander auch nach einem Workshop besser funktioniert.

Der Vorteil der LEGO SERIOUS PLAY Methode liegt darin, dass das Antwort-Modell und nicht der Erbauer hinterfragt wird. Das Feedback zu den Modellen ist lösungsorientiert, so dass sich für die Teilnehmer neue Perspektiven und Alternativen ergeben. Häufig kommt es zu einem Aha-Effekt und neues Wissen wird geschaffen.

LEGO SERIOUS PLAY in der Praxis

Was benötigen Unternehmen, wenn sie sich für den Einsatz von LEGO SERIOUS PLAY entscheiden? Einen couragierten Auftraggeber! Einen Auftraggeber, der die Antworten auf die gestellten Fragen wirklich hören möchte. Und sie benötigen einen erfahrenen Moderator. Einen Moderator, der idealerweise mehrere Methoden praktiziert und so weiß, welche Methode sich in welcher Situation am besten eignet. Unabhängig von der verwendeten Methode lassen sich komplexe Zusammenhänge nicht in zwei bis drei Stunden visualisieren und auflösen. In solchen Situationen empfiehlt es sich mehr Zeit einzuplanen – im besten Fall nach vorheriger Rücksprache mit dem Moderator. Stellen Sie sich nun folgende Situation vor: Es steht ein Strategie-Meeting für ein Team an, das über mehrere Standorte verteilt arbeitet. In den letzten Monaten wurden immer neue Erwartungen und Aufgaben an das Team herangetragen. Nun wollen Sie als Auftraggeber die Erfolgsfaktoren für die zukünftige Arbeit bestimmen und gleichzeitig die Motivation der Teammitglieder erhöhen.

Wie würde ein LEGO SERIOUS PLAY Workshop ablaufen? Nach einer Einführung in die Methode mit leichten Fingerübungen, könnten die Beteiligten folgende Fragen mit ihren Modellen beantworten: 

  • „Wer bist Du und welche Deiner Eigenschaften charakterisiert Deine Arbeit am besten?“ Hierzu baut jedes Teammitglied ein individuelles Antwort-Modell, das anschließend im Team erkundet und reflektiert wird.
  • „Was zeichnet Euer Team aus?“ Bei dieser Frage wird gemeinsam im Team ein einziges Modell gebaut, das die Identität des Teams darstellt. Die Antwort auf eine solche Frage kann bis zu einer Stunde in Anspruch nehmen, denn das Team soll sich über den Status quo, seine Stärken und den Zusammenhalt im Team austauschen.
  • „Wie werdet ihr von anderen Kollegen wahrgenommen? Und welche Einflussfaktoren nehmen auf Eure Arbeit Einfluss.“ Bei diesen Fragen geht es um die Fremdwahrnehmung des Teams. Abhängig vom Workshop-Konzept lassen sich hier komplett neue Modelle entwickeln oder bereits bestehende erweitern.
  • „Wie wollt Ihr in Zukunft sein? Wie wollt Ihr wirken? Was wollt Ihr anbieten? Und in welcher Beziehung steht das mit dem, was bislang gebaut wurde?“ Im letzten Teil des Workshops beschäftigen sich die Teilnehmer mit der Zukunft und Ausrichtung des gesamten Teams. Dabei entstehen nach und nach ganze Landschaften mit Modellen. Sie sind die sichtbar gewordenen Gedanken der Teammitglieder. Und sie sind auch eine Basis, um unbequeme, ungewohnte Situationen zu reflektieren, aus denen sich neue Lösungen entwickeln lassen.

 

Unternehmen spielerisch entwickeln

Eignet sich LEGO SERIOUS PLAY für alle Fragestellungen in einem Unternehmen? Die klare Antwort lautet: Nein. Ist es aber für Sie wichtig, die Stimmen aller Beteiligten zu hören, um so einen Schritt in der Entwicklung Ihres Unternehmens voranzukommen, dann ist das Arbeiten mit Lego-Bausteinen eine sehr gute Methode. Die Haptik der Steine, die Einfachheit der Verwendung, die Interaktion mit Kollegen und Mitarbeitern – es gibt viele Gründe, die für LEGO SERIOUS PLAY sprechen.

Natürlich existieren viele Gedanken und Ideen bereits vor der Durchführung eines Workshops, doch nur selten werden diese klar ausgesprochen. Zudem helfen die Modelle bei der Entwicklung von Lösungen. Nichts fällt unter den Tisch, Gedanken und Motive werden reflektiert, etwas Neues entsteht. Runde für Runde erhalten Sie authentische Antworten, mit denen Sie sogar experimentieren und eine Basis für kleine und große Innovationen legen können.

Was für jede Technik gilt, trifft auch auf LEGO SERIOUS PLAY zu: Wird ein Workshop schlecht durchgeführt, werden die Teilnehmer die Methode zukünftig ablehnen. Schlechte Erfahrungen bleiben haften. Es kommt also auf die Durchführung an. Hier helfen eine gute Vorbereitung, eine klare Zielsetzung, genügend Zeit und eine erfahrene Moderation. Mit diesen Zutaten können Sie Ihr Unternehmen spielerisch entwickeln. Oder um es mit den Worten des irischen Nobel- und Oscarpreisträgers George B. Shaw zu sagen: „Wir hören nicht auf zu spielen, weil wir alt werden, vielmehr werden wir alt, weil wir aufhören zu spielen.“

 

Hinweise:

Interessieren Sie sich für weitere Tipps aus der Praxis? Testen Sie unseren wöchentlichen Newsletter mit interessanten Beiträgen, Downloads, Empfehlungen und aktuellem Wissen.

Wenn Sie Fragen haben oder selbst erst einmal Erfahrungen sammeln wollen, kommen Sie doch einfach zu meinem nächsten LEGO SERIOUS PLAY Meetup Berlin oder schauen Sie auf https://www.kilearning.net/ vorbei.

Julian Kea hat einen weiteren Beitrag im t2informatik Blog veröffentlicht:

t2informatik Blog: 6 Prinzipien für gute Online-Workshops und -Meetings

6 Prinzipien für gute Online-Workshops und -Meetings

Julian Kea
Julian Kea

Julian Kea ist Serious Games Facilitator und Team-Coach aus Berlin. Er schafft aktivierende Lernumgebungen mit minds-on Workshop-Methoden wie Training from the BACK of the Room, LEGO® SERIOUS PLAY®, Agile Classrooms, Thiagi’s interaktiven Trainingsstrategien, Open Space Technology, und Liberating Structures und natürlich Training from the BACK of the Room. Diese ermöglichen Teams einen authentischen Austausch, fördern das gegenseitige Verständnis und stärken die Zusammenarbeit. Sein Mantra lautet „Rediscover Learning. Work Smarter.“

Darüber hinaus ist Julian Kea die Stimme hinter dem #SeriousGamesPodcast und der Macher des #TheDebriefingCube. Er veranstaltet das #LSPmeetup rund um LEGO® SERIOUS PLAY® und die Unkonferenz #play14 rund um Serious Games in Berlin.